Pronomen

Bezeichnung für verschiedene Arten von Wörtern, die an die Stelle eines Nomens treten können
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Pronomen (Plural Pronomina oder Pronomen; deutsch Fürwort) ist in der Grammatik die Bezeichnung für verschiedene Arten von Wörtern, die an der Stelle eines Nomens eintreten, beispielsweise er, mein oder welcher. Pronomina weisen die grammatischen Merkmale von Nomina auf (sind also deklinierbar nach Genus (Geschlecht), Numerus (Anzahl) und Kasus (Fall)), sie sind aber im Gegensatz zu normalen Nomina keine Inhaltswörter.

In der traditionellen Sprachwissenschaft werden als Pronomen sowohl Ausdrücke bezeichnet, die alleine ohne ein Nomen stehen (z. B. ich, du, dieser in „doch dieser sagte“) als auch solche, die vor einem Nomen stehen (z. B. sein in „sein Haus“, dieser in „dieser Mann“).[1][2][3][4][5] In der modernen Linguistik dagegen versteht man unter Pronomen stets Ausdrücke, die alleine ohne ein Nomen stehen (z. B. ich, du, dieser in „doch dieser sagte“).[6][7]

Begriff

Es existieren mehrere Untergruppen, besonders wichtige sind:

  • Personalpronomina (ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie), die z. B. direkt auf in der Sprechsituation befindliche Individuen deuten (du) oder auf zuvor im Text eingeführte Individuen verweisen können ([der Hund] … er …). Personalpronomina sind ihrer Bedeutung nach definite Ausdrücke.
  • Indefinitpronomina, die allein auf die Existenz eines Individuums verweisen, ohne weitere Eigenschaften anzugeben (z. B. jemand singt) (hier handelt es sich logisch gesehen dann um Quantoren).

Je nach grammatischer Tradition werden bis zu zehn Untertypen von Pronomina unterschieden, die auch sehr unterschiedliche grammatische Eigenschaften haben. So können Pronomina auch Fragen markieren (Fragepronomen wie wer) oder als Relativpronomen Relativsätze einleiten. Manche Pronomina werden wie ein Substantiv verwendet (Substantivpronomen, substantivisches Pronomen; Beispiel: das Auto ist meines), andere begleiten ein Substantiv ähnlich wie sonst ein Adjektiv (Adjektivpronomen, adjektivisches Pronomen; Beispiel: mein Auto).

In allen ihren Unterarten zählen Pronomina mithin nicht als Inhaltswörter, sondern sie verhalten sich als grammatische Elemente auch insofern, als sie eine geschlossene Klasse bilden, d. h. eine Klasse von Ausdrücken, die nicht beliebig durch neue Wörter erweiterbar ist. In der traditionellen Wortartlehre wird „Pronomen“ üblicherweise als eine eigene Wortart geführt (also neben Substantiv u. a.). Im Deutschen kann das Pronomen (in traditioneller Perspektive) als satzgliedfähige (im Gegensatz zum Artikel), nicht artikelfähige (im Gegensatz zum Substantiv), nicht komparierbare (im Gegensatz zum Adjektiv), deklinierbare (im Gegensatz zum Verb) flektierbare Wortart definiert werden[8] – oder einfacher – als nicht komparierbare (im Gegensatz zum Adjektiv) nach Kasus, Numerus und Genus (im Gegensatz zum Substantiv) flektierbare Wortart. Allerdings gilt vor allem die Abgrenzung zu Artikeln als unklar – teilweise werden traditionell Pronomen genannte Wörter auch direkt als Artikelwort oder Determinativ klassifiziert. Die Dudengrammatik spricht von einer übergeordneten Klasse „Artikelwörter und Pronomen“, in der beide in manchen Hinsichten gleichartig sind, für andere Zwecke aber zu unterscheiden sind.[6] In Schulgrammatiken findet sich auch die Unterscheidung Stellvertreter und Begleiter.

In der modernen Linguistik werden Pronomina manchmal nicht als eigene Wortart angesetzt, sondern mit derselben Kategorie bezeichnet wie die Einheiten, die sie auch ersetzen können, also als Nominalphrasen bzw. Determinansphrasen; eine Variante ist die Analyse zumindest der Personalpronomina (wie er, sie) als intransitive Artikel, also Köpfe der Kategorie D.[9]

Geschichte der Wortartbezeichnung

Im Griechischen heißt diese Wortart antōnymía (ἀντωνυμία) und im Lateinischen pronomen, antik auch provocabulum.

Hintergrund der für Duden (2005) unklaren Abgrenzung zwischen Pronomen und Artikelwörtern ist, dass im Lateinischen substantivische und adjektivische Pronomen einheitlich gesehen wurden und die von der lateinischen Grammatiklehre geprägte deutsche Grammatiklehre diese Sicht tradiert.[10][11] In den romanischen Sprachen haben sich der Gebrauch vor einem Substantiv und der selbständige Gebrauch hingegen auseineinander entwickelt. Im Französischen wird daher im ersteren Fall von „déterminant“ gesprochen, im Englischen von „determiner“, seltener von „determinative“, in neueren „deutschen“ Grammatiken unter englischem und französischen Einfluss unter anderem von „Artikelwort“, „Determinierer“ oder „Determinativ“ (siehe Determinativ (Wortart)).

Klassifikation

Pronomen haben im Deutschen und in anderen indogermanischen Sprachen verschiedene Typen:

  • Personalpronomen (persönliche Fürwörter): ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie
Im Gegensatz zum Deutschen und anderen europäischen Sprachen wird in einigen Sprachen zwischen inklusivem und exklusivem wir unterschieden, je nachdem, ob der Angesprochene (das „Du“) eingeschlossen ist oder nicht.
In manchen Sprachen gibt es zwei Reihen von Personalpronomen: betonte und unbetonte (klitische), z. B. im Altlitauischen (z. B. „pamiduok“, auf Deutsch: „reich mir“, das Pronomen steht zwischen Präfix und Wortstamm), im Hethitischen oder im Bairischen (z. B. „gib-ma-s“, auf Hochdeutsch: „gib es mir“).

Alternative Darstellungen finden sich in Zifonun[14], Benveniste[15] und Sternefeld[16].

Im Lateinischen

In der lateinischen Sprache kann man viele Parallelen zum Deutschen finden:

Pronomina als „Stellvertreter“

Die Funktion von Pronomina wird traditionell so erklärt, dass es Wörter sind, die stellvertretend für bestimmte andere Wörter stehen (Antesperg nannte sie daher Anstattwörter und in Schulgrammatiken werden sie auch Stellvertreterwörter genannt).[17] Das Stellvertreten wurde und wird jedoch unterschiedlich erklärt:

  1. Sowohl substantivische als auch adjektivische Pronomen seien Stellvertreter von Substantiven. Adjektivische Possessivpronomen beispielsweise können Substantive, die im Genitiv stehen, vertreten: Monas Tasche – ihre Tasche.[1][2][4][3]
  2. Nach einer anderen Erklärung seien Pronomen Stellvertreter von Nomen. Substantivische Pronomen stehen dabei stellvertretend für Substantive und adjektivische Pronomen stellvertretend für Adjektive.[18]
  3. In der modernen Linguistik werden die Begriffe Nomen und Substantiv gleichgesetzt und der Begriff Pronomen im Sinne von substantivisches Pronomen eingeschränkt. Dabei werden Pronomen als Stellvertreter nicht von Substantiven, sondern von Nominalphrasen angesehen.

Siehe auch

Wiktionary: Pronomen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b Johann Christoph Gottsched: Vollständigere und Neuerläuterte Deutsche Sprachkunst, Nach den Mustern der besten Schriftsteller des vorigen und itzigen Jahrhunderts abgefasset, und bey dieser fünften Auflage merklich verbessert. Leipzig 1762, S. 277 (im V. Hauptstück Von den Fürwörtern (Pronominibus) des II. Theils Die Wortforschung).
  2. a b A. F. Bernhardi: Vollständige Griechische Grammatik für Schulen und Gymnasien. Berlin, 1797, S. 77 u. 126.
  3. a b Deutschbuch Arbeitsheft 10, Cornelsen, 2000, siehe die Übersicht „Grammatische Grundbegriffe“ (ISBN 3-464-60316-4).
  4. a b Ursula Lassert: Rechtschreibtraining einfach und klar – Arbeitsblätter mit Selbstkontrolle – 4. Klasse, 2012, S. 1 u. 5 (ISBN 978-3-403-51016-1). Zitate: „Nomen bezeichnen Lebewesen, Dinge, Gefühle und Gedachtes. Sie werden großgeschrieben. […] Artikel = Begleiter“ & „Pronomen stehen für Nomen (das Kind – es, Monas Tasche – ihre Tasche, …).“
  5. So etwa Walter Heuer, Max Flückiger, Peter Gallmann: Richtiges Deutsch. Die Sprachschule für alle. 24. Auflage Zürich 1999, S. 203 [mit weiteren seitherigen Auflagen]; Peter Gallmann, Horst Sitta: Deutsche Grammatik. Orientierung für Lehrer. Zürich 1986, 3. Auflage unter dem Titel Deutsche Grammatik ebd. 1996.
  6. a b Cathrine Fabricius-Hansen, Peter Gallmann, Peter Eisenberg u. a.: Die Grammatik. 8., überarbeitete Auflage Mannheim 2009 (Duden Band 4), S. 249ff.
  7. Peter Eisenberg: Grundriss der deutschen Grammatik. Band 2: Der Satz. 4., aktualisierte und überarbeitete Auflage Stuttgart–Weimar 2013, S. 148ff.
  8. So Kessel/Reimann: Basiswissen Deutsche Gegenwartssprache (2005), ISBN 3-8252-2704-9, S. 63.
  9. P. Gallmann, T. Lindauer: Funktionale Kategorien in Nominalphrasen. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (PBB), 116 (1994), 1–27. Ms. Version http://www2.uni-jena.de/~x1gape/Pub/DP-Rezension_1993.pdf siehe darin S. 7.
  10. Duden, Die Grammatik, 7. Aufl. (2005), ISBN 3-411-04047-5, Rn. 347.
  11. Duden: Die Grammatik, 8. Auflage, 2009, S. 249f., Rn. 347.
  12. wissen.de-Fremdwörterlexikon: Determinativum. Zitat: „Demonstrativpronomen mit bes. hervorhebender, auswählender Funktion, z. B. derjenige, derselbe; Sy Determinativpronomen“
  13. duden.de: Determinativ. Zitat: „besondere Art des Demonstrativpronomens (z. B. dasjenige, dieselbe)“
  14. Gisela Zifonun, Ludger Hoffmann, Bruno Strecker: Grammatik der deutschen Sprache. Berlin/New York 1997.
  15. Émile Benveniste: Probleme der Allgemeinen Sprachwissenschaft. (= LTW 1428 – Linguistik). List, München 1974.
  16. Wolfgang Sternefeld: Anaphoric Reference. Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft. 9.1 Syntax: ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung. Herausgegeben von Joachim Jacobs. de Gruyter, Berlin/New York 1993, S. 940–966.
  17. Pons (Peter Hoffmann, Volker Losch): Gewusst wie! Grammatik-Training Deutsch. Wer’s versteht, lernt leichter. Schule 5. Klasse, 2007, S. 8.
  18. Christian Lehmann: Deixis. Zitat: „[…] Pronomina (Prosubstantive wie ich, Proadjektive wie dieser) […]“