Klassizismus ist in der Kunstgeschichte ein Name für eine Stilepoche, in der die Nachahmung des klassischen Altertums (vorrangig die griechische Antike, der griechische Tempelbau) zum Programm erhoben wird.
Die Abgrenzung dieser Epoche ist nicht einfach. So bezeichnet man beispielsweise die Baukunst Palladios (1508 bis 1580) als Klassizismus, ebenso die Kunst Frankreichs, Hollands und Englands im 17. Jahrhundert. Tatsächlich gibt es seit der Renaissance (die ja selbst eine Interpretation der antiken Kunst darstellt) eine klassizistische Unterströmung, die auch in der Zeit des Barock immer wirksam bleibt (Barock-Klassizismus), wofür die Bildhauerei Donners und seiner Nachfolger ein gutes Beispiel bietet. Besonders in England und Frankreich ist ein klassizistischer Grundgeschmack (Goût classique) das ganze 17. und 18. Jahrhundert über hegemonial.
Hauptsächlich aber wird als 'Klassizismus' eine Epoche der gesamten Kunstgeschichte im späten 18. Jahrhundert und frühen 19. Jahrhundert (etwa zwischen 1770 und 1830) bezeichnet, die die (vor allem griechische) Klassik zu erneuern versuchte. Als ihr geistiger Begründer gilt Johann Joachim Winckelmann. In Frankreich heißt diese Epoche Empire-Stil. Diese Bezeichnung bezieht sich auf die Person Kaiser Napoleon I.
Der Begriff Klassizismus ist nicht zu verwechseln mit dem Begriff Klassismus.

Charakteristik
Gegenüber dem vorangegangenen Rokoko zeichnet sich der Klassizismus durch eine Rückkehr zu geradlinigen Formen mit einer stärkeren Anlehnung an klassisch-antike Formen aus.
In der Malerei lösen sich die Künstler von dem meist allegorischen Programm der Barockzeit und malen Szenen aus der griechischen und römischen Antike, die oft einen "patriotischen" Hintersinn haben. Wichtig sind Gesten, Gebärden und die Komposition der Figuren in der Gruppe, was der Malerei einen theatralischen Zug verleiht. Die Konturen werden klarer und die pastose Farbgebung verschwindet zugunsten eines flächigen Farbauftrages mit klar abgegrenzten Farben. Manche Kunsttheoretiker sehen daher im Klassizismus eine Art "Zäsur" zwischen Rokoko und Impressionismus.
Stilphasen
Im späten 18. Jahrhundert galt der Klassizismus mit fast puritanischen Willen zur Vereinfachung als Gegenmodell zur barocken "Verschwendungssucht", die mit dem Feudalismus assoziiert wurde.
Den Übergang bildet der Zopfstil, in dem die spätbarocken Formen noch andeutungsweise weiterleben. Benannt ist er nach dem Zopf, in dem die barocke Blumengirlande zu einem dünnen Band reduziert wird.
Ab den 1790er Jahren galt der Klassizismus als der "Stil der Revolution", vor allem in der Architektur, wo wuchtige Formen bevorzugt werden. In Österreich fällt dies mit der Regierungszeit Josephs II. zusammen, der auch neue Bauaufgaben initiiert (Kirchen für neue Pfarrsprengel, Krankenhäuser, öffentliche Schulen und Parks). Mit der Vereinnahmung der Revolution durch Napoléon Bonaparte kommt es dann zum dekorativeren Empirestil, der sich mit dem Kaiser über ganz Westeuropa ausbreitet. Auch Jacques-Louis David, der Begründer des Klassizismus in der Malerei wird zum Anhänger der Revolution und dann Napoleons, für den er eine Art Hofmaler wird.
Die Architektur und Malerei des Biedermeier stellt demgegenüber eine weitere Wendung ins Dekorative dar, die gleichwohl keine grundsätzliche ästhetische Abwendung bedeutet. In der Malerei hält sich diese Ästhetik bis in die 1870er Jahre, in der Architektur wird sie schon in der ersten Jahrhunderthälfte durch alternative Bauformen, am frühesten von der Neugotik in Frage gestellt. Gesellschaftlich werden die neuen Bauformen mit dem aufstrebenden Bürgertum und seiner Wünsche nach Repräsentation assoziiert. Paul Sprenger, ein wichtiger Repräsentant der klassizistischen Architektur in Österreich wurde geradezu als "Metternich der Architektur" bezeichnet.
Die Abgrenzung zum nachfolgenden Historismus ist weder chronologisch noch stilistisch ganz einfach. Einerseits ist der Klassizismus selbst ein "historisierender" Stil, der sich an die Antike und ihrer Interpretation in der Renaissance anlehnt. Andererseits teilt der Historismus zum Teil dasselbe Formenrepertoire, besonders deutlich in der Neorenaissance. Dazu kommt noch, dass der späte Klassizismus durchaus eine Vorliebe für bestimmte Dekorationsformen, etwa aus der byzantinischen oder arabischen Kunst, zeigt. Der Grundzug des Historismus ist dann auch nicht so sehr die "Ablösung" vom Klassizismus, sondern sein Einfügen in einen pluralistischen Kanon von Stilen. Der schlagendste Unterschied ist die weitaus größere Opulenz und Dekorfreudigkeit der historistischen Bauten und Ausstattungen, die dem in der Gründerzeit reichgewordenen Bürgertum eher zusagte als der spartanische Stil der ersten Jahrhunderthälfte.
Als Übergangsbauwerk zwischen Klassizismus und Historismus in Österreich gilt die Altlerchenfelder Pfarrkirche, bei deren Bau eine Debatte über den "richtigen Stil" geführt wurde, was schon die Geisteshaltung des Historismus ankündigt.
Die Schlichtheit der klassizistischen Formen machte diesen Stil im beginnenden, aber noch mehr in der Mitte des 20. Jahrhunderts wieder attraktiv. Adolf Loos fühlte sich weniger als Revolutionär denn als Fortsetzer Kornhäusels. Vor allem zwischen 1930 und 1960 lehnte sich die Architektur teilweise wieder an klassizistische Formen an, man spricht hier von Neoklassizismus.
Bekannte Vertreter des Klassizismus
Baugeschichte
- Isidor Marcellus Amandus Canevale, französisch-österreichischer Baumeister
- Antoni Corazzi, der z. B. die Staatsoper in Warschau, das größte klassizistische Theater der Welt von 1825-1833 erbaute
- Carl Ludwig Engel, deutschstämmiger Baumeister, der das Stadtzentrum von Helsinki gestaltete
- Christian Frederik Hansen, dänischer Staatsbaumeister
- Jan Chrystian Kamsetzer, polnischer Baumeister, der insbesonders in Warschau tätig war
- Leo von Klenze, deutscher Baumeister
- Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, Baumeister in Preußen
- Joseph Kornhäusel, österreichischer Baumeister
- Carl Gotthard Langhans, preußischer Baumeister
- Dominik Merlini, italienisch-polnischer Baumeister, der in Polen, insbesondere Warschau, tätig war
- Matteo Pertsch, deutsch-italienischer Architekt, insbesondere in Triest tätig
- Giovanni Battista Piranesi, italienischer Baumeister
- Carlo Rossi, italienisch-russischer Baumeister; prägte das Stadtbild St. Petersburgs
- Nicolas Alexandre Salins de Montfort, französischer Baumeister, Schöpfer des Rohan-Schlosses in Zabern und zahlreicher Bauten in Frankfurt am Main
- Karl Friedrich Schinkel, der in Berlin und Preußen viele Baudenkmäler schuf
- Paul Wilhelm Eduard Sprenger, Baumeister und Schüler von Schinkel
- Adolf von Vagedes, preußischer Regierungsrat, Baumeister und Schüler von Schinkel
- Friedrich Weinbrenner, der z. B. der Stadt Karlsruhe ihr heutiges Bild verlieh
- Georg Moller, der in Darmstadt und im südlichen Hessen wirkte
- Robert Adam, schottisch-englischer Baumeister
Malerei
- Adele Canterbury, englische Malerin
- Johann Asmus Carstens, deutscher Maler
- Jacques-Louis David, französischer Maler
- Heinrich Füger, deutsch-österreichischer Maler
- Gavin Hamilton, schottischer Maler
- Angelika Kauffmann, deutsche Malerin
- Joseph Anton Koch, österreichischer Maler
- Anton Raphael Mengs, deutscher Maler
- Jean Auguste Dominique Ingre, französischer Maler
Bildhauerei
- Antonio Canova, italienischer Bildhauer
- Johann Heinrich Dannecker, deutscher Bildhauer
- Jean-Antoine Houdon, französischer Bildhauer
- Franz Xaver Messerschmidt, deutscher Bildhauer
- Christian Daniel Rauch, deutscher Bildhauer
- Johann Gottfried Schadow, deutscher Bildhauer
- Bertel Thorvaldsen, dänischer Bildhauer