Äußerungsdelikt
Als Äußerungsdelikte, auch Inhaltsdelikte werden im deutschen Straf- und Zivilrecht sämtliche Tatbestände bezeichnet, welche die Verbreitung für sich rechtswidriger Äußerungen sanktionieren. Die Zusammenfassung mehrerer Tatbestände als Äußerungsdelikte schließt an die Besonderheit der Herabsetzung einer Person durch Sprache oder Zeichen als Mittel der Kommunikation an.[1][2]
Strafrecht
Die einzelnen Strfatatbestände sind nicht in einem eigenen Abschnitt des Strafgesetzbuchs zusammengefasst. Ihr Spektrum reicht vielmehr von Beleidigungen über die Veröffentlichung extremistischen Gedankenguts wie beispielsweise durch Volksverhetzung bis hin zum Austausch kinderpornographischer Bild- und Videodateien in Tauschbörsen oder geschlossenen IT-Benutzersystemen.
Meist muss die entsprechende Äußerung öffentlich und/oder durch Verbreiten von Schriften im Sinne des § 11 Abs. 3 StGB geschehen, um den Straftatbestand zu erfüllen.
Volksverhetzung
In den Tatvarianten des § 130 Abs. 1 und Abs. 3 StGB muss die jeweilige Äußerung geeignet sein, "den öffentlichen Frieden zu stören".[3][4] Im Fall des § 130 Abs. 4 StGB muss eine solche Störung tatsächlich eingetreten sein. Dogmatisch gehört § 130 Abs. 4 StGB damit nicht zu den Gefährdungs-, sondern zu den Erfolgsdelikten.[5] Bestimmte Äußerungen können im Einzelfall durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sein (Art. 5 Abs. 2 GG).[6]
Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
Hier steht eine öffentliche Verwendung der Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter Strafe.[7]
§ 86a Abs. 3 StGB gewährt eine Ausnahmeregelung für Zwecke der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst, der Wissenschaft, Forschung oder Lehre[8][9] sowie der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte.
Zivilrecht
Das deutsche Deliktsrecht schützt das persönliche[10] und geschäftliche[11] Ansehen des einzelnen vor einer Beeinträchtigung durch herabsetzende verbale Äußerungen und Bildveröffentlichungen Dritter.
Literatur
- Andreas Stegbauer: Rechtsprechungsübersicht zu den Propaganda- und Äußerungsdelikten, NStZ 2012, 79
- Matthias Cornils: Der Begehungsort von Äußerungsdelikten im Internet, JZ 1999, 394
- Martin Löhnig: Verbotene Schriften im Internet, JR 1997, 496
- Robert Stockhammer: Äußerungsdelikte. Zur Frage der juristischen Gleichstellung von Genozidleugnungen, Zeitschrift für Genozidforschung, vol. 7, 2, 2006
Weblinks
- Kultur, Religion, Strafrecht – Neue Herausforderungen in einer pluralistischen Gesellschaft 70. Deutscher Juristentag, Hannover 2014
- Jan Fluschnik: Delikt und Äußerungsdelikt - Die zivilrechtliche Haftungsstruktur aus Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld, Univ.-Diss., Greifswald 2015
Einzelnachweise
- ↑ Eric Hilgendorf: Computer- und Internetstrafrecht. Ein Grundriss, Springer-Lehrbuch, 2012, S. 79-222. ISBN 978-3-642-16885-7
- ↑ Erwin Deutsch, Hans-Jürgen Ahrens: Deliktsrecht. Unerlaubte Handlungen, Schadensersatz, Schmerzensgeld 6. Aufl., München 2014, § 19 Äußerungsdelikte (Leseprobe)
- ↑ BGH, Urteil vom 12. Dezember 2000 - 1 StR 184/00 "Auschwitzlüge" im Internet
- ↑ Thomas J. Primig: Das „Holocaust-Urteil“ des deutschen BGH, in: Internationales Strafrecht und das Internet. Probleme in der Anwendung nationalen Strafrechts auf Kriminalität in grenzüberschreitenden Datennetzen, (ohne Jahr), S. 7 ff.
- ↑ BVerfG, Beschluss vom 16. April 2005 - 1 BvR 808/05 Rz. 16
- ↑ BVerfGE 90, 241; BVerfG - Kammer - Beschluß vom 6. September 2000 - 1 BvR 1056/95
- ↑ Christoph Safferling: Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen. BGH, Beschluss vom 14. April 2015 − 3 StR 602/14
- ↑ BGHSt 46, 36
- ↑ BVerfG - Kammer - Beschluß vom 30. November 1988 - 1 BvR 900/88 -; BVerwG NVwZ 1988, 933
- ↑ BGHZ 37, 187
- ↑ BGH JZ 1966, 28