Therese Schlesinger
Therese Schlesinger (geboren als Therese Eckstein am 6. Juni 1863 in Wien; gest. 5. Juni 1940 in Blois, Frankreich) war eine österreichische Frauenrechtlerin und Politikerin der SDAP.
Leben
Therese Eckstein wurde in eine liberale jüdische Familie in Wien geboren. Zu ihren Geschwistern gehören Emma Eckstein, Friedrich Eckstein und Gustav Eckstein. Im Unterschied zu ihren Brüdern wurde ihr eine höhere Schulbildung versagt. 1888 heiratete sie Victor Schlesinger, einen Bankangestellten, mit dem sie eine Tochter hatte. Während der Geburt infizierte sie sich mit einer Krankheit, unter der sie ein Leben lang litt. Bald darauf starb ihr Ehemann an Tuberkulose.[1]
Über ihre Freundin Marie Lang, die sie in den Feminismus einführte, trat sie 1894 dem Allgemeinen Österreichischen Frauenverein bei. Sie gehörte bald zu dem Kreis um Auguste Fickert, die ihre Mentorin wurde und sie ermutigende eigene Artikel zu veröffentlichen. Im Zwiespalt zwischen Feminismus und Sozialismus begann sie Vorlesungen in Sozialethik bei Emil Reich an der Universität Wien zu besuchen. Im Herbst 1897 wurde sie Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Sie schrieb Bücher zur Frauenfrage in der sozialistischen Politik und publizierte Artikel in der von Victor Adler gegründeten Arbeiterzeitung Der Kampf.[1]
Therese Schlesinger war von 1919 bis 1923 Mitglied der Konstituierenden Nationalversammlung und des Nationalrates, danach bis 1930 Mitglied des Bundesrates. Sie setzte sich besonders für die Mädchenbildung und den Kinder- und Jugendschutz ein. Sie verfasste die frauenpolitischen Teile des Linzer Programms der SDAP von 1926. 1933 zog sie sich aus der Parteiführung zurück. 1934 wurde die SDAP in die Illegalität gezwungen.
Nach dem Anschluss Österreichs 1938 musste Therese Schlesinger wegen ihrer jüdischen Herkunft ihr Land verlassen und floh nach Frankreich, wo sie ihr letztes Lebensjahr in einem Sanatorium in Blois verbrachte.
Veröffentlichungen
- Die Frau im sozialdemokratischen Parteiprogramm. Wien 1928
- Die geistige Arbeiterin und der Sozialismus. Wien 1919
- Erinnerungen an Mary Wollstonecraft. Übersetzung des Buchs von William Godwin. Halle 1912
- Geburtenbeschränkung und Justiz. In: Der Kampf, 6 (1926), S. 253–256
- Mein Weg zur Sozialdemokratie. In: Gedenkbuch. 20 Jahre österreichische Arbeiterinnenbewegung, hersg. by Adelheid Popp, Wien 1912
- Was wollen die Frauen in der Politik? Wien 1910
- Wie will und soll das Proletariat seine Kinder erziehen? Wien 1921
- Zum Problem der Mutterschaft. In: Der Kampf 10 (1927), S. 475–479.
- Therese Schlesinger: Meine Erinnerungen an den ersten Frauentag. In: Tagblatt, Arbeiterzeitung, 28. März 1933, S. 6 (online bei ANNO).
Ehrungen
- 1949: Benennung der städtischen Wohnhausanlage in der Wickenburggasse 8 / Schlösselgasse 14 im 8. Wiener Gemeindebezirks Josefstadt in „Therese-Schlesinger-Hof“
- 2006: Auf Antrag der Bezirksvorstehung des 8. Wiener Gemeindebezirks wird der seit 1901 nach dem christlichsozialen und antisemitischen Reichsratsabgeordneten Josef Schlesinger benannte Schlesingerplatz im 8. Wiener Gemeindebezirk nach ihr benannt.
Literatur
- Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7 (Band 5) S. 96.
- Jutta Dick, Marina Sassenberg (Hrsg.): Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert. Lexikon zu Leben und Werk. Rowohlt, Reinbek 1993, ISBN 3-499-16344-6.
- Birgit Jaindl: Therese Schlesinger (1863–1940) Diplomarbeit, Universität Wien 1994.
- Franz Menges: Schlesinger, Therese, geborene Eckstein
- Marina Tichy: Schlesinger Therese. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 10, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1994, ISBN 3-7001-2186-5, S. 199 f. (Direktlinks auf S. 199, S. 200).
- Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Hrsg.: Österreichische Nationalbibliothek, Wien. K. G. Saur, München 2002, ISBN 3-598-11545-8 (Band 3) S. 1211.
Weblinks
- Literatur von und über Therese Schlesinger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Therese Schlesinger auf der Website des österreichischen Parlaments
- Schlesinger Therese, geb. Eckstein. Parteifunktionärin (SDAP) und Schriftstellerin
- Frauen im Parlament: Therese Schlesinger
- Therese Schlesinger. In: dasrotewien.at – Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie. SPÖ Wien (Hrsg.)
Einzelnachweise
- ↑ a b Michaela Raggam-Blesch: Therese Schlesinger-Eckstein. Jewish Women: A Comprehensive Historical Encyclopedia. 1 March 2009. Jewish Women's Archive. (Viewed on February 20, 2016) <http://jwa.org/encyclopedia/article/schlesinger-eckstein-therese>
Personendaten | |
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NAME | Schlesinger, Therese |
ALTERNATIVNAMEN | Eckstein, Therese (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | österreichische Publizistin, Politikerin (SDAP) und Frauenrechtlerin, Abgeordnete zum Nationalrat, Mitglied des Bundesrates |
GEBURTSDATUM | 6. Juni 1863 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 5. Juni 1940 |
STERBEORT | Blois, Frankreich |