Ein Tanka (jap. 短歌, dt. Kurzgedicht) ist eine mindestens 1.300 Jahre alte reimlose japanische Gedichtform mit 31 Silben. Sie ist älter als das Haiku, das sich aus dem Tanka entwickelte. Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Tanka aus dem Waka, wurde als Synonym für das „neue, modernisierte Waka“ eingeführt. Ein Tanka beschwört den Augenblick, hält ihn fest mit Präzision und Musikalität.
In der Anthologie Manyoshu (万葉集, dt. Zehntausend-Blätter-Sammlung) – entstanden zwischen 400 und 759 und herausgegeben um 760 – herrscht die Form des Tanka vor und sie gedieh im mittelalterlichen Shinkokinwakashū (dt. Neuen Sammlung alter und neuer Gedichte) (1205), einer Sammlung aristokratisch-höfischer Lyrik zur höchsten Blüte.
Tanka wurden oft verwendet, um jeder Art von Anlässen einen würdigen Abschluss zu geben. So wurde auch besonderer Wert auf die Schönheit des Gedichtes und die ästhetische Form gelegt. Entsprechendes Papier, Tinte, Schönschrift und eine symbolische Zugabe, wie ein Zweig oder ein Blatt wurden verwendet.
Obwohl das Tanka sich über die Jahrhunderte weiterentwickelte, behielt es 31 Silben, die 31 Schriftzeichen (=Lautsilben) entsprechen.
In Japan wird ein Tanka oft in einer einzigen Linie geschrieben, in anderen Sprachen oft in der Form 5-7-5-7-7 Silben je Zeile. Dabei ist eine Gliederung in zwei Teile üblich, die auch von verschiedenen Personen stammen können: 5-7-5 als erster Teil (Oberstollen), meist mit jahreszeitlichem Inhalt, und 7-7 als zweiter Teil (Anschluss- oder Unterstollen). Daraus entwickelte sich dann eine Art der Kettendichtung, das Renga. Der Rengameister wachte über die Einhaltung der Form, die sich auch selbstständig weiterentwickelte.
Zwischen beiden Teilen (Oberstollen, Anschlussstollen) kann eine Leerzeile gesetzt werden (muss aber nicht). Diese verdeutlicht eine inhaltliche Zäsur, die zwischen den beiden Teilen spürbar ist. So kann der erste Teil, der Oberstollen, wie bei einem Haiku ein Bild oder eine Idee zeichnen. Dieses Bild wird im zweiten Teil, dem Anschlussstollen, vollendet und eröffnet dem Leser neue Gedankenrichtungen.
Durch Weglassen des zweiten Teils des Tanka, des Anschlussstollens, entstand schließlich auch eine Form, die sich zum Haiku entwickelte.
Auch für das Tanka gelten die recht strengen Regeln des Haiku. Insbesondere sind Reime und Wortwiederholungen zu vermeiden.
Tanka-Beispiel eines unbekannten Dichters aus dem Manyoshu:
- Im Sturm des Herbstes
die Berge überfliegt dort
der Schrei der Wildgans,
die in die Ferne fortzieht,
in Wolken tief verborgen.
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