Eine Allee ist eine auf beiden Seiten von Bäumen begrenzte Straße oder Weg.
Im engeren und ursprünglichen Sinn ist die Allee eine baumbestandene, in die Landschaft hinaus verlängerte architektonische Gartenwegachse einer herrschaftlichen Schlossanlage. Unter einer Halballee versteht man eine Sonderform der Allee, bei der nur auf einer Seite der Straße oder des Weges eine Baumreihe steht.
Geschichte
Das Wort Allee stammt aus dem Französischen und wurde während des Dreißigjährigen Krieges in Deutschland eingebürgert. Als „allée“ (von französisch aller gehen) wurde ursprünglich ein (schattiger) Gehweg in einem architektonischen Garten bezeichnet. Erst die Ausdehnung der großen aristokratischen Schlossgärten in die Landschaft hinaus und der Anlage von Landschaftsgärten durch axiale baumbestandene Wege führte zur heutigen Bedeutung des Wortes Allee. Zwar gab es vor der Zeit der Renaissance bereits verschiedene (oft wenig regelmäßig) bepflanzte, baumbestandene Straßenränder vor allem im ländlichen Raum, es stand hier jedoch nicht die Architektur, sondern der Nutzen der Bäume im Vordergrund.
Funktionen
Alleen bieten viele Vorzüge. So schützen sie vor Sonne oder Wind, und damit auch vor dem Humusabtrag in der Landwirtschaft. Sie verbessern bei Nebel und Dämmerung die Orientierung und erleichtern das Schätzen von Entfernungen. Das Wurzelwerk der Alleebäume festigt die Fahrbahnen und schützt die Wege auch vor Erosion und Verschlammung. Im Winter ist an den Alleebäumen der Straßenverlauf zu erkennen, die Bäume schützen auch vor Verwehungen. Wurzeln und Baumkronen reinigen zudem das Grundwasser, filtern vor allem Feinstaub und andere Schadstoffe aus der Luft. Der dichte Baumbestand in Alleen ist letztlich auch ein natürlicher Schallschutz.
Oft entstehen in Alleen zusätzliche Biotope, die wiederum die Biodiversität erhöhen und in denen außerdem landwirtschaftliche Schädlinge vor allem durch baumbewohnende, insektenfressende Vögel - manchmal aber auch durch Greifvögel - auf natürliche Weise bekämpft werden.
Die Bäume an Alleen dienen mitunter als Nutzholz und tragen häufig essbare Früchte, aus denen sich auch Most keltern lässt, Lindenblüten, Eicheln oder belaubte Zweige sind Futter für die Tiere der Umgebung.
Jedoch können sich in Alleenstraßen auch Nachteile ergeben. Bei Sturm- oder Schneebruch besteht Gefahr durch herabfallende Äste oder umstürzende Bäume. Das Risiko von Sachschäden, Verletzungen oder tödlichen Verkehrsunfällen ist erhöht. Durch die vor allem tagsüber häufig schnellen Wechsel zwischen grellem Sonnenlicht und Schatten in einer Allee wird die Sicht im Straßenverkehr hier oft behindert.
Laubfall kann durch erhöhten Verkehrsfluss, bei festgefahrenen Blättern auf dem Asphalt und vor allem bei plötzlich einsetzendem Regen zu einer extrem rutschigen Fahrbahn, ähnlich wie bei Schnee- oder Eisglätte, führen und birgt daher ein hohes Risiko im Straßenverkehr. Fallende Früchte, wie auch am Boden befindliche Früchte gefährden den Verkehr, wenn sie bei hoher Geschwindigkeit gegen die Windschutzscheibe prallen oder Zweiräder ins Rutschen bringen.
Napoléon Bonaparte ließ in großem Stil Alleen in ganz Europa anlegen – vornehmlich um für seine marschierenden Soldaten Sonnenschutz zu gewährleisten.
Kampagnen
In den 1960er Jahren führte der ADAC in den alten Bundesländern eine Kampagne gegen Alleen: Der Zusammenstoß eines Autos mit einem Alleebaum endete zu häufig tödlich für die Insassen; Menschenleben haben Vorrang vor Ästhetik und Naturschutz. Auch in den neuen Bundesländern wurden vornehmlich in Sachsen an Fernverkehrsstraßen Alleebäume zugunsten der Sicherheit und des schneller und dichter werdenden Autoverkehrs geopfert. Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern konnten zum größten Teil ihre alten Baumbestände an den Straßen erhalten. Später haben sich die Maßstäbe gewandelt: Seit der Wiedervereinigung Deutschlands gehört auch der ADAC zu den Vereinigungen, die sich für den Erhalt der prächtigen alten Alleen in Ostdeutschland und die Verlängerung der Deutschen Alleenstraße einsetzen.
Seit dem Jahr 2008 ruft ein Bündnis aus dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Alleenschutzgemeinschaft (ASG), der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) und der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Alleenstraße am 20. Oktober den „Tag der Allee“ aus und kürt eine „Allee des Jahres“.
Bestand
Typische Alleebäume von historischen Schlossalleen Mitteleuropas sind Linden, je nach Landschaft vorrangig Winter-Linden (Tilia cordata) oder Sommerlinden (Tilia platyphyllos), und Rotbuchen (Fagus sylvatica), oft auch in deren Kulturform der Blutbuche. Im ländlichen Raum Mitteleuropas wurden neben Mostobst-Alleen häufig Eichenalleen, hauptsächlich Stieleichen, (Quercus robur), gepflanzt. Im innerstädtischen Raum sind Ahornblättrige Platane (Platanus x acerifolia), Gemeine Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) und zunehmend die Fleischrote Rosskastanie (Aesculus × carnea) beliebt. Schnellwüchsige Alleebäume sind Pappeln, vor allem Pyramidenpappeln (Populus nigra ‚Italica‘). Daneben sind auch Berg- und Spitz-Ahorn (Acer pseudoplatanus und platanoides) in Alleen häufig zu finden. In aller Regel werden Alleen nur von einer einzigen Baumart gebildet.
Wortherkunft
In manchen deutschsprachigen Straßennamen taucht der Wortbestandteil Allee zuweilen ohne Bezug auf einen etwaigen Baumbestand auf. In der englischen Sprache kann die avenue nicht immer mit dem deutschen Begriff einer Allee gleichgesetzt werden. Die französische Bezeichnung allée und die englische alley werden heutzutage als Baumallee in einem Wald oder Stadtpark verstanden. Ursprünglich diente die allée als Gang oder Zwischengang (von frz: aller = gehen), (vgl. „Rademachergang“ in Hamburg, "Mårten Trotzigs Gränd" in Stockholm, "Moss Side Alley" in Manchester) zwischen Häuserblocks. Die avenue entstammt der französischen Sprache und bedeutet im eigentlichen Sinne eine breit befahrbare Zugangsstraße (von lat: advenire = herankommen, vgl. befestigte Dammstraße im Deutschen), damals als Ankunftsstraße zu einem Stadttor (vgl. "Lübeckertordamm" in Hamburg, "Avenue de la Porte de Montreuil" in Paris). Durch den Wegfall der Stadtbefestigungen im XVI. Jahrhundert wurde die „französische“ Avenue in das Stadtinnere verlängert und zu einer Hauptstraße erklärt. Diese wurde entweder als Radialstraße zu einem Kreisel oder als Querstraße zu einem Boulevard verbunden und erhielt die Merkmale einer Baumallee. Diese neue Art der durchdringenden Straßenanlage, die das ferne Provinzland mit dem Hauptstadtinneren direkt verbindet (vgl. Nationalstraßen in Frankreich) verbreitete sich in ganz Europa. In Deutschland ist Hamburg eine der wenigen Städte, bei der eine große Vielfalt und Verbreitung von Straßentypenbezeichnungen bis in die heutige moderne Zeit erhalten und nicht umbenannt worden sind.
Berühmte Alleen
- Deutschland
- Deutsche Alleenstraße
- Unter den Linden in Berlin
- Max-Brauer-Allee (ehemals nur 'Allee') in Hamburg-Altona
- Alleenring in Frankfurt am Main
- Königsallee in Düsseldorf
- Wilhelmshöher Allee in Kassel
- Fürstenallee im Kreis Lippe
- Festonallee von Schloss Bothmer in Klütz
- Sonnenallee in Berlin
- Schmidt-Rottluff-Allee in Sierksdorf
- Ganghofer-Allee in Welden
- Kirchenallee in Oberndorf
- Österreich
- Hellbrunner Allee in Salzburg, die wohl weltweit älteste erhaltene (als Landschaftsgarten geplante) Allee
- Rifer Schlossallee (um 1650 angelegt beim Schloss Rif bis Rehof und noch heute - wenn auch verkleinert und verändert - erhalten)
- Neunkirchner Allee zwischen Wiener Neustadt und Neunkirchen (Niederösterreich)
- Frankreich
- Litauen
- Schloßallee
Weitere Bilder von Alleen
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Allee vor Schloss Kammer in einem Gemälde von Gustav Klimt
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Teilansicht der historischen Festonallee von Schloss Bothmer
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Pappelallee in Kaschmir, um 1864
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Blühende Kastanienallee bei Gadebusch
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Platanenallee bei Kröpelin
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Die Schmidt-Rottluff-Allee in Sierksdorf aus Südwest
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Zypressenallee bei Bolgheri (Castagneto Carducci)
Literatur
- Ingo Lehmann, Michael Rohde: Alleen in Deutschland. Edition Leipzig, 2006, ISBN 3-361-00613-9
- Olaf Schulz: Die schönsten Alleen in Deutschland. Eine Bildreise von der Ostsee bis zum Alpenvorland. Blv-Buchverlag, 2006, ISBN 3-8354-0087-8