Betriebsverfassung

grundlegende Ordnung der Zusammenarbeit von Arbeitgeber und der von den Arbeitnehmern gewählten betrieblichen Interessenvertretung
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Überblick

Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist Teil des kollektiven Arbeitsrechtes. Es regelt die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in privaten Betrieben. "Betriebe" sind organisatorische Einheiten, mittels derer ein Unternehmer einen Betriebszweck (z.B.: Produktion, Dienstleistung) zu erfüllen versucht. Die Mitbestimmung wird durch frei gewählte Vetretungsorgane der Arbeitnehmer ("Betriebsräte") ausgeübt.

Basisdaten
Kurztitel: Betriebsverfassungsgesetz
Voller Titel: ders.
Typ: Bundesgesetz
Rechtsmaterie: Arbeitsrecht
Gültigkeitsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Abkürzung: BetrVG
FNA: 801-7
Verkündungstag: 15. Januar 1972 (BGBl. I 1972, S. 13)
Aktuelle Fassung: 1. Juli 2004 (BGBl. I 2004, S. 974)

Geschichte der Betriebsverfassung

Arbeitsausschüsse und -räte wurden erstmals Ende des 19. Jahrhunderts gebildet. Im 1. Weltkrieg gab es mit dem Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 2. Dezember 1916 erstmals eine gesetzliche Regelung für sie. Dieses Gesetz sah jedoch auch vor, dass Arbeitnehmer für die Kriegsproduktion eingezogen werden konnten. Dies führte auch dazu, dass bei Streiks die aktiven Arbeitnehmer abkommandiert wurden. In der Arbeiterbewegung war dieses Gesetz stark umstritten.

In der Weimarer Verfassung[1] wurden 1919 erstmals Arbeiterräte konstituiert (Artikel 165). Mit dem Betriebsrätegesetz vom 4.2.1920, das eine gewählte Interessenvertretung der Arbeitnehmer auf sozialem und personellem Gebiet regelte, wurden die Mitbestimmung und die Rechte und Pflichten des Betriebsrats erstmals geregelt.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde am 20. Januar 1934 das Betriebsrätegesetz aufgehoben und durch das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit ersetzt, mit dem die Betriebsverfassung auf der Grundlage des "Führerprinzipes" geordnet wurde.

Dieses Gesetz wurde nach 1945 durch die Kontrollratsgesetze Nr. 40 und 56 aufgehoben; durch das Kontrollratsgesetz Nr. 22 (Betriebsrätegesetz) vom 10. April 1946 wurden Rahmenbestimmungen über eine Betriebsverfassung erlassen, díe zunächst durch eine Reihe von Ländergesetzen ausgefüllt und ergänzt wurden.

Am 14.November 1952 trat schließlich das Betriebsverfassungsgesetz in Kraft. Dieses Gesetz enthielt neben Regelungen zur betrieblichen Beteiligung der Arbeitnehmer auch Regelungen zur Unternehmensmitbestimmung; diese (§§ 76 ff BetrVG 1952) galten bis zum 30. Juni 2004. Seit 1. Juli 2004 gilt das Drittbeteiligungsgesetz.

Im Jahre 1972 wurde das Betriebsverfassungsgesetz grundlegend novelliert. Das Gesetz trat in dieser Fassung am 18. Januar 1972 in Kraft. Das Gesetz ist seitdem in zahlreichen Punkten überarbeitet und angepasst worden, zuletzt mit der Novellierung vom 27. Juli 2001.

Organisation der Betriebsverfassung

Voraussetzung und Durchführung der Wahl des Betriebsrates

Betriebsräte werden in Betrieben mit mindestens fünf Arbeitnehmern gewählt. Es gibt keine Verpflichtung zur Wahl eines Betriebsrates. Der Arbeitgeber muss nicht aktiv werden. Es obliegt alleine der Initiative der Arbeitnehmer oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft, ob ein Betriebsrat gewählt wird.

Die Wahl wird von einem Wahlvorstand organisiert, der vom Betriebsrat vor Ablauf seiner Amtszeit bestimmt wird. Es kann eine Personenwahl oder eine Listenwahl durchgeführt werden. Wahlberechtigt ist jeder Arbeitnehmer des Betriebes, der das 18. Lebensjahr vollendet hat. Wählbar ist jeder Wahlberechtigte, der dem Betrieb länger als sechs Monate angehört. Der Wahlvorstand erlässt ein Wahlausschreiben, das alle Formalitäten der Wahl, die Wählerliste und die Fristen für die Abgabe von Wahlvorschlägen wiedergibt. Frühestens sechs Wochen nach Aushang des Wahlausschreibens findet die Wahl statt.

Besteht noch kein Betriebsrat, kann der Wahlvorstand vom Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat bestellt werden, sofern ein solches Gremium besteht. Ansonsten wird der Wahlvorstand auf einer Wahlversammlung der Arbeitnehmer gewählt. Zu einer solchen Versammlung können - ohne weitere Voraussetzungen - drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder auch eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft einladen.

Ein vereinfachtes Wahlverfahren gilt seit der Novelle 2001 in Betrieben mit bis zu 50 Mitarbeitern. Hier kann eine Wahl innerhalb von zwei Wochen durchgeführt werden. Im Einverständnis zwischen Wahlvorstand und Arbeitgeber kann das vereinfachte Verfahren auch in Betrieben mit bis zu 100 Arbeitnehmern angewandt werden.

Die regelmäßigen Betriebsratswahlen finden alle vier Jahre statt, immer zwischen dem 1. März und dem 31. Mai. Die nächsten regulären Wahlen finden im Jahr 2006 statt. Auch außerhalb dieser Periode können Neuwahlen stattfinden (z.B.: betriebsratslose Betriebe, Rücktritt des Betriebsrates).

Weblinks zum Wahlverfahren:

Ablaufübersicht über normales und vereinfachtes Wahlverfahren

Übersicht über das vereinfachte Wahlverfahren

Organisation des Betriebsrates

Die Amtsperiode des Betriebsrates beträgt 4 Jahre. Die Größe des Gremiums richtet sich nach der Mitarbeiterzahl des Betriebes. Der Betriebsrat besteht gemäß § 9 BetrVG etwa für Betriebe mit

  • 5 bis 20 Wahlberechtigten: aus einer Person
  • 21 bis 50 Wahlberechtigten: aus drei Mitgliedern
  • 51 bis 100 Wahlberechtigten: aus fünf Mitgliedern
  • 101 bis 200 Wahlberechtigten: aus sieben Mitgliedern
  • 201 bis 400 Wahlberechtigten: aus neun Mitgliedern

Die Zusammensetzung des Betriebsrats muss dem Gedanken der Gleichberechtigung entsprechen(§ 15 BetrVG). Das im Betrieb in der Minderheit befindliche Geschlecht muss mindestens mit seinem prozentualen Anteil im Betrieb auch im Betriebsrat vertreten sein, wenn dieser wenigstens drei Mitglieder hat.

Die Vertretung des Betriebsrates erfolgt durch seinen Vorsitzenden, der in der ersten Sitzung des Gremiums zu wählen ist.

Die Kosten der Tätigkeit des Betriebsrates hat der Arbeitgeber zu tragen; hierzu zählt auch die Finanzierung erforderlicher Schulungen der Betriebsratsmitglieder. Ebenso hat der dem Betriebsrat durch Freistellung von der Arbeit die Möglichkeit zu geben, seine Betriebsratstätigkeit während der Arbeitszeit zu erledigen. In größeren Betrieben (seit der Novelle 2001: ab 200 Mitarbeitern) sind ein oder mehrere Betriebsratsmitglieder vollständig von der Arbeit freizustellen (§ 38 BetrVG).

Grundlagen der Betriebsratstätigkeit

Der Betriebsrat ist ein Kollektivorgan, das seine Entscheidungen durch Mehrheitsbeschlüsse fällt. Der Vorsitzende hat keine eigenen Entscheidungsbefugnisse, sondern vertritt den Betriebsrat im Rahmen der gefassten Beschlüsse

Der Betriebsrat ist zur parteipolitischen Neutralität verpflichtet und darf sich auch nicht gewerkschaftlich betätigen. Er darf als Organ an Arbeitskämpfen weder teilnehmen noch sie organisieren. Die Mitglieder des Betriebsrats sind in ihrer Funktion als Arbeitnehmer allerdings durchaus frei in all diesen Handlungen; an das Neutralitätsgebot gebunden sind sie nur, soweit sie in Ausübung ihres Betriebsratsamtes handeln.

Arbeitgeber und Betriebsrat sind durch das Gesetz (§ 2 BetrVG) zur vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet, was sich allerdings nicht immer in der Realitiät wiederspiegelt. Den Betriebsrat trifft auch die Verpflichtung zur Geheimhaltung, soweit ihm Betriebsgeheimnisse oder vertrauliche persönliche Daten von Arbeitnehmern mitgeteteilt werden; die Verletzung der Geheimhaltungspflicht ist strafbar.

Betriebsratsmitglieder sind vor ordentlichen Kündigungen geschützt. Sie genießen insoweit Sonderkündigungsschutz, der nur bei Betriebsschließungen oder im Falle einer außerordentlichen Kündigung durchbrochen wird. Die Kündigung und auch die erzwungene Versetzung in einen anderen Betrieb, die zum Verlust des Betriebsratsamtes führen würde, bedürfen gemäß § 103 BetrVG der vorherigen Zustimmung des Betriebsrates.

Pflichten des Arbeitgebers in der Betriebsverfassung

Auch den Arbeitgeber trifft das Neutralitätsgebot im Verhältnis zum Betriebsrat und die Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit.

Der Arbeitgeber darf die Wahl und die Arbeit des Betriebsrates nicht behindern, Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit weder bevorteilen noch benachteiligen und er ist verpflichtet, die mit dem Betriebsrat getroffenen Betriebsvereinbarungen im Betrieb umzusetzen.

Außerdem hat er umfangreiche Informations- und Beratungsansprüche zu erfüllen.

Inhalt der Mitwirkungssrechte des Betriebsrates

Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Arbeitnehmer des Betriebes bei der Entscheidungsfindung und der Umsetzung verschiedener Maßnahmen des Arbeitgebers. Dabei ist er nicht zuständig für die "leitenden Angestellten"; wer zu dieser Gruppe zählt, regelt § 5 Absatz 3 BetrVG.

Seine Mitwirkungsrechte sind unterschiedlich gestaltet; dies reicht von reinen Informationsansprüchen über Beratungspflichten bis hin zu echter Mitbestimmung.

Mitspracherechte des Betriebsrates

Der Betriebsrat hat neben den eigentlichen Mitbestimmungsrechten eine Reihe weiterer Rechte. Zum Beispiel:

  • Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat alle Informationen und Unterlagen zur Verfügung stellen, die dieser für die Durchführung seiner Tätigkeit benötigt (§ 80 BetrVG).
  • Er muss den Betriebsrat über geplante Änderung wesentlicher betrieblicher Umstände (Umbau, neue Anlagen, neue Verfahren etc.) informieren und diese mit ihm beraten (§ 90 BetrVG). Ebenso muss er ihn über die Personalplanung informieren und dies mit ihm beraten (§ 92 BetrVG)
  • Die Gestaltung und Einführung von Personalfragebögen bedarf der Zustimmung des Betriebsrates. (§ 94 BetrVG)
  • Bei Maßnahmen der Berufsbildung ist der Betriebsrat zu beteiligen (§ 96-98 BetrVG).
  • Arbeitnehmer haben das Recht sich bei Arbeitgeber oder Betriebsrat förmlich zu beschweren. Können sich Arbeitgeber oder Betriebsrat nicht über die Begründetheit oder Abhilfemaßnahmen verständigen, entscheidet die Einigungsstelle.(§ 85 BetrVG).

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates

Das Betriebsverfassungsgesetz begründet Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates. Diese sind unterschiedlich stark ausgestaltet. Der Betriebsrat bestimmt mit bei personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten.

Personelle Angelegenheiten

Zu den personellen Angelegenheiten zählen die Einstellung, Versetzung Beförderung, Eingruppierung und die Kündigung von Mitarbeitern.

Einstellung, Versetzung, Beförderung, Eigruppierung

(§ 99 BetrVG) Der Betriebsrat wird über die beabsichtigte Maßnahme informiert. Er kann binnen Wochenfrist seine Zustimmung verweigern, allerdings nur aus eng begrenzten Gründen (z.B.: unterlassene Ausschreibung, Nachteile für andere Arbeitnehmer.) Schweigt der Betriebsrat eine Woche, gilt die Zustimmung als erteilt.

Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, so darf die Maßnahme nicht durchgeführt werden. Der Arbeitgeber kann aber im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren die Zustimmung des Betriebsrates ersetzen lassen, wenn die Zustimmungsverweigerung nicht ausreichend oder unrichtig begründet ist. Während der Verfahrensdauer kann er in Eilfällen die Maßnahme auch vorläufig durchführen, obwohl die Zustimmung des Betriebsrates verweigert wurde.

Kündigung

(§ 102 BetrVG) Der Betriebsrat muss vor jeder Kündigung ordnungsgemäß angehört werden. Sonst ist die Kündigung unwirksam. Er kann bei der ordentlichen Kündigung binnen Wochenfrist, bei der außerordentlichen Kündigung innerhalb von drei Tagen Stellung nehmen. Anderenfalls gilt seine Zustimmung als erteilt. Aber auch wenn der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert, kann der Arbeitgeber wirksam kündigen, sofern nur das Beteiligungsverfahren durchlaufen wurde.

Bei der ordentlichen Kündigung kann der Betriebsrat außerdem der Kündigung förmlich widersprechen, wenn er Weiterbeschäftigungmöglichkeiten sieht oder die soziale Auswahl nicht für ordnungsgemäß durchgeführt hält. Auch nach Widerspruch kann wirksam gekündigt werden. Klagt der Arbeitnehmer, muss ihn der Arbeitgeber aber in der Regel bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzverfahrens weiterbeschäftigen.

Soziale Angelegenheiten

Regelungen in sozialen Angelegenheiten darf der Arbeitgeber nur mit Zustimmung des Betriebsrates treffen. Der Betriebsrat hat auch ein Initiativrecht, solche Regelungen zu erzwingen.

Unter sozialen Angelegenheiten versteht das Gesetz (§ 87 BetrVG):

  1. Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer,
  2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage,
  3. vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betrieblichen Arbeitszeit
  4. Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte
  5. Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird.
  6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen
  7. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfälllen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften
  8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist
  9. Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen
  10. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung
  11. Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren
  12. Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen
  13. Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt.

Die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten wird durch Betriebsvereinbarungen ausgeübt. Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht einigen, entscheidet eine einzurichtende Einigungsstelle.

Wirtschaftliche Angelegenheiten

In Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten kann der Betriebsrat gemäß § 106 BetrVG einen Wirtschaftsausschuss einrichten. Der Arbeitgeber hat den Wirtschaftsausschuss unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen über wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens (Finanzielle Lage, Produktions- und Absatzlage,Rationalisierungsvorhaben etc.) zu unterrichten und diese mit ihm zu beraten.

Außerdem ist der Betriebsrat bei Betriebsänderungen (Schließung, Verlegung, gravierende Organisationsänderungen)zu beteiligen. Bei solchen Betriebsänderungen ist mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zu verhandeln.

Der Interessenausgleich ist eine Vereinbarung, mit der das "ob" und das "wie" der geplanten Maßnahme zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbart wird (z.B.: Zeitpunkt der Betriebsschließung; Teilweise Fortführung etc.). Den Abschluss eines Interessenausgleiches kann der Betriebsrat nicht erzwingen. Es besteht nur ein Verhandlungsanspruch. Der Arbeitgeber muss allerdings mit dem Betriebsrat eine Einigung über den Interessenausgleich versuchen und zwar bis zur Anrufung der Einigungsstelle. Unterlässt er diesen Versuch, so können die einzelnen Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht Klage auf Zahlung einer Abfindung erheben, wenn sie in Folge der Betriebsänderung entlassen werden oder sonstige Nachteile erleiden (Nachteilsausgleichsanspruch gem. § 113 BetrVG)

Der Sozialplan regelt den Ausgleich der mit der Betriebsänderung verbundenen Nachteile. Das kann einen vielgestaltigen Inhalt haben (z.B.: Fahrdienst, betrieblicher Kindergarten, Fortbildung), betrifft im Kern aber meist die Zahlung von Abfindungen.

Umsetzung der Mitbestimmungsrechte

Grundlagen/Betriebsvereinbarung

Informations- und Beratungsansprüche werden im Gespräch oder durch Übergabe von Unterlagen erfüllt. Dazu schreibt der Gesetzgeber gemäß § 74 BetrVG vor, dass Betriebsrat und Arbeitgeber mindestens einmal im Monat zu einer Besprechung zusammenkommen müssen.

Im Bereich der Mitbetimmung werden zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat Betriebsvereinbarungen geschlossen (Einzelheiten siehe dort). Betriebsvereinbarungen sind eine Regelungsform des kollektiven Arbeitsrechtes. Sie wirken normativ. Das heißt, daß sie wie ein Gesetz zwischen Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer anzuwenden sind. Abweichungen sind in der Regel nur im Rahmen des Günstigkeitsprinzipes zulässig.

Auch der Sozialplan, der bei Betriebsänderungen abzuschließen ist, ist eine Betriebsvereinbarung.

Streitigkeiten

Einigungsstelle

Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht einigen, so entscheidet eine Einigungsstelle. Hierzu bestimmen die Betriebsparteien selbst einen neutralen Vorsitzenden (oft: einen Arbeitsrichter) und legen die Anzahl der von beiden Seiten zu entsendenden Beisitzer fest.

Geht auch das nicht einvernehmlich, bestimmt dies das Arbeitsgericht auf Antrag einer der beiden Seiten in einem beschleunigten Verfahren.

Die Entscheidung der Einigungsstelle, ihr "Spruch" ersetzt im bereich der erwingbaren Mitbestimmung die Einigung zwischen Arbeitsgeber und Betriebsrat und hat deshalb die unmittelbare und zwingende Wirkung einer Betriebsvereinbarung.

Die Kosten der Einigungsstelle, die erheblich sein können, trägt der Arbeitgeber. Er muss mit dem Vorsitzenden eine Honorarvereinbarung treffen. Außerbetriebliche Beisitzer (z.B.: Anwälte) in der Einigungsstelle erhalten in der Regel 70% des Vorsitzendenhonorares. Die Höhe der Kosten ist ein Politikum. Der Gesetzgeber hat deshalb schon 1989 bestimmt, dass die Kosten der Einigungsstelle durch eine Rechtsverordnung geregelt werden können ([§76a BetrVG]). Zum Erlass einer solchen Verordnung ist es bis heute nicht gekommen.

Beschlussverfahren

Sonstige Streitigkeiten (z.B.: über die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates bei einer Versetzung), entscheidet das Arbeitsgericht in einer eigenen Verfahrensart, dem Beschlussverfahren. Im Beschlussverfahren hat das Gericht besondere Aufklärungsmöglichkeiten und ist nicht - wie sonst im Zivilverfahren - alleine an den Vortrag der Parteien gebunden.

Weblinks