Homo faber (Roman)

Roman von Max Frisch
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Der Ausdruck Homo faber wird in der philosophischen Anthropologie benutzt, um den modernen Menschen als Erschaffer einer künstlichen Welt zu charakterisieren. Homo faber - Ein Bericht ist der Titel eines 1957 erschienenen Romans von Max Frisch, in dem der Ingenieur Walter Faber unwissentlich eine Liebesbeziehung zu seiner eigenen Tochter eingeht.

Homo Faber in der Anthropologie

Mit dem Begriff homo faber (zu deutsch etwa: der schaffende Mensch oder der menschliche Handwerker) wird der moderne Mensch von älteren Menschheitsepochen durch seine Eigenschaft als aktiver Veränderer seiner Umwelt abgegrenzt. Hannah Arendt stellt ihm 1958 das animal laborans (etwa das arbeitende Tier) gegenüber, dessen Dasein sich auf Arbeit zur Existenzsicherung reduziert. Während in der Entwicklungsstufe des animal laborans das Leben das höchste (und einzig relevante) Gut ist und von Menschen hergestellte Produkte auf ihren praktischen Nutzen reduziert werden, wertet der homo faber menschliche Werke als für sich stehend wertvoll.

Eine eng verwandte Unterscheidung ist die zwischen dem viator mundi (dem Pilgerer oder dem Reisenden durch die Welt), der als charakteristisch für das Mittelalter gesehen wird, und dem mit der Renaissance entstehenden faber mundi (der Schaffer oder Herrscher der Welt).

Weiter wichtige Wesensbeschreibungen des Menschen sind beispielsweise die des zoon politicon (Aristoteles), des homo rationabiles (Immanuel Kant) oder der homo oeconomicus (Adam Smith)


Homo Faber - Ein Bericht

Max Frisch beschreibt in seinem Roman Homo faber - Ein Bericht die Geschichte des schweizer Ingenieurs Walter Faber, der unwissentlich eine Liebesbeziehung zu seiner eigenen Tochter eingeht und dessen rationalistisches Weltbild im Verlauf des Buches ins Wanken gerät.

Die Geschichte ist stark durch Zufälle geprägt. So landet ein Ingenieur an den verschiedensten Orten der Welt. Sein Abenteuer beginnt mit einem Flugzeugabsturz über der mexikanischen Wüste, den er unverletzt überlebt. Dort lernt er Herbert kennen. Dieser ist der Bruder seines ehemaligen engen Freundes und Studienkollegen Joachim, zu dem er bereits sehr lange keinen Kontakt mehr hat. Faber beschließt spontan, ihn mit Herbert in Guatemala zu besuchen. Doch dieser ist inzwischen verstorben und hinterlässt eine Tabakplantage, die von Herbert weitergeführt wird. Faber beschließt, wie schon beabsichtigt, nach New York zu reisen. Dort will er die Beziehung mit seiner Freundin beenden und mit dem Schiff nach Paris fahren. Auf der einwöchigen Schiffsreise lernt er Elisabeth kennen. Faber verliebt sich in Sabeth, wie er sie nennt, und unternimmt viel mit ihr. Sie will nach Athen zu ihrer Mutter. Als die beiden in Paris ankommen, beschließt Faber sie nach Athen zu begleiten. Als sie kurz vor ihrem Ziel sind, wird Sabeth von einer Schlange gebissen. Faber will ihr helfen, doch Sabeth weicht im Angesicht des nackten Fabers, der vom Schwimmen kommt, aus und stürzt mit dem Kopf auf einen Stein. Faber bringt sie mit letzter Kraft in ein Athener Krankenhaus. Als Faber im Krankenhaus aufwachte, sieht er ins Gesicht von Hanna, die ihn vor 21 Jahren verlassen hat, weil er sie sehr enttäuscht hat (Faber: "Wenn du dein Kind haben willst, müssen wir natürlich heiraten!"). Sie erzählt ihm, dass Sabeth seine Tochter sei. Faber will sofort mit Sabeth reden, doch sie ist wegen des Sturzes auf den Stein gestorben. Die Ärzte haben die Schädelfraktur nicht erkannt. Hanna und Faber beschließen, weiterhin in Athen zu leben, um ihrer verstorbenen Tochter so nah wie möglich zu sein.



Figuren

Walter Faber

Walter Faber, geboren am 29. April 1907 in der Schweiz, ist Ingenieur und hat von 1933 bis 1935 an der ETH Zürich gearbeitet. Seit 1946 lebt er in Manhattan und ist Entwicklungshelfer für die UNESCO.

Er ist Katholik, ledig, hat eine Tochter Sabeth.

Faber erscheint als Rationalist
"Das Wahrscheinliche (dass bei 6 Mrd. Würfen mit einem regelmäßigen Sechserwürfel annähernd 1 Mrd. Einser vorkommen) und das Unwahrscheinliche (dass bei 6 Würfen mit demselben Würfel einmal 6 Einser vorkommen) unterscheiden sich nicht dem Wesen nach, sondern nur der Häufigkeit nach, wobei das Häufigere von vornherein als glaubwürdiger erscheint. Es ist aber, wenn einmal das Unwahrscheinliche Eintritt nichts Höheres dabei, keinerlei Wunder oder Derartiges, wie es der Laie so gerne haben möchte." Er sieht Schicksal also nicht als solches, sondern als Grenzfall des Wahrscheinlichen.
Er hat eine Abneigung gegen alles, was nicht seiner Kontrolle unterliegt.
Bartwuchs: Zitat: "Ich fühle mich nicht wohl, wenn unrasiert; nicht wegen der Leute, sondern meinetwegen. Ich habe das Gefühl, ich werde etwas wie eine Pflanze, wenn ich nicht rasiert bin, ..."
befürwortet Schwangerschaftsabbruch: Zitat: "Wo kämen wir hin ohne Schwangerschaftsunterbrechung? Fortschritt in Medizin und Technik nötigen gerade den verantwortungsbewussten Menschen zu neuen Maßnahmen. Verdreifachung der Menschen in einem Jahrhundert. Früher keine Hygiene. Zeugen und gebären und im ersten Jahr sterben lassen, wie es der Natur gefällt, das ist primitiver, aber nicht ethischer."
Alterungsprozess: Zitat: "Ich habe sie immer gefürchtet; was man auch dagegen tut: ihre Verwitterung. Überhaupt der ganze Mensch! – als Konstruktion möglich, aber das Material ist verfehlt: Fleisch ist kein Material, sondern ein Fluch."
Er will sich nicht binden
Zitat: "Ich kannte ihre Vorwürfe und hatte sie satt. Dass ich grundsätzlich nicht heirate, das hatte ich oft genug gesagt, zumindest durchblicken lassen, zuletzt aber auch gesagt, und zwar auf dem Flugplatz, als wir drei Stunden lang auf diese Super-Constellation hatten warten müssen. Ivy hatte sogar geweint, somit gehört, was ich sagte."
Er hat ein eher abschätziges Frauenbild
Zitat: "Sie schauen tagelang zu, wie ich den Motor zerlege. Die Mütter gaffen auch zu, sie kommen nicht aus dem Gebären heraus, scheint es, sie halten ihren letzten Säugling an der braunen Brust, abgestützt auf ihrer neuen Schwangerschaft, so stehen sie da, während ich den Motor putze, und gaffen, ohne ein Wort zu sagen, da ich sie nicht verstehe."
Er hat keine männlichen Freunde
Zitat: "Ich habe niemandem gesagt, dass meine Tochter gestorben ist, denn niemand weiß, dass es diese Tochter je gegeben hat, und ich trage auch keine Trauer im Knopfloch, denn ich will nicht, dass sie mich fragen, denn es geht sie ja alle nichts an."
Er ist etwas eifersüchtig auf Sabeths Freund
Zitat: "Ich wartete einfach, bis der junge Mann gleichfalls fand, es gäbe nichts mehr zu tun, wir sollten das Mädchen jetzt allein lassen – „Tschau!“ sagte er.
Ich durchschaute ihn, er wollte mich irgendwo auf Deck verlieren, um dann allein in ihre Kabine zurückzukehren. Ich forderte ihn zu einem Pingpong ... So blöd, wie vermutet, war er nicht, wenn auch keineswegs sympathisch."
Er rechtfertigt sich ständig
Zitat: "Was ist denn meine Schuld? Ich habe sie auf dem Schiff getroffen, als man auf die Tischkarten wartete, ein Mädchen mit baumelndem Rossschwanz vor mir. Sie war mir aufgefallen. Ich habe sie angesprochen, wie sich Leute auf einem solchen Schiff eben ansprechen."
Hanna nennt ihn "homo faber" (= der technisierte Mensch [Zitat, S. 47,Suhrkamp-Verlag])
Max Frischs Hinweis auf die heutige Problematik, dass Geschlechter voreinander Vorurteile haben. Walter F. bewertet das Geschehene nur aus seinen Augen. Er besitzt kein Mitgefühl. Er funktioniert wie eine Maschine.
Fabers Wandlung

Man kann eine Wandlung Fabers im Laufe der Erzählung feststellen. Tatsächlich kann man hier auch einen stilistischen Wandel erkennen. Anfangs berichtet er in Blöcken die er bloß aneinander hängt, es ist ein beschreibender Linearstil, der sich damit abfindet aufgefasste Gegebenheiten wiederzugeben. Faber ist ein einfacher "Protokollant" der sachlich und durchaus genau seinen "Bericht" erstattet. Er verfasst alles in einer eindimensionalen Sprache die den Anschein geben soll, nur auf expliziten Gegebenheiten zu beruhen. Jedoch merkt man immer wieder, dass Faber eigentlich ein empfindsamer und nachdenklicher Protagonist ist. So verrät er sich gelegentlich selber, wie zum Beispiel wenn er bestreiten will, dass in schwarzen Agaven "schwarze Seelen" zu erkennen sind, wie es andere Menschen meinen würden. Seine Schreibweise und die Auffassung seiner Beobachtung verrät jedoch, implizit, dass in schwarzen Agaven eigentlich schwarze Seelen zu erkennen seien. Seine Verneinung beweist somit das Gegenteil. Faber "verrät" sich eigentlich schon durch seinen Stil, da seine Beschreibungen so genau sind und er sehr oft Einschübe verwendet, dass man ihm gar nicht mehr glaubt ein unsentimentaler, objektiver Berichterstatter zu sein, ein sogenannter "Mensch als Ingenieur". Er will selbst konsequent sein, widerspricht sich aber gleich, wenig später sagt er: "Ich dachte an Heirat wie noch nie", obwohl er sich vorgenommen hatte nie zu heiraten. Dies beweist seine Inkonsequenz, gegenüber seiner eigentlichen Inkonsequenz als Verachtender seiner eigenen Gefühle. So unterdrückt und verdrängt Faber anfangs seine Gefühle, und beharrt auf seiner Rolle als Techniker. Gleich am Anfang bekommen wir einen Hinweis seitens Faber, dass sein Bericht eigentlich nur ein unglaubwürdiger Rechtfertigungsversuch ist: "Ich folgte ihr, meine überflüssigen Depeschen in der Hand, mit allerlei Ausreden, die nicht interessierten, (...)." Seine andauernden Rechtfertigungsversuche, z.B "was sonst nicht meine Art ist", sind im zweiten Teil nicht mehr zu entdecken. Anscheinend wandelt er sich nach den tragischen Ereignissen, die alles wieder in Frage stellen und die keine Ausreden mehr dulden. So entfaltet sich Faber nach dem Tod seiner Tochter. Er wird nachdenklich und offener.Er benimmt sich nicht mehr so verachtend und sachlich. Am Ende seines Berichts kann man deutlich wahrnehmen, dass er sich die Natur gar ans Herz nimmt: er kritisiert heftig den "American Way of Life", den er als naturfeindlichen Lebensstil bezeichnet.


Ivy

Ivy ist eine Geliebte Fabers. Er kennzeichent sie als "oberflächlich, von leichter Natur". Zitat: "Ivy war Mannequin, sie wählte eine Wagenfarbe, die zu ihrem Lippenstift passte. Ich kannte nur ihren ewigen Vorwurf: dass ich überhaupt keinen Geschmack habe und dass ich sie nicht heirate. Dabei war sie, wie gesagt, ein flotter Kerl." Er will sie nicht heiraten, weil sie ihm zu sehr klammert. Das manifestiert sich auch in ihrem Namen, der mit der Klammerpflanze "Efeu" übersetzt werden kann. Trotz aller Abneigung, die sich im Verlauf des Romans immer mehr zuspitzt, kann Faber anscheinend nicht ohne Ivy, obwohl er gerne würde. Seine Abneigung beruht auf seiner Abneigung gegenüber unkontrollierbarem, so auch gegenüber dem Verhältnis zu Ivy, welches er nicht recht kontrollieren kann.


Sabeth

Sabeth ist die Tochter von Hanna und Walter. Ihr richtiger Name ist Elisabeth. Sie ist fröhlich und optimistisch, im Gegensatz zu Walter Faber. Sie hat viele Interessen, ist klug, gebildet und offen für Neues. Faber sieht sie als "etwas naiv". Zitat: "Sie war wirklich ein Kind, wenn auch Kettenraucherin, sie hielt es wirklich für Zufall, dass man sich in diesem Paris nochmals getroffen hatte." Faber sieht in ihr oft seine Jugendliebe Hanna, beziehungsweise vergleicht ihre Handlungsweisen und Charakterzüge mit denen Hannas, was zugleich eine Vorausdeutung auf ein späteres Wiedersehen mit ihr ist. Neben Hanna ist sie auch die einzige, die zu ihm und seiner von Technik umgarnten Welt durchdringen kann. Gleichzeitig dient Sie auch dazu, Walter Faber zu Hanna zu bringen. Als sie die Aufgabe gemeistert hat, stirbt sie.


Hanna Piper geb. Landsberg

Hanna ist eine aus München stammende Halbjüdin, die 1938 nach Paris emigrierte. Sie hat Kunstgeschichte studiert, arbeitet als selbstständige Archäologin und lebt alleine in Athen. Sie hat zeitweise mit einigen Männern (Walter Faber, Joachim Hencke, Herr Piper) zusammengelebt, will jedoch unabhängig von ihnen sein. Sabeth sah sie immer als ihre eigene Tochter an, an deren Erziehung sie niemanden teilhaben ließ, denn für sie braucht ein Kind keinen Vater. Hanna ist sehr emanzipiert (Gott ist eine Frau) und ziemlich egoistisch. Faber stellt sie als überaus empfindlich, leicht verletzbar, sprunghaft und mit unberechenbarem Temperament dar. Nach Sabeths Tod verfällt sie in eine Stimmung die einer Maschine sehr ähnlich ist, und erst als sie denkt Faber schliefe bricht sie in ihrem Zimmer in Tränen aus. Ihre Schuld an Joachims Tod sei dahingestellt.


Herbert Hencke

Herbert Hencke ist Joachims Bruder; er stammt aus Düsseldorf, und trifft mit Walter Faber auf der Reise zusammen. Er war im 2. Weltkrieg an der Ostfront, und ist überzeugt, dass alle Russen von Grund auf böse und nur durch Waffengewalt zu belehren sind. Als er in Palenque gemeinsam mit Faber seinen Bruder Joachim findet, der sich erhängt hatte, verfällt er in eine Art Schockzustand, beschließt seine Familie und seinen Beruf aufzugeben und das verflossene Leben seines Bruders weiterzuführen, ohne Ziele, ohne Pläne. Der Schockzustand verrinnt in Resignation und Gleichmut, welche seitdem sein Leben bestimmen.


Reisestationen

Erste Station

1957

24.03. Abflug Fabers aus New York (Die "Hochburg der Technik")
26.03.-29.03. Notlandung und Aufenthalt in der Wüste Mexikos (Tamaulipas)
29.03.-30.03. Aufenthalt in Campeche
31.03.-05.04. Aufenthalt in Palenque
09.04. Fahrt zur Plantage in Guatemala, Rückkehr nach Palenque
19.04. Faber in Caracas
20.04. Reise nach New York
22.04.-30.04. Schiffsreise von New York nach Le Havre
29.04. Fabers 50. Geburtstag auf dem Schiff
01.05. Paris
13.05.-25.05. Italienreise mit Sabeth, Überfahrt nach Korinth
26.05. Unfall Sabeths
27.05. Aufenthalt in Athen
28.05. Tod Sabeths
29.05. Paris


Zweite Station

31.05.-01.06. Faber befindet sich wieder in New York
02.06. Abflug nach Caracas
Erneuter Besuch der Plantage in Guatemala
20.06.-08.07. Aufenthalt in Caracas, ab 21.06. verfasst Faber den ersten Teil des Berichts
09.07.-13.07. Faber in Cuba (Havana)
15.07. Düsseldorf, kurzer Aufenthalt
16.07. Zürich
18.07. Athen (Symbol der Vergangenheit)
19.07.-21.07. Krankenhaus in Athen, wo Faber den zweiten Berichtteil und Tagebuch schreibt
21.07. Operation seines Magenkrebses und vermutlicher Tod Walter Fabers

Entwicklung der Beziehung zu Sabeth

  • Faber beobachtet Sabeth von Anfang an und baut einen eigenen Bezug zu ihr auf.
  • Sie erinnert ihn an Hanna. / Er vergleicht sie mit ihr
  • Der Rossschwanz steht häufig für Sabeth.
  • Er ist in der Beziehung der Lehrer / entdeckt gleichzeitig Schönes an ihr.
  • Er ist fasziniert von der Jugend.
  • Sie ist interessiert an der Technik (Maschinenfreund), er kann ihr Interesse gar nicht glauben.
  • Er ist eifersüchtig auf den Baptisten.
  • Er fühlt sich alt in der Gegenwart von Sabeth, manchmal verhält er sich fast väterlich.
  • Er möchte nicht, dass sie Stewardess wird. Ihr soll nichts passieren / er möchte sie nach seinen Vorstellungen zurechtweisen.
  • Er denkt viel an Sabeth und viel über Sabeths Verhalten in seiner Gegenwart nach.
  • Faber macht Sabeth am Ende der Schiffsreise einen Heiratsantrag, der jedoch unbeantwortet bleibt.
  • Joachim spielt(e) für Sabeth eher die Rolle des Erzeugers, ihre Mutter wollte sie immer alleine erziehen, weil sie Hannas (ihr) Kind ist. Sabeth weiß nicht viel über Joachim.
  • Sie reden, spielen, er beobachtet sie, sie essen gemeinsam, streiten sich, er zeigt ihr den Maschinenraum, er versorgt sie, sie "philosophieren".


Motive

  • Walter Fabers Rationalismus
  • seine Eifersucht auf Sabeths "Schnäuzchenfreund"
  • Liebe - Walter Fabers "Liebe" zu Sabeth, aber auch zu Hanna.
  • Verdrängen - Walter Faber versucht die ganze Zeit, die Vermutung zu verdrängen, dass Sabeth seine Tochter sein könnte. (Anm.: Unpassendes Beispiel für Fabers Verdrängen: Allein die Vermutung, dass irgendeine Frau die eigene Tochter ist, wenn sie es auch sein könnte, ist doch schon krankhaft viel. Ein unerhörter Zufall, den einzutreten man vernünftiger Weise ausschließen muss!)
  • Schicksal / Zufall - Walter streitet die Existenz des Schicksals ab, aber es ist schon eine Reihe sehr unwahrscheinlicher Zufälle, die zu Sabeths Tod führen. Diese Reihe von Zufällen zerstört im Laufe des Berichts Fabers Rationalismus.
  1. das Treffen mit Herbert im Flugzeug
  2. der Flugzeugabsturz
  3. das Treffen mit Sabeth
  4. der Schlangenbiss-->Treffen mit Hanna
  • Tod - Der Selbstmord Joachims, Tod des Professor O.'s, Sabeths Unfall und Fabers wahrscheinlich tödliche Krankheit.
  • Schuld - Walter Faber ist an Sabeths Tod schuld. Denn sie stirbt nicht am Schlangenbiss, sondern durch die Schädelfraktur, die sie sich beim Sturz von der Böschung zugezogen hat. Sie ist vor ihm zurück gewichen. Walter Faber hat sich außerdem schuldig gemacht, indem er ein Verhältnis mit Sabeth eingegangen ist, obwohl er hätte wissen können, dass sie seine Tochter ist; siehe: Ödipus. (Anm.: Ein Vergleich mit Ödipus liegt nahe, da schicksalhafte Verkettungen zum Mord am Vater, zur Krönung Ödipus' zum König von Theben und zur Hochzeit mit Iokaste, eigentlich seiner Mutter, führen. Auch der Umstand, dass teilweise unbewusste Ereignisse der Vergangenheit sich nach langer Zeit derart dramatisch auswirken spricht dafür, wenngleich der Mythos "Ödipus" von der Rivalität zwischen Vater und Sohn um die Gunst der Mutter handelt. Eine Thematik, die in "Homo Faber" verkehrt wird: der Vater liebt und begehrt seine Tochter, auch wenn er sich dessen nicht bewusst ist und zwar in der Hinsicht, dass Walter nicht weiß, dass Sabeth seine Tochter ist. Umgekehrt und unter den selben Umständen verliebt sich Sabeth in ihren Vater.)

Einen Teil der Schuld trägt jedoch auch Hanna, die mit ihrem eifersüchtigen Anspruch auf Sabeth sowohl verhindert, dass Faber von Sabeth erfährt, als auch sehr wahrscheinlich Joachim in den Selbstmord treibt (Anm.: reine Hypothese).

Anm: Walter Faber trägt keinerlei Schuld an den Zufällen und den "Fügungen", da das Schicksal bekanntlich nicht aufhaltbar ist, aber er macht sich dadurch schuldig, was er aus diesen Zufällen macht. Anstelle konkrete Fragen zu stellen (wie z.B. Wie die Mutter von Sabeth heißt), redet er sich raus und verleugnet die Tatsachen, die er selbst schon längst unterbewusst weiß. Deshalb kann man nicht sagen, dass der eine oder die andere die Schuld am Tode Sabeths hat, sondern dass es auf einer schlechten Kommunikation von Hanna und Faber beruht. Frisch will damit auf die "Geschlechterverständigung" hinweisen, die in der heutigen Zeit (durch die Modernissierung) immer schlechter wird und bald nicht mehr besteht.

Thema

Das technik- und zukunftsorientierte Weltbild Fabers hindert ihn, das Leben unmittelbar in seiner Gegenwart zu erleben. Erst die lebensfrohe Tochter bewirkt eine Wandlung. Auf der anderen Seite wird aber von einigen Literaturkritikern auch das Weltbild der Mutter Hanna, das auf Mythen, antike Maternalität und Vergangenheit gerichtet ist, als ebenso hinderlich und zum Scheitern verurteilt gesehen. Der unwissentliche Inzest Fabers mit seiner Tochter Sabeth wird auch als eine moderne Fassung des [Ödipus]-Mythos gesehen.


Deutungen seines Verhältnisses zur Technik: Symbole aus dem technischen Bereich

  • die Kamera: ermöglicht selektives Sehen; alle "unliebsame" Realität wird "ausgeblendet" (zwischen Faber und dem direkten Erleben steht ein technisches Gerät)
  • der Rasierer: Kontrolle über die "Natur" (Bartwuchs); Flucht vor zwischenmenschlichen Kontakten (zu Beginn zum Beispiel vor Herbert und somit vor der Vergangenheit - Joachims Bruder; auch: vor Ivy <- Verkettung von Zufällen ->Anruf Schiffspassage)
  • die Schreibmaschine (das "Hermes-Baby"): In der Wüste schreibt Faber einen Abschiedsbrief an Ivy (mit seiner Schreibmaschine), anstatt sich einem Gespräch zu stellen.


Deutlich wird die Zwiegespaltenheit zwischen Ratio (Männlichkeit) und der Emotion (Weiblichkeit).


Literatur

  • Manfred Eisenbeis: Lektürehilfen Max Frisch, "Homo faber". 15. Aufl. Stuttgart: Klett, 2003. ISBN 3-12-922306-1
  • Hans Geulen: Max Frischs "Homo faber". Studien und Interpretationen. Berlin: De Gruyter, 1965.
  • Mona und Gerhard P. Knapp: Max Frisch: Homo faber. Frankfurt am Main: Diesterweg, 1987. ISBN 3-425-06043-0
  • Manfred Leber: Vom modernen Roman zur antiken Tragödie. Interpretation von Max Frischs "Homo faber". Berlin: De Gruyter, 1990. ISBN 3-11-012240-5.
  • Bernd Matzkowski: Erläuterungen zu Max Frisch, Homo faber. 3. Aufl. Hollfeld: Bange, 2005 ISBN 3-8044-1783-3
  • Reinhard Meurer: Max Frisch, Homo faber: Interpretation. 3. Aufl. München: Oldenbourg, 2002. ISBN 3-486-88610-X


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