Matto regiert

Roman des Schweizer Autors Friedrich Glauser
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Matto regiert ist der dritte Wachtmeister Studer-Roman des schweizer Autors Friedrich Glauser. Dieser Krimi, geschrieben 1936, ist der autobiographischste Studer-Roman, da Glauser darin seine wiederholten Internierungen in psychiatrischen Kliniken thematisiert. Matto regiert gilt als Glausers Schlüsselroman und löste bei seinem Erscheinen 1937 einen kleinen Skandal im bernischen Gesundheitswesen aus.

Matto regiert in der Werkausgabe des Limmat Verlages, 1995

Erster Satz

Da wurde man am Morgen, um fünf Uhr, zu nachtschlafender Zeit also, durch das Schrillen des Telephons geweckt. Der kantonale Polizeidirektor war am Apparat, und pflichtgemäss meldete man sich: Wachtmeister Studer.

Inhalt

Ausgangslage

Um fünf Uhr in der Früh, wird Wachtmeister Studer durch ein Telefonat aus dem Schlaf gerissen: In der Heil- und Pflegeanstalt Randlingen ist ein Patient mit Namen Pierre Pieterlen ausgebrochen und gleichzeitig wird auch der Direktor, Ulrich Borstli, vermisst. Kurz darauf wird der Wachtmeister von Dr. Ernst Laduner, dem stellvertretenden Direktor der psychiatrischen Klinik abgeholt. In Randlingen angekommen, wird Studer bei der Morgenvisite in die Örtlichkeiten eingeführt und lernt dabei auch die leitenden Ärzte, einige Pfleger und Patienten kennen. Nach dem Mittagessen entdeckt der Fahnder die Leiche des Direktors im Heizungskeller des Hauptgebäudes. Es stellt sich heraus, dass eine Mappe mit Dokumenten und 1200 Franken, die der Tote bei sich trug, fehlen.

Ermittlung

Im Laufe der folgenden vier Tage dringt Studer immer tiefer in den Mikrokosmos der Klinik und seiner Bewohner ein und muss feststellen, dass sich die Ermittlungen um einiges schwieriger gestalten, als er es sich sonst gewohnt ist: Da ist der verschwundene Patient Pieterlen, der vor neun Jahren sein neugeborenes Kind ermordete und ein starkes Motiv gehabt hätte, den Anstaltsdirektor zu töten: Borstli verhinderte dessen Entlassung aus der Anstalt und schien sich an die Pflegerin Irma Wasem heranzumachen, in die sich Pieterlen verliebt hatte. Dem Pfleger Gilgen drohte die Entlassung, weil er Kleider von Patienten gestohlen und ein verschuldetes Haue hat. Dr. Laduner selbst steht seit längerem im Konflikt mit Borstli, weil dieser die neuen Behandlungsmethoden Laduners missbilligt. Auch der Abteilungspfleger Max Jutzeler hätte vom Tod des Anstaltleiters profitiert, da Jutzeler ebenfalls eine Kündigung angedroht wurde, weil er einen Streik unter den Pflegern plante. Für Studer wird die Angelegenheit emotional noch komplizierter, als er realisiert, wer der junge Mann in der Psychoanalyse bei Dr. Laduner ist: Herbert Caplaun ist der Sohn von Oberst Caplaun, der in der Bankaffäre vor einigen Jahren Studers Karriere rapide beendete; der Kommissar bei der Stadtpolizei Bern musste daraufhin wieder ganz unten als Wachtmeister beginnen.

Anstelle von klaren Fakten und Sachverhalten wird Studer mit einem Geflecht aus psychischen Abgründen im Reich des Wahnsinns konfrontiert. Er ahnt nicht, dass durch seine Ermittlungen ein Selbstmord ausgelöst wird und gerät in zunehmenden Konflikt mit seinem Gastgeber Dr. Laduner.

Auflösung

Am vierten Abend wird Studer klar, dass sich der vermisste Pieterlen im Haus des Pflegers Gilgen versteckt. Als er dort angelangt, belauscht er ein Gespräch zwischen Irma Wasem und Pieterlen: Die Beiden sind in Wirklichkeit ein Paar und möchten nach Frankreich flüchten. In den kommenden 45 Minuten treffen sich drei weitere Personen ebenfalls in Gilgens Haus und Studer greift ein, um einen weiteren Mord zu verhindern. Als er am kommenden Morgen gegenüber Dr. Laduner den Tathergang und die Auflösung des Falles erklärt, stellt sich heraus, dass sich der Wachtmeister hat täuschen lassen.

Entstehung

Die Figur des «Matto»

Bernhard Echte schreibt in seinem Nachwort zu Matto regiert: «Kein Buch hat Glauser so lange mit sich herumgetragen; kein anderer Stoff ging seinen besonderen Lebenserfahrungen so nahe - in keinem anderen Thema erblickte er aber auch so viel überpersönliche Bedeutung.»[1] Tatsächlich war Glauser schon früh mit dem «Verrückt-Sein» in Kontakt gekommen. Durch seine Morphiumsucht wurde Glauser regelmässig straffällig, indem Diebstähle beging und Rezepte fälschte. 1917 beantragt Glausers Vater eine psychische Untersuchung des Sohnes und ein Jahr später folgte die Entmündigung und erste Einlieferung in eine Psychiatrische Klinik: Die Klinik Bel-Air in Genf erstellte die Diagnose: «Dementia praecox». 1920 folgt die nächste Diagnose: «Moralischer Schwachsinn». Glauser wurde in die Irrenanstallt Holligen interniert, woraufhin er, nicht zum letzten Mal, flüchtete. Mit der leidvollen Erfahrung, selber zu den «Irrsinnigen» zu gehören, beschäftigte er sich literarisch zum ersten Mal in Mattos Puppentheater (1919/1920). Dort gab er dem Irrsinn auch einen Namen: ‹Matto› (ital. für verrückt) und lässt ihn als Person auftreten. Eine lange spitze Gestalt, deren Umrisse sich stetig ändern, das Gesicht ist undeutlich, wird dünn, bläht sich auf nimmt vielgestaltige Formen an und spricht mit schriller Stimme. Und 16 Jahre später, als Glauser Matto regiert schrieb, taucht «Matto» wieder auf. Der Patient Schül erklärt Wachtmeister Studer, dass Mattos Kopf oberhalb von Studers Zimmer aus dem Estrichfenster immer wieder vor- und zurückschiesst: «Lang sind die grünen gläsernen Nägel an seinen Fingern und sie schimmern, fährt er mit seinen Händen durch die Luft... Manchmal auch sitzt er oben auf dem Glockenturm, und dann wirft er Fäden aus, bunte Fäden, weit hinaus ins Land über die Dörfer und Städte und die Häuser, die einsam stehen am Hügelhang... Weit reicht seine Kraft und seine Herrlichkeit, und niemand entgeht ihm. Er winkt und wirft seine bunten Papiergirlanden.»[2] Und weiter: «Matto, dessen Reich sich weitet über das Erdenrund (...) Matto! Er ist mächtig. Alle Formen nimmt er an, bald ist er klein und dick, bald schlank und gross, und die Welt ist sein Puppentheater. Sie wissen nicht, die Menschen, dass er mit ihnen spielt wie mit seinen Marionetten...»[3]

Das Andersartig- und Ausgestossen-Sein begleitete Glauser sein ganzes Leben lang und passt zu den Worten, die Dr. Laduner in Matto regiert spricht: «Wir werden nie die Grenze ziehen können zwischen Geisteskrank und normal... Wir können nur sagen, ein Mensch kann sich sozial anpassen, und je besser er sich sozial anpassen kann, je mehr er versucht, den Nebenmenschen zu verstehen, ihm zu helfen, desto normaler ist er.»[4]

«Mattos Puppentheater»

Den literarische Stoff des Verrückt-Seins verarbeitete Glauser also bereits 1919/1920 in seinem Mini-Drama Mattos Puppentheater[5]. Wahrscheinlich begann er mit der Niederschrift 1919 in Münsingen. Das Stück wirkt leicht surreal, was seine Ursache wahrscheinlich Glausers Zeit in der Zürcher Dada-Szene von 1917/1918 hat. Auf dem Manuskript von Mattos Puppentheaterbefindet sich eine Widmung Glausers für den 35. Geburtstag von Bruno Goetz. Das Stück hat fünf Aufzüge, währendessen die Figur des Matto mehrmals auftritt. Eine autobiographisch zentrale Szene findet sich im vierten Aufzug, wo Glauser offensichtlich sich selbst (Der junge Mann) und seinen Vater (Der Nationalrat) auftreten lässt:

Der Spitzbauch: Sie wissen, wo Sie sind?
Der junge Mann: Im Irrenhaus.
(...)
Der Spitzbauch: Nun sagen Sie mir, was fehlt Ihnen eigentlich!
Der junge Mann (trocken): Nichts.
Der Spitzbauch: Ich bitte Sie, nichts! Das ist keine Antwort. Ihr Vater hat Sie hergebracht. Er wird wohl wissen, weshalb.
Der junge Mann: Rufen Sie ihn doch.
Der Spitzbauch drückt auf die Klingel, worauf der Vater in der Tür erscheint, gross, weissbebartet. Er wendet sich nie an den Sohn, ignoriert ihn. Ausschliesslich zum Direktor.
Der Spitzbauch: Also, Herr Nationalrat, wollen Sie mir vielleicht in Gegenwart Ihres Sohnes mitteilen, warum Sie seine Internierung wünschen?
Der Vater (dumpfe Stimme): Weil er ein verkommenes Subjekt ist. Hier folgen des Vaters Vorwürfe: verbummelter Student, Geld ausleihen, Lügen, Unsittlichkeit.
(...)
Der Spitzbauch: Oberwärter, Patient auf Abteilung fünf.

Im weitern Verlauf vonMattos Puppentheater erwähnt der Vater die Expertise eines Nervenarztes «Dr. Stralo Wasser», welche eine baldmöglichste Internierung fordert. Dieser «Dr. Stralo Wasser» ist eine Anspielung auf die Expertise des Psychiaters Dr. Charlot Strasser vom 3. August 1920, in der dieser bei Glauser «moralischen Schwachsinn» diagnostizierte.

«Matto» in der Waldau

1931 schien die Idee, einen Irrenhausroman zu verfassen, bei Glauser zum ersten Mal aufgetaucht zu sein: In einem Brief an Max Müller bemerkte er (Briefe 1, 340): «Jetzt hoffe ich, dass ich hier ein paar Sachen beenden kann, eine längere Geschichte, die vielleicht ein Roman werden wird, über diese Wärter-Ärztin-Geschichte. Natürlich wird nach meiner schlechten Gewohnheit das Ganze wohl auf eine Atmosphärenschilderung des Irrenhauses hinauslaufen.» Im Februar des folgenden Jahres schrieb er an Gertrud Müller [der Gattin von Max Müller] aus Paris (7.2.32. Briefe 1, 376): «Es spukt mir ein grosser Roman über Münsingen im Kopf herum, aber ich hab Angst, dranzugehen. Es müsste so eine Art Querschnitt werden, mit den tenants und aboutissants (frz. für Zusammenhänge) der Insassen eines solchen Baues.»

Als Glauser dann in der Psychiatrischen Klinik Waldau interniert war, begann er im Januar 1936 mit der Niederschrift und hatte bis Ende Mai praktisch alle 26 Kapitel geschrieben. Am 17. Januar berichtet er seiner langjährigen Brieffreundin und Gönnerin Martha Ringier über die Probleme mit den Roman-Anfang (17.1. oder Februar an Ringier s. 153): «Meinen Irrenhausroman hab ich bis jetzt sechs Mal angefangen. Ich hab den Ton noch nicht erwischt. Das ist immer das Schwerste. Aber ich glaub, ich bin auf der Spur. (...) Vielleicht wird ihn kein Verleger wollen, und wenn er gedruckt ist, wird die Elite sagen: ‹Es ist ja nur ein Kriminalroman›. Das ist ja wurscht.» Und am 6. Februar schrieb er ihr (an Martha Ringier S. 141): «Warum, ich bitte Sie, warum soll man nicht einmal versuchen, eine Art Spiegelbild der Menschheit zu geben, indem man eine geschlossene Anstalt zeigt, diesen Ameisenhaufen, in dem sich die menschlichen Ameisen mit Gift bespritzen, beissen, neidisch aufeinander sind, hin und wieder auch ganz anständig behandeln (...) Es wird ein Kriminalroman, aber ich sehe keine andere Möglichkeit, dass die Leute die Sachen schlucken, die sie sonst trocken nicht schlucken würden.» Mitte März meldete er sich nochmals bei Martha Ringier (17.3. s.194): «Mir geht es komisch mit dem Buch. Es sollte ein anspruchsloses, ein bisschen boshaftes Buch über die heilige Psychiatrie werden, ein Kriminalroman, wie es deren viele gibt, und plötzlich biegt sich das Ganze um, es wird poetisch.»

Ein zentrales Kapitel des Romans bildet «Das Demonstrationsobjekt Pieterlen», obwohl es für die Handlung des Krimis nicht relevant ist. Glauser hatte, weil er sehr schnell im Schreibmaschinen-Tippen war, während seines Münsinger-Aufenthaltes 1931 den Auftrag bekommen, Abschriften von Akten zu erledigen. Dabei kam ihm das Dossier eines Mannes in die Hand, der sein eigenes Kind umgebracht hatte. Glauser übernahm fünf Jahre später die Geschichte dieses Patienten praktisch 1:1 und machte daraus das Schicksal des «Demonstrationsobjektes Pieterlen». Bemerkenswert daran ist auch, dass Glauser anhand dieses Säuglingsmordes die offene Frage stellt, ob wir alle nicht oft zu vorschnell verurteilen; ob «Schuld» wirklich immer so einfach erkennbar ist. Es dauerte über 70 Jahre, bis nach Matto regiert mit dem Strafverteidiger und Autor Ferdinand von Schirach, ein Autor erschien, der die oft zweischneidige Frage der wahren Schuld wieder ins Zentrum seiner Erzählungen rückte.

6./7.4. an Bendel: Münsinger Roman

Am 2. Mai erklärte Glauser dem Journalisten und Freund Josef Halperin, warum es mit Matto regiert so schnell vorwärts ging: «Das mit dem Roman ist lustig. Glauben Sie mir, dass ich ihn schon fünf Jahre herumschleppe? Drum habe ich ihn so herunterhauen können. Und Matto ist exakt - warten Sie einmal - 16 Jahre alt. Das Gedicht das Schül schreibt, hat votre serviteur damals verbrochen. Und er ist geehrt, dass Sie es schön und verrückt finden...» (Wernli, S. 363). Ebenfalls an diesem Tag ging ein Brief an Glausers Vormund mit der Mitteilung, er hätte die ersten 120 Seiten an Hans Oprecht geschickt (dieser veröffentlichte den Roman in der Zeitung Der öffentliche Dienst).

Am 18. Mai wurde Glauser aus der Waldau entlassen; als Bedingung dafür hatte er am 21. April der Vormundschaftsbehörde seine schriftliche Erklärung zur Eheunfähigkeit abgegeben, inklusive der Verpflichtung einer freiwilligen Rückkehr in die Heilanstalt bei einem ev. Rückfall. Der Arzt Briner aus der Waldau schrieb am Tag der Entlassung (Wernli S. 370): «Hat eben den Irrenhausroman beendet, in welchem der Direktor von einem Pat. ermordet wird, damit der von diesem Pat. verehrte Oberarzt Direktor werden kann! Scheint damit Erfolg zu haben, indem er vom Verlage Oprecht sofort angenommen wurde.» Der Schluss des Romans entstand dann Ende Mai in Basel, kurz bevor Glauser mit Berthe Bendel nach Frankreich reiste. Mit der Auflösung des Plots tat sich Glauser einmal mehr schwer. Zuwenig hatte er die die Handlung durchdacht, zu viele Zufälle führten zur Lösung. Möglicherweise war auch die anstehende Ausreise nach Frankreich mit ein Grund, dass das Ende von Matto regiert nicht voll zu überzeugen vemag. Rückblickend auf den Romanschluss schrieb Glauser am 5. April 1937 an Hugo Marti (Briefe 2, 589): «Sie haben ganz Recht, der Schluss mit seinem Massacre ist übel, mehr als übel - er ist gepfuscht.»

Biografischer Hintergrund

Schauplätze

Wartete die Die Fieberkurve noch mit etlichen Schauplätzen in verschiedenen Ländern auf, so beschränkt sich Matto regiert auf einen Schauplatz: Die Psychiatrische Klinik Randlingen. Glauser beleuchtet deren Mikrokosmos mit all seinen Bewohnern und Vorgängen kammerspielartig. Dass er selbst jahrelang in Kliniken lebte, prädestinierte ihn geradezu zum Autor eines Irrenhausromanes. Martina Wernli schreibt dazu in ihrer Dissertation: «Klar ist, dass sich Glausers Schreiben nach dem Burghölzli-Tagebuch [1920] weiterentwickelte und dass die Orte der Internierung und die Personen, denen er begegnete, dieses Schreiben, wie auch das Lesen, geprägt haben.»[6] Und weiter: «Glauser ist damit einer der wenigen Insassen der, auch dank seiner Lektüre von Fachliteratur, den psychiatrischen Betrieb in seinen Mechanismen durchschaut, der sich kritisch damit auseinandrsetzt und der auch fähig ist, darüber zu schreiben.»[7]

Psychiatrische Kliniken

Dass Glauser selbst ein Kenner des «Reiches des Wahnsinns» war schrieb er am 10. Oktober 1936 an Martha Ringier (S. 298/398?): «... den ‹Schlumpf› kann mir, mit einiger Technik, immerhin der ein oder der andere nachmachen. Aber den ‹Matto› nicht. Da steckt zuviel Erlebtes darin, das nur ich so hab erleben können.»

Sein Leben war ein Teufelskreis aus Morphiumsucht, Geldnot, Beschaffungskriminalität und endete immer wieder in Kliniken; bis zur nächsten Entlassung, bis zum nächsten Suizidversuch bis zum nächsten Fluchtversuch. Eine Selbstständigkeit Glausers schien unmöglich. Und vielleicht kann man seine Klinikaufenthalte auch als «Flucht aus dem Leben» betrachten, in denen er zur Ruhe kommen konnte und Zeit zum Schreiben fand. Insgesamt verbrachte Glauser acht Jahre seines Lebens in Kliniken.[8] Die Jahreszahlen der folgenden Auflistung beziehen sich jeweils auf den Klinik-Eintritt:

 
Heil- und Pflegeanstalt Waldau, Zentralbau

Psychiatriezentrum Münsingen

Die «Irrenanstalt» Münsingen nahm im März 1895 ihren Betrieb auf mit 500 Betten. 1930 wurde die Irrenanstalt in «Heil- und Pflegeanstalt» umbenannt, 1967 in «Psychiatrische Klinik» und seit dem Jahre 2000 heisst sie «Psychiatriezentrum Münsingen». Mit 710 Beschäftigten und etwas über 500 Stellen ist das PZM heute der grösste Arbeitgeber in Münsingen und gehört zu den grössten Klinken der Schweiz. Neben Glauser hatte das PZM auch noch weitere prominente Patienten: Die Künstler Heinrich Anton Müller, Ernst Bollin, Walter Arnold Steffen, Reato Meier und den Tänzer und Choreografen Vaslav Nijinski.

Das Psychiatriezentrum Münsingen spielte in Glausers Leben eine besondere Rolle, da er insgesamt beinahe sechs Jahre dort verbrachte. Es war daher nicht verwunderlich, dass er diesen Schauplatz für Matto regiert auswählte. Glauser musste geahnt haben, was er mit seinem neuen Studer-Roman auslösen würde, dennoch sprach er in der «Notwendigen Vorrede» (in späteren Ausgaben wurde diese weggelassen) von der fiktiven Anstalt Randlingen:

 
Eingangsfront der Psychiatrischen Klinik Münsingen

„Eine Geschichte zu erzählen, die in Berlin, London, Paris oder Neuyork spielt, ist ungefährlich. Eine Geschichte zu erzählen, die in einer Schweizer Stadt spielt, ist hingegen gefährlich. Es ist mir passiert, daß der Fussballklub Winterthur sich gegen eine meiner Erzählungen verwahrt hat, weil darin ein Back vorkam. Ich mußte dann den Boys und anderen Fellows bestätigen, dass sie nicht gemeint waren. Noch gefährlicher ist das Unterfangen, eine Geschichte zu erzählen, die in einer bernischen Heil- und Pflegeanstalt spielt. Ich sehe Proteste regnen. Darum möchte ich folgendes von Anfang an festlegen: Es gibt drei Anstalten im Kanton Bern. – Waldau, Münsingen, Bellelay. – Meine Anstalt Randlingen ist weder Münsingen, noch die Waldau, noch Bellelay. Die Personen, die auftreten, sind frei erfunden. Mein Roman ist kein Schlüsselroman. Eine Geschichte muss irgendwo spielen. Die meine spielt im Kanton Bern, in einer Irrenanstalt. Was weiter?... man wird wohl noch Geschichten erzählen dürfen?“

Otto Briner, der behandelnde Arzt in der Waldau schrieb kurz nach der Veröffentlichung des Romans an Glauser (23.1.37 s. 473): «Die Aufmachung desselben, das etwas unglückliche Vorwort und vor allem der blöde Waschzettel dazu haben bewirkt, dass der Unterhaltungsroman zu einem Sensationsstück gestempelt worden ist und bei der hiesigen Regierung sehr böses Blut verursacht hat. Ich habe erst nachträglich erfahren, dass es sich entgegen Ihren Äusserungen doch um einen Schlüsselroman handelt und dass man die einzelnen Personen bis in alle Details hinein erkennt. Unglückseligerweise hat sich Herr Nationalrat Oprecht sofort beeilt, der Regierung gegenüber zu erklären, dass der Roman unter unserer (d.h. meiner) Zensur und Zustimmung geschrieben worden sei. Und nun müssen die Direktion und ich die Suppe ausfressen.»[9] Drei Tage später schrieb Glauser aus Angles diesbezüglich an seinen Vormund Schneider (26.1.37, Wernli S.376 oder (S. 481) ): «Man wirft ihm [dem Roman] vor, er sei ein Schlüsselroman - und dabei ist die Fabel gerade so gewollt unwahrscheinlich angelegt, dass ich gehofft hatte, man würde mir diesen Vorwurf sparen.» Die ganze Geschichte mit Münsingen endete in einem Skandal, weil viele Leute sich darin erkannten. Der Regierungsrat des Kantons Bern wollte den Roman gar beschlagnahmen, nahm jedoch davon wieder Abstand.

Im Jahre 2013 rückte das PZM wieder in Zentrum des Interesses, als aus Anlass zum 75. Todestages von Friedrich Glauser die Criminale, das grösste Krimifestival Europas, vom 17. bis 21. Mai, zum ersten Mal in der Schweiz gastierte. An mehreren Orten in den Kantonen Bern und Solothurn fanden über hundert Veranstaltungen statt. Einer dieser Orte war das Psychiatriezentrum Münsingen. Im Rahmen des Literaturfestivals erinnerte sich die Klinik an seinen berühmten Patienten, indem sie in einer Ausstellung Glausers Psychiatriekrimi Matto regiert würdigte.[10][11] «Wir sind stolz auf Glauser», sagte Mike Sutter, Sprecher des Psychiatriezentrums. «Sein Roman bietet einen Einblick in die Psychiatrie vor 80 oder 100 Jahren, wie sie tatsächlich war.»[12] Das Berner Sommertheater nahm die Criminale zum Anlass, Walter Millns’ Theaterbearbeitung der Fieberkurve unter der Regie von Arlette Zurbuchen im Psychiatriezentrum zu inszenieren; der spezielle Spielort der damaligen Irrenanstalt war gleichzeitig auch eine Hommage an Friedrich Glauser. Die Premiere der ‹Kriminal-Komödie nach Friedrich Glauser› fand am 17. April (gleichzeitig mit der Eröffnung der «Criminale 2013») im Casino (ebenfalls Schauplatz in Matto regiert der psychiatrischen Klinik Münsingen statt.

Figuren

Charles Pierre Glauser

Die Figur des Oberst Caplaun stellt in Matto regiert unverkennbar Glausers Vater dar; Glauser selbst kann man unschwer in Teilen des Herbert Caplaun erkennen. Die reale Beziehung zwischen Glauser und seinem Vater Charles Pierre war Zeit seines Lebens ein zentrales und zugleich schwieriges Thema. Dies dokumentiert auch der umfangreiche Briefwechsel zwischen den Beiden. Die Probleme begannen, als Glauser 4 Jahre alt war und die Mutter starb. Der Vater schien überfordert, Friedrich die fehlende mütterliche Geborgenheit zu geben und forderte stattdessen Leistung, die Glauser mit zunehmender Rebellion quittierte. Ab 1917 war die Vater-Sohn-Beziehung geprägt von einem sich stets wiederholenden Muster: Getrieben von der Morphiumsucht wurde Glauser immer wieder straffällig, hinterging Freunde und Bekannte, beging Diebstähle, fälschte Rezepte und musste interniert werden. Der einmal mehr enttäuschte Vater distanzierte sich von seinem Sohn. Es folgten gegenseitige Reue, erneute Annäherung und Verzeihen bis zum nächsten Absturz. In Matto regiert kommt Glauser auf diesen Teufelskreis zu sprechen: «Die kleinen Vaganten kennen nur einen ewigen Kreislauf: Verfehlung, Strafe, Verfehlung, Strafe. Durch Strafe wird der Protest gereizt, und der Protest macht sich Luft, indem er zu neuen ‹Schandtaten› treibt.»[13] Als Glauser 21 Jahre alt war, weigerte sich sein Vater zum ersten Mal, dessen Schulden weiter zu bezahlen. Er schaltete die Amtsvomundschaft ein und stellte des Antrag auf psychische Untersuchung und Entmündigung. 1921 folge ein weiterer Versuch, den Sohn auf die rechte Bahn zu bringen: Glauser trat in die Fremdenlegion ein; aber auch dieses Experiment ging schief. Und 1932, nach etlichen weiteren Katastrophen, stellte der Vater schliesslich den Antrag auf lebenslange Verwahrung. Glauser versuchte sich jahrelang von der Abhängigkeit des eigenen Vaters zu lösen, scheiterte jedoch stets und verarbeitete seine Frustration stattdessen literarisch oder in Briefen. Am 1. Oktober 1936 schrieb er zum Beispiel an Martha Ringier: «Mit so einem Ausspruch geht es mir wie mit dem Ausspruch meines Herrn Papa, der mir, als ich klein war, auch immer sagte, ich werde noch im Zuchthaus enden. Solche Worte wirken weiter, ganz unter der Oberfläche.»

S. 377 (Wernli 378)

Das zentrale «Vater-Sohn-Drama» griff Glauser wiederholt in seinen Erzählungen auf. Bereits in seiner ersten umfangreichen Novelle Der Heide (1917/1920)[14] thematisierte er die Loslösung des misshandelten Sohnes von seinem Vater. Und in Mattos Puppentheater (1919/1920)[15] lässt der Vater das «verkommene Subjekt» (seinen Sohn) gar internieren. Tritt der Vater in Mattos Puppentheater gross und weissbebartet (wie Glausers Vater) als Nationalrat auf, so ist die Figur des Oberst Caplaun in Matto regiert ganz ähnlich beschrieben: «Ein weisser Patriarchenbart, die Gesichtshaut von ungesunder Blässe und mitten im Gesicht eine rote Gurkennase mit vielen Knospen und Knösplein.»[16] Und auch hier beschwert sich der Vater über den Sohn: «... wenn man wie ich, mit ruhigem Gewissen sagen kann, dass man für seinen einzigen Sohn die schwersten Opfer gebracht hat, um ihn auf den rechten Weg zu geleiten, wenn man, wie ich in Ehren weiss geworden ist und es erleben muss, dass der Name, den man trägt, von einem missratenen Element in den Schmutz gezogen wird, dann kann man es nicht genug verurteilen, wenn ein Arzt, ein Seelenarzt, die Partei des Sohnes gegen einen Vater ergreift...»[17] Matto regiert steckt voller autobiographischer Seitenhiebe gegen den eigenen Vater. So lässt Glauser auch Dr. Laduner mehmals zu Wort kommen: «Der junge Caplaun ist bei mir in Behandlung. (...) Kein Wunder bei dem Vater!»[18] Auf Seite 165: «Früher hat man die Leute zur Strafe krumm geschlossen. Die Seele des Herbert Caplaun ist in der Jugend auch krumm geschlossen worden... (...) Sie haben ja den Herrn Oberst gesehen... Und dann ist alles andere nicht schwer zu verstehen.»[19] Und noch einmal Laduner: «Die Sache liegt tiefer. Sie werden wissen, dass Bilder, die wir in unsrer Kindheit aufgenommen haben, in uns ein Leben für sich führen; dass das Bild des Vaters, wie es sich in der Kindheit der Seele eingebrannt hat, im Unterbewusstsein des Erwachsenen weiter wirkt.»[20] Auch Wachmeister Studer findet keine Sympathie für den Oberst Caplaun: «Armer Herbert Caplaun, dachte Studer, wenn der nicht hat zurechtkommen können auf der Welt, so ist das weiter nicht erstaunlich, bei dem Vater! Und Mitleid für den verpfuschten Herbert ergriff ihn...»[21]

Am 1. November 1937 starb Glausers Vater in Eimeldingen. Damit fand eine lebenslange komplexe Beziehung ein Ende. Charles Pierre Glauser wurde am 4. November um 10.00 Uhr in Freiburg im Breisgau kremiert. Die Witwe von Glausers Vater teilte seinem Vormund Dr. Schneider mit, sie habe den Wunsch ausgedrückt, dass Friedrich Glauser nicht zur Beerdigung seines Vaters komme, aus Gründen, die allseits verstanden würden. Am 7. November schrieb Glauser dann an Robert Schneider unter anderem: «Gewiss, ich weiss, das Verhältnis zu meinem Vater war nicht immer so, wie es sich für einen Sohn seinem Vater gegenüber geziemt hätte. Es hat jetzt keinen Sinn mehr, über Schuld oder Nichtschuld zu diskutieren, genug, der Tod meines Vaters hat mich schwer getroffen. (…) Ich habe bis jetzt das Geschehnis noch nicht verwinden können. Die ganze Kindheit wird wieder lebendig, die Jahre, in denen ich allein mit ihm gelebt habe und in denen er mir die Mutter ersetzt hat. (…) Ja, ich wäre gern an sein Begräbnis gefahren, aber das ging ja nicht.»[22] Das Testament des Vater war dann ebenfalls ein schwerer Schlag für Glauser: Er wurde mit keinem Wort erwähnt. Das gesamte Vermögen erbte Glausers Stiefmutter.

Ulrich Brauchli

 
Psychiatrisches Zentrum Münsingen

Ulrich Brauchli war von 1912 bis 1938 Direktor des Psychiatrischen Zentrums Münsingen. Glauser baute ihn in Matto regiert ein und benannte ihn um in Ulrich Borstli. Dies verhinderte nicht, dass man hinter der Roman-Figur den echten Direktor und den Schauplatz Münsingen erkannte. Auch für Max Müller war sofort klar, «dass Glauser einen Schlüsselroman über Münsingen geschrieben hatte, in dem er [Max Müller] die Hauptrolle spielte im Generationenkonflikt zwischen dem vorwärts stürmenden, Neues planenden Oberarzt Dr. Laduner und dem rückständigen, an seinem Sessel klebenden, unfähigen Direktor.»[23]

In all den Jahren, in denen Glauser in Münsingen war, hielt er nicht mit seiner Meinung zurück, was er von Brauchli hielt. So schrieb er bereits [] an []: «Das nächste Mal, wenn die Wut mich wieder übermannt, begehe ich vielleicht einen Mord.»[24] Diesen Mord hat Glauser denn auch ausgeführt, wenn auch nur literarisch; die Wahl des Heizungskellers als Tatort hatte seine Bewandnis darin, dass er zeitweilig auch als Heizer in Münsingen beschäftigt war und von daher diesen Ort gut kannte. Dass Glauser Brauchli nicht gemocht hatte, zeigen die vielen negativen Beschreibungen des Borstli. Dies beginnt bereits damit, als Studer versucht, sich an den Namen des Antaltsdirektors zu erinnern: «Wie hiess nur schon der Direktor von Randlingen? Würschtli? Nein... (...) Bürschtli?... Nein... Ah ja! Borstli!»[25] Und auf Seite 21 erklärt Dr. Laduner: «Zweimal im Monat trank sich der Herr Direktor einen Rausch an. (...) Der Herr Direktor hatte nämlich eine Vorliebe für hübsche Pflegerinnen (...) und drückte seine Bewunderung für die Rundungen ihrer Formen mit einem sanften Tätscheln aus.» Dazu passt auch, dass Borstli heimlich die frivolen Memoiren des Casanova liest und der Pfleger Gilgen ihn auf Seite 60 als «alten Bock» bezeichnet. Der Kriegsverletzte Schül beschuldigt Brauchli gar der Geldhinterziehung: «Wer steckt die Pension ein? Der Direktor! Aber dieser verfluchte Suppenhändler wird seinen Lohn bekommen...»[26] Auch der Assistenzarzt Neuville trägt noch eine Charakterergänzung bei: «Il a, comment vous dire, il a... oui... il a... eh bien, il a pété (frz. für gefurzt) tout le temps.»[27] Und zu guter Letzt diagnostiziert Laduner auf Seite 243 bei Brauchli «Senile Demenz»

Es verwundert deshalb nicht, dass (bei Erscheinen des Buches) aus Angst vor Brauchlis Reaktion, die Post des Direktors kontrolliert wurde und man so versuchte, ihm das Werk vorzuenthalten. Glauser hatte mit dieser literarischen Rache eine kleine Revolution in Gang gesetzt. Die Literaturhistorikerin Martina Wernli schreibt dazu: «Aussergewöhnlich ist die dadurch entstandene Tatsache, dass Matto regiert eine Umkehrung der Postkontrolle in der Anstalt bewirkte. Nun ist es plötzlich der Direktor, der unwissentlich von ihr betroffen ist.»[28]

Max Müller

Hinter Doktor Laduner versteckt sich kein geringerer als Max Müller, Arzt und Leiter des Psychiatriezentrum Münsingens von 1939 bis 1954. Als Nachfolger von Brauchli, entwickelte sich die Heil- und Pflegeanstalt Münsingen Dank der Initiative des neuen Direktors in den 1930er Jahren zum Mekka der Psychiatrie.[29] Dass Müller ein fortschrittlicher Arzt war, zeigte sich bereits schon 1926, als er die Initative ergriff und an zwei Abenden pro Woche Kurse für das eigene Pflegepersonal leitete.

Max Müller lernte Glauser 1925 kennen, als dieser zum zweiten Mal in Münsingen interniert wurde. Müller wurde für Glauser zwischen 1925 und 1933 zu einer der wichtigsten Bezugspersonen, da er in dieser Zeit mit ihm eine Psychoanalyse durchführte, ihn literarisch förderte und sogar Anschluss in der eigenen Familie gewährte. Diesen Umstand findet auch Eingang in den Roman, wo Laduner über Pieterlen sagt: «Nun, ich habe versucht, dem Pieterlen sein Schicksal zu erleichtern. Er durfte zeichnen, ich sprach oft mit ihm, manchmal lud ich ihn zu mir in meine Wohnung ein. Ich lieh ich Bücher. Als er nach Arbeit verlangte (...) und er gern zur Malergruppe gehen wollte, gab ich auch dazu meine Einwilligung, obwohl ich wusste, warum er gerade in diese Gruppe verlangte. Er hatte sich verliebt...»[30] Auch die weiderholte Beschriebung des Haares, «zurückgeschnitten, vom Hinterkopf stand eine Strähne ab wie die Feder bei einem Reiher», entsprach Max Müller. Zudem zitiert Glauser auf Seite 142 Müllers Buch Prognose und Therapie der Geisteskranken. In Matto regiert beschreibt Glauser aber auch sehr treffend die Ambivalenz in der Beziehung zwischen Glauser-Müller (Patient-Analytiker), übertragen auf die Figuren Laduner und Studer. Studer ist oft hin- und hergerissen zwischen Bewunderung und Irritation über den Arzt. Ein passendes Bild dafür mag «Laduners Maskenlächeln sein, das aussieht, als sei es vor einem Spiegel aufgeklebt worden.» Frau Laduner hingegen (Müllers Ehefrau Gertrud Müller) wirkt vertrauensvoll, herzlich und zeigt, ohne viel Worte zu verlieren, Verständnis für Studer; diese Beschreibung traf auch auf Glausers Beziehung zu Gertrud Müller zu, mit der er nach dem Bruch mit Max Müller weiter brieflich verkehrte.

Insgesamt war Glauser fünf Mal in Münsingen während Müllers Zeit. Nach acht Jahren zeichnete sich allerdings eine zunehmnde Distanz zwischen den beiden ab, was sich auch darin zeigte, dass Glauser hatte das Vertrauen seines Arzte, Analytikers und Brieffreundes auf's Spiel setzte, indem er anfangs August 1933 ein Rezept auf Müllers Name gefälscht hatte. In der Folge schlug Müller die Verlegung in die Psychiatrische Klink Waldau vor. Müller dazu: «Da inzwischen die Anstalt wie der Patient aufeinander allergisch geworden waren und man sich nur mehr schwer verständigen konnte, wurde ein Schritt in die Wege geleitet, den man schon mehrmals erwogen hatte und den auch Glauser wünschte: Die Verlegung in die Waldau.»[31]

Berthe Bendel

Mit der Figur der Pflegerin Irma Wasem erwies Glauser seiner langjährigen Lebensgefährtin Berthe Bendel eine Referenz. In Matto regiert wird ihr Kennenlernen folgendermassen beschrieben: Pieterlen wird in die Malergruppe versetzt und muss auf der Abteilung des Frauen-B die Wände streichen. Dort trifft er Irma Wasem und die beiden verlieben sich. Der Patient Schül erklärt Studer: «‹Dort drüben›, sagte er, ‹hat der Pieterlen seinen Schatz gehabt, und oft hat er hier am Fenster gestanden. Manchmal ist sie auch ans Fenster gekommen und hat gewinkt, die Frau dort drüben.›»[32] Tatsächlich hatte Glauser Berthe Bendel, die als Pflegerin in der Psychiatrischen Anstalt Münsingen arbeitete, 1933 auf dieselbe Weise kennengelernt. Dem Liebespaar war bewusst, dass sie diese Mesalliance zwischen einem Patienten und einer Pflegerin geheimhalten mussten. Glauser schrieb am [] Briefe 1, 443: «Wir müssen vorsichtig sein.» Und so begannen sie heimlich sich ihre gegenseitigen Briefe in bestimmten Büchern der Bibliothek zu verstecken. In einem dieser Briefe schrieb Glauser: «Ich hab mich immer nach so einer Frau gesehnt, wie du eine bist, so etwas Sauberes und Unbürgerliches und die versteht und ganz mitgeht mit einem. (...) Und tyrannisieren wollen wir uns nicht, gell? Sondern man bespricht, was zu besprechen ist. Ich hab immer die Leute gehasst, die so schwülstig vom Kampf der Geschlechter sprechen. Ich find das Blödsinnig. (...) Wenn die Frau nur wüsste, ein wie grosses Geschenk sie gibt, wenn sie sich einfach schenkt.»[33] Schützenhilfe erhielten sie von Glausers Freund, dem Pfleger Werner Niederhäuser: Dieser half die Beziehung Glauser-Bendel geheimzuhalten (Briefe 1, 463). Als Dank scheint Glauser dann Niederhäuser als «Pfleger Gilgen» in Matto regiert portraitiert zu haben. Dennoch kam es zu Anstaltsklatsch, der eine Aussprache mit Direktor Brauchli folgte. Das Paar wollte an der Beziehung festhalten und so kündigte Berthe Bendel im November 1933 ihre Stelle in Münsingen.

Zu Berthe Bendel und Friedrich Glauser sagt Glauser-Biograph Gerhard Saner: «Die ideale Frau war allerdings auch Berthe nicht, dazu fehlte ihr vieles im Geistigen. Glauser sehnte sich nach einer Gefährtin wie Frau Dr. Laduner oder Frau Wachtmeister Studer.»[34] Und vielleicht entwickelte sich die romantische Beziehung von Glauser zu Bendel auch bald in eine praktische. Am 10. Dezember 1935 schrieb er ihr: «Du, ich brauch den Pull sehr, kannst du mir ihn bald schicken? Du bekommst dann den anderen zum Waschen u. Flicken. (...) Wenn du den Pull schickst, so leg ein wenig Schokolade dazu, und Früchte, bitte.»[35] Und Ende Februar 1936: «Und dann bin ich tief im Irrenhausroman. Da wird dir eine schöne Arbeit blühen. Du musst ihn mir dann abschreiben. Also bis Mitte April musst du schreibmaschineln können. Merk dir das Berth. Ich hab ihn auf 1. Mai versprochen.»[36]

Die Beiden blieben bis zum Tode Glausers zusammen. Im Juni 1936 bekam das Paar die lang ersehnte Freiheit und es folgte der Umzug nach Angles in Frankreich. Die Idee, einen kleinen Hof zu bewirtschaften und gleichzeitig zu schreiben, zerschlug sich jedoch und im März 1937 reisten sie weiter über La Bernerie-en-Retz nach Nervi in Italien, wo sie heiraten wollten. Am Vorabend der Hochzeit mit Berthe Bendel brach Glauser dann im Alter von 42 Jahren zusammen und starb in den ersten Stunden des 8. Dezember 1938.

Erlebnisse

Psychoanalyse

Friedrich Glausers Psychoanalyse bei Max Müller begann im April 1927 und dauerte rund ein Jahr. Während dieser Zeit arbeitete er in der Gärtnerei Jäcky in Münsingen. Müller erinnerte sich: «Im Gegenteil lässt sich vielleicht doch annehmen, ohne das Heim, das wir ihm boten, ohne die Analyse auch, die ich gegen jede Kunstregel später bei ihm durchführte, wäre er wohl völlig unter die Räder geraten und hätte niemals das aus sich machen können, was ihm schliesslich noch möglich wurde.»[37] Zu Beginn war Glauser gegenüber der neuen Behandlungmethode sehr offen und kooperativ. Je länger jedoch der Prozess andauerte, desto grösser wurde seine Abneigung gegen die Psychoanalyse und die «Seelenärzte». In Matto regiert sagt Herbert Caplaun zum Wachtmeister: «Sie wissen nicht, Wachtmeister, was das ist, eine Analyse!... Lieber drei Lungenentzündungen...»[38] Am 15. Juni 1934, Glauser war damals bereits in der Klinik Waldau, schrieb er an Beatrix Gutekunst (Wernli 330): «Der Abteilungsarzt ist ein Deutscher und der Analyse durchaus abhold, was erquickend ist. Ich hab lang gebraucht, um zu merken, was es eigentlich ist, was mich bei M.[üller] und sonst bei den Analytikern, die ich kennengelernt habe, immer so irritert hat; du hast's eigentlich schnell herausgehabt, aber nie so richtig formulieren können; ihre absolute Humorlosigkeit, die sich eigentlich genau wie bei den überzeugten Anthroposophen hinter einem überlegen-sonnigen Lächeln verbirgt.» Und am 24. Februar 1936 konstatierte er in einem Brief an Martha Ringier (Wernli 368): «Man hat nämlich herausgefunden, dass eine Analyse, um wirksam zu sein, sich über mindestens acht Jahre erstrecken müsse. Können Sie sich das vorstellen? Acht Jahre jeden Tag eine Stunde auf dem Kanapee oder einer Kautsch (wie die Berner das Wort orthographieren) liegen und assozieren. Sowas hält nicht einmal ein Maulesel aus. Ich habe mich immer gefragt, ob man nicht bespielsweise auch Hunde analysieren könnte.» Ein letztes Mal hatte Glauser sich 1938 in im Prosafragment Insulin zu dem Thema geäussert: «Ihre Stellung [die Psychiater] ist schwierig. In vielen Fällen ist ihre Macht grösser als die eines Richters, denn ihre Entscheide sind unanfechtbar. Das Gutachten eines Psychiaters kann einem Menschen die bürgerlichen Rechte absprechen, ihn unter Vormundschaft stellen, ohne seine bürgerlichen Pflichten aufzuheben, vermag die Freiheit zu nehmen, indem es jahrelang, sogar lebenslange Internierung in einer Heil- und Pflegeanstalt, Versorgung im Arbeithaus verlangt, es kann weiter gehen und einen Menschen zwingen, auf sein Liebesleben zu verzichten und ein Leben weiterzuleben, das keines mehr ist.»[39]

 
Glauser-Zitat zur Psychoanalyse im Inneren des ICN 500 019

Ironischerweise wurde Glauser selber ungewollt zum Analytiker: Auf dem Klappentext von Matto regiert des Jean Christophe-Verlages war 1936 zu lesen, «der Dichter ‹Mattos› müsse zugleich ein hervorragender Psychoanalytiker sein». Möglicherweise war Glauser (abgesehen von Druckfehlern und der vergessenen Widmung für Otto Kleiber) auch deshalb so wütend über die «Hornochsen vom Jean Christophe-Verlag», die schliesslich verschiedenes am Roman «versaut» hätten.[40]

Einen Ausspruch Glausers zu Sigmund Freud kann man noch antreffen, wenn man in der Schweiz den ICN mit der Nummer 500 019 betritt. Innerhalb der Zugskomposition ist zu lesen: «Wäre ich zu dem nachher berühmten Doktor Freud gekommen, so sässe ich heute auf einem Schreibersessel»[41] (im Rahmen der Bahn 2000 schafften die SBB neue Neigezüge an, bei denen die Triebzüge Namen von bekannten Schweizern trugen; im Inneren der Wagen wurden Zitate der entsprechenden Persönlichkeit oberhalb der Fenster angebracht. Der ICN mit der Nummer 500 019 kam am 17. April 2001 in den Verkehr und bekam den Namen von Friedrich Glauser).

«Matto» und der Zweite Weltkrieg

Glauser war grundsätzlich ein unpolitischer Autor. Das einzige Mal, wo er sich explizit in dieses literarische Gebiet gewagt hatte, verbrannte er sich die Finger: 1937 verfasste er eine Rezension zu André Gides Buch Retouches à mon retour de l'U.R.S.S. und löste damit ungewollt eine heftige Auseinandersetzung über Kommunismus und Stalinismus aus. Das Resultat war, dass er sich mit seinem Brieffreund Rudolf Jakob Humm entzweite. Am 25. August 1937 schrieb er an Otto Kleiber: «Dann hab ich für Halperin noch den Gide-Artikel gechrieben, und er lag mir auf dem Magen - weil er nicht so geworden ist, wie ich wollte, und überhaupt: Ich sollte die Politik sein lassen, ich versteh nichts davon. Und doch lockt sie mich, wie alles, was ich nicht verstehe.»[42]

In Matto regiert ist Glauser unerwartet politisch. Auf poetische Weise kritisiert er die nationalsozialische Entwicklung im Nachbarland Deutschland und lässt Schül schon beinahe prophetisch den drohenden Krieg heraufbeschworen: «Manchmal, wenn der Föhn den Nebel spinnt zu weichen Fäden, sitzt er an meinem Bett und flüstert und erzählt. Lang sind die grünen gläsernen Nägel an seinen Fingern und sie schimmern, fährt er mit seinen Händen durch die Luft... Manchmal auch sitzt er oben auf dem Glockenturm, und dann wirft er Fäden aus, bunte Fäden, weit hinaus ins Land über die Dörfer und Städte und die Häuser, die einsam stehen am Hügelhang... Weit reicht seine Kraft und seine Herrlichkeit, und niemand entgeht ihm. Er winkt und wirft seine bunten Papiergirlanden, und der Krieg flattert auf wie ein blauer Adler, er schleudert einen roten Ball, und die Revolution lodert zum Himmel und platzt.»[43] Auch Wachtmeister Studer legt Glauser Worte in den Mund, die Krieg und Zerstörung beschreiben: «Was die Menschen doch alles fanden! Da gab es: Eheberater, bestallte Psychologen, Psychotherapeuten, Fürsorger; es waren erbaut worden: Trinkerheilanstalten, Erholungsheime und Erziehungsanstalten... All dies wurde eifrig und bürokratisch betrieben... Aber viel eifriger noch und weniger bürokratisch wurden fabriziert: Gasbomben, Flugzeuge, Panzerkreuzer, Maschinengewehre... Um sich gegenseitig umzubringen... Es war wirklich eine kohlige Sache um den Fortschritt... Man war human, mit dem Hintergedanken, sich so schnell als möglich aus der Welt zu schaffen...»[44] Eine Passage, in der Laduner zu Studer spricht, könnte als versteckte Kritik an Adolf Hitler verstanden werden: «Ich spreche jetzt nicht von Mord auf Befehl wie im Krieg, wie in der Revolution. Dort trägt der Führer, wer er sei, die Verantwortung...»[45]

 
Adolf Hitler an einer Rundfunkansprache 1933

Auf Seite 209 wird Glauser dann unerwartet konkret, als er eine Hitlerrede im Radio beschreibt: «Ein Militärmarsch verklang, und dann erfüllte eine fremde Stimme das Zimmer. Sie war eindringlich, aber von einer unangenehmen Eindringlichkeit. Sie sagte: ‹Zweihunderttausend Männer und Frauen sind versammelt und jubeln mir zu. Zweihunderttausend Männer und Frauen haben sich eingefunden als Vertreter des ganzen Volkes, das hinter mir steht. Das Ausland wagt es, mich des Vertragsbruches zu zeihen... Als ich die Macht ergriff, lag das Land verheert, verwüstet, krank... Ich habe es groß gemacht, ich habe ihm Achtung verschafft... Zweihunderttausend Männer und Frauen lauschen meinen Worten, und mit ihnen lauscht das ganze Volk...› Langsam stand Laduner auf, schritt zum sprechenden Kasten... Ein Knack... Die Stimme verstummte...» Und Laduner weiter: «Der Mann, der soeben sprach, hat Glück gehabt... Wäre er zu Beginn seiner Laufbahn einmal psychiatrisch begutachtet worden, die Welt sähe vielleicht ein wenig anders aus...»[46] Als Glauser diese Passage schrieb, bezog er sich möglicherweise auf Hitlers Rede am Reichparteitag 1934. Dort sprach der Führer unter anderem tatächlich von 200'000 Männern: «200'000 Männer sind nun versammelt, die nichts hergerufen hat als das Gebot ihres Herzens, nichts hergerufen hat, als das Gebot ihrer Treue.»

Ausschnitt aus Hitlers Rede am Reichsparteitag vom 7. September 1934 in Nürnberg/?

In einem Brief vom 23. März 1936 aus der Waldau an Martha Ringier beschreibt Glauser seine Irritation und Angst über die mögliche Folgen von Hitlers Nationalsozialismus: «Letzthin hat das Radio eine eine Rede von Hitler verbreitet, wir sind zu viert um den Apparat herumgesessen. Die Anderen haben gelacht, es war kein ehrliches Lachen. Ich habe mich bald gedrückt. Ich konnte nicht mehr. Das ist, dachte ich zuerst, das ist das Ende... Das ist das Ende von allem, was wir gern hatten, von Bildern, Musik, Versen.»[47] Und weiter (Wrrnli s. 377/378): «Ich muss immer an 1914 denken, an die paar Monate vor dem grossen Kladderadatsch. Die Stimmung ist so ähnlich. Ich lese Zeitungen und zwinge mich dazu, obwohl ich dann immer zwei, drei Stunden brauche, um mich von so einer Lektür zu erholen. Ihr draussen merkt das gar nicht. Wir haben die feineren Organe, wahrscheinlich, gerade weil wir nicht im Trubel drinstecken.». S. 209

Publikationen

 
Erste Folge von Matto regiert in Der öffentliche Dienst vom 22. Mai 1936 (Ausschnitt)

Vom 22. Mai bis zum 13. November 1936 erschien Matto regiert als Erstdruck bei Hans Oprechts Zeitung Der öffentliche Dienst (Verbandszeitschrift der Gewerkschaft VPOD). Im Dezember folgte dann die Buchausgabe im Jean Christophe-Verlag. Diese Erstausgabe wies einige Druckfehler auf, zudem wurde Glausers Widmung für den Feuilleton-Chef der Basler National-Zeitung Otto Kleiber vergessen. In der zweiten Buchausgabe von Matto regiert, welche 1943 im Schweizer Druck- und Verlagshaus erschien, wurde die Radiorede Hitlers und alle sich darauf beziehnden Passagen eliminiert.

Rezeption

Skandal um Münsingen

Die Veröffentlichung von Matto regiert fand wohl ihre grösste Beachtung in dem kleinen Skandal, den der Roman 1937 auslöste. Am 23. Januar schrieb Otto Briner an Glauser: «Man merkt etwas zu deutlich, dass es Ihnen in erste Linie auf ein ‹Abreagieren› ankam, was Ihnen subjetiv ausgezeichnet bekommen ist, was aber nicht gerade zu einer objektiven Werterhöhung beigetragen hat.»[48] Im unveröffentlichten Text Selbstanzeige vom Mai 1937 bemerkte Glauser dazu: «Ich weiss nicht, warum sich so viele Leute über das Buch geärgert haben.»[49]


 
Matto regiert in der zensierten Buchausgabe (mit SU) des Schweizer Druck- und Verlagshaus, Zürich 1943

Zu viele Personen erkannten sich im Irrenhausroman. Zudem war der Blick, den Glauser den Lesern hinter die Mauern der Anstalt Randlingen (respektve Münsingen) gewährte, nicht der Günstigste. Das Hauptproblem schien jedoch die Figurenzeichnung des Ulrich Borstli zu sein, hinter dem sich unverkennbar der Anstaltsdirektor Ulrich Brauchli verbarg. Max Müller erinnerte sich: «In Münsingen war unterdessen der Teufel los. Mit Kaisers zusammen baten wir die getreue Rosa Maurer, die sich schon seit Jahren Brauchlis angenommen hatte, seine Post zu kontrollieren und ein eventuelles auf ‹Matto› verdächtiges Paket zu unterschlagen. Unterdessen standen die Leute, nicht nur die Anstaltsangesetellten, sondern die ganze Münsinger Bevölkerung - es lagen Listen aus - am Bahnhofskiosk Schlange, um das Buch zu erhalten; wirklich eine groteske Situation.»[50]

Ende Januar 1937 erwog der Berner Regierungsrat die Konfiskation von Matto regiert, nahm davon jedoch wieder Abstand. Zudem wurde Max Müller zum Regierungsrat und Direktor des Gesundheitswesens, Henri Mouttet, zitiert. Eine Disziplinaruntersuchung bezüglich der Fahrlässigkeit in der Klinik Waldau, wurde ins auge gefasst, weil diese das Werk quasi autorisiert hatte. (Wernli S. 374) Viel passierte dann allerdings nicht. Otto Briner schrieb am 11. Februar diesbezüglich an Glauser (Wernli S. 376/377): «Die Regierung hat sich damit begnügt, ihr lebhaftes Bedauern auzuprechen, dass solche ‹Nachlässigkeiten› vorgekommen sind, und damit ist die Angelegenheit auch äusserlich erledigt.» (S. 522) Schützenhilfe erhielt Glauser von Hans Oprecht, der an Glauser schrieb (30.1.37: Wernli 376): Morgenthaler wolle sich für den Matto einsetzen, er wolle es «sogar benützen, um den Kampf gegen die Zustände im bernischen Irrenwesen zu führen.»[51] Und Glauser selbst? Er war weit weg vom Geschehen, sass in Angles und schrieb am 28. Januar an Martha Ringier (Wernli s.375): «Wenn mich die Herren hätten, würde ich wahrscheinlich für ein paar Jahre spurlos in Witzwil verschwinden - und dazu bin ich mir doch zu schade.»S. 498

Altbundesrat Christoph Blocher sagte in einem Interview 2014 über den Münsinger-Skandal: «Neuer Chef von Münsingen und der Waldau wurde Max Müller, zu erkennen als Held in Glausers Roman. Er vertrat eine neue Psychiatrie. Damit hat Glauser indirekt beigetragen zu neuen Entwicklungen in der Schweizer Psychiatrie. 1930 hätte man einen solchen ‹Schlufi› nicht würdigen können. Aber heute ist der Lebenswandel nicht mehr wichtig. Es zählen nur noch die vielen ‹guten Früchte›.»[52] Und Alex Capus verriet in einem Interview: «Matto regiert ist eines meiner Lieblingsbücher, weil Wachtmeister Studer hier die Grenzregionen zwischen Vernunft und Wahnsinn erkundet, die für uns alle gar nicht so fern sind, wie wir gern glauben möchten.»[53]

Verfilmungen

Matto regiert (1947)

Vorgeschichte

 
Filmzeitschrift Mein Film mit dem Bildbericht zur Premiere in Wien, 1948

Die Filmgesellschaft Praesens, welche bereits 1939 Wachtmeister Studer verfilmt hatte, entschloss sich 1942 dazu, auch Matto regiert zu verfilmen. Am 8. März 1943 begannen die Dreharbeiten. Eine Woche später jedoch brach man die Produktion bereits wieder ab. Die Gründe dafür waren fehlendes Gespür für Glausers Stoff und Mängel am Drehbuch. Der Verlust für die Preasens-Film betrug 40'000 Franken. Drei Jahre später besann man sich erneut des Matto und so wurde das Filmprojekt wieder aktuell. Man liess ein neues Drehbuch von Alfred Neumann schreiben und sogar Leopold Lindtberg, Regisseur der ersten Glauser-Verfilmung sagte wieder zu. Ebenfalls mit dabei waren (wie schon bei Wachtmeister Studer) Heinrich Gretler als Wachtmeister Studer, Sigfrit Steiner als Kommissar, Schaggi Streuli als Nachtwächter und Zarli Carigiet spielte den kriegsgeschädigten Schül.[54] Um den Film so realitätsnah wie möglich zu inszenieren, bestand Lindtberg darauf, dass alle Schauspieler Max Müller kennen lernen sollten. Müllers Einwand, «er sei inzwischen viel älter und übrigens auch Direktor geworden, die Atmosphäre der Anstalt habe sich gegenüber Glausers Zeiten gründlich geändert, verfing nicht. So erschien denn die ganze Gesellschaft eines Tages in Münsingen, wohl um einen Gewinn davon zu haben; mir selber trug der Besuch ein höchst interessantes Gespräch über Filmprobleme ein.»[55]

Produktion

Die Dreharbeiten begannen am 7. Dezember 1946 und dauerten bis zum 21. März 1947. Für die Aussenufnahmen der Klinik «Randlingen/Münsingen» wählte man die Psychiatrische Klinik von Königsfelden im Kanton Aargau. Matto regiert dauerte in der Endfassung 96 Minuten. Die Premiere fand am 17. April 1947 im Kino Rex in Zürich statt und hatte vier Wochen Spielzeit. Allerdings floppte der der Film fast durchwegs bei Publikum und Kritik.[56] Als der Film am 9. April 1948 in Wien (Geburtsort von Friedrich Glauser und «Wiege der Psychoanalyse») anlief, schrieb die Zeitschrift Mein Film zu ihrem Bildbericht: «Nach einer Idee Friedrich Glausers gedreht, unterscheidet er sich vom konventionellen Kriminalfilm vor allem durch seine schweizerische Note. Es geht in der Irrenanstalt, die den Rahmen des Filmes liefert, um die auseinandersetzung zwischen alter und neuer Psychoanalyse, zwischen einem aufgeschlossenen Arzt und einem Anstaltsdirektor, der am Althergebrachten festhält.»[57]

Umsetzung

Hielt sich Leopold Lindbergs Verfilmung von Wachtmeister Studer noch weitgehend an die literarische Vorlage von Glauser, so bediente sich die Umsetzung von Matto regiert hauptsächlich der Schauplätze und der wichtigsten Figuren; die Romanvorlage wurde für das Drehbuch sehr stark vereinfacht und erfuhr viele Auslassungen. Alles drehte sich um die Schulfrage, ob Herbert Caplaun wirklich der Täter sei oder nicht.

Im Unterschied zum Buch beginnt der Film beim Tanzabend im Kasino und es dauert ganze 28 Minuten, bis Studer seinen Auftritt hat. Diese erste halbe Stunde wird darauf verwendet, die wesentlichen Figuren, deren Beziehungen untereinander und mögliche Tatmotive einzuführen. Mehr Raum als in der Buchvorlage nimmt dabei der unsympathische Charakter des Ulrich Borstli ein, dessen Konflikt mit Dr. Laduner und die Querelen innerhalb der Ärzte und Pfleger. Weitere wesentliche Abweichungen sind: Pierre Pieterlen wurde ganz gestrichen. Stattdessen baute man Herbert Caplaun zu Hauptfigur aus, der mit Irma Wasem ein Verhältnis hat. Direktor Bostlis Leiche befindet sich im Liftschacht statt im Heizungskeller. Und Glausers «Matto-Kritik» an Hitler und der Kriegstreiberei zeigt sich noch darin, dass bei der Führung durch die Abteilungen ein «Irrer» aufsteht und Studer gegenüber den Hitlergruss macht. Die Charakterzeichnung von Studer selbst wird Glausers Vorbild kaum gerecht und zeigt sich beispielsweise darin, dass der Wachtmeister mehrmals im Film aufbraust.

Weitere Verfilmungen

  • 1980: Matto regiert (Deutschland/Schweiz, Fernsehfilm, Regie: Wolfgang Panzer; mit Hans Heinz Moser als Studer)
  • 2001: Studers erster Fall (Schweiz, Fernsehfilm, Regie: Sabine Boss; mit Judith Hofmann als Claudia Studer) – nach Matto regiert

Theateradaption

Bereits 1943 schrieb Renato Cavoli eine Theaterfassung mit dem Titel: «Matto: Kriminalstück nach em Roman "Matto regiert" (1935/36) vom Friedrich Glauser und em gliichnamige Film vom Leopold Lindtberg us em Jahr 1947» Verlag: Belp : Teaterverlag Elgg, 2010

Schauspielhaus Zürich: Mai 2014 Regisseur Sebastian Nübling und Laientheater

Hörbücher

Literatur

 
Matto regiert in der zensierten Buchausgabe (ohne SU) des Schweizer Druck- und Verlagshaus, Zürich 1943
  • Gerhard Saner: Friedrich Glauser – Eine Biographie. Suhrkamp Verlag, Zürich 1981, ISBN 3-5184-0277-3.
  • Gerhard Saner: Friedrich Glauser – Eine Werkgeschichte. Suhrkamp Verlag, Zürich 1981, ISBN 3-2880-4130-3.
  • Bernhard Echte und Manfred Papst (Hrsg.): Friedrich Glauser – Briefe 1. Arche Verlag, Zürich 1988, ISBN 3-7160-2075-3.
  • Frank Göhre: Zeitgenosse Glauser – Ein Portrait. Arche Verlag, Zürich 1988, ISBN 3-7160-2077-X.
  • Bernhard Echte (Hrsg.): Friedrich Glauser – Briefe 2. Arche Verlag, Zürich 1991, ISBN 3-7160-2076-1.
  • Rainer Redies: Über Wachtmeister Studer – Biographische Skizzen. Edition Hans Erpf, Bern 1993, ISBN 3-9055-1760-4.
  • Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1
  • Heiner Spiess und Peter Edwin Erismann (Hrsg.): Erinnerungen. Limmat Verlag, Zürich 1996, ISBN 3-85791-274-X.
  • Hannes Binder: Nüüd Appartigs… – Sechs gezeichnete Geschichten. Limmat Verlag, Zürich 2005, ISBN 3-85791-481-5.
  • Patrick Bühler: Alarm in Zion – Antisemitische Stereotype in Friedrich Glausers Detektiv-Romanen, Neophilologus 2008, Seite 301–319
  • Walter Millns: Fieberkurve – Nach der Idee vom Roman von Friedrich Glauser.. Elgg Verlag, Belp 2009.
  • Hans Maurer, Michael Gerber, Sarah Pfister: Psychiatriezentrum Münsingen PZM. (Schweizerische Kunstführer, Nr. 863/864, Serie 87). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 2009, ISBN 978-3-85782-863-8.
  • Martina Wernli: Schreiben am Rand – «Die Bernische kantonale Irrenanstalt Waldau» und ihre Narrative (1895-1936). Transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2878-4

Einzelnachweise

  1. Bernhard Echte: Nachwort. In: Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN 3-85791-242-1, S. 251.
  2. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 55
  3. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 84
  4. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 195.
  5. Friedrich Glauser: Das erzählerische Werk, Band 1: Mattos Puppentheater. Limmat Verlag, Zürich 1992, ISBN 3-85791-203-0, S. 124.
  6. Martina Wernli: Schreiben am Rand – «Die Bernische kantonale Irrenanstalt Waldau» und ihre Narrative (1895-1936). Transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2878-4, S. 335.
  7. Martina Wernli: Schreiben am Rand – «Die Bernische kantonale Irrenanstalt Waldau» und ihre Narrative (1895-1936). Transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2878-4, S. 328.
  8. Heiner Spiess, Peter Edwin Erismann (Hrsg.): Erinnerungen. Limmat Verlag, Zürich 1996, ISBN 3-85791-274-X, S. 144-155.
  9. Martina Wernli: Schreiben am Rand – «Die Bernische kantonale Irrenanstalt Waldau» und ihre Narrative (1895-1936). Transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2878-4, S. 373.
  10. Glausers Rückkehr. In: Berner Zeitung, 19. April 2013.
  11. Lust auf Verbrechen. In: Tages Anzeiger, 22. April 2013.
  12. Mit Glauser im Reich des Wahnsinns. In: Berner Zeitung, 19. April 2013.
  13. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 14.
  14. Friedrich Glauser: Das erzählerische Werk, Band 1: Mattos Puppentheater. Limmat Verlag, Zürich 1992, ISBN 3-85791-203-0, S. 30.
  15. Friedrich Glauser: Das erzählerische Werk, Band 1: Mattos Puppentheater. Limmat Verlag, Zürich 1992, ISBN 3-85791-203-0, S. 124.
  16. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 153.
  17. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 156.
  18. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 25.
  19. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 165.
  20. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 229.
  21. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 158.
  22. Bernhard Echte (Hrsg.): Friedrich Glauser – Briefe 2. Arche, Zürich 1995, ISBN 3-7160-2076-1, S. 786/787.
  23. Hans Maurer, Michael Gerber, Sarah Pfister: Psychiatriezentrum Münsingen PZM. (Schweizerische Kunstführer, Nr. 863/864, Serie 87). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 2009, ISBN 978-3-85782-863-8., S 33.
  24. Bernhard Echte, Manfred Papst (Hrsg.): Friedrich Glauser – Briefe 1. Arche Verlag, Zürich 1988, ISBN 3-7160-2075-3, S. 34.
  25. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 10.
  26. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 54.
  27. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 147.
  28. Martina Wernli: Schreiben am Rand – «Die Bernische kantonale Irrenanstalt Waldau» und ihre Narrative (1895-1936). Transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2878-4, S. 373.
  29. Hans Maurer, Michael Gerber, Sarah Pfister: Psychiatriezentrum Münsingen PZM. (Schweizerische Kunstführer, Nr. 863/864, Serie 87). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 2009, ISBN 978-3-85782-863-8., S 9.
  30. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 111.
  31. Martina Wernli: Schreiben am Rand – «Die Bernische kantonale Irrenanstalt Waldau» und ihre Narrative (1895-1936). Transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2878-4, S. 330.
  32. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 131.
  33. Gerhard Saner: Friedrich Glauser – Eine Biographie. Suhrkamp Verlag, Zürich 1981, ISBN 3-518-40277-3, S. 390.
  34. Gerhard Saner: Friedrich Glauser – Eine Biographie. Suhrkamp Verlag, Zürich 1981, ISBN 3-518-40277-3, S. 390.
  35. Bernhard Echte (Hrsg.): Friedrich Glauser – Briefe 2. Arche, Zürich 1995, ISBN 3-7160-2076-1, S. 90.
  36. Bernhard Echte (Hrsg.): Friedrich Glauser – Briefe 2. Arche, Zürich 1995, ISBN 3-7160-2076-1, S. 174.
  37. Heiner Spiess, Peter Edwin Erismann (Hrsg.): Erinnerungen. Limmat Verlag, Zürich 1996, ISBN 3-85791-274-X, S. 97.
  38. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 236.
  39. Friedrich Glauser: Das erzählerische Werk, Band 4: Gesprungenes Glas. Limmat Verlag, Zürich 1993, ISBN 3-85791-206-5, S. 241/242.
  40. Martina Wernli: Schreiben am Rand – «Die Bernische kantonale Irrenanstalt Waldau» und ihre Narrative (1895-1936). Transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2878-4, S. 372.
  41. Zitate in den SBB-Neigezügen. Friedrich Glauser: Seite 31/32.
  42. Bernhard Echte (Hrsg.): Friedrich Glauser – Briefe 2. Arche, Zürich 1995, ISBN 3-7160-2076-1, S. 712.
  43. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 55.
  44. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 143.
  45. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 106.
  46. Friedrich Glauser: Matto regiert. Limmat Verlag, Zürich 1995, ISBN3-85791-242-1, S. 196/197.
  47. Bernhard Echte (Hrsg.): Friedrich Glauser – Briefe 2. Arche, Zürich 1988, ISBN 3-7160-2076-1, S. 196.
  48. Martina Wernli: Schreiben am Rand – «Die Bernische kantonale Irrenanstalt Waldau» und ihre Narrative (1895-1936). Transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2878-4, S. 373.
  49. Friedrich Glauser: Das erzählerische Werk, Band 4: Gesprungenes Glas. Limmat Verlag, Zürich 1993, ISBN 3-85791-206-5, S. 237.
  50. Max Müller: Erinnerungen. Erlebte Psychiatriegeschichte, 1920 - 1960 Springer Verlag, Berlin 1982, ISBN 3540112936
  51. Martina Wernli: Schreiben am Rand – «Die Bernische kantonale Irrenanstalt Waldau» und ihre Narrative (1895-1936). Transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2878-4, S. 376.
  52. Ich will nicht etwas sein sondern etwas bewirken - Über Friedrich Glauser und Politik. In: Berner Zeitung. 10. Oktober 2014.
  53. Interview mit Alex Capus. In: Schweizer Illustrierte. 1. April 2011.
  54. DVD-Bonusmaterial Matto regiert von Leopold Lindberg. Preasens-Film
  55. Gerhard Saner: Friedrich Glauser – Eine Werkgeschichte. Suhrkamp Verlag, Zürich 1981, ISBN 3-2880-4130-3, S.149.
  56. DVD-Bonusmaterial Matto regiert von Leopold Lindberg. Preasens-Film
  57. Mein Film - Illustrierte Film- und Kinorundschau, Nr. 14, 2. April 1948