Ein Geschwindigkeitsanzeiger gibt im Eisenbahnbetrieb die zulässige Höchstgeschwindigkeit als Kennziffer für den nächsten Streckenabschnitt an. Dabei wird häufig die Geschwindigkeit durch ein Zehntel ihres Wertes in km/h dargestellt, also z. B. 8 für 80 km/h oder 3,5 für 35 km/h (der Begriff „Kennziffer“ ist sowohl in Österreich wie auch in Deutschland Bestandteil der jeweiligen Eisenbahn-Signalordnung und somit korrekt, inhaltlich richtig wäre hier statt „Kennziffer“ der Begriff „Kennzahl“).
Deutschland
In Deutschland ist der Geschwindigkeitsanzeiger ein Zusatzsignal. Er hat nach Eisenbahn-Signalordnung (ESO) folgende Bedeutung: „Die durch die Kennziffer angezeigte Geschwindigkeit darf vom Signal ab im anschließenden Weichenbereich nicht überschritten werden.“
Verwendung
Geschwindigkeitsanzeiger werden verwendet, um Geschwindigkeiten, die im nachfolgenden Weichenbereich gelten, zu signalisieren. Sie sind als Lichtsignal ausgeführt, wenn die Geschwindigkeit nicht für jede Fahrt gelten soll oder als Formsignal (und ausnahmsweise als Lichtsignal), wenn die Geschwindigkeit für alle Fahrten gilt.
Ihr Einsatzzweck umfasst insbesondere folgende Fälle:
- Zweiggleise in Weichen, die mit geringerer Geschwindigkeit als im Stammgleis befahren werden dürfen (häufigster Anwendungsfall)
- verkürzte Bremswegabstände (Heruntersignalisierung über mehrere Abschnitte) - Möglichkeit der Aufwertung
- verkürzter Durchrutschweg - Möglichkeit der Aufwertung
- ausnahmsweise: Mängel im Oberbau (prinzipiell geht aber die Signalisierung mit Langsamfahrsignal Lf 7 vor)
- Einfahrten in teilweise besetzte Gleise (Halt-zeigendes Zugdeckungssignal erwarten) werden auf 20 km/h signalisiert
- Einfahrten in Stumpfgleise werden im DS-Gebiet auf 30 km/h begrenzt und im DV-Gebiet auf maximal 40 km/h - Abweichungen nach unten im Rahmen von fahrdynamischen Berechnungen sind möglich
- Heraufsignalisierung bestehender Geschwindigkeitsbeschränkungen im nachfolgenden Weichenbereich nach Wegfall der Hindernisses (durch allein stehenden Geschwindigkeitsanzeiger) - äquivalenter Ersatz des Endesignals Zs 10, wobei die geltende Höchstgeschwindigkeit angegeben sein muss
In einigen frühen Projektierungen zeigen Geschwindigkeitsanzeiger dabei stets eine Geschwindigkeit, auch die Höchstgeschwindigkeit. So wird im Bereich des ESTW Dresden-Klotzsche ein Geschwindigkeitsanzeiger „12“ gezeigt, obwohl die Geschwindigkeitsbeschränkung der Strecke bereits 120 km/h beträgt. Grund hierfür war, dass diese Signale auch niedrigere Geschwindigkeiten anzeigen können und der Geschwindigkeitsanzeiger nicht dunkel sein sollte. Dieses Prinzip hat sich jedoch nicht durchgesetzt. Stattdessen wurde die parallele Signalisierung der Streckenhöchstgeschwindigkeit, also der maximal möglichen Geschwindigkeit in einem Streckenabschnitt, mit Langsamfahrsignalen Lf 6 und Lf 7 beibehalten und weiter ausgebaut. Das bedeutet, dass Strecken heutzutage auch den Beginn höherer Geschwindigkeitsstufen signalisieren.
Standorte
Ein Geschwindigkeitsanzeiger kann auftreten
- in Verbindung mit einem Hauptsignal
- Da ein Hauptsignal je nach Signalsystem nicht alle Geschwindigkeitsstufen anzeigen kann, und die zugelassene Geschwindigkeit nicht immer im Buchfahrplan vermerkt sein kann (beispielsweise bei außerplanmäßigen Fahrwegen), werden Hauptsignale durch Geschwindigkeitsanzeiger ergänzt. Dabei ist der Geschwindigkeitsanzeiger meist oberhalb des Hauptsignals angebracht.
- als Einzelsignal
- Der Geschwindigkeitsanzeiger steht alleine am Gleis und gibt die zulässige Höchstgeschwindigkeit für den eingestellten Fahrweg an.
Während das H/V-Signalsystem der Deutschen Bundesbahn die Geschwindigkeitssignalisierung über Geschwindigkeitsanzeiger nur in bestimmten Fällen vorsah (abweichende Geschwindigkeit von 40 km/h), war es beim Hl-Signalsystem der Deutschen Reichsbahn überhaupt nicht im Einsatz, da es dort bereits mehrere Geschwindigkeitsstufen (40 km/h, 60 km/h, 100 km/h) gab. Für die Signalisierung abweichender Geschwindigkeiten mit Geschwindigkeitsanzeiger wurde keine Notwendigkeit gesehen und es gab auch keine dafür vorgesehenen Schaltungen. Auch Formsignale dürfen an Hl-Signalen nicht aufgestellt werden, wohl aber einzeln stehend zwischen zwei Hl-Signalen. Beim Ks-Signalsystem stellen die Geschwindigkeitsanzeiger das zentrale Element der Geschwindigkeitssignalisierung dar. Jegliche variable Geschwindigkeit und feste Geschwindigkeiten abseits der durchgehenden Hauptgleise, die nicht mit Lf 7 signalisiert werden dürfen, werden über Geschwindigkeitsanzeiger realisiert. Diese sind so mit den Ks-Signalen verschaltet, dass die grüne Signallaterne im Falle des Aufleuchtens eines Geschwindigkeitsvoranzeigers zur Warnung blinkt. Am Standort des Geschwindigkeitsanzeigers hat das grüne Licht jedoch Ruhelicht (sofern dort nicht ebenfalls ein Geschwindigkeitsvoranzeiger leuchtet). Der Geschwindigkeitsvoranzeiger leuchtet nicht, wenn die folgende Geschwindigkeit gleich oder höher ist und sich dazwischen keine freie Strecke befindet. Grund hierfür ist, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung im anschließenden Weichenbereich und damit bis zum nächsten Hauptsignal gilt und die Ankündigung einer gleichen oder höheren Geschwindigkeit damit eine unnötige Information darstellt, die aus Gründen der Lichtpunktreduzierung des Ks-Signalsystems nicht mehr dargestellt wird. Ist jedoch freie Strecke dazwischen vorhanden, darf die Geschwindigkeit zwischendurch erhöht werden, wodurch die Warnung wiederum erforderlich ist.
Signalbild
Der Geschwindigkeitsanzeiger besteht aus einer schwarzen Scheibe mit weißem Rand und einer weißen Zahl. Beim Geschwindigkeitsvoranzeiger hat die Scheibe gelbe Aufdrucke. Die Lichtsignale zeigen nur eine weiß oder gelb (Voranzeiger) leuchtende Zahl auf einer schwarzen Scheibe an. Die zulässige Geschwindigkeit ergibt sich aus der angezeigten Zahl multipliziert mit 10 km/h. Wenn für alle vom Signal ausgehenden Fahrstraßen dieselbe Geschwindigkeit gilt, dann ist der Geschwindigkeitsanzeiger als Formsignal ausgeführt, sonst als Lichtsignal. Er ist abweichend auch bei nur einer anzuzeigenden Geschwindigkeit als Lichtsignal in Tunnelbereichen, in der Nähe von Tunneln oder sonst bei schlechten Sichtverhältnissen ausgeführt, um die Sichtbarkeit zu erhöhen. Aus der Ausführung als Lichtsignal folgt also nicht automatisch die Möglichkeit mehrerer verschiedener anzuzeigender Kennziffern.
Österreich
In Österreich wird unterschieden zwischen
- Geschwindigkeitstafel – alleinstehende Tafel zur Angabe der zulässigen Geschwindigkeit
- Geschwindigkeitsanzeiger – Zusatzsignal für Haupt- und Schutzsignale zur Anzeige der zulässigen Geschwindigkeit, wenn das Haupt- oder Schutzsignal einen Fahrtbegriff zeigt.
Beide Signale geben die zulässige Geschwindigkeit mit einem Zehntel ihres Werts in km/h an.
Die Kennziffern "3" und "2" können an einem Geschwindigkeitsanzeiger auch verwendet werden, um den Zug von einer Einfahrt auf ein kurzes Gleis zu verständigen. Beim Geschwindigkeitsanzeiger ist ein Geschwindigkeitsvoranzeiger nötig, wenn die Geschwindigkeit um mehr als 10 km/h verringert werden soll.
Bei der Geschwindigkeitstafel ist eine Ankündigungstafel nötig, wenn die Geschwindigkeit um mehr als 20 % verringert werden soll (es sei denn, die Verringerung ist weniger als 20 km/h).
Das Signalbild der Geschwindigkeitstafel ist eine rote Zahl auf einem weißen Quadrat mit rotem Rand. Bei der Ankündigungstafel ist die Form ein auf der Spitze stehendes Dreieck.
Das Signalbild des Geschwindigkeitsanzeigers ist eine weiße Zahl auf einem schwarzen Quadrat, dabei kann die Zahl weiß leuchtend oder weiß rückstrahlend ausgeführt sein. Beim Geschwindigkeitsvoranzeiger ist die Zahl gelb, das Formsignal wird als auf der Spitze stehendes schwarzes Dreieck mit gelbem Rand ausgeführt.
Siehe auch
- Geschwindigkeits-Ankündesignal (Lf 6) und Geschwindigkeitssignal (Lf 7)
Einzelnachweise
Weblinks
- Geschwindigkeitsanzeiger auf stellwerke.de