Kreuzcousinenheirat

endogame Heirat unter Verwandten zweiten Grades
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Kreuzkusinenheirat bezeichnet aus der Sicht der Braut/des Bräutigams die Heirat mit den Kindern des Bruders der Mutter oder der Schwester des Vaters.

Heiraten zwischen Vettern und Kusinen waren und sind bei vielen Völkern verbreitet und lassen sich für alle Zeiten belegen. Auffällig ist, dass Kreuzkusinenheirat bei vielen ethnischen Gruppen die bevorzugte oder sogar vorgeschriebene Eheform war bzw. noch ist, während es im Gegensatz dazu nur wenige Belege für Parallelkusinenheirat gibt.

Der französische Ethnologe und Anthropologe Claude Lévi-Strauss liefert in dem 1949 erschienen Buch Die elementaren Strukturen der Verwandtschaft eine inzwischen klassische Erklärung hierfür. Diese besagt im Wesentlichen, dass dauerhafte Reziprozitätsbeziehungen zwischen Gruppen nur dann durch Heiraten zustande kommen können, wenn es sich bei den Heiraten um Kreuzkusinenheiraten handelt.

Gruppen von Jägern und Sammlern haben meistens zwischen zwanzig und dreißig Mitgliedern. Eine Gruppe dieser Größe ist zu klein, um auf sich gestellt zu überleben und daher auf friedliche und kooperative Beziehungen zu anderen Gruppen von Jägern und Sammlern angewiesen. Grundlage für den Aufbau solcher Beziehungen ist in der Regel der Austausch von bestimmten Gütern. Als wirksamste Tauschform, um langfristige Bündnisse aufzubauen, hat sich der Austausch von Söhnen und Töchtern, des "wertvollsten Guts", erwiesen. Die institutionalisierte Form dieses Tauschs sind Heiratsregeln wie die Kreuzkusinenheirat.

Anthropologen wie u.a. Marvin Harris führen auch das Inzesttabu auf die Notwendigkeit langfristiger Bündnisse zwischen Gruppen zurück und wenden sich damit gegen biologistische Erklärungen.

Trivia

Ein bekanntes Beispiel für Kreuzkusinenheirat findet sich jedoch nicht in einer Ethnographie, sondern in einem englischen Roman des 19. Jahrhunderts. In Sturmhöhe (Originaltitel Wuthering Heights) von Emily Brontë heiratet die junge Catherine zunächst Linton, den Sohn der Schwester ihres Vaters. Aus Lintons Perspektive handelt es sich damit um eine Heirat mit der Tochter des Mutterbruders. Nach Lintons Tod heiratet Catherine schließlich Hareton, den Sohn des Bruders ihrer Mutter. Die junge Catherine heiratet damit sowohl ihren patrilateralen als auch, nach dessen Tod, ihren matrilateralen Kreuzcousin.

Siehe auch: Parallelkusinenheirat, Klan, Verwandtschaft