Jesus Christus

zentrale Person des Christentums
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Jesus Christus ist die Zentralfigur des Neuen Testaments (NT) der Bibel. Dessen Schriften wurden von Urchristen geschrieben, die Jesus als von Gott gesandten Erlöser aller Menschen verkünden wollen. Keiner der Autoren kannte den historischen Jesus. Sie verarbeiten aber ältere zunächst mündlich, dann schriftlich überlieferte Stoffe, die zum Teil aus dem Kreis der ersten Nachfolger Jesu stammen. Sie interpretieren Jesu Geschichte, sein Verhältnis zu Gott und seine Bedeutung für die Menschheit auf verschiedene, aber im Kern übereinstimmende Weise als „Evangelium" (Frohbotschaft) für die ganze Welt. Dieser Glaube wurde zur Grundlage für das Christentum.

Jesu Auferweckung

Dieses Ereignis ist Hauptinhalt der urchristlichen Heilsbotschaft, die im Kern lautete: „Jesus wurde für uns gekreuzigt und auferweckt“ (1. Kor. 15, 3-5). Diese Glaubensaussage beruhte auf bestimmten Erfahrungen mit Jesus nach seinem Tod. Die Evangelien erzählen sein Leben und Sterben von vornherein darauf hin. Daher sind die Ostertexte ein sinnvoller Ausgangspunkt zur Darstellung der NT-Christologie.

Das älteste Evangelium berichtete anfangs wohl noch nicht von Jesu nachösterlichem Erscheinen. Auch die NT-Briefe führen dieses nicht aus. Nur die übrigen Evangelien und Apostelgeschichte 1/9/22 berichteten davon.

Die ersten Augenzeugen (1. Korinterbrief 15, 3–8)

Paulus ist der früheste Autor einer NT-Schrift und erklärt, den Auferweckten selbst gesehen zu haben. Daher wird sein Zeugnis zuerst dargestellt. Er übernahm von der Jerusalemer Urgemeinde um 36 n. Chr. ein frühes Credo, verbunden mit einer Zeugenliste:

Christus ist gestorben für unsere Sünden nach der Schrift;
er wurde begraben; er wurde auferweckt am dritten Tage nach der Schrift;
er wurde gesehen von Kephas [Petrus];
danach von den Zwölf.
Danach wurde er gesehen von mehr als 500 Brüdern auf einmal – von denen die meisten heute noch leben, während einige schon gestorben sind.
Danach wurde er gesehen von Jakobus; danach von allen Aposteln.

Paulus zitiert hier den Glauben aller Urchristen und stellte dazu fest, dass viele Augenzeugen noch leben und befragt werden können. Dann fügte er seine eigene Jesusvision hinzu:

Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer missratenen Geburt gesehen worden...

Mit dieser als Berufung erfahrenen Jesusvision (Gal 1,15ff) begründete er wie der Prophet Jeremia seinen gleichberechtigten Auftrag zur Völkermission. Er beschrieb sein Damaskuserlebnis nicht näher (vgl. Apg 9,1-9), sondern betonte nur: Er sah Jesus im Lichtglanz der Herrlichkeit Gottes (2. Kor 3,18).

Was genau „sahen" diese ersten Zeugen? Den „Auferweckten": Dieser Ausdruck bezeichnet Gottes unsichtbares Handeln am getöteten Jesus. Das Bild des Weckens vom Schlaf meint die jenseitige Überwindung des Todes. Das Passivum Divinum drückt Respekt aus: Fromme Juden vermieden, Gott beim Namen zu nennen. Ihr Credo deutet aber diesseitige Erfahrungen: Es weist auf eine leibhafte Begegnung mit Jesus hin und zugleich auf seine unvergleichbare, der Sterblichkeit nicht mehr unterworfene Seinsweise.

Er ist wahrhaftig auferstanden! (Lk 24,34) bezog sich auf das aktive Erscheinen des Auferweckten vor seinen Jüngern. Beide Ausdrücke bezeichnen im NT wie in der jüdischen Apokalyptik exklusiv Gottes Handeln. Das „Sehen" meint dort das Vorhersehen der Zukunft in einer von Gott geoffenbarten „Vision" (Dan 7,1). Es war demnach kein gewöhnliches Wahrnehmen, sondern ein Erkennen, von dem die Beteiligten nur sagen konnten, dass Gott (AT) bzw. Jesus (NT) es selbst bewirkt habe.

Das leere Grab (Markus 16, 1–8)

Der älteste Passionsbericht, den Markus übernahm, führt das urchristliche Credo erzählend aus und endete daher mit der Entdeckung des leeren Grabes Jesu am "3. Tag" von Jesu Tod an (Wilckens). Nur noch Frauen von Jesu Anhängern waren dabei (Mk. 15, 40f). Einige sahen, wo er begraben wurde (Mk. 15, 47). Nach dem Sabbat wollten sie den Toten gemäß jüdischer Sitte einbalsamieren und so ehren (Mk. 16, 1). Dabei fanden sie sein Grab leer. Die Erklärung dafür soll ihnen ein junger Mann in weißem Gewand, also ein Engel gegeben haben (Mk. 16, 6–7):

"Fürchtet euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferweckt worden, er ist nicht hier. Seht dort die Stelle, wo man ihn hingelegt hat. Geht aber und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hergehen wird nach Galiläa: Dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat."

Das verweist auf die frühe Zeugenliste. Ihr "Sehen" war demnach die Erkenntnis: Gott hat diesen zuvor getöteten Galiläer auferweckt. Darum war sein Grab leer. Alle, die ihn nicht sahen, wurden auf einen Weg gesandt, auf dem er sich zu erkennen gab: Das rief sie erneut in die Nachfolge.

Der betonte Hinweis auf "den Gekreuzigten" stellt Gottes endgültiges Lebenschaffen gegen das unrechtmäßige Töten der Menschen und verweist auf die urchristliche Predigt in Jerusalem (Apg. 4, 10): "Ihr habt ihn gekreuzigt, Gott aber hat ihn auferweckt!"

Nur bei Markus endet der Bericht mit der Flucht der Frauen, die entgegen ihrem Auftrag nichts weitersagten (Mk. 16, 8). Das erinnert an die Flucht der Männer bei Jesu Festnahme (Mk. 14, 50) und macht klar, dass die Frauen diese zunächst gar nicht antreffen konnten. Es spielt auch versteckt auf Jes. 52, 15 an: "Denen nichts davon verkündet wurde, die werden es sehen, und die nichts davon hörten, werden es erfahren!" (von der Erhöhung des verachteten, "für uns" getöteten Gottesknechts: Jes. 53, 4-5).

So verkündet der Text: Nur Jesu eigenes Erscheinen konnte Entsetzen, Angst und Trauer überwinden, in Freude verwandeln (Mt. 28, 8) und Glauben an ihn schaffen (Jh. 20, 20). Das legt nahe, dass die Jesusvisionen schon bekannt waren und in oder unterwegs nach Galiläa (Emmaus, Lk. 24, 13) erfolgten: also einige wenige Tage nach der Jüngerflucht und Jesu Tod.

Der historische Gehalt der Grabüberlieferung ist sehr umstritten. Einige NT-Forscher (z.B. Bultmann, Graß, Marxsen, Lüdemann) halten den Text für eine späte apologetische Legende, die Jesu Auferstehung nachträglich "beweisen" sollte. Andere (Campenhausen, Wilckens, Pannenberg) gehen davon aus, dass die Grabentdeckung "am 3. Tag" historisch war und erst Markus den Bericht davon mit der Engelsbotschaft und Jesu Erscheinungen verband.

Dafür spricht, dass die Zeugenliste keine Frauen, die Grabgeschichte keine Männer und nur Frauen nennt, die Zeugen der Grablegung Jesu waren. Diese hatten im patriarchalischen Judentum damals kein Zeugenrecht, so dass ihr anfängliches Schweigen plausibel wirkt. Nach Lk. 24, 11 hielten die Männer ihre Nachricht vom leeren Grab für ein "Märchen" und glaubten ihnen nicht, bis Jesus selbst sie überzeugte. Das legt nahe, dass die Erscheinungen Jesu unabhängig von, aber zeitnah zur Entdeckung des leeren Grabes erfolgten.

Dass dieses in Jerusalem bekannt gewesen sein muss, zeigt Mt. 28, 13: "Seine Jünger kamen nachts und stahlen ihn!" Diese Polemik gegen die Urchristen überliefert auch die Mischnah.

Damals wurden jüdische Märtyrer durch den Ausbau ihrer Gräber geehrt, um ihr Anrecht auf künftige Auferstehung zu betonen (Schweizer). Das war den Urchristen verwehrt: "Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten?" (Lk. 24, 5). Darum fehlte Jesu Grab in den ersten Petruspredigten und in den Paulusbriefen. Doch wenn es nicht nachprüfbar leer war, dann hätte sich die Botschaft von seiner Auferweckung in Jerusalem (Apg. 2, 32) kaum halten können (u.a. Althaus, Barth, Berger, Karrer).

Die Emmausjünger (Lukas 24, 13–35)

Zwei namenlose Jünger begegnen Jesus auf dem Heimweg nach Galiläa. Sie erkennen ihn nicht, teilen ihm aber ihre maßlose Trauer und Enttäuschung mit: "Wir dachten, er sei der (Messias), der Israel befreien werde." Darauf legt er ihnen die Schrift aus: "Musste der Messias nicht so leiden, um in sein Reich einzugehen?" Sie bitten ihn, zu bleiben. Er tut es, feiert ein Abendmahl mit ihnen und bricht dabei wie beim Passahmahl vor seinem Tod das Brot. "Da gingen ihre Augen auf, und sie erkannten ihn." Jesus verschwindet. Darauf tauschen sie ihr Erlebnis aus – "Brannte nicht unser Herz...?" –, kehren sofort nach Jerusalem um, treffen dort die versammelten Elf und hören deren Bestätigung: "Der Kyrios ist wahrhaftig auferstanden und Simon (Petrus) erschienen!"

Der Text repräsentiert lukanische Theologie: Der Evangelist wollte zeigen, wie man auch ohne eigene Vision Christ werden kann. Bibelauslegung, Abendmahl, Austausch der Erfahrungen mit Jesus und gemeinsames Bekenntnis spiegeln wohl den Ablauf eines urchristlichen Gottesdienstes. Der Name "Kleophas" (v. 18) wurde sichtlich später eingefügt. Wäre der Zeuge historisch, hätte die Urgemeinde seinen Namen in ihre Liste aufgenommen.

Der Credosatz, auf den der Text zielt, war diesem aber vorgegeben und wirkt sehr alt. Es erinnert daran, dass Petrus den Auferweckten als Erster sah und dies dann Anderen mitteilte. Auch Mk. 16, 7 nennt ihn neben den übrigen Jüngern. Das bestätigt den Anfang der Jerusalemer Zeugenliste.

Die Elfervision

Alle Evangelien berichten von einer Erscheinung Jesu vor dem Elferkreis der ersten Jünger (12 ohne Judas). Alle begründen damit den Auftrag zur Völkermission. Jedes Evangelium formuliert diesen anders und zeigt so seine besondere theologische Sicht. Der Missionsauftrag war also schon festes Dogma, das zugleich variabel gestaltet werden konnte.

  • Matthäus 28, 1-20 übernahm und veränderte die Grabgeschichte: Die Frauen, die sich bei Markus noch fürchteten und nichts weitersagten, freuen und beeilen sich nun, ihren Auftrag auszuführen. Sie begegnen Jesus selbst, der durch sie die Jünger zu einem Berg in Galiläa bestellt. Dort erscheint er ihnen, offenbart seine ihm von Gott übergebene Macht, sagt ihnen seine Geistesgegenwart und Wiederkunft zu und beauftragt sie zur Völkermission. Dieser schließt die Taufe auf seinen Namen und das Halten all seiner Gebote (Bergpredigt Mt. 5-7) ein.
  • Lukas 24, 36–53 und Johannes 20, 19–23 teilen gemeinsame und verschiedene Motive der Elfervision: Jesus erschien am Abend des Sabbatfolgetags nach seinem Tod, trat zu den Versammelten (Jh.: durch verschlossene Türen), grüßte sie mit dem Friedensgruß "Schalom", überwand ihre Angst und ihren Unglauben (Lk: durch demonstratives Essen /Jh: durch Zeigen der Wundmale), legte ihnen die Schrift aus (Lk) bzw. gab ihnen den Heiligen Geist (Jh), sandte sie in die Welt zur Verkündigung der Sündenvergebung und Buße (Lk) bzw. zum Erlassen oder Behalten der Sünden (Jh).
  • Markus 16, 9–20 ist ein späterer Anhang an das ursprüngliche Ende des Evangeliums: Er setzt die Jesusbegegnungen Marias (Jh. 20) und der Emmausjünger (Lk. 24) schon voraus, die Markus noch nicht kannte. Er versucht, die verschiedenen Erscheinungsberichte in eine logische Abfolge zu bringen, also Widersprüche auszugleichen. Dabei widerspricht er jedoch der Zeugenliste: Dort steht die Elfervision aller Erstberufenen am Anfang, hier am Ende. Der universale Missionsauftrag der Christen enthält nun auch die Vollmacht zum Austreiben von Dämonen, analog zu den bei Markus überlieferten Exorzismen Jesu.

Alle Evangelien betonen die Identität der auferweckten mit der gekreuzigten Person, des neuen mit dem alten "Leib": Damit wehren sie wohl die gnostische These vom "Scheintod" des Erlösers ab. Dass der Auferstandene sich ernährte, hieße aber, dass er nur wiederbelebt, nicht unsterblich war. Doch die Texte verkünden auch, dass er den Naturgesetzen nicht mehr unterworfen war, sondern durch Wände ging (Jh. 20, 19) und an verschiedenen Orten zugleich erschien (Lk. 24, 33 -36). - Nach 1. Kor. 15, 50f kann der alte den neuen Leib nicht "erben", sondern der himmlische Leib verwandelt den irdischen völlig. Insofern bestätigte Paulus, der nichts vom leeren Grab Jesu zu wissen schien, die Evangelienberichte indirekt.

Ob und wo Jesus sich den elf Jüngern zeigte - in Galiläa (Mk/Mt) oder in Jerusalem 2 Tage nach Jesu Tod (Lk/Jh)? - ist nicht mehr zu ermitteln. Beides war bei einer Jüngerflucht 3 Tage zuvor unmöglich. Darum erklärt jeder Evangelist das Jüngertreffen anders: Bei Matthäus erschien Jesus den Frauen am Grab zusätzlich zu den Engeln. Bei Lukas veranlasst das Emmauserlebnis die sofortige Rückkehr der Elf. Bei Johannes blieb Petrus in Jerusalem und betrat Jesu Grab, während Maria ihn zuerst sah. So verknüpften die Evangelisten die Grabgeschichte auf widersprüchliche Weise mit den Erscheinungen, um das Jüngertreffen zu erklären.

Spätere Erscheinungstexte

  • Mk. 9, 1–13 erinnert mit Jesu "Verklärung" auf einem Berg in Galiläa an eine nachösterliche Jesusvision (v. 9) für Petrus, Jakobus und Johannes. Diese Namen nennt Gal. 2, 9 als "Säulen" der Urgemeinde: Man kann also annehmen, dass sie ihr Führungsamt aufgrund einer solchen Jesusvision erhielten. Markus deutet diese als vorösterliche Offenbarung des erwählten Sohnes Gottes, der Moses (Judentum) und Elija (= Johannes der Täufer, Mandäismus) abgelöst habe.
  • Jh. 20, 1–18 formt die überlieferte Grabgeschichte zu einer Selbstoffenbarung des Auferweckten um. Der Text widerspricht offenbar bewusst der synoptischen Tradition: Maria Magdalena, nicht Petrus sah Jesus zuerst. Dafür betrat Petrus als Erster das leere Grab. Die johannäische Endredaktion hat dem nochmals widersprochen und den "Jünger, den Jesus liebte" eingefügt: Sie lässt ihn mit Petrus um die Wette laufen und das leere Grab zuerst betreten, um seine Autorität zu untermauern. Das bestätigt: Ohne Jesu eigenes Erscheinen konnte das leere Grab nur Furcht und Entsetzen, aber keinen Glauben an Jesu Auferstehung bewirken. Es bestätigt auch: Frauen waren - ob sie ihn selbst sahen oder nur sein Grab leer fanden - die ersten Osterzeugen.
  • In Jh. 21, 1–14 erscheint Jesus sieben seiner ersten Jünger am Ufer des Sees Genezareth, wo er sie anfangs berief. Er hilft ihnen, einen großen Fischfang zu machen. Der Jünger, "den Jesus liebte", erkennt als Erster: "Es ist der Kyrios!" Dieser lädt sie zum gemeinsamen Mahl ein, bereitet es vor und isst mit ihnen. - Auch dieser Text wurde an einen früheren Schluss des Evangeliums angehängt (20, 31) und gehört zu seiner Endredaktion (v. 24). Er setzt die Episode vom wunderbaren Fischzug (Mt. 4, 18–22/Lk. 5, 1–11) voraus, erinnert an die ersten Jüngerberufungen Jesu (Mk. 1, 16-20), will die Adressaten so zur Mission ermutigen und neu Getaufte zum Abendmahl einladen. Der Fisch wurde für verfolgte Christen in Rom zum geheimen Erkennungszeichen: griechisch "Ichtys" steht für das Credo Iesus Christus Theos ´Yios Soter ("Jesus, der Messias, Gottes Sohn, ist der Retter").

Der vermutliche Ablauf der Osterereignisse nach den Evangelien

Was nach Jesu Tod geschah, erzählen die Evangelien teils im Konsens, teils konträr. Daher lässt sich der genaue Ereignisablauf kaum noch rekonstruieren. Das NT gibt nur einige Anhaltspunkte:

  • Jesus wurde noch am Vorabend des Sabbat in ein frisches Felsengrab gelegt. Einige Frauen aus seiner Anhängerschar sahen, wo man ihn begrub.
  • Am Tag nach dem Sabbat wollten sie den Toten einbalsamieren. Dabei entdeckten sie sein Grab leer.
  • Die Jünger waren inzwischen getrennt nach Galiläa zurückgekehrt. Auf dem Weg dorthin hatten einige von ihnen eine Vision, in der sie erfuhren: Jesus wurde auferweckt.
  • Diese Visionen ähnelten sich, fanden aber unabhängig voneinander, zeitlich und räumlich gestreut statt (Lk. 24, 34).
  • Daraufhin suchten die Jünger erneut Kontakt, tauschten ihre Erlebnisse aus und kehrten nach Jerusalem zurück: Dort erwarteten Juden gemäß biblischer Prophetie das Weltende.
  • In der Stadt trafen sie die Frauen, die ihnen das leere Grab zeigten. Ihr Bericht davon wurde daraufhin zur Verheißung des "Sehens" Jesu in Galiläa umgeformt.

Die Rückkehr der Jünger nach Jerusalem erfolgte also wahrscheinlich unabhängig von der Grabentdeckung der Frauen. Sie kehrten dann nicht unbedingt gleichzeitig, sondern aufgrund je eigener Erfahrungen und Nachrichten vom auferstandenen Jesus dorthin um. Deshalb nehmen eine Reihe von NT-Exegeten (H. v. Campenhausen, W. Pannenberg, M. Karrer) an, dass die ältesten Notizen von Jüngern, denen Jesus unterwegs nach Galiläa "erschien", echte Erlebnisse widerspiegeln, da anders die Gemeindegründung in Jerusalem nach der Jüngerflucht kaum zu erklären sei. Andere NT-Forscher wie Gerd Lüdemann dagegen halten die Auferstehungsberichte für rein subjektive Projektion ohne äußeren Anlass.

Wer von den Jüngern eine solche Vision des auferweckten Jesus hatte, wann und wo, bleibt im NT mehrdeutig. Die Evangelien bestätigen nur die Erstvision des Petrus und einiger anderer unbekannter Jünger, ohne diese näher zu beschreiben. Von einer Erscheinung Jesu vor "500 Brüdern" und "allen Aposteln", wie sie die älteste Zeugenliste aufführt, wissen sie nichts. Die "Himmelfahrt" (Apg. 1) galt nur dem Elferkreis; die Massenvision meint eventuell eine Massentaufe wie die nach der Pfingstpredigt (Apg. 2, 41).

Die theologischen Deutungsmotive der Ostertexte

  • "Gott hat gehandelt"

Alle Ostertexte des NT verkünden: Nur Gott selbst konnte Jesus auferwecken. Niemand war dabei. Nur der Auferweckte selbst konnte sich dann seinen Jüngern offenbaren. Von sich aus erkannte ihn niemand. Nur einige der ersten Jünger und Paulus sahen den Auferstandenen. Dieser war nur eine befristete Zeit lang zu sehen (Apg. 1, 2-5): Darin stimmen Zeugenliste, Evangelien und Apostelgeschichte überein.

Das betont den besonderen Charakter des Verkündeten als ein reales Ereignis, das aber außerhalb aller sonst bekannten Wirkungszusammenhänge steht („Wunder“). Es ist nicht „von außen“ einsehbar, sondern wurde nur einem kleinen Kreis von Zeugen offenbart. Wer dem NT glauben möchte, kann nur dem Glauben dieser ersten Zeugen glauben und ihrem Zeugnis trauen - oder aber nicht.

Hier liegt der Grund für die Bandbreite der Deutungen: von „Fiktion“ und „Projektion“ (Strauß, Feuerbach, Freud) über „subjektive Vision“ (Bultmann, Graß, Lüdemann) bis hin zu „historischem Ereignis“ (Pannenberg, Christlicher Fundamentalismus). Eine Mittelposition vertritt Karl Barth: Er betont das objektive Geschehen hinter den Glaubenszeugnissen, das aber prinzipiell nicht historisch verifizierbar ist.

  • "Der Auferweckte schenkt Versöhnung und überwindet so den Unglauben"

Die Ostertexte betonen die Identität des nun Auferstandenen mit dem zuvor Gekreuzigten. Sie erinnern Jesu Jünger damit an ihr Versagen angesichts seines Todes: Sie hatten ihn verraten, verlassen und verleugnet. Nur er selbst konnte also ihren Unglauben überwinden. Er tat dies, indem er sich mit ihnen versöhnte. Erst das öffnete ihre Augen. Das gemeinsame Essen gab ihnen erneut - und diesmal unwiderruflich - Anteil am Heil. Diesen Aspekt betonen besonders die Evangelien: Das ist der Sinn der Mahlmotive in ihren Erscheinungstexten. Darum feierte die Urgemeinde in jedem Gottesdienst das Abendmahl.

  • "Der gekreuzigte Jude aus Galiläa ist der zu Gott erhöhte „Sohn“ Gottes"

Mit der Versöhnung zugleich schuf der Auferstandene die Erkenntnis, wer er in Wahrheit ist: der von Gott gesandte und zu Gott erhöhte Christus. Dieser Mensch ist also der endgültige Offenbarer dieses Gottes und sein einzigartiges Ebenbild. Als solchen haben ihn die Urchristen dann verkündet, während sie vor seinem Tod noch wie er das Reich Gottes verkündeten (Mt. 10, 7). Der „Sohn“-Titel beinhaltete dabei auch schon die Aspekte der ewigen Erwählung (Präexistenz), Präsenz, Weltherrschaft und Wiederkunft.

  • "Der Sohn Gottes ist der kommende Weltrichter"

Alle Urchristen deuteten Jesu Erscheinen als „Auferweckung“. Das war von ihren jüdischen Glaubensvoraussetzungen her undenkbar: „Auferweckt“ werden sollten die Toten gemeinsam, und zwar erst am Ende der Welt, wenn Gott zum Gericht erscheint. Ein nach jüdischem Recht Verurteilter, der gekreuzigt wurde, galt als von Gott verflucht. Er wäre nicht auferweckt oder im Endgericht verworfen worden.

Die Texte zeigen nach der verzweifelten Jüngerflucht unübersehbar ihre Freude über die überraschende Wende. Jesu Erscheinen war für sie völlig unerwartet und rief zuerst Furcht hervor: Denn damit kam der Richter, um sein Endgericht vorwegzunehmen und in Kraft zu setzen. Besonders Paulus, der Verfolger der Urgemeinde, erfuhr das: Ihm gegenüber zeigte sich der inthronisierte „Menschensohn“ im Lichtglanz der Herrlichkeit Gottes (Apg. 9, 3/2. Kor. 3, 18). Darauf konnte nur Verstummen, Erblinden und Kniefall folgen. In seiner Berufungsvision fehlen daher der Schriftbeweis (den Stefanus schon führte: Paulus kannte wohl dessen Missionspredigt Apg. 7), das Mahlmotiv und das Sendungsmotiv: Erst nach seiner Taufe empfing er den Auftrag zur Völkermission (Apg. 22, 16ff).

  • "Das Kommen des Richters wird die Welt vollkommen verwandeln"

Jesu Auferweckung bekräftigte für die Urchristen die Zukunftserwartung der jüdischen Prophetie (Jes. 25, 8/35, 10/Hes. 37, 12-14) und Apokalyptik (Dan. 7, 2-14) von einer endzeitlichen Verwandlung der Schöpfung und Überwindung des Todes (1. Kor. 15/Off. 21, 3-5). Darum verkündeten sie ihn als „Ersten der Entschlafenen“ (1. Kor. 15, 20), sahen mit seiner Auferstehung also die Zukunft aller Toten und den Vorschein der neuen Schöpfung voraus und erwarteten sein Wiederkommen noch zu ihren Lebzeiten (1.Kor. 15, 51/ Mk. 13, 30).

Daher spielte das leere Grab in der urchristlichen Verkündigung keine primäre Rolle. Es war nur eine sekundäre Bestätigung für die eigentliche Osterbotschaft. Es betonte die Realität des neuen Lebens Jesu und wies die Angeredeten vom Vergangenen weg zur Zukunft: "Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten?" (Lk. 24, 5)

  • "Die Geistesgegenwart des Auferstandenen sendet die, die an ihn glauben, zur Völkermission"

Die Gabe des Heiligen Geistes im Pfingstereignis bekräftigte für die Urchristen die Überwindung des Fluchs der Sprachverwirrung (Gen. 11), gab ihnen also Hoffnung auf Völkerverständigung und Frieden (Apg. 2, 1-11). Schon die ersten Petruspredigten verkündeten Jesu Auferweckung daher als Herzurufen der Völker und Erfüllung des Völkersegens Abrahams (Apg. 2, 14ff/3, 12ff/4, 8ff). Diese Erfüllung begann wie zu Lebzeiten Jesu mit dem Heilen der geschädigten Kreatur (Apg. 5, 12ff).

Diese Aspekte oder Dimensionen der Auferstehung Jesu sind im NT untrennbar, treten aber nicht überall zugleich auf. Die weitere Christologie und Soteriologie entfaltete sie dann je nach Situation der angeredeten Gemeinden.

"Für uns gestorben": Das Kreuz des Auferweckten im ältesten Passionsbericht

Die Auferweckung Jesu hat die Jünger zur Bildung der Urgemeinde veranlasst, aus der der älteste Passionsbericht stammt. Das heißt: Weil dieser Gekreuzigte auferweckt wurde, galt die erste Frage der Jünger dem Sinn seines Todes und dem Verstehen seiner Passion mit Hilfe der Schrift (Lk. 24, 14–27).

Die Komposition des Markusevangeliums

Das Markusevangelium läuft von Anfang an auf Tod und Auferweckung Jesu zu: Denn auf den Wegbereiter (im NT: Johannes der Täufer, Mk. 1, 2ff) folgte in der Prophetie das Endgericht, die kosmische Umwälzung (Jes. 40, 3–5). Jesu ganze Geschichte will als Vorwegnahme dieser "Weltrevolution" und als ultimative Bekräftigung dieser jüdischen Heilserwartung verstanden werden.

So verknüpfen Leidens-, Todes- und Auferstehungsankündigungen, die Jesus gesagt haben soll, die Erzählungen von seinem Wirken in Galiläa mit seiner Passion in Jerusalem (Mk. 8, 31/9, 31/10, 33). Sie entsprechen der Deutung, die Jesus selbst nach dem vormarkinischen Passionsbericht seinem Tod gab.

Das Passahmahl Jesu

Im Rahmen eines Passahmahls sagt Jesus am Vorabend seines Todes dem versammeltem Zwölferkreis – der für ganz Israel stand und Judas einschloss – zu (Mk. 14, 24):

"Das ist mein Leib/Blut, für euch zerbrochen
vergossen zur Vergebung der Sünden für die Vielen"
.

Der Ausdruck "für die Vielen" bedeutet im Aramäischen: für alle. Das ist eine deutliche Anspielung auf eine im ganzen AT einzigartige Prophetie: den stellvertretend für das ganze Volk und seine Führer leidenden "Knecht Gottes" (Jes. 52,13 – 53,12). Dass hier eine historische Erinnerung an Jesu eigene Deutung vorliegt, hat Joachim Jeremias recht wahrscheinlich gemacht (siehe Literatur).

Die Vorwegnahme des Endgerichts

Der Passionsbericht deutet die Kreuzigungsszene als vorweggenommenes Endgericht über die ganze Erde: Darauf weisen die Gerichtsfinsternis und das Stundenschema hin (Mk. 15, 33).

Die Finsternis ist symbolische Erfüllung der Gerichtsansagen in Israels Prophetie (u.a. Amos 5, 18/Joel 2, 2).

Das Stundenschema weist in Israels Apokalyptik darauf hin: Hier vollzieht Gott seinen vorherbestimmten Plan. Hier läuft die Frist ab, die aller Gewaltherrschaft gesetzt ist (Dan. 7, 12).

Der Text verkündet also: Das Endgericht über Israel und die Völkerwelt fand schon statt. Gott selbst hat seinen Sohn "dahingegeben", um Israel und alle Menschen aus diesem Gericht zu erretten.

Die Gerichtsklage des "für uns" Gekreuzigten

Jesus soll am Kreuz für seine jüdischen Ankläger und römischen Mörder gebetet haben, und zwar mit Worten des 22. Psalms (Mk. 15, 34):

"Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"

Dieser Psalm wurde seit dem Exil auf das ungerechte Leiden ganz Israels bezogen. Zu Unrecht zum Tod verurteilte Juden beteten so in Babylonien, Rom, Auschwitz, Bergen-Belsen und anderswo bis heute.

Jesu Gottverlassenheit hat eine exklusive und eine inklusive Seite.

Als der für uns Gerichtete erleidet er das Gericht stellvertretend für uns: Nur er kann das, nur er tut das. Niemand anderes kann und soll das noch tun.

Als der mit und für uns ungerecht Leidende schreit er nach Gottes Gerechtigkeit. So tun es heute noch viele wie er und mit ihm, und er mit ihnen.

Beide Seiten sind nicht von der Geschichte Israel-Judentums zu trennen. Denn der Beter von Psalm 22 appelliert an den Gott des Exodus und stellt sein Leiden in Israels Gesamtgeschichte hinein. Er betet und leidet mit seinem und für sein Volk (C. Westermann).

Die Präsenz des Reiches Gottes im Tod Jesu

Jesu Schwur beim Passahmahl lautete (Mk. 14, 25): "Von nun an werde ich nicht mehr trinken vom Gewächs des Weinstocks, bis ich es neu trinke im Reich Gottes."

Demgemäß lehnte er am Kreuz den Betäubungstrank seiner Henker ab (Mk. 15, 23). Doch nachdem er die Gerichtsklage des Gottverlassenen herausgeschrien hatte (Mk. 15, 34), nahm er den Weinessig seiner Brüder an: der Juden, die in ihm den wiedergeborenen Johannes sahen und hofften, der Prophet Elija werde ihn retten. Das Gericht Gottes trennte ihn nicht, sondern verband ihn unlösbar mit seinem Volk und dessen Hoffnungen.

So sagt der Passionsbericht: Gerade im Sterben Jesu liegt Hoffnung für uns. Gott selbst ist in diesem Sterben präsent, leidet und stirbt mit seinem Sohn. Gottes Reich wird kommen und alle Gewaltherrschaft überwinden. Jesus selber hat diese Zusage Gottes ultimativ bekräftigt. Indem er sein Leben am Fest der Befreiung Israels für alle Völker hingab, gab er mit Israel allen hoffnungslos Versklavten und Gefolterten Anteil an Gottes Zusage.

Die gegenwärtige Relevanz des Todes Jesu

Die "gefährliche Erinnerung" (J. Moltmann) an die konkrete Passionsgeschichte Jesu kann dazu beitragen, die jahrhundertelange Feindschaft zwischen Christen und Juden zu überwinden. Christen sollte es von da aus nicht mehr möglich sein, jenseitige Erlösung und diesseitige Befreiung, Frieden und Gerechtigkeit, Glauben und Politik, Beten um Gottes Reich und Engagement für Weltveränderung gegeneinander auszuspielen und zu trennen.

Nimmt man den ältesten Passionsbericht genau beim Wort, dann ist gerade die Verkündigung des Todes Jesu, die in der europäischen Geschichte immer wieder zu Judenpogromen führte und dazu missbraucht wurde, der durchschlagende Grund für eine unkündbare Solidarität aller Christen mit allen Juden und allen zu Unrecht Verfolgten. Zugleich lassen sich von da aus judenfeindliche Aussagen in den Evangelien als situationsbedingt relativieren und sachlich entkräften.


Urchristliche Hoheitstitel

Der Sohn Davids

Dieser Titel bezeichnet den Messias als Nachfahren des Königs David, der Großisrael gründete, seine Feinde besiegte und den Tempelbau einleitete.

David erhielt die Zusage ewiger Thronfolge (2. Sam. 7, 13f), nachdem er die Bundeslade des alten 12-Stämmebundes nach Jerusalem überführt hatte. Daran knüpfte die Messiaserwartung der Exilsprophetie nach dem Untergang des Königtums an: Der Messias wurde als später "Spross" der Davidsippe erhofft (Jes. 11, 1).

Dieses Messiasbild war im Volk auch mit der gerechten Rechtsprechung für die Armen und Heilung der Kranken verbunden. Wo Jesus so genannt wird, stehen derartige Erwartungen im Vordergrund. Dem hat Jesus nicht widersprochen (Mk. 10, 46–52).

Aber der neue David sollte Israel auch gewaltsam aus der Hand seiner Feinde befreien: Dem hat Jesus zeichenhaft widersprochen und stattdessen an den machtlosen Messias Sacharjas erinnert (Mk. 11, 1–10).

Er soll auch betont haben, dass der Messias kein Nachfahre, sondern Vorfahre Davids und diesem übergeordnet sei (Mk. 12, 35f): Das spielte offenbar auf den präexistenten "Menschensohn" an, der aus Gottes Bereich stammt (Dan. 7, 13f).

Christus

"Christus" ist die griechische Übersetzung des hebräischen Wortes Messias ("maschiach"), wortwörtlich überstetzt: der Gesalbte). Dieses Wort bezeichnet in der jüdischen Bibel (der Heiligen Schrift Jesu) unterschiedliche Begriffe (vgl. hierzu den Artikel Christus).

Die ältesten Schriften des Neuen Testamentes sind die Paulusbriefe. Das älteste Evangelium im Neuen Testament ist das Markus-Evanglium, das dem Lukas- und dem Matthäus-Evangelium als Literatur-Vorlage diente.

"Christus" in den Paulusbriefen

notwendige, auszufüllende Leerstelle

"Christus" im Markus-Evangelium

notwendige, auszufüllende Leerstelle

Systematische Zusammenfassung der neutestamentlichen Christus-Begriffe

"Christus" ist kein Bestandteil eines Namens wie "Fischer" bei >Jens Fischer<, sondern "Christus" bezeichnet eine Eigenschaft der Person Jesu: dass er befreit. "Jesus Christus" wortwörtlich übersetzt heißt "Jesus der Gesalbte", sinngemäß übersetzt: "Jesus der Befreier".

Jesus selbst hat sich nicht gerne als Messias bezeichnen lassen, weil er sich gegen überzogene Erwartungen schützen wollte (vgl. Mt 8,30). Seiner Meinung nach konnte der Messias kein politischer Befreier sein; Jesus war der Meinung, dass die Befreiung in den Herzen der Menschen anfangen müsste, dann würden sich die politischen Verhältnisse auch wandeln können. Deshalb lehrte Jesus, wie man eine liebende Persönlichkeit wird.

Nach Jesu Tod haben die Christen aus mehreren Gründen Jesus Christus (Messias) genannt. Jesus ist der Befreier, weil er Menschen in ihren Lebensproblemen geholfen hat. Er ist der Befreier, weil er einen Glauben an Gott vorgelebt hat, durch den man zur Liebe befähigt wird. Er ist der Befreier, weil er auch dann noch für das Reich der Liebe und für die Wahrheit über die bedingungslose Liebe Gottes eingetreten ist, als er deswegen verfolgt und mit dem Tode bedroht wurde. Er ist der Befreier, weil er gewaltlos auf die Aggressionen reagiert hat; er hat das Böse ausgehalten und mit Liebe bekämpft.

In der hebräischen Bibel bezeichnet dieser Titel zum einen jeden gottesfürchtigen Juden, zum anderen das ganze erwählte Gottesvolk (Hos.).

Texte aus der Ordensgemeinschaft von Qumran belegen aber, dass dieser Titel zur Zeit Jesu auch schon für den Messias verwendet und reserviert wurde. In dieser Form wird er von Kaiphas an Jesus herangetragen (Mk. 14, 61) und dann im hellenistisch beeinflussten Urchristentum verwendet (Mk. 15, 39/Röm. 1, 3).

Jesus nannte Gott zum einen "Abba" (lieber Vater, Papa), seine Jünger und Mitjuden zum anderen "Kinder Gottes": Er brachte ihnen Gottes liebevolle Fürsorge nahe (Mt. 6, 25-33).

Der Menschensohn im AT

Diese rätselhafte Figur taucht in der apokalyptischen Literatur erstmals um 170 v. Chr. auf. In Daniels Vision (Dan. 7, 2-14) wird zuerst Gottes Thronbesteigung zum Endgericht, dann die Vernichtung aller menschlichen Großreiche, die auf Gewalt basieren, dann das Erscheinen eines "Menschenähnlichen" geschildert. Diesem werde Gott all seine Herrschaftsmacht übertragen. Daraufhin würden alle Menschen ihm dienen, und sein Reich werde ewig sein.

Das knüpfte an die älteren prophetischen Messiasweissagungen vom Völkerfrieden an, die bisher unerfüllt geblieben waren. Es grenzte sich aber auch gegen sie ab: Denn nun wurde die Erlösung nur noch vom Endgericht Gottes, also zugleich mit dem Ende der Welt erhofft. Vom Tempel und vom Messias war in der Vision keine Rede mehr. Die endzeitliche Wende wurde offenbar nun keinem Menschen, auch keinem Davidsspross mehr zugetraut.

Erst nach dem Gericht über alle Gewaltherrschaft sollte "das Allerheiligste gesalbt", also der jüdische Tempel neu eingeweiht werden (Dan. 9, 24.) So widersprach Daniels Apokalyptik denen, die sich mit der Vertreibung der Fremdherrscher, die den Tempel entweiht hatten, zufrieden gaben, und den Tempelkult nur wiederherstellen und gegen Ausländer verteidigen wollten.

Die Schriften Henoch und 4. Esra versuchten dann, beide Heilserwartungen - die des Messias und die des Menschensohns - zu verbinden und auszugleichen. Dabei erhielt der Menschensohn Attribute des Weltrichters: Er würde also nicht nach, sondern zu dem Endgericht erscheinen und Gott darin vertreten.

Diese besondere jüdische Apokalyptik hat die Zeit "zwischen" den Testamenten und die Endzeiterwartung um die Jahrtausendwende mitgeprägt. Sie wurde von den meisten Pharisäern geteilt.

Für die Sadduzäer dagegen war Daniels Apokalyptik eine Irrlehre, weil in der Tora (den 5 Büchern Mose) nichts vom Menschensohn stand. Diese war für sie allein maßgeblich.

Der Menschensohn im NT

Von allen Titeln, die Jesus vor oder nach Ostern beigelegt wurden, könnte er den "Menschensohn" am ehesten selbst beansprucht haben. Denn dieser Titel taucht schon in der Logienquelle auf, und zwar nur in wörtlicher Rede Jesu.

Dort redet Jesus immer vom "kommenden" Menschensohn in der 3. Person. Auch sonst sagt Jesus in den Evangelien nie "Ich bin der Menschensohn". Hat er also einen anderen oder sich selbst gemeint? Diese Frage gehört zu den wichtigsten Streitthemen der NT-Forschung.

Welche Menschensohn-Vorstellung in einem Jesuswort gemeint ist, lässt sich wohl nur von Fall zu Fall entscheiden. Bei Markus nimmt Jesus schon in Galiläa die Vollmacht des Menschensohns in Anspruch, um Sünden zu vergeben (Mk. 2, 10) und am Sabbat zu heilen (Mk. 2, 28). Diese Vollmacht wird dem Menschensohn Daniels erst nach dem Endgericht übertragen.

Später kündigt Jesus die Auslieferung des Menschensohns an seine Feinde an (Mk. 8, 31). Das war in Daniels Vision nicht vorgesehen, weil der Menschensohn dort erst erscheint, nachdem Gott Israels Feinde besiegt hat.

(Mk. 10, 35-45)

In den Reden über das Endgericht (Mk. 13, Mt. 25, Lk. 21, Jh. 3/ 5, 19- 30) erscheint der Menschensohn als Weltrichter. Er vertritt also Gott selbst in dieser Funktion.

Nach Ostern trat der Menschensohntitel zurück: Nur Stefanus verwendete ihn (Apg. 7, 56), die Petruspredigten und Paulusbriefe dagegen verwenden andere Titel.

Der Kyrios

Dieser Titel ist die griechische Übersetzung des hebräischen Gottesnamens "JHWH". Er bezeichnet dessen Heiligkeit, Machtfülle und Weltherrschaft.

"Jesus Christus ist der Kyrios!" (Phil. 2, 11) ist einer der ältesten christlichen Glaubenssätze überhaupt (vgl. "Maranatha": "Unser Herr, komm!").

Der Messias ist in der Bibel ein von Gott erwählter, aber sterblicher Mensch. Dass er hier - von Juden! - mit Gott selbst identifiziert werden konnte, ist ein starkes Indiz dafür, dass Jesus sich tatsächlich selbst als der kommende gottgleiche "Menschensohn" von Daniel 7 vorgestellt hat.

Dann hätte der Kyriostitel den Menschensohntitel nach Ostern verdrängt und ersetzt, weil man respektierte, dass Jesus selbst sich vor Ostern so nannte und nun zu Gott erhöht worden war.

Vorösterliche Titel sind z.B. wiedergekommener Johannes, neuer Elijas, Prophet, des Gesetzes Ende, letzter Rufer, endgültiger Bote, Messias, Sohn Gottes (allerdings nur im jüdischen Sinn als Engel bzw. Überlieferer der Worte Gottes), Menschensohn, Sohn Davids, etc.

Nachösterliche Titel sind z.B. der Gekreuzigte, der Auferstandene, Christus, Sohn Gottes, etc.

Dieser Titel ist typisch für die Sühnopfer-Deutung des Todes Jesu im Rahmen eines Passahfestes (Jh. 1, 29), die an die Weissagung vom "Gottesknecht" (Jes. 53, 7) anknüpft.

Die Vielfalt der Titel im NT zeigt bereits die Vielfalt der Möglichkeiten, das "für uns gestorben" in den ältesten Credoformeln auszulegen.

Der Weissagungsbeweis im NT

Die Autoren des NT beziehen viele Passagen des AT auf Jesus. Es wird so auf vielfältige Weise zu einer Vorhersage dieses Messias, z.B. in:

  • Gen. 49,10: "aus dem Stamm Juda" - Lk. 3,33
  • Mi. 5,1: "Bethlehem" als Geburtsort des Messias - Mt. 2,1
  • Jes. 7,14: "von einer Jungfrau geboren" - Mt. 1,18
  • Ps. 41,10: "von einem Freund verraten" - Mk. 14,10
  • Ps. 22,17; Jes. 53,5: "Hände und Füße durchbohrt" - Joh. 19,18
  • Ps. 22,19: Soldaten werfen das Los um seine Kleider - Mk. 15,24
  • Dan. 9,25f: 69 Jahrwochen = 483 Jahre - Jh. 19, 31: Jesu Tod genau am Passahfest 32 n. Chr.

Die "Schrift" war für die Jünger Jesu der Schlüssel, seinen Tod und seine Auferweckung als vorherbestimmten Willen Gottes zu verstehen. Das konnten sie aber nur, weil Jesus selbst es ihnen nahe gelegt hatte.

Die Christologie der Paulus-Briefe

Paulus war der erste christliche "Theologe". Er wurde als Christenverfolger durch eine eigene Jesusvision (Apg. 9, Jesus erscheint Saulus vor Damaskus) bekehrt und zum Völkerapostel berufen. Er gründete auf Missionsreisen im Mittelmeerraum eine Reihe von Christengemeinden, denen er in Briefen beistand. Er vertrat die Völkermission ohne Beschneidung; d.h. er legte für getaufte Christen die Tora Israels anders aus als diese in der damaligen Zeit durch Schriftgelehrte ausgelegt worden war. Er bekräftigte aber zugleich die unkündbare Abhängigkeit aller Christen von Israels Erwählung (Römerbrief 9-11).

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