Die Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) ist ein von der amerikanischen Professorin für Psychologie Marsha M. Linehan entwickeltes Therapiemodell und -konzept zur Behandlung des Borderline-Persönlichkeitsstörung. Die Behandlungsmethode wird sowohl im Rahmen stationärer als auch ambulanter psychiatrisch-psychotherapeutischer Arbeit angewandt.
Theoretische Grundlagen
Linehan verbindet Denkansätze und Behandlungsverfahren der Verhaltenstherapie ("behavioralen Therapie") mit einer dialektischen Grundhaltung, d.h. dem Versuch, Gegensätze in einem kontinuierlichen Prozess der Synthese zu vereinigen. Als "grundlegendste Dialektik" bezeichnet sie hierbei die Notwendigkeit, "die Patienten so zu akzeptieren, wie sie sind, und gleichzeitig den Versuch zu unternehmen, ihnen beizubringen, sich zu verändern". Linehan betont im Unterschied zu rein verhaltenstherapeutisch ausgerichteten, auf Veränderung ausgerichteten Behandlungsverfahren (die sie "westlich orientiert" nennt) auch die Akzeptanz dessen, was ist (und ordnet dies einer "östlichen Zen-Perspektive") zu. Derzeit gehört die dialektisch-behaviorale Therapie zum festen Bestandteil der modernen Verhaltenstherapie, da die entsprechenden Wirksamkeitsnachweise eindeutig erbracht werden konnten.
Methode
Grundlegend für die Behandlung nach diesem Modell sind nach Linehan:
- Zwischen Patient und Therapeut/Klinik wird ein sog. "Commitment"(dt: Verbindlichkeit) hergestellt. Der Patient verpflichtet sich zur Mitarbeit und Einhaltung von Regeln und Abmachungen, der Therapeut verpflichtet sich zur bestmöglichen Hilfestellung.
Das Commitment wird regelmäßig während der Therapie geprüft und ggf. erneuert oder modifiziert(erweitert).
- der Therapeut schafft ein Umfeld, in dem der Patient sich nicht beschuldigt, sondern akzeptiert fühlt
- Patient und Therapeut definieren zu Beginn der Therapie "funktionale" und "dysfunktionale" Verhaltensweisen; "Funktionale" Verhaltensweisen entsprechen gewünschten "Zielverhaltensweisen" (wenn die Therapie gelingt, möchte ich in einer Situation nicht mehr mit xxxxx, sondern mit folgendem Verhalten reagieren). Diesen Aspekt nennt man auch "Den neuen Weg".
"Dysfunktionale" Verhaltensweisen führen zu den bereits bekannten und nicht erwünschten Verhaltensmustern.
- Patient und Therapeut müssen Veränderungen für möglich halten und gemeinsam daran arbeiten
- im therapeutischen Prozess werden "dysfunktionale" Verhaltensweisen abgebaut und "funktionale" Verhaltensweisen eingeübt
Linehan betont, daß die DBT in jedem Therapie-Setting durchgeführt werden kann. Sie selbst arbeitet mit mehreren festen Behandlungskomponenten:
- ambulante Einzeltherapie
- Fertigkeitstraining in der Gruppe (hier werden nach einem Manual typische dysfunktionale Verhaltensweisen in der Gruppe besprochen und alternative Verhaltensmöglichkeiten vorgestellt und sowohl in der Gruppe als auch in Form von "Hausaufgaben" eingeübt).In den "Skillsgruppen" werden in 4 Modulen allgemeingültige menschliche Verhaltens- und Problemmuster vorgestellt und besprochen. Im Modul "Achtsamkeit" finden sich Methoden, die der Spannungsreduktion und Konzentrationsfähigkeit im Alltag dienen(das Konzept stammt von dem vietnamesischen Zen-Buddhisten Thich Nhat Than).Weitere Module sind die "Zwischenmenschlichen Fertigkeiten", die "Stresstoleranz" und der "Umgang mit Gefühlen". Anhand dieser Überschriften lässt sich erkennen, dass das Fertigkeitentraining auch für Menschen ohne Borderline-Symptome hilfreich sein kann. Deswegen gibt es z.Zt. mehrere Versuche, es auch für andere Patientengruppen umzuarbeiten.
- evtl. stützende Gruppentherapie
Kritik
Die Kritik an der Verhaltenstherapie stammt meist aus anderen psychotherapeutischen Schulen sowie aus der Psychologie selbst. Die Kritik richtet sich zumeist an die reduktionistische Denkweise sowie an wissenschaftstheoretische Probleme. Es kann gesagt werden, dass durch die in der Verhaltenstherapie vorherrschendene wissenschaftstheoretischene Ausrichtung der statistischen Auswertbarkeit der Psyche mögliche Zusammenhänge nicht erfasst werden können. Allerdings wird dies auch nicht von der Verhaltenstherapie beansprucht.
Die moderne Verhaltenstherapie vereint psychotherapeutische Verfahren, die einen signifikanten Wirksamkeitsnachweis in zahlreichen kontrollierten Studien erbringen konnten. Deshalb gehört auch die dialektisch-behaviorale Therapie bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen zum festen Repertoire der Verhaltenstherapeuten.