Klassische Schweinepest

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Pestivirus
Systematik
Reich: Viren
(+)RNA-Virus
Familie: Flaviviridae
Gattung: Pestivirus
Art: SP-Virus

Die klassische Schweinepest (KSP) (auch Europäische Schweinepest (ESP), Swine Fever, Hog Cholera) ist seit ca. 1833 als Infektionskrankheit bekannt. Diese Virusinfektion tritt mit Ausnahme Nordamerikas, Australiens und Neuseelands weltweit auf. Sie zählt zu den gefährlichsten Schweinekrankheiten überhaupt und ist bis heute schwer kontrollierbar und nicht getilgt. Die Schweinepest gilt als Tierseuche und ist sowohl melde-, als auch anzeigepflichtig. Die Bekämpfung nach Ausbruch erfolgt grundsätzlich nach der Schweinepestverordnung durch die Veterinärbehörden. Die klassische Schweinepest ist von der Afrikanischen Schweinepest abzugrenzen.

Ätiologie

Der Schweinepesterreger ist ein Virus. Obwohl Verwandtschaften zu Erregern anderer Krankheiten bestehen, ist jedoch keine andere Tierart und auch nicht der Mensch empfänglich.

Als ständiges Erregerreservoir kann das Wildschwein gelten. Neben dem Kontakt mit Wildschweinen stellt häufig der Zukauf von bereits infizierten, aber nicht sichtbar kranken Schweinen eine Ansteckungsquelle dar. Daneben kann das Virus aber auch durch sogenannte Vektoren (verunreinigte Fahrzeuge und Gerätschaften, Kleidung oder Speiseabfälle – Verfütterung in Deutschland daher verboten) übertragen werden. Die Ansteckung innerhalb eines Bestandes erfolgt dann direkt von Tier zu Tier hauptsächlich oral (über das Maul), oder über die Atemwege. Die Inkubationszeit (Zeit von Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit) hängt von der Virulenz des jeweiligen Erregers ab. Sie kann zwischen 2 Tagen bis über 5 Wochen betragen. Das Virus vermehrt sich zunächst in den Mandeln und den Lymphknoten des Rachenraumes. Bereits nach 24 Stunden befindet sich der Erreger im Blutkreislauf und erreicht innerhalb von einer Woche seine maximale Konzentration. Sofern der Erreger sich im Blut befindet, wird er über Harn, Speichel, Kot, Augen- und Nasensekret ständig (bis zum Tod des Tieres) ausgeschieden. Dieses ist auch der Grund für die seuchenhafte Ausbreitung der Krankheit; große Schweinebestände mit mehreren tausend Tieren können innerhalb von einer Woche vollständig infiziert sein.

klinische Symptome und Verlauf

Die Schweinepest ist eine Erkrankung, die durch zahlreiche Faktoren im kranken Tier und vom Virus beeinflusst wird. Aufgrund dessen kann die Symptomatik recht vielschichtig sein. Im Groben kann man zwischen 2 Formen unterscheiden: die akute (auch klassische) Verlaufsform und die atypische (chronische) Variante.

  • akute Form:
Diese Variante ist gekennzeichnet durch hohes Fieber (41°C), das im weiteren Krankheitsverlauf phasenweise sinken und wieder steigen kann; zentralnervöse Störungen (schwankender Gang, Parese, Ataxie); ausgeprägte Blutungsneigung (Hämorrhagien); cyanotische (blaurote) Verfärbungen der Schnauze, Ohren und des Bauches; häufiges Auftreten von Aborten und Umrauschen. Bei der Sektion kranker Tiere werden als typische Veränderungen massive, punktförmige Blutungen (Petechien), veränderte (lehmfarbene) Nieren und Lymphknoten („marmoriert“), Schädigungen der Harnblasenschleimhaut und der Milz gefunden. Der direkte Nachweis erfolgt dann über Immunfluoreszenz an Gewebsteilen bzw. über direkte Erregeranzüchtung aus dem Blut.
Im weiteren Verlauf der Krankheit gesellen sich häufig Lungenläsionen, z.T. Durchfall oder Verstopfung und schwere Gefäßschäden hinzu, die zu Störungen der Blutzirkulation führen. Der Tod tritt in der Regel durch Kreislaufversagen oder als Folge von Sekundärinfektionen mit Bakterien ein.
  • chronische Form:
Im Gegensatz zur akuten Form verläuft die chronische Form relativ mild. Ursache dafür sind häufig schwach virulente Viren, die den Wirtsorganismus nicht abtöten und sich dadurch länger und besser vermehren können (Selektionsvorteil / biol. Auslese). Stellenweise verläuft die Erkrankung sogar ohne sichtbare klinische Symptome, sodass die Erkrankung sehr schwer erkennbar ist und bei Verdacht nur über (EU-einheitliche) serologische Blutuntersuchungen diagnostiziert werden kann. Es treten bevorzugt Fieber (um 40 °C), Magen-Darm-Ulzera (Geschwüre), Entzündungen der Mundschleimhäute, Konjunktivitis (Bindehautentzündung) und vermehrt Unfruchtbarkeit, Totgeburten, Geburt mumifizierter oder lebensschwacher, zitternder Ferkel auf. Bei der Sektion zeigen sich feste Auflagerungen (diphtheroid-nekrotisierende Entzündung) vorwiegend auf den Schleimhäuten des Dickdarms und im Bereich der Mundschleimhäute und zum Teil umfangreiche Geschwürbildungen (sog. Boutons).
Die chronische Variante der Schweinepest wird von den älteren Tieren in der Regel überstanden und führt teilweise zur völligen Genesung. Betroffene Ferkel kümmern und überleben in der Regel max. 1 Jahr.

Prophylaxe

In der EU wird aus handelspolitischen und pharmakologisch bedingten Gründen keine Prophylaxe angewendet.

Die einzige Möglichkeit der Prophylaxe besteht in einer Impfung. In den ehemaligen „Ostblockstaaten“ wurde diese mit Erfolg praktiziert. Der einschränkende Faktor liegt jedoch im Impfstoff begründet. Es gibt bisher keine Vakzine, die pharmakologisch so markiert ist, dass man sie im Labor bei einer Blutuntersuchung vom eigentlichen Virus unterscheiden kann. Das heißt, dass geimpfte Schweine labortechnisch nicht von infizierten Schweinen unterscheidbar sind und damit immer von einer Erkrankung ausgegangen werden muss. Solche Schweine bzw. deren Schlachtkörper oder sonstigen Produkte sind in kein EG-Land oder sonstige, ESP-freie Länder exportierbar. Nach einem katastrophalen Ausbruch der Schweinepest in Wildschweinbeständen in vielen Teilen Deutschlands im Jahr 2003 wurden zum Schutz von Wildschweinen entsprechende Impfköder ausgelegt. Diese bestanden aus Maismehl, Stärke, Bindemittel und anderen Zusätzen und enthalten im Innern eine kleine Kapsel mit dem Impfstoff, meist abgeschwächte Antigene.

Therapie

In Deutschland ist die Schweinepest anzeigepflichtig. Das bedeutet, das beim geringsten Verdacht eine Meldung an die entsprechende Veterinärbehörde zu erfolgen hat. Nach Meldung übernimmt das zuständige Veterinäramt die weiteren Maßnahmen. Entsprechend diesbezüglicher EU-Richtlinien, dem Tierseuchengesetz und der Verordnung gegen die klassische und afrikanische Schweinepest (Schweinepestverordnung) erfolgt nach amtlicher Feststellung der Seuche die Aufstellung eines ersten Sperrbezirkes (ca. 3 km Radius) um den betroffenen Bestand herum und eines weiteren Sperrbezirkes (Beobachtungsgebiet) in einem größeren Radius (ca. 10 km). Alle Schweinebestände, die sich innerhalb des ersten Sperrbezirkes befinden, werden getötet (gekeult), um ein weiteres Ausbreiten der Seuche zu verhindern. Alle Schweine innerhalb des zweiten Sperringes werden ständig untersucht. Circa 30 Tage nach Tötung der Schweine und Desinfektion im ersten Sperrbezirk werden nach einem von der EU vorgegebenen Stichprobenschlüssel Blutuntersuchungen zwecks Aufhebung des Sperrbezirkes durchgeführt.

Literatur

  • Plonait, Hans; Bickhardt, Klaus: Lehrbuch der Schweinekrankheiten
  • Sieverding, Erwin: Handbuch gesunde Schweine
  • Liebermann, Heinrich: Lehrbuch der veterinärmedizinischen Virologie
  • Alarmplan der Landesregierung M-V zur KSP vom 6. Juli 2001