Westfälische Mühlenstraße
Die Westfälische Mühlenstraße ist eine Bezeichnung für ein Tourismuskonzept im Kreis Minden-Lübbecke, das 42 restaurierte Mühlen zu einer erfahrbaren Route verbindet.
Ende der 1960er Jahre erkannte man um den Kreisheimatpfleger Wilhelm Brehpohl die Bedeutung der im Kreis vorhandenen Mühlenreste. Mit wenigen Getreuen machte er sich an die Erhaltung und Restaurierung der Mühlen und legte damit einen Grundstein für die Renaissance der Mühlen in den westlichen Bundesländern. Durch die frühe Entscheidung zum Erhalt der historischen Maschinen wurde der Mühlenkreis der Vorreiter im Erhaltungsprogramm der Wind- und Wassermühlen in Norddeutschland. Bald wurde dieses Vorhaben auch finanziell durch den Kreis und das Land NRW unterstützt, Förderprogramme der EG und später der EU kamen hinzu. Heute hat der Kreis hat mit seinem Mühlenerhaltungsprogramm bisher 42 – teilweise als Ruinen erhaltene Mühlen – restauriert. Darunter eine sonst nirgendwo erreichte Vielfalt von (Windmühlen, Wassermühlen, Rossmühlen und eine rekonstruierte Schiffmühle auf der Weser), die zu einem einzigartigen Freilichtmuseum arrangiert werden.
Viele dieser Mühlen an der Westfälischen Mühlenstraße, die von lokalen Mühlenvereinen unter Federführung des Mühlenbauhofs Petershagen betreut werden, sind betriebsbereit und können an Tagen der offenen Tür, dem Deutschen Mühlentag (jeweils am Pfingstmontag) besichtigt werden. Weiterhin gibt es Mahl- und Backtage an jedem Wochenende in der Sommersaison, so dass jedes Wochenende eine andere Mühle zur Besichtigung bereit steht und zu einem besonderen Geschmackserlebnis einladen.
Jedes Jahr findet im August der Kreismühlentag statt, an dem fast alle Mühlen mit Führungen und touristischem Programm beteiligt sind.
Mitte der 1980er Jahre wurde dann die Westfälische Mühlenstraße erfolgreich in ein Tourismuskonzept des Kreises Minden-Lübbecke eingebunden. Erschaffen wurde gleichzeitig die Mühlenroute, die als Fernradweg die Mühlen erschließt. Die Übernachtungen stiegen, der Kreis wurde fest mit dem Begriff der Mühlen verbunden. Konsequenterweise trat der Kreis Minden-Lübbecke ab den 1990er Jahren in der Öffentlichkeit als Mühlenkreis auf und vermarktet auch landwirtschaftliche Produkte unter diesem Logo.
Der Mühlenkreis beherbergt im Mühlenbauhof in Petershagen weiterhin die Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung (DGM) e.V.
2006 findet die Jahrestagung der DGM an der Westfälischen Mühlenstraße statt.
Mühlen der Westfälischen Mühlenstraße
Im folgenden werden die Mühlen der Westfälischen Mühlenstraße im einzelnen vorgestellt. Zuvor eine kurze technische Einführung, genaueres unter Windmühle
Bockwindmühlen
Bockwindmühlen bestehen aus einem Gebäude das wie ein Kästen wirkt, das auf einem Bock aufgestellt sind. Die Drehebene ist demnach unter dem Kasten, alle Maschinen sind im Kasten untergebracht und müssen demnach mitgedreht werden. Daher können solche solche Mühlen nur eine begrenzte Anzahl von Maschinen aufnehmen.
Zur Westfälische Mühlenstraße gehören folgende Bockwindmühlen:
Bockwindmühle Neuenknick
Die Bockwindmühle Neuenknick wurde 1747 in Warmsen aufgebaut. Sie ist in ihrer ursprünglichen Bauart erhalten geblieben. Anfang 1899 wurde die Mühle für 600 Taler verkauft, zerlegt und auf Wagen nach Neuenknick gebracht. Neben einem großen Schrotgang wurden zwei weitere kleinere Mahlgänge eingerichtet, die durch einen Rohölmotor oder Wind betrieben werden konnten. Die Mühle wurde nach einem Schaden zeitweise nur mit zwei Flügeln betrieben. Die Mahlgänge sind Anfang der 1980er Jahre ausgebaut worden.
- Bockwindmühle Oppenwehe
- Bockwindmühle Wehe
Holländerwindmühlen
Bei Holländerwindmühlen ist die Drehebene unter die Haube nach oben gewandert, das Gehäuse ist ein feststehendes Gebäude und kann viel mehr Maschinerie als die Bockwindmühle aufnehmen und höher in den Wind gebaut werden (bessere Energieausnutzung)
Zur Westfälischen Mühlenstraße gehören folgende Holländerwindmühlen:
- Windmühle Bierde
- Windmühle Büschings Mühle Petershagen
- Windmühle Destel
- Windmühle Dützen
Windmühle Eickhorst
Der Wall-Holländer wurde 1848 erbaut. Der konische Mühlenturm wurde aus Bruchsteinen gemauert. An der Wetterseite wurde er verputzt. Der Mühlenturm ist von einem Erwall umgeben. Dieser Wall wurde ebenfalls aus Bruchsteinen ummauert.
Windmühle Eilhausen, Königsmühle
Der Galerie-Holländer wurde 1748 erbaut und hat einen aus Sandsteinen gemauerten runden Mühlenturm. Die Mühle hat eine funktionierende Windrosenanlage und windgängige Flügel. Neben der Mühle befinden sich ein Fachwerkgebäude und ein offener Schuppen für die Gästebetreuung.
Windmühle Eisbergen
Der Erd-Holländer wurde um 1855 errichtet und 1989/92 an den jetzigen Standort am Rande von Eisbergen umgesetzt. Die untere Hälfte der Mühle wurde aus Bruchsteinen und die obere Hälfte aus sorgfältig bearbeiteten Sandsteinen gemauert. Der Mühlenturm ist nur leicht konisch und trägt wieder eine Windrosenanlage und Jalousie-Flügel.
Windmühle Großenheerse
Der 8-eckige Mühlenturm, aus Backsteinen gemauert und voll verputzt, des Wall-Holländers von 1863 mit seinen bis unter die Mühlenhaube reichenden Ecklisenen eine einmalige Bauform im Bereich der Westfälischen Mühlenstraße. Die Segelflügel und der Stert sind nie modernisiert worden. In den 1990er Jahren gab es ein Konzept, diese Mühle als technische Ausbildungsmühle für die anderen Mühlen zu definieren, um in Schulungen dem örtlichen, meist ehrenamtlich arbeitenenden Personal das Handwerk des Windmüllern beizubringen. Leider ist das Konzept nicht umgesetzt worden.
- Windmühle Hartum
- Windmühle Heimsen
- Windmühle Hille, Auf der Höchte
- Windmühle Holzhausen a.d.Porta
- Windmühle Levern, Kolthoffsche Mühle
Windmühle Meißen
Der Wall-Holländer stammt von 1869 und ist nach der Restaurierung mit Segelgatterflügeln und einer Windrose ausgestattet. Seit den 1930er Jahren wurde die Mühle mit einem Motor angetrieben, desshalb wurden wurde die Windanlage nach einem Sturmschaden 1941 komplett abgebaut und erst mit der Aufnahme in das Mühlenprogramm des Kreises wieder angebaut. Die Technik ist bis auf einem elektrisch angetriebenen Steinschrotgang nicht mehr vorhanden, die Mühle hat einen stählerne Flügelwelle und ein Rollenlager als Halslager, das ansonsten selten im Denkmalschutz eingesetzt wird.
Windmühle Meßlingen
Die Mühle wurde etwa im Jahre 1843 errichtet. Es handelt sich um einen achteckigen Galerie-Holländer aus Holzfachwerk auf massivem Backsteinunterbau. Die Haube wird durch eine ander Westfälischen Mühlenstraße einmalige doppelte Windrose in den Wind gedreht. An gleicher Stelle hat eine 1766 von der Preußischen Regierung genehmigte Bockwindmühle gestanden. Die Windmühle Meßlingen war eine der ersten Mühlen im Kreisgebiet, die vor dem Abriss gerettet und restauriert wurden. An der technischen Einrichtung wird weiter restauriert, die Mühle ist nur bedingt funktionsfähig.
- Windmühle Nordhemmern, Greftmühle
Windmühle Petershagen, Pottmühle
Die Pottmühle ist der jüngste Galerie-Holländerwindmühle im Kreis Minden-Lübbecke. Der 18 m hohe, leicht konische Bruchsteinturm wurde 1938 errichtet. Bereits im Jahre 1745 wurde an diesem Standort eine Königsmühle erbaut. Der Name Pottmühle soll entstanden sein, weil der Turm mit der aufgesetzten Kappe wie eine Kaffeekanne aussieht. Die Mühle war technisch gut ausgerüstet: Zwei Schrotgänge, einen Mahlgang, einen Walzenstuhl mit zweigängigen Plansichter und eine Reinigung fürs Getreide konnten sowohl mit Wind als auch mit Motor angetrieben werden. Doch leider wurde die Mühle leergeräumt und als Lager benutzt.
- Windmühle Rodenbeck
- Windmühle Seelenfeld, Königsmühle
Windmühle Stemmer
Der Wall-Holländer von 1860 hat einen an der Wetterseite verputzten konischen Ziegelsteinturm. 1997 erhielt er wieder windgängige Jalousieflügel. Ein unverwechselbares Aussehen geben der Mühle die in den Farben des Dorfes weiß-grün-gelb gestrichenen Windrosenblätter. Die Mühle wird als Lager genutzt und ist nur bedingt funktionsfähig.
- Windmühle Struckhof, Hüllhorst
- Windmühle Südhemmern
Windmühle Todtenhausen, Großenheider Königsmühle
Die Großenheider Königsmühle in Todtenhausen ist ein um 1731 gebauter Wall-Holländer mit einem leicht konischen Bruchsteinturm und einem kleinen Erdwall. 1972 erhielt die Mühle wieder Flügel. Diese Flügel sind den letzten Jalousieflügeln nachgebildet. Die Windrosenanlage wurde 1985 durch den ursprünglichen Stert ersetzt.
Windmühle Todtenhausen, Valentinsmühle
Die Valentinmühle in Todtenhausen ist ein um 1858 erbauter Erd-Holländer, der mit seinem konischen, an der Wetterseite verputzten Backsteinturm seit der Restaurierung 1991 wieder eine Mühlenhaube mit windgängigen Segelgatterflügeln und einer Windrosenanlage hat. Mühle ist funktionsfähig wird aber selten in Betrieb gesetzt. In der Weihnachtszeit strahlt die Mühle, erleuchtet durch Hunderte von Birnen, weit über das Wesertal.
- Windmühle Tonnenheide
Windmühle Veltheim
Die Windmühle wurde 1903 als Ersatz für einen 1870 errichteten Erd-Holländer gebaut. Der jetzige Wall-Holländer hat einen verputzten konischen Ziegelsteinturm. Von der 1870 errichteten Mühle ist bekannt, dass die Flügel so tief hingen, dass der 12jährige Sohn des Müllers von ihnen beim Drehen tödlich verletzt wurde; wegen eines Blitzschlages mußte diese Mühle abgerissen werden.
Windmühle Wegholm
Als Ersatz für eine in schlechtem Bauzustand befindliche Hofmahlmühle wurde 1861 der Wall-Holländer mit seinem verputzten konischen Mühlenturm errichtet. 1899 wurde der ursprüngliche Stert durch eine Windrosenanlage ersetzt.
Wassermühlen
Wassermühlen befinden sich überall da, wo genug Gefälle für ein Bach besteht, um ihn Energie zu entnehmen. Das ist entlang der Westfälischen Mühlenstraße meist an den Wiehen- und Wesergebirge und dem bergigen Ravensberger Land der Fall.
Zur Westfälischen Mühlenstraße gehören folgende Wassermühlen:
- Guts-Wassermühle Hudenbeck
- Wassermühle am Osterbach, Bad Oeynhausen
- Wassermühle Bergkirchen, Schönen Mühle
- Wassermühle Döhren, Plaggen Mühle
- Wassermühle Eilhausen
- Wassermühle Fiestel, Ellerburger Mühle
- Wassermühle Hüllhorst
- Wassermühle Kleinenbremen, Hartings Mühle
- Wassermühle Volmerdingsen
Kombinierte Wind- und Wassermühle
Als Besonderheit in der Westfälischen Mühlenstraße gibt es die kombinierte Wind- und Wassermühle in Lahde. Dort kann die nötige Energie sowohl mit den Flügeln der Windmühle aus dem Wind als auch mit einer Turbine aus dem Wasser gewonnen werden. Von diesem Typ gibt es nur noch eine weitere funktionierende Mühle in Deutschland.
- Wind- und Wassermühle Lahde, Klostermühle
Schiffmühlen
- Schiffmühle Minden
Die nachgebaute Schiffmühle wurde 1998 in Betrieb genommen und ist von zwei Bootsrümpfen getragen. Sie wird von einem unterschlächtigen zehnarmigen Schaufelrad, mit einem Durchmesser und einer Breite von je 5 Metern, angetrieben. Sie repräsentiert damit neben einer Handvoll anderer funktionierender Schiffsmühlen in Europa eine längst vergangene Handwerkstradition.
Rossmühlen
Rossmühlen oder Göpelmühlen sind von Tieren angetriebene Mühlen, meist sind sie in einer großen Scheune untergebracht.
In der Westfälischen Mühlenstraße befinden sich folgende Rossmühlen:
- Rossmühle Oberbauerschaft
- Rossmühle Rahden
Bildergalerie
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Windmühle in Eisbergen
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Holländerwindmühle Struckhof
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Schiffmühle Minden
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Schiffmühle
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Windmühle Großenheerse
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Großenheider Königsmühle Todtenhausen
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Valentinsmühle Todtenhausen
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Windmühle Stemmer
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Windmühle Veltheim
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Windmühle Wegholm
Siehe auch
Weblinks
- Mühlenkreis Minden-Lübbecke[1]
Literatur
Mühlenverein im Kreis Minden Lübbecke e.V.,Wolfgang Kuhlmann, Die Westfälische Mühlenstraße, Minden 2000, ISBN 3-9806058-3-3.