Kalter Krieg

Status geopolitischer Spannung zwischen den NATO-Staaten und den Staaten des Warschauer Vertrags von 1947 bis 1989
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Der Ausdruck „Kalter Krieg“ bezeichnet den welthistorischen Gegensatz, den die beiden Supermächte USA und Sowjetunion seit der zweiten Hälfte der 40er Jahre bis 1990 mit allen verfügbaren Mitteln, aber unterhalb der Schwelle eines offenen, direkten Krieges anführten und austrugen.

Überblick

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Nicht alle europäischen Länder gehörten einem der beiden Militärbündnisse an ...
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... waren jedoch wirtschaftlich meist mit einer Seite verbunden

Der Ost-West-Konflikt führte zur Bildung von zwei feindlichen Machtblöcken und dazugehörigen Militärbündnissen, der NATO und der Warschauer Vertrags-Organisation, die sich hochgerüstet gegenüberstanden und eine bipolare Welt dominierten. Die Entwicklung dorthin begann schon mit der Entstehung der Sowjetunion 1917, verfestigte sich aber erst seit dem Zerfall der Anti-Hitler-Koalition ab 1945 und der darauf folgenden Teilung Europas zu jenem Beinahe-Kriegszustand, der die Politik beider Seiten bis zum Zerfall der Sowjetunion 1991 maßgeblich bestimmte. 1947 prägte der US-amerikanische Journalist Walter Lippmann dafür den englischen Begriff cold war.

Der Kalte Krieg war Ausdruck eines fundamentalen Systemgegensatzes: Zu den machtpolitischen Interessensphären, die auch sonst internationale Beziehungen bestimmen, traten konträre Ideologien. Aus westlicher Sicht standen dabei stets „Freiheit und Demokratie“ gegen „totalitäre Diktatur“ sowie „Marktwirtschaft“ gegen „Planwirtschaft“. Aus östlicher Sicht stand gegen das „Wolfsgesetz der Ausbeutung“ im „faulenden und parasitären Kapitalismus“ die von der Staatspartei realisierte „allseitige Entfaltung“ des „neuen Menschen“ im „Kommunismus“, der sich der Zukunft gewiss wähnte.

Die Supermächte vermieden zwar den „heißen“ Krieg direkter Militäraktionen gegeneinander, trieben aber ein beispielloses Wettrüsten, vor allem auf dem Gebiet der Atomwaffen, voran. Die Drohung des Atomkriegs, den beide Seiten einkalkulierten, beschwor erstmals in der Menschheitsgeschichte die Gefahr der Selbstauslöschung herauf. Der Interessenkonflikt drohte mehrmals militärisch zu eskalieren: in der Berlin-Blockade 1948, während des Korea-Kriegs 1950 und besonders in der Kuba-Krise 1962. Dort konnte der direkte Krieg zwischen den Supermächten, der zum Einsatz von Atomwaffen geführt hätte, nur äußerst knapp vermieden werden.

Seitdem wurde der Konflikt auf bilateraler Ebene zwar durch Krisendialog und Rüstungskontrollverträge reguliert, erzeugte aber weiterhin viele Stellvertreterkriege: etwa den Vietnamkrieg, Kriege in Kambodscha, Angola, Afghanistan sowie zahlreiche bewaffnete Konflikte in Afrika, Mittel- und Südamerika. In einigen dieser Kriege oder Bürgerkriege war jeweils eine Supermacht mit eigenen Truppen offen beteiligt, während die andere die Gegenseite mit Geld, Waffen, Logistik und Informationen unterstützte: so die USA in Korea und Vietnam, die UdSSR in Afghanistan. Vor allem in Ländern Afrikas und Lateinamerikas unterstützten beide Rebellengruppen gegen Regierungen, die ihnen nicht genehm waren.

Eine bedeutende Rolle spielte im Kalten Krieg die Spionage. Nachrichtendienste wie der US-amerikanische Auslandsgeheimdienst CIA, der BND der BRD, das MfS der DDR oder der sowjetische KGB beschafften für ihre Regierungen wichtige Informationen, hatten aber teilweise noch weitere Aufgaben wie das Verbreiten von Desinformation und Propaganda oder das Ausführen von Sabotage und sogar Morde an missliebigen Personen. Sie unterstützten auch terroristische Organisationen und Diktaturen. So weiß man heute, dass sowohl linksextremistische Gruppen wie die Rote Armee Fraktion (RAF) als auch separatistische Untergrundorganisationen wie die Irisch Republikanische Armee (IRA), die baskische ETA und die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) von kommunistischen Staaten des Ostblocks Hilfe erhielten, während die CIA Todesschwadrone in Lateinamerika ausbildete, u.a. in physisch nicht nachprüfbaren Foltermethoden. Die Glienicker Brücke war ein wichtiger Schauplatz beim Austausch von gefangenen Agenten zwischen Ost und West.

Der Wettkampf der Systeme verlief auch auf technologischem, kulturellem und sportlichem Gebiet. So wurden das US-amerikanische wie das sowjetische Weltraumprogramm maßgeblich vorangetrieben, um dem Gegner die eigene wissenschaftlich-technische Überlegenheit zu demonstrieren.

Der Kalte Krieg spaltete Europa und Deutschland durch den „Eisernen Vorhang“. Dieser wurde durch den Bau der Berliner Mauer und die Grenzanlagen mit Stacheldrahtzäunen, Wachtürmen und Selbstschussanlagen quer durch Europa manifestiert. Er spiegelte sich auch in der Rivalität der zwei miteinander konkurrierenden deutschen Staaten. Die Bundesrepublik Deutschland erkannte die Deutsche Demokratische Republik nicht als eigenständigen Staat an. Das Grundgesetz hielt in seiner Präambel bis 1969 an dem Alleinvertretungsanspruch auf Gesamtdeutschland (Hallstein-Doktrin) fest:

„Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.“

Die Deutsche Einheit wurde auch deshalb 1990 nicht als beiderseitige Einigung auf eine neue Verfassung, sondern als Beitritt der DDR zum Verfassungsgebiet des Grundgesetzes vollzogen.

Die Springerpresse, besonders die Bild-Zeitung, druckte die Abkürzung „DDR“ daher stets in Anführungszeichen. Die SED hingegen bezeichnete Ostberlin, entgegen dem Viermächte-Status von ganz Berlin, stets als „Hauptstadt der DDR“, um als eigener Staat anerkannt zu werden. Obwohl die BRD dieses offiziell vermied – etwa mit einer „Ständigen Vertretung“ statt einer Botschaft – behandelte sie die DDR seit den Ostverträgen der Regierung Willy Brandt de facto als selbstständigen Staat. Dem folgte auch die konservative Regierung Helmut Kohls.

Wann der Kalte Krieg endete, ist unter Historikern umstritten. Politische Entspannungsbemühungen begannen schon bald nach Stalins Tod 1953, erfuhren aber immer neue Rückschläge. US-Präsident John F. Kennedy proklamierte 1961 nach seinem Wahlsieg das Ende des Konflikts, worauf aber mit der Kuba-Krise ein weiterer Höhepunkt folgte. Auch während der anschließend ausgerufenen „friedlichen Koexistenz“ setzten beide Supermächte das Wettrüsten und Stellvertreterkriege unvermindert fort.

Erst mit dem Führungswechsel im Kreml zu Michail Gorbatschow eröffneten sich ernsthafte Chancen zu militärischer Abrüstung und politischer Annäherung der Blöcke. Diese zog ab 1989 die Selbstbestimmung der Völker Mittelosteuropas, den Zerfall des Ostblocks und 1991 die Auflösung der Sowjetunion nach sich. Damit endete, zumindest vorläufig, die bipolare Weltaufteilung.

Die Vorgeschichte (1917-1944)

1917 ergriffen in Russland die Bolschewisten unter Führung Lenins die Macht. Die USA und andere westliche Mächte sandten Interventionstruppen, um diese Oktoberrevolution im Keim zu ersticken. Zwar misslang dies, aber der Versuch markiert den Beginn der latenten Phase des Kalten Krieges.

Erst 1933 erkannten die USA den neuen Staat UdSSR an. Im Zweiten Weltkrieg kämpften beide dann als Alliierte gegen das Deutsche Reich. Die Beziehung des damaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt zum sowjetischen Diktator Stalin war wegen des gemeinsamen Interesses am Sieg über Adolf Hitler relativ freundschaftlich; die Sowjetunion wurde z.B. auch mit Kriegsmaterial beliefert (Lend-Lease-Abkommen).

Von Jalta bis zur Teilung Deutschlands (1944-1949)

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Auf der Potsdamer Konferenz kam es zu Meinungsverschiedenheiten, die zur Teilung Deutschlands führten
 
Die Atombombenabwürfe auf Japan waren auch schon eine Machtdemonstration gegen Stalin
 
Der Nachfolger Roosevelts, Harry S. Truman, war erster amerikanischer Präsident des Kalten Krieges

1944 zeigte die Anti-Hitler-Koalition erste Risse: Roosevelt lehnte auf der Konferenz von Jalta konkrete Garantien und Vereinbarungen mit der Sowjetunion für die Nachkriegszeit ab, obwohl diese die Hauptlast des Krieges, nämlich den verlustreichen Vormarsch der Roten Armee am Boden trug und zudem durch Hitlers Überfall auf ihr Gebiet und die deutschen Vernichtungs- und Arbeitslager für ihre Soldaten die weitaus größten Kriegszerstörungen erlitten hatte.

Stalin versuchte die Konferenzergebnisse als Freibrief zur Durchsetzung sowjetischer Sicherheitsinteressen ohne Rücksprache mit den Westalliierten zu benutzen: Er etablierte in den 40er als Reaktion auf die neue US-Politik, zum Teil gewaltsam, in Mittel- und Osteuropa kommunistische Regierungen.

1945 nach Roosevelts Tod (12. April) zerbrach die Anti-Hitler-Koalition: Sein Nachfolger Harry S. Truman schwenkte auf einen strikt antisowjetischen und antikommunistischen Kurs um. Als er auf der Konferenz von Potsdam vom ersten erfolgreichen Test einer Atombombe erfuhr (16. Juli 1945), stellte er Stalin Bedingungen für seine - von Roosevelt noch gewünschte - Kriegserklärung an Japan (8. August) und gab den Befehl für den Einsatz der ersten Atombomben. Diese wurden am 6. August auf Hiroshima, am 9. August auf Nagasaki abgeworfen. Sie sollten die bedingungslose Kapitulation Japans beschleunigen, auch um dem weiteren Vorrücken Stalins im Norden Ostasiens zuvorzukommen. Zugleich wurde die Wirkungsweise zweier unterschiedlicher Bombentypen am „lebenden Objekt“ ausprobiert. Die Abwürfe waren, u.a. nach Ansicht des US-Historikers David Horowitz, eine gezielte Machtdemonstration an die Sowjetunion für die Nachkriegszeit.

Seit der Nachkriegskonferenz in London stützten sich die USA dann auch politisch gegenüber der Sowjetunion auf ihre Wirtschaftsüberlegenheit und ihr Atomwaffenmonopol, das bis 1949 bestand. Sie wollten auf dieser Basis ein vereintes Europa mit privatwirtschaftlichen und parlamentarischen Strukturen und eine Weltordnung unter ihrer Hegemonie schaffen. Die UdSSR wiederum wollte ihre vorgelagerte Sicherheitssphäre in Osteuropa nicht aufweichen. Die USA erkannten dieses Interesse und die dazu getroffenen sowjetischen Maßnahmen nicht an.

Auch die Nachkriegsordnung Deutschlands war umstritten. Dies und die der Sowjetunion versprochenen Reparationen wurden vertagt. Damit war der weitere Konflikt programmiert. Das gegenseitige Misstrauen wuchs: Die USA schätzten die Sowjetunion als aggressiv-expansionistisch ein und wollten ihre Ausdehnung nach außen hin eindämmen (Containment-Politik: Irankrise 1946, Türkeikrise). Wie Geheimdokumente des Pentagon von 1950 zeigen, ging es schon früh auch darum, Osteuropa unter westlichen Einfluss zu bringen (roll back) und die Sowjetunion durch Aufrüstung zu destabilisieren.

Ab 1946 nahmen die USA ein geteiltes Deutschland in Kauf. Die UdSSR bevorzugte ein vereintes, neutrales Deutschland mit Mitspracherecht aller Sieger. Sie versuchte, zunächst die eigene Wirtschaft und Innenpolitik zu konsolidieren; Expansion konnte sie sich daher nicht leisten.

1947 verpflichtete die Truman-Doktrin die USA, „alle freien Völker zu unterstützen, die sich der Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten oder durch Druck von außen widersetzen“. Anlass dafür war die Situation in Griechenland und der Türkei, die keine kommunistischen Regimes erhalten sollten. Um Unterstützung im US-Kongress und der eigenen Bevölkerung zu erhalten, stilisierte Truman die Sowjetunion nun zum Feindbild der "freien Welt". Die geistige Vorlage für seine Doktrin war das long telegram des amerikanischen Diplomaten George F. Kennan. Darin schloss Kennan jeden modus vivendi (Weise des Miteinanders, politisches Arrangement) mit der Sowjetunion aus.

Der Marshall-Plan bot allen europäischen Staaten, auch der UdSSR, Unterstützung zum Wiederaufbau. Die Verhandlungen dazu in Paris brach die Sowjetunion ab, da die USA politische und wirtschaftliche Zugeständnisse verlangten. Dadurch erhielten auch die Länder des Ostblocks keine westliche Wirtschaftshilfe und schlossen sich daraufhin ihrerseits wirtschaftlich enger zusammen.

1947/48 führten die Westalliierten eine Währungsreform in den drei Westzonen Deutschlands und Berlins durch. Die Sowjetunion betrachtete dies als Bruch der Potsdamer Beschlüsse, wonach Deutschland als politische und wirtschaftliche Einheit zu wahren war, und antwortete mit der Blockade Berlins, einer totalen Wirtschafts- und Handelsblockade, mit dem Ziel, die Versorgung der Stadt mit Lebensmitteln und Brennmaterial zum erliegen zu bringen. Dieser erste Höhepunkt des Kalten Krieges verstärkte die westliche Furcht vor einer sowjetischen Expansion in Europa. Der Westen reagierte mit der Luftbrücke.

1949 wurden die drei Westzonen zur BRD vereint und das westliche Militärbündniss NATO gegründet. Die UdSSR antwortete mit der Gründung der DDR. Damit waren Deutschlands und Europas Teilung vollendet und die bipolare Weltordnung zementiert. Die wirtschaftliche Ost-West-Teilung spiegelte sich in der Gründung der OECD, der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (beide West) und COMECON (Ost) wieder.

Die Sowjetunion zündete ihre erste Atombombe; doch erst ihr Nachziehen auch bei den Wasserstoffbomben und neuen Flugzeugen mit interkontinentaler Reichweite etablierte 1954 das so genannte "Gleichgewicht des Schreckens". Dessen Erhaltung bestimmte fortan ihre Beziehungen zu den USA und trieb den Rüstungswettlauf im ganzen Kalten Krieg zusätzlich voran.

China wurde im selben Jahr kommunistisch. Daraufhin verschärften die USA ihre Eindämmungspolitik: Sie erkannten die neue chinesische Regierung nicht an und verweigerten der VR China die UNO-Mitgliedschaft. Sie engagierten sich nun verstärkt in Japan, um es zu einem antikommunistischen Gegenpol aufzubauen. Ihre auch für die NATO verbindliche Militärstrategie basierte bis 1954 auf der Drohung mit „massiver Vergeltung“ (massive retaliation) „an Orten und mit Mitteln eigener Wahl“ für jeden nicht näher definierten kommunistischen Expansionsversuch. Damit verfolgten die USA nun offen eine Politik des roll back, d.h. ein Zurückdrängen des Staatskommunismus in Mittelosteuropa und Asien.

Vom Koreakrieg bis zur Kubakrise (1950-1962)

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Koreakrieg: US-UN-Einheiten überqueren 1950 den 38. Breitengrad

1950 eskalierte der Kalte Krieg in Nordostasien zum Koreakrieg. Dieser war ein Stellvertreterkrieg vor allem zwischen den USA, die Südkorea unterstützten, und China, das Nordkorea unterstützte. Vorausgegangen war 1949 der Abzug der sowjetischen Truppen aus Nordkorea und der US-Truppen aus Südkorea; beide Supermächte hatten das Land nach der Kapitulation Japans am 38. Breitengrad entlang geteilt. Danach wollte der nordkoreanische Diktator Kim Il-sung den südkoreanischen Diktator Syngman Rhee verdrängen und Korea unter seiner Führung vereinigen. Nordkoreanische Truppen überschritten die Grenze und besetzten große Teile Südkoreas.

Die USA intervenierten daraufhin mit eigenen Truppen und drängten die Nordkoreaner weit zurück, so dass nur das Eingreifen chinesischer Truppen Nordkorea vor US-amerikanischer Besetzung bewahrte. Weil die UdSSR den UN-Sicherheitsrat vorübergehend boykottierte, segnete dieser die US-Intervention nachträglich ab. Fortan blieb Korea geteilt.

1952 bot Stalin den drei Westmächten in den Deutschland-Noten die Wiedervereinigung Deutschlands an. Es sollte ein neutraler, aber zur Selbstverteidigung fähiger Staat in den von der Potsdamer Konferenz festgelegten Grenzen werden. Damit wollte Stalin die voraussehbare NATO-Mitgliedschaft der BRD abwenden und der UdSSR Vorteile verschaffen:

  • Es wäre für den Fall militärischer Konflikte eine Art "Pufferzone" zwischen Ost und West entstanden.
  • Der Westen hätte mit den drei Westzonen einen größeren Einflussbereich aufgeben müssen als der Osten mit der Sowjetischen Besatzungszone.

Eine andere damalige Ansicht, vertreten etwa von Gustav Heinemann, sah die Neutralität zwischen den Machtblöcken gerade als größeren Schutz und langfristig tragfähigere Perspektive an, weil damit mitten in Europa ein großer weitgehend abgerüsteter Flächenstaat entstanden wäre, der keinem Militärbündnis angehört hätte und daher auch größere politische Handlungsfreiheit gegenüber beiden Supermächten gehabt hätte. Dies hätte auf die Nachbarstaaten ausstrahlen und ein erster Schritt in Richtung Entspannung zwischen den Blöcken sein können.

Den Westmächten und der BRD-Regierung erschienen diese Vorschläge jedoch nachteilig. Deshalb teilte man Stalin nach einer Rücksprache mit Konrad Adenauer mit, dass man erst auf sein Angebot eingehen werde, wenn er freie Wahlen garantieren würde und Deutschland die Wahl eines Bündnisses überließe. Stalin gab unerwartet nach und gestattete freie Wahlen, jedoch unter Aufsicht der vier Siegermächte. Die Westalliierten antworteten mit dem Verweis auf 1948, als eine Viermächteverwaltung in Deutschland gescheitert war. Damit war der Vorschlag abgelehnt und eine Chance zur deutschen Wiedervereinigung, die nicht von einem vorherigen Systemwandel im Ostblock abhing, zunächst für lange Zeit aufgegeben. 1955 wurde ein ähnliches Angebot für Österreich jedoch angenommen. Damit war die Nord-Süd-Verbindung der NATO in Europa unterbrochen, unter anderem auch durch die neutrale Schweiz.

Außerdem begann 1952 die Wiederbewaffnung der BRD mit dem Amt Blank nachdem bereits im Vorjahr der Bundesgrenzschutz (BGS) gegründet worden war. 1955 folgte die Gründung der Bundeswehr. Die DDR zog kurz darauf mit der Gründung der Nationalen Volksarmee (NVA) nach, wobei schon vorher paramilitärische Einheiten bestanden hatten.

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Josef Stalin, der auf sowjetischer Seite für den Beginn des kalten Krieges stand, starb am 5. März 1953
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Zentraler Berührpunkt der Bündnisse war die Berliner Mauer
 
Die Stationierung sowjetischer Raketen auf Kuba führte die Welt 1962 an den Rand eines 3. Weltkriegs

1953, am 5. März, starb Stalin. Damit boten sich Chancen zur „Entstalinisierung“ der UdSSR. Doch deren Verhandlungsbereitschaft endete mit dem Aufstand in der DDR am 17. Juni 1953. Dennoch versuchte Chruschtschow angesichts der atomaren Pattsituation und massiver innenpolitischer Probleme einen Entspannungskurs und leitete die Politik der „friedlichen Koexistenz“ ein.

In den USA nahm der Antikommunismus in den 50er Jahren auch innenpolitisch enorm zu. 1950 wurde das Komitee für unamerikanische Aktivitäten eingerichtet, sein Leiter, der Senator Joseph McCarthy führte bis 1954 den Ausschuss zur Untersuchung „antiamerikanischer Umtriebe“. Er suchte systematisch nicht nur Kommunisten, sondern alle möglichen liberalen Intellektuellen als vermutete Spione und Systemgegner ausfindig zu machen, um sie zu verhören, einzuschüchtern, zu verurteilen und ihrer Ämter zu berauben („McCarthyism“). Er wurde schließlich abgelöst und gerügt.

1955 wurde die Warschauer Vertrags-Organisation gebildet, die Gegenorganisation der UdSSR zur NATO. In den Pariser Verträgen wurde die BRD in die NATO aufgenommen, wo sie jedoch nur begrenzte militärische Mitspracherechte erhielt. Damit war die Bundeswehr in ein atomar bewaffnetes Bündnis integriert, dessen Führungsmacht seit 1954 die Abschreckungsdoktrin der „Massiven Vergeltung“ vertrat und im „Verteidigungsfall“ das Entscheidungsmonopol zur atomaren Eskalation innehatten. Dies beruhte ursprünglich auf dem Monopol der USA an H-Bomben und Flugzeugen mit großer Reichweite. Nachdem die UdSSR hier 1954 gleichzog, stationierten die USA auch auf dem Boden der BRD atomar bestückbare Kurzstreckenraketen, über deren Einsatz nur sie zu entscheiden hatten. Dies war ein Anlass für die SU, ihrerseits in dem Gebiet der Warschauer Vertrags-Organisation Atomwaffen zu stationieren.

So kam es zu den Plänen von Konrad Adenauer und dem damaligen Verteidigungsminister Franz Joseph Strauß, auch die Bundeswehr atomar zu bewaffnen, um mehr eigene Druckmittel gegen die UdSSR und volle Gleichberechtigung in der NATO zu erlangen. Als dies im April 1957 öffentlich bekannt wurde, entstand mit dem „Göttinger Manifest“ von 18 Physikern die erste breite außerparlamentarische Opposition in der Bundesrepublik: die Kampf-dem-Atomtod-Bewegung, die vor allem von SPD, Kirchen und Gewerkschaften getragen wurde.

1956 kam es in Ungarn zum Ungarischen Volksaufstand: Mehrere hunderttausend Demonstranten forderten demokratische Wahlen und eine Loslösung von der Sowjetunion. Sie stürmten das Rundfunkgebäude und riefen einen Generalstreik aus. Imre Nagy wurde zum Ministerpräsidenten ernannt. Als dieser den Austritt aus der Warschauer Vertrags-Organisation verkündete, schlugen sowjetische Truppen den Aufstand nieder. Hilfe aus dem Westen, die Radio Free Europe angekündigt hatte, blieb aus. Man schätzt die Zahl der Todesopfer auf Seiten Ungarns auf 20.000.

1957, am 2. Oktober, schlug der polnische Außenminister Adam Rapacki vor der UNO-Vollversammlung überraschend einen beiderseitigen Verzicht der Militärbündnisse auf Atomwaffen und eine Entmilitarisierung ganz Mitteleuropas vor. Damit griff er Vorschläge auf, die schon der britische Premier Anthony Eden drei Jahre zuvor auf einer Genfer Gipfelkonferenz gemacht hatte. Diese sahen ein von Besatzungstruppen freies Gebiet und nur geringe eigene Rüstung auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs vor, um damit Erfahrungen in der Kontrolle von Abrüstungsmaßnahmen zu sammeln. Der sowjetische Außenminister Wjatscheslaw Molotow hatte diese Idee weiterentwickelt.

Doch die westlichen Vorschläge verlangten damit zugleich die Auflösung der Warschauer Vertrags-Organisation, während die östlichen einen Verzicht auf das US-Atomwaffenmonopol in der NATO implizierten. Diesen lehnte die NATO im Dezember 1957 endgültig ab. Zugleich verwehrte sie der BRD-Regierung die Verfügung über eigene Atomwaffen. Damit entschied sie zwar gegen die Atombewaffnung der Bundeswehr, brachte aber auch alle weitergehenden Entspannungsbemühungen im Vorfeld der Atombewaffnung der Blöcke zum Scheitern.

1961, am 13. August, wurde infolge massiver Fachkräfteverluste durch Abwanderungen in den Westen (ca. 2,6 Mio. Menschen seit 1949) über Nacht die Berliner Mauer errichtet. Dabei standen sich für kurze Zeit sowjetische und US-amerikanische Panzer in Berlin direkt gegenüber. US-Präsident Kennedy verzichtete jedoch auf konkrete Maßnahmen und beschränkte sich auf diplomatischen Protest mit der Begründung, die Mauer sei keine sehr schöne Lösung, aber tausendmal besser als Krieg. Bis 1989 kamen an der Mauer und an der innerdeutschen Grenze mehrere hundert Menschen bei Fluchtversuchen ums Leben. Allerdings kam es im Gegensatz zur Grenze zwischen Nord- und Südkorea hier nur selten zu bewaffneten Zwischenfällen zwischen Grenzschützern auf beiden Seiten. 1962 schossen in Berlin DDR-Grenzsoldaten auf einen Jungen, der versuchte, schwimmend durch den Spandauer Schiffahrtskanal nach West-Berlin zu fliehen. Daraufhin erwiderten Westberliner Polizisten das Feuer und töteten dabei einen der DDR-Grenzsoldaten. Im selben Jahr wurde an der innerdeutschen Grenze bei einem Schusswechsel zwischen DDR-Grenzsoldaten und Beamten des BGS ein DDR-Grenzsoldat getötet.

1962 standen die Supermächte und die Welt in der Kubakrise am Rand eines neuen Weltkriegs. Nachdem die USA Zeus- und Thor-Mittelstreckenraketen in der Türkei stationiert hatten, unterstützte die UdSSR das kubanische Staatsoberhaupt Fidel Castro und stationierte ihrerseits Atomraketen auf Kuba. Diese hätten die Vorwarnzeiten für einen Angriff auf die USA extrem herabgesetzt und damit die Zweitschlagsfähigkeit, auf der das strategische Atompatt beruhte, ausschalten können. Dies wollte Kennedy nicht zulassen. Er verhängte eine Seeblockade für sowjetische Schiffe, die Kuba anliefen. Die sowjetischen Schiffe drehten vor dem Sperrgürtel durch US-amerikanische Kriegsschiffe ab. Als jedoch wenige Tage später ein US-amerikanisches Aufklärungsflugzeug über Kuba abgeschossen wurde und der Pilot dabei ums Leben kam, verschärfte sich die Krise wieder drastisch. Kennedy versuchte währenddessen intensiv über geheime diplomatische Kontakte, Chruschtschow zum Verzicht auf die Raketenstationierung zu bewegen. Es gelang ihm nur mit dem Zugeständnis des Abzugs US-amerikanischer Raketen aus der Türkei. Dies wurde der Öffentlichkeit in den USA verschwiegen. Danach wurde aufgrund der Erfahrung des Beinahe-Zusammenstoßes ein „heißer Draht“ zwischen den Staatschefs beider Supermächte, das sogenannte „rote Telefon“, eingerichtet.

Vom Prager Frühling bis zu Gorbatschow (1968-1985)

 
Ronald Reagan 1982

1968 versuchten reformorientierte Mitglieder innerhalb der Kommunistischen Partei der CSSR unter Alexander Dubček Maßnahmen zur Demokratisierung der Tschechoslowakei durchzuführen. Dieser sogenannte Prager Frühling war jedoch nur von kurzer Dauer. Die sowjetische Führung lehnte die Reformen ab und ließ Truppen der Warschauer Vertrags-Organisation in die Tschechoslowakei einmarschieren und einige Politiker absetzen. Antisowjetische Demonstrationen wurden blutig niedergeschlagen. Der Westen verurteilte das Vorgehen der Sowjetunion zwar, unternahm aber keine weiteren Schritte.

1969 begannen bilaterale Gespräche zwischen der Sowjetunion und den USA zur Kontrolle und Begrenzung der Atomwaffen. Diese mündeten in der Unterzeichnung der SALT-Verträge und des ABM-Vertrags.

1973 wurde ein Waffenstillstandsabkommen zwischen den USA und Nordvietnam unterzeichnet und die Vereinigten Staaten zogen ihre verbliebenen Truppen aus Vietnam zurück. Dies war das Ende der US-Beteiligung am Vietnamkrieg.

1979 markierten zwei nahezu gleichzeitig stattfindende Ereignisse das Ende der Entspannungspolitik der 1970er Jahre und den Beginn des letzten Kapitels des Kalten Krieges: der Nato-Doppelbeschluss und die Sowjetische Intervention in Afghanistan. US-Präsident Ronald Reagan reagierte auf die sowjetische Intervention in Afghanistan mit der Erhöhung der Rüstungsausgaben, Waffenlieferungen an die afghanischen Mujaheddin, sowie dem „SDI-Projekt“ (auch Star-Wars-Programm genannt) zur Abwehr strategischer Raketen. Insbesondere mit diesem Projekt versuchte Reagan, das Kräftegleichgewicht zugunsten der USA zu verschieben, denn die bisherige Abschreckungsdoktrin - der Erstangreifer muss einen Zweitschlag des Gegners fürchten - wäre dadurch ausgehebelt worden. In dieser neu eröffneten Runde forcierter technologischer Entwicklung konnte die Sowjetunion nicht mehr mithalten, zumal sie ihre Kräfte mit der massiven Intervention in Afghanistan und mangels hinreichender ökonomischer Basis schon deutlich überdehnt hatte. Die Streiks der unabhängigen Gewerkschaft Solidarność unter Lech Wałęsa in Polen seit 1980 führten zu einer weiteren Erosion des Ostblocks.

Tauwetter im Osten und Zerfall des Ostblocks (1985-1991)

 
Michail Gorbatschow und Ronald Reagan, 1987

1985 leitete Michail Gorbatschow ein Reformprogramm ein, das aus Perestroika (Wende in Wirtschaft und Verwaltung) und Glasnost (Offenheit und Transparenz nach innen und außen) bestand. Man begann mit Ergebnissen über Abrüstung zu diskutieren und kooperierte wirklich in Fragen der globalen Sicherheit.

Ab 1989 erübrigte sich die ideologische Auseinandersetzung, die ohnehin schon längere Zeit nur noch im Hintergrund stand, mit der Auflösung des Ostblocks und dem Mauerfall. Gorbatschow sagte, der Legende nach, zu Honecker in Berlin : „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Allerdings standen die meist friedlichen Umwälzungen zeitweise auf der Kippe. Einige Hardliner in Moskau forderten den Einsatz der Armee gegen die Montagsdemonstrationen in der DDR. Gorbatschow lehnte dies jedoch ab. Nur in Rumänien verliefen die Proteste durch das Eingreifen des rumänischen Geheimdienstes Securitate blutig. Am Ende stand die Hinrichtung von Staatspräsident Nicolae Ceauşescu und seiner Frau.

1990 kam es zur Deutschen Wiedervereinigung. Im Jahr darauf löste sich die Warschauer Vertrags-Organisation auf. Nach der Unabhängigkeitserklärung der baltischen Republiken und dem gescheiterten Augustputsch wurde auch die Sowjetunion aufgelöst.

Um den Kalten Krieg gibt es seit Jahren insbesondere in den USA eine interessante Forschungskontroverse, wobei die traditionelle Sicht eine Hauptverantwortung für die Entstehung des Kalten Krieges im (ideologisch begründeten) Expansionsdrang der Sowjetunion sah. Die jüngere (so genannte revisionistische) Linie sieht hingegen eine verteilte "Schuld" oder sogar ein Übergewicht hegemonialer und ökonomischer Interessen insbesondere der USA. Mit dem Ende der Sowjetunion und der Öffnung zahlreicher Archive scheinen sich eher vermittelnde Positionen anzubahnen.

Literatur

  • Bernd Stöver: Der Kalte Krieg, C.H. Beck Verlag, München 2003, ISBN 3406480144
  • Daniel Yergin: Shattered Peace: The Origins of the Cold War and the National Security State, Boston 1978, ISBN 039527267X
  • David Horowitz: Kalter Krieg. Hintergründe der US-Außenpolitik von Jalta bis Vietnam, Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 1983, ISBN 3803110130
  • Jeremy Isaacs/Taylor Downing: Der Kalte Krieg, Heyne, München 2001, ISBN 3453197100
  • John Lewis Gaddis: We now know. Rethinking Cold War History, Oxford 1997
  • Jürgen Bruhn: Der Kalte Krieg oder: Die Totrüstung der Sowjetunion, Gießen 1995, ISBN 3883494348
  • Michael R. Beschloss/Strobe Talbott: Auf höchster Ebene, das Ende des Kalten Krieges und die Geheimdiplomatie der Supermächte 1989-91, ECON, ISBN 3430112478
  • Rolf Steininger: Der Kalte Krieg, Fischer Taschenbuch Verlag Nr. 15551, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3596155517
  • Wladimir K. Wolkow, Harald Neubert: Stalin wollte ein anderes Europa, Berlin 2003, ISBN 3360010469
  • Wilfried Loth: Die Teilung der Welt, Geschichte des Kalten Krieges 1941-1955, dtv München, 2000, ISBN 3423307560

Siehe auch

Wiktionary: Kalter Krieg – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen