Oleg Wladimirowitsch Deripaska

russischer Oligarch
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 8. Februar 2016 um 17:16 Uhr durch Eringround (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Oleg Wladimirowitsch Deripaska (russisch Оле́г Влади́мирович Дерипа́ска; * 2. Januar 1968 in Dserschinsk, Oblast Nischni Nowgorod)[1] ist Gründer und Eigentümer von Basic Element, einer der größten russischen Industriegruppen, sowie Präsident der En+ Gruppe und der United Company RUSAL, der zweitgrößten Aluminiumgesellschaft der Welt.[2] Sein aktuelles Vermögen wird auf USD 3,5 Mrd. geschätzt (Stand 2015).[3]

Oleg Wladimirowitsch Deripaska

Leben

Aufgewachsen ist Oleg Wladimirowitsch Deripaska in Ust-Labinsk, Region Krasnodar.

Er verbrachte seine Kindheit auf dem kleinen Bauernhof der Familie. Von seinen Großeltern lernte er die Disziplin bei der harten Landarbeit, sie förderten aber auch seine Wissbegierde sowie seine Leseleidenschaft.[4]

Zudem haben ihn seine Großeltern ausführlich mit Informationen über Land und Leute versorgt und gelehrt, was zum Überleben notwendig sei. “Sie brachten mir viele Details der Landwirtschaft bei, einschließlich wann und wie zu pflanzen, wachsen zu lassen und zu ernten ist.”[4] Beiden Großväter kämpften im Zweiten Weltkrieg; einer fiel im Kampf und wurde in einem Massengrab in Österreich begraben, der andere kehrte nach Kriegsende nach Russland zurück.[5]

Seine ersten Arbeitstelle trat Deripaska mit 11 Jahren als Elektriker-Lehrling in dem Industriebetrieb in Ust-Labinsk an, in dem auch seine Mutter arbeitete. Hier  wartete er vor allem Elektromotoren.[5]

In jungen Jahren waren seine Lieblingsautoren Mayne Reid und Jack London. Aber wegen der mangelnden Literaturauswahl in der damaligen Sowjetunion konzentrierte sich Deripaska jedoch mehr und mehr auf Bücher der technischen Wissenschaften und auf mathematische Lehrbücher.[5] Heute gibt es im Hauptsitz der Investmentgruppe Basic Element ganze Wände voller Bücher, die seine Liebe zur Literatur widerspiegeln.[5]

Seine mathematische Begabung half ihm, sich 1985 an der Physik-Fakultät der Moskauer Lomonossow-Staatsuniversität einzuschreiben. Ein Jahr später wurde er zum Wehrdienst einberufen.[4] Deripaska diente von 1986-1989 bei den strategischen Raketenkräften der Sowjetarmee im Transbaikal-Seegebiet in Sibirien.[5] 1993 schloß er sein Studium in Physik an der Moskauer Lomonossow-Staatsuniversität mit Auszeichnung ab.

Der Zusammenbruch der Sowjetunion und der damit verbundene Wegfall der akademischen Finanzierung machten es Deripaska nach dem Abschluss unmöglich, sein Studium der theoretischen Physik an der Moskauer Lomonossow-Staatsuniversität fortzusetzen.[5] Es gab keine Stipendien oder Zuschüsse mehr für Studenten. "Wir hatten kein Geld. Die dringende und praktisch tägliche Frage war: Wie kann ich Geld verdienen, um mir Essen zu kaufen und mein Studium zu finanzieren?", erinnert er sich.[5]

Im Alter von 25 Jahren gründete Deripaska sein erstes Metallhandelsunternehmen unter dem Namen "VTK". Sein Ziel: zusammen mit befreundeten Physikern, Ingenieuren und Raketenwissenschaftlern einen systematischen, wissenschaftlichen Ansatz beim Rohstoffhandel zu etablieren.“Ich vertrat Gesellschaften, die Rohstoffe kauften und verkauften”, sagt Deripaska.[4]

Er profitierte dabei von Exportarbitrage, indem er Metall zu niedrigen russischen Preisen einkaufte und es dann im Ausland zu den deutlich höheren internationalen Marktpreisen wieder verkaufte. Dabei lief der Handel  hauptsächlich über den neuen baltischen Staat Estland, da das System russischer Ausfuhrlizenzen im Argen lagen. “Wir brachten die Fracht nach Estland und handelten dann global vom Hafen dieses neuen unabhängigen Landes aus.”[4]

“Ich fing mein Geschäft zu einem ungewöhnlichen Zeitpunkt an. Das Land, in dem ich geboren und aufgewachsen war, gab es nicht mehr, und das neue Land war noch nicht völlig ausgeformt. Das Erste gab mir eine ausgezeichnete Ausbildung; das Zweite gab mir die Chance des Erfolgs", erklärte Deripaska.[5]

Fast alle Gewinne aus den Handels- und Arbitrageoperationen wurden verwendet, um das anfängliche Aktienpaket der Sayanogorsk Aluminiumschmelze, eine Schmelzerei in Südsibirien, zu erwerben.[6] Zwischen 1993 und 1994 kaufte Deripaska Gutscheine und Anteile an Sayanogorsk und vergößerte so seinen Anteil an der Fabrik, bis er der größte Einzelaktionär nach dem Staat war. 1994 wurde Deripaska Generaldirektor der Anlage im Alter von 26 Jahren.[4]

1997 wurde die Schmelzerei der Kernaktivposten der Sibirsky Aluminium Group.[7][8]

In den Jahren 1994 bis 1997 wurde Deripaska Geschäftsführer und Hauptaktionär der Sayanogorsk Smelter Group und hielt das Amt des Präsidenten der Sibirsky Aluminium Investment Industrial Group von 1997 bis 2001, der später der Kernaktivposten von RUSAL wurde.[9] Nach Übernahmen, Fusionen und Änderungen war RUSAL auf dem Weg der größte Aluminiumhersteller der Welt zu werden, bis sie durch die chinesischen Hongqiao Group 2015 überholt wurde. 2010, unter Deripaskas Führung, wurde RUSAL als erstes russisches Unternehmen an der Börse in Hong Kong gelistet.[5]

Neben Metallen, die der Mittelpunkt seiner diversifizierten Industriebeteiligungen blieben, erwarb Deripaska nach und nach außerdem Anteile an einer breiten Palette von Unternehmen verschiedenster Branchen, einschließlich Energie, Fertigung, Nutzfahrzeuge, Autoteile, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen[10], Leasing-Unternehmen, Bau[11], Luftfahrt und Landwirtschaft.  Zu seinen Vermögenswerten gehören der sibirische Stromversorger EuroSibEnergo (das größte private russische Energieunternehmen), Ingosstrakh (eine der größten russischen Versicherungsgesellschaften), Baufirmen, die beim Aufbau der Infrastruktur für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi halfen, die GAZ Group (ein Hersteller für Autos, LKWs und Busse), landwirtschaftliche Unternehmen (z.B. Kuban Agro Holding)[12] und Transportunternehmen (z.B. eine Gruppe von Flughäfen in der Region Krasnodar, inkl. Sotschi und Krasnodar[13], wo die olympischen Winterspiele 2014 ausgerichtet wurden und wo 2018 die FIFA WM  veranstaltet wird.) All diese Aktivitäten sind Teil der diversifizierten Investment- und Unternehmensgruppe Basic Elements.

Im Jahr 2010 konkurrierte Deripaska mit Wladimir Potanin, einem anderen russischen Oligarchen, um die Vorherrschaft bei Norilsk Nickel. Beide hielten damals jeweils 25 % der Anteile an dem russischen Rohstoffkonzern.[14]

Beteiligungen

Über die zu 100 Prozent in seinem Besitz befindliche Investmentgesellschaft und Vermögensholding Basic Element kontrolliert Deripaska seine Unternehmensbeteiligungen, wie:

  • 66 % an RUSAL
  • Nach einem Bericht der Zeitung Wedomosti, der im August 2007 erschienen ist, hat Oleg Deripaska etwa fünf Prozent der General-Motors-Aktien auf dem offenen Markt gekauft. Er plane nicht, diesen Anteil weiter zu erhöhen.
  • Mehrere kleinere Beteiligungen an Stromerzeugern, Flugzeugbauunternehmen und Holzkonzernen, die der Absicherung seines Aluminiumimperiums dienen (z. B. billiger Strom für die Aluminiumwerke).
  • Im Jahr 2010 erwirbt Deripaska neuerlich einen 17 % Anteil des österreichischen Bauunternehmens Strabag und hat noch bis 2014 eine Option auf weitere 8 %. Die Strabag erhält im Gegenzug eine 26 % Beteiligung am führenden russischen Straßenbaukonzern Transstroy. Deripaska besaß bereits vor der Finanzkrise 25 %, musste diese aber wieder verkaufen.[15]

Politik

Oleg Deripaska gehört zu den russischen Oligarchen, die weitgehend auf politische Aktivitäten verzichten. Ihm werden sehr gute Beziehungen zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt.

In einem Interview mit der spanischen Zeitung El País kritisierte Deripaska die Marktreformen des ehemaligen russischen Ministerpräsidenten Jegor Gaidar 1992 bis 1994 und empfahl China und Japan als Vorbild. Das US-amerikanische Entwicklungsmodell lehnt er ab, weil es den Drang nach Bereicherung um jeden Preis fördert.[16]

Trivia

Deripaska ist mit Paulina Jumaschewa verheiratet, deren Vater Walentin Jumaschew ehemaliger Chef der Präsidialverwaltung von Jelzin und in zweiter Ehe mit Tatjana Djatschenko, einer Tochter Boris Jelzins verheiratet ist.[17] Gemeinsam haben sie zwei Kinder.

Im Jahr 2005 kaufte Deripaska die Lieblingsdatscha des früheren sowjetischen Diktators Josef Stalin am Cholodnaja-Retschka-Fluss in Abchasien.[18]

Im September 2006 erregte Deripaska Aufmerksamkeit, als er bekannt gab, für 350 Millionen US-Dollar den englischen Premier-League-Verein FC Arsenal übernehmen zu wollen. Das Angebot wurde jedoch von Arsenal zurückgewiesen. Im Herbst 2012 gab es erneut Gerüchte, dass Deripaska Anteile am AC Mailand erwerben möchte, dies wurde jedoch von Leuten seines Umfelds dementiert.

Da Deripaska den Aufbau seines Wirtschaftsimperiums zu großen Teilen aus Krediten finanziert hatte, erlitt er, wie die Mehrzahl der russischen Magnaten, infolge der Finanzkrise ab September 2008 riesige Verluste. Deripaska musste in diesem Zusammenhang aus mehreren Beteiligungen an internationalen Firmengruppen aussteigen. Darunter war auch eine Beteiligung von 25 % an der österreichischen Strabag, die er 2007 für mehr als 1 Mrd. Euro erworben hatte.[19]

2011 wurde Deripaska von spanischen Strafverfolgungsbehörden verdächtigt, gemeinsam mit dem usbekischen Unternehmer Iskander Makhmudov Geldwäsche begangen zu haben.[20]

Heute lebt Deripaska mit seiner Familie in Moskau.

Quellen

  1. Сайт Олега Дерипаска - Главная. In: www.deripaska.ru. Abgerufen am 8. Februar 2016.
  2. Management. In: www.rusal.ru. Abgerufen am 8. Februar 2016.
  3. Oleg Deripaska auf Forbes Forbest-Liste, 4. März 2012 (en)
  4. a b c d e f Stephanie Baker: Deripaska Rebound From Near-Crash Stares Down Potanin. In: Bloomberg.com. Abgerufen am 8. Februar 2016.
  5. a b c d e f g h i Metal Bulletin: PROFILE: ‘We’re waiting for the aluminium industry to do its homework,' Deripaska says | Metal Bulletin.com. In: www.metalbulletin.com. Abgerufen am 8. Februar 2016.
  6. FACTBOX: Who is Oleg Deripaska? In: Reuters. 22. Februar 2009 (reuters.com [abgerufen am 8. Februar 2016]).
  7. Catherine Belton: Rusal: A lingering heat. In: Financial Times. 25. Januar 2010, ISSN 0307-1766 (ft.com [abgerufen am 8. Februar 2016]).
  8. Catherine Belton: Russian tycoon loses legal fight over Rusal. In: Financial Times. 1. August 2009, ISSN 0307-1766 (ft.com [abgerufen am 8. Februar 2016]).
  9. Staff Writer: RUSAL battle set for British court - Stabroek News. In: Stabroek News. Abgerufen am 8. Februar 2016 (amerikanisches Englisch).
  10. Sberbank of Russia - Press Releases :: Sberbank announces the signing of a transaction for the sale of a block of shares amounting to 6.12% of LafargeHolcim. In: data.sberbank.ru. Abgerufen am 8. Februar 2016.
  11. Строительство. In: www.basel.ru. Abgerufen am 8. Februar 2016.
  12. АгроХолдинг "Кубань". In: www.ahkuban.ru. Abgerufen am 8. Februar 2016.
  13. «Базэл Аэро» - аэропорты Краснодарского края. In: Базэл Аэро. Abgerufen am 8. Februar 2016.
  14. Die Welt v. 2. September 2010: Bizarrer Kampf der Oligarchen unter Putins Augen.
  15. Deripaska kauft vorerst nur 17 Prozent von Strabag in der Presse vom 8. November 2010, abgerufen am 8. November 2010
  16. Pilar Bonet: Oleg Deripaska El oligarca más ambicioso de Rusia. El País, 20. Dezember 2009, abgerufen am 23. August 2010.
  17. Stimme Russlands: Russland in Person. Oleg Deripaska. Stimme Russlands, 23. August 2010, abgerufen am 23. August 2010.
  18. "Komsomolskaja Prawda": Bekannter russischer Unternehmer kaufte Stalins Datscha in Abchasien, auf de.ria.ru, gesehen 31. Mai 2014.
  19. Ausstieg bei STRABAG, auf handelsblatt.com, gesehen 29. Juni 2009.
  20. Readers-Edition:Deripaska im Zusammenhang mit Geldwäsche in Spanien gesucht?
Commons: Oleg Deripaska – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien