Automobilwerk Eisenach

deutscher Automobilhersteller
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Der VEB Automobilwerk Eisenach (kurz AWE) war ein Automobilhersteller in Thüringen mit einer wechselvollen Geschichte.

Geschichte

Fahrzeugfabrik Eisenach

 
EMW bei einer Oldtimerrallye, Schweden 2005

Am 3. Dezember 1896 gründete der Industrielle Heinrich Ehrhardt die Fahrzeugfabrik Eisenach (FFE) als Aktiengesellschaft. Nachdem anfänglich Geschütze und Fahrräder der Marke Wartburg hergestellt wurden, erfolgte bereits 1898 die Produktion des ersten Motorwagens "Wartburg" nach dem Vorbild des französischen Zweizylinders "Decauville", für den Heinrich Ehrhardt die Lizenz erworben hatte. Damit war die Fahrzeugfabrik Eisenach nach den Firmen "Daimler-Motoren-Gesellschaft" und "Benz & Cie" das dritte Unternehmen in Deutschland mit einer Automobilproduktion. Ehrhardts Sohn Gustav leitete das Werk in Eisenach, das schon Ende des 19. Jahrhunderts mit 1.300 Arbeitern zu den Großbetrieben in Thüringen gehörte.

1903 zogen sich die Ehrhardts nach Verlusten und Meinungsverschiedenheiten mit den Hauptaktionären aus der Firma zurück, wobei auch die Decauville-Lizenz mitgenommen wurde. Daraufhin mussten die Motorwagen der Fahrzeugfabrik Eisenach unter dem neuen Markenzeichen Dixi, Lateinisch „ich habe gesprochen“, erscheinen, das 1904 eingetragen wurde. Für die technische Entwicklung des neuen Modells Dixi zeichnete jetzt der Chefkonstrukteur Willi Seck verantwortlich.

Dixi-Automobile, wie z. B. das Flaggschiff der Vierzylindertyp Typ "U 35" von 1907 mit 7320 cm³ Hubraum, über 65 PS Leistung und 85 km/h Höchstgeschwindigkeit, zählten bald zu den renommiertesten Wagen und schufen sich durch ihre hohen Fahrleistungen und ihre Zuverlässigkeit einen soliden Ruf. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges kam die erst in Schwung gekommene Automobilproduktion wieder zum Stehen. Die während des Krieges völlig auf Heereslastwagen, Munitionswagen, Sanitätskraftwagen, Protzen, Feldgeschütze, Lafetten usw. umgestellte Produktion stand mit dem Kriegsende still, dazu wurden Einrichtungen von der Alliierten Kontrollkommission demontiert. Erst Ende 1919 wurde die Produktion wieder aufgenommen. Das Dixi-Modellprogramm enthielt hauptsächlich mittelstarke und beinahe vorwiegend große, repräsentative Automobile.

Im Jahre 1921 kam es aufgrund einer wirtschaftlichen Krise zur Fusion der Fahrzeugfabrik Eisenach AG mit der Gothaer Waggonfabrik AG. Der Konkurrenzkampf sowie die allgemeine Wirtschaftmisere erforderten die Abkehr von großen Modellen. Dixi machte 1927 daher einen Wechsel der Modellpolitik hin zum Kleinwagen, in dessen Folge mit dem Kleinwagen vom Typ 3/15 DA 1 auf eine Lizenzproduktion des seit 1922 in England erfolgreich gefertigten zweisitzigen Austin Seven «Baby» zurückgegriffen wurde; ein einfaches kleines Fahrzeug mit Vierzylindermotor und dem Erscheinungsbild eines richtigen Automobils, eben der Dixi. Im November 1928 erwarb die Bayerische Motoren Werke AG von der Gothaer Waggonfabrik die Fahrzeugfabrik Eisenach A.G. (Marke "Dixi").

BMW-Werk Eisenach

 
BMW 328

Als BMW-Werk Eisenach endete 1928 die Selbstständigkeit und die berühmte Marke Dixi. Der populäre neue Dixi 3/15 änderte seinen Namen in BMW 3/15 PS. Der Name erklärt sich durch die Motorleistung von 15 PS. Die drei ergab sich aus einer komplizierten Berechnung der damals üblichen Steuer-PS. Beim 3/15 gab die Berechnung über Hubraum und Zylinderzahl den Wert 2,84 - aufgerundet eben 3. 1931 erfolgte bereits die Produktion des 25.000 Kleinwagen vom Typ BMW 3/15, von dem vier Modelle (DA 1 bis DA 4) gebaut wurden. 1932 kündigte BMW den Lizenzvertrag mit Austin wenige Wochen vor Einführung des eigenen 3/20 AM-1. Der wurde in mehreren Stufen weiterentwickelt und bis 1934 als AM-4 gebaut. 1933 wandte man sich bei BMW von der unrentablen Kleinwagenproduktion ab und begann die Entwicklung und Produktion neuer Automobiltypen mit 6-Zylinder Motoren zwischen 2 und 3,5 Litern Hubraum.

Das erste Fahrzeug dieser Baureihe war das Cabrio BMW 303. In Folge wurden bis zum Jahre 1941 so bekannte Typen wie BMW 315, BMW 319, BMW 327 oder der elegante und erfolgreiche Sportwagen BMW 328 mit einer Gesamtstückzahl von 62.864 in Eisenach hergestellt. Aufgrund des 2. Weltkrieges erfolgte ab 1941 die Einstellung der Automobilfertigung und die Kriegsproduktion von Motorrädern. Außerdem wurde in Eisenach durch die neu gegründete BMW Flugmotorenfabrik Eisenach GmbH die Fertigung von Flugzeugmotoren begonnen. Am Ende des 2. Weltkriegs 1945 ist das BMW-Werk Eisenach zu 60 Prozent zerstört.

Automobilwerk Eisenach

 
BMW 340 Limousine, 1971 ccm, 55 PS, 120 km/h im EFA-Museum für Deutsche Automobilgeschichte

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging die Leitung an die SMAD über und die Fahrzeugfabrik Eisenach wurde als sowjetische Aktiengesellschaft AWTOWELO weitergeführt. Da sich praktisch noch niemand ein Auto leisten konnte wurden zuerst Leiterwagen mit Stahlspeichen-Rädern sowie aus Heeresbeständen Aluminiumgeschirr angefertigt. Danach wurde eine Reihe der alten BMW-Modelle praktisch unverändert oder überarbeitet weitergebaut. So wurde bereits 1948 der BMW 340 als erste deutsche Nachkriegskonstruktion entwickelt. Dabei handelte es sich um einen weiterentwickelten BMW 326, der mit einem überarbeiteten Front- und Heckbereich versehen wurde. Dieser wurde in den folgenden Jahren noch weiterentwickelt als EMW 340-2 und auch als Kombi-Version in kleinen Stückzahlen gebaut. Es wurden bis zum Produktionsende 1956 etwas mehr als 25.000 Einheiten produziert. Nachfolgemodelle des EMW 340, die auch einen 6-Zylinder Viertaktmotor gehabt hätten und schon als Prototypen gebaut worden waren, sowie teilweise schon auf der Leipziger Automobilausstellung gezeigt wurden, gingen nicht mehr in Serie (zu kapitalistisch und technisch zu aufwendig).

Auch vom EMW 327, der dem BMW 327 entsprach, wurden nur etwas mehr als 400 Stück gefertigt.

 
BMW/EMW 327 auf altem AWE-Werksgelände in Eisenach am 04.09.2004-Nahaufnahme
 
BMW/EMW 327 auf altem AWE-Werksgelände in Eisenach am 04.09.2004-Innenraum von links
 
BMW/EMW 327 auf altem AWE-Werksgelände in Eisenach am 04.09.2004-Innenraum von rechts
 
EMW-Emblem auf einer 340er Radkappe

1951 wurde den Eisenachern das Führen des Namens "BMW" durch die Münchener Bayerische Motoren Werke AG gerichtlich untersagt. Nach der Rückgabe aus der sowjetischen Verwaltung wurde das Werk 1952 von der DDR verstaatlicht und zunächst in Eisenacher Motorenwerk (EMW) umbenannt. 1953 erhielt das Werk den endgültigen Namen VEB Automobilwerk Eisenach mit dem bekannten Kürzel AWE. Zunächst wurde 1953 ein altes DKW-Modell mit Dreizylinder-Zweitaktmotor produziert, der IFA F9. Parallel liefen noch einige Zeit die alten BMW-Modelle weiter. 1955 kam dann der erste "Wartburg" (Typ 311 und später der 312) auf den Markt, der auf dem gleichen Motor und weitestgehend der gleichen Technik des F9 basierte. Auch das Nachfolgemodell Wartburg 353, das seit 1966 in Serie vom Band lief, hatte diesen - ständig in Details weiterentwickelten - Motor. Viele von den Konstrukteuren entwickelten Verbesserungen, wie z. B. 4-Takt-Motoren oder neue Fahrzeugmodelle durften auf staatliche Anordnung hin nie in Serie gehen. Erst ab 1988 wurden in das äußerlich nur wenig veränderte Modell in Lizenz gefertigte Viertaktmotoren von VW eingesetzt. Außerdem baute der Betrieb bis 1955 das Motorrad EMW R 35. Zunächst in der Starr-Rahmenversion R35/2, dann später leicht weiterentwickelt als R35/3 mit Hinterradfederung.

 
EMW R35 mit Hinterradfederung unter altem Haupttor des AWE-Werksgeländes in Eisenach am 04.09.2004
 
Wartburg 353 und 311 sowie ein EMW 340 vor dem alten AWE-Werkstor in Eisenach am 04.09.2004
 
Mehrere EMW 340 auf dem alten AWE-Werksgelände

Das Ende von AWE und was danach kam

Als nach der Wiedervereinigung die ostdeutsche Industrie zusammengebrochen war, kam auch das Aus für die AWE mit ihren technisch überholten Produktionsmethoden und Produkten. Das Unternehmen wurde 1991 von der Treuhandanstalt geschlossen.

Der Automobilbau am Fuße der Wartburg war damit nicht zu Ende. Bereits 1992 nahm eines der damals modernsten Autowerke des Opel-Konzerns seine Arbeit in Eisenach auf und griff, wie auch zahlreiche Zulieferfirmen, auf die gut ausgebildeten Fachkräfte des früheren AWE zurück.

Inzwischen ist das Werk zum größten Teil abgerissen worden. Allerdings wurde in einem der übriggebliebenen, denkmalgeschützten Gebäude (O2) am 4. Juni 2005 die Automobile Welt Eisenach eröffnet. Das authentische Werksgebäude O2 an der Friedr. Naumann Str.10 beherbergt die Fahrzeuge der über hundertjährigen Autoproduktion in Eisenach. In der ehemaligen Kantine sind der Wartburg-Motorwagen von 1899, ein dopp. Phaeton von 1910, ein Dixi von 1928, ein BMW 335 von 1940, ein Wartburg Sport von 1958 und viele andere zu besichtigen. Dabei sind die BMW 335 äußerst selten, da sie von deutschen Offizieren gefahren, im Kriege weitgehend zerstört und nach 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht ganz überwiegend eingezogen wurden.

Produktionsstatistik

Die Automobilproduktion des VEB Automobilwerk Eisenach und seiner Vorgänger von 1898-1991

1898-1903 Wartburg-Motorwagen ca. 250 Fahrzeuge
1904-1927 Dixi-PKW 6.090 "
1907-1927 Dixi-LKW 2.622 "
1907-1928 Dixi-Kleinwagen DA 1 9.308 "
1929-1942 BMW DA 2, DA 3, DA 4, Wartburg-Sport 303,
309, 315, 319, 319/1, 329, 320, 321, 325, 326, 327, 328, 335
78.768 "
1945-1950 Nachkriegs-BMW 321 8.996 "
1946-1947 Nachkriegs-BMW 326 16 "
1952-1955 BMW / EMW 327-1, 327-2, 327-3 505 "
1949-1955 BMW / EMW 340, 340-1, 340-2 21.083 "
1952 Kübelwagen IFA EMW 325-3 166 "
1953-1956 EMW-IFA F9 38.782 "
1955-1965 Wartburg 311/312 258.928 "
1957-1960 Wartburg-Sport 313-1 469 "
1965-1966 Wartburg 312-1 33.759 "
1966-1975 Wartburg 353 356.330 "
1975-1988 Wartburg 353 W 868.860 "
1988-1991 Wartburg 1.3 152.775 "
GESAMTPRODUKTION: 1.837.708 Fahrzeuge

Aufschlüsselung der Produktion von Wartburg-Fahrzeugen 1955-1991

Herstellungsorte: Werk Eisenach und die Karosseriewerke Halle und Dresden

                             
Baumuster 311 : Baumuster 353 : Baumuster 353 W : Baumuster 1.3
1955 162 Fahrz. : 1966 14.005 Fahrz. : 1975 44.043 Fahrz. : 1988 12.303 Fahrz.
1956 14.223 " : 1967 30.438 " : 1976 55.510 " : 1989 70.204 "
Baumuster 311 und 313-1 : 1968 34.873 " : 1977 57.565 " : 1990 63.068 "
1957 23.285 Fahrz. : 1969 37.447 " : 1978 58.732 " : 1991 7.200 "
1958 24.326 " : 1970 40.411 " : 1979 56.318 " :      
1959 29.020 " : 1971 43.200 " : 1980 58.325 " :      
1960 28.801 " : 1972 45.676 " : 1981 60.133 " :      
Baumuster 311 : 1973 48.470 " : 1982 61.300 " :      
1961 30.232 " : 1974 51.813 " : 1983 64.000 " :      
Baumuster 312 : 1975 9.997 " : 1984 72.000 " :      
1962 26.209 " :       : 1985 74.000 " :      
1963 30.003 " :       : 1986 74.231 " :      
1964 31.998 " :       : 1987 71.520 " :      
1965 20.669 " :       : 1988 59.992 " :      
Baumuster 312-1 :       : 1989 1.191 " :      
1965 11.035 " :       :       :      
1966 18.570 " :       :       :      
1967 4142 " :       :       :      

Die Motorradproduktion des VEB Automobilwerk Eisenach und seiner Vorgänger von 1930-1955

Für die ersten Produktionsjahre sind keine Zahlen bekannt (dem Autor)


Produktionsjahre 1942-1955

Schweres Seitenwagenkrad BMW R 75 18.440 Stück
BMW/EMW R35 ca. 83.000 "