Konstanzer Münster
Das Münster Unserer Lieben Frau in Konstanz am Bodensee ist eine dreischiffige Säulenbasilika mit kreuzförmigem Grundriss, die 1089 geweiht wurde. Patrone sind Maria und die Heiligen Pelagius und Konrad. Die Kirche geht auf die Anfangszeit des Bistums Konstanz zurück und wird 780 erstmals urkundlich erwähnt. In ihrem Baukörper ist sie weitgehend romanisch (11./12. Jh.), wobei spätere Ergänzungen (14.-16. Jh.) und insbesondere die erst im 19. Jh. hinzugefügte Turmspitze die Architektur im Stil der Gotik überformen. Die Ausstattung ist seit dem Bildersturm der Reformationszeit weitgehend barock, klassizistisch und neugotisch. Das Münster war Kathedrale der Bischöfe von Konstanz und von 1414-1418 Sitzungssaal des Konstanzer Konzils. Seit der Aufhebung des Bistums 1821 dient es als katholische Pfarrkirche (seit 1955 Basilica minor) und prägt als höchstes Gebäude der historischen Altstadt mit seinem markanten Umriss bis heute das Stadtbild.


Geschichte
Vorgängerbauten
Der Hügel, auf dem das Münster errichtet wurde, ist die höchste Erhebung im heutigen Konstanzer Stadtgebiet südlich des Rheins. Die Kelten siedelten hier bereits um 120 v. Chr. Archäologische Funde aus dem Jahr 2003 belegen, dass auf diesem Hügel zu Beginn des 1. Jh. n. Chr. eine römische Befestigungsanlage stand, von der aus sich das Voralpenland und die Gegend um die Rheinmündung wohl gut überblicken ließ. Die Römer erschlossen den Ort auch durch Verkehrsstraßen, ließ sich doch an dieser Flussmündung der Bodensee leicht überqueren. Man nimmt an, dass eine römische Siedlung hier bis zum völligen Rückzug der Römer um das Jahr 400 Bestand hatte.
Auf diesem Hügel errichtete das Bistum Konstanz, um 585/590 gegründet, seine erste Bischofskirche, die der Jungfrau Maria geweiht war. Sie wird 780 erstmals urkundlich erwähnt; eine Vita des Hl. Gallus datiert den Bau (unzuverlässig) zurück auf das Jahr 615. In der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts entstand vermutlich ein karolingischer Neubau. Es kann sich dabei um eine dreischiffige Basilika ohne Querschiff mit dreizelligem Chor und geradem Chorabschluss gehandelt haben.Vorlage:Ref Um 900 wurde die Krypta ausgehoben, vermutlich für die Gebeine des Katakombenheiligen Pelagius, mit dem Münster und Bistum einen zweiten Schutzpatron erhielten. (Pelagiuskirchen finden sich heute noch in der gesamten ehemaligen Diözese.) Zur gleichen Zeit ließ vermutlich Bischof Salomo III. (Amtszeit 890-919) die Pfalz anlegen, die den Bischöfen sowie den reisenden Königen als Wohnung diente.
Der wirkmächtige Bischof Konrad von Konstanz (934-975) plante, die Konstanzer Kirchen dem Modell der römischen Patriarchalbasiliken anzugleichen. Um die Bischofskirche entstand ein Kranz von Pfarrkirchen: St. Johann in der Niederburg, St. Lorenz, St. Paul vor den Mauern und der Kirche der Abtei Petershausen, die unter seinem Nachfolger Gebhard (979-995) gegründet wurde. Das Bistum Konstanz war Teil der Kirchenprovinz Mainz, deren Erzbischöfe im frühen Mittelalter die deutschen Könige krönten. Konrad ließ auch die Mauritiuskapelle nordöstlich des Chors errichten, die dem ottonischen Reichsheiligen Mauritius geweiht war. Die Kirchenbauten in Konstanz sollten somit die politische Bedeutung des Bistums, die Treue zu den herrschenden Liudolfingern und die Verbundenheit mit der Idee des Römischen Reichs demonstrieren. Entsprechende Bedeutung trug die Bischofskirche auch als Hauptsitz der flächenmäßig größten Diözese des Römischen Reichs und als Zentrum der geistlichen Landschaft am Bodensee, das in ständiger Verbindung mit St. Gallen und dem Kloster Reichenau stand. (1123 wurde Konrad schließlich selbst heiliggesprochen und zum zweiten Schutzpatron des Münsters und des Bistums ernannt.)
Einsturz und Neubau ab 1054
Aus der Zeit um 1000 stammen die heute ältesten oberirdischen Bauzeugnisse. Der Ostteil des karolingischen Münsters wurde unter Bischof Lambert (995?-1018) erneuert. Dabei wurden eine überhöhte Vierung und das Querhaus ergänzt und das Münster zur Kreuzform erweitert, wobei die Querarme nach dem Geschmack der Ottonik etwa um die Hälfte niedriger waren als das Langhaus.
Das Langhaus der karolingischen Basilika stürzte im Jahr 1052 aus unbekannter Ursache ein – möglicherweise durch ein Erdbeben. (Dokumentiert ist dieses Ereignis allein in der zeitgenössischen Chronik Hermanns des Lahmen.) Ab 1054 entstand unter den Bischöfen Rumold (1051-1069) und Otto I. (1071-1080) ein neues, wiederum dreischiffiges Langhaus. Das neue Langhaus im Stil der Romanik, orientierte sich an den Kathedralen der Salier wie dem Speyerer Dom. Der wenig beschädigte Ostteil der Kirche wurde direkt in den Neubau übernommen. Die Querhausarme wurden von 10 m auf 18 m erhöht, so dass sie nicht mehr niedriger als das Langschiff waren, sondern von gleicher Firsthöhe. Der Bau ging schleppend voran, da die Konstanzer Bischöfe in den Zeit und Energie raubenden Investiturstreit verwickelt waren. Im Jahr 1089 schließlich weihte Bischof Gebhard III. von Zähringen (1084-1110) die Kathedralkirche. Zwischen 1154 und 1236 wurden noch einmal die Mauerkronen erhöht und ein neuer Dachstuhl sowie eine flache, bemalte Bretterdecke eingezogen.
Der Kathedralhügel im Mittelalter
Bereits im frühen Mittelalter war der Kathedralhügel der Stadt Konstanz das Zentrum eines weit über die Region hinausreichenden geistlichen Lebens, während die bürgerliche Siedlung kaum größer als ein Dorf gewesen sein kann. Gut ein Dutzend Klöster siedelten sich im nächsten Umfeld des Bischofssitzes an. Zudem war die Bischofsstadt Verwaltungssitz des weltlichen Herrschaftsgebiets (Hochstift Konstanz), von dem sich die Stadt jedoch im 13. Jahrhundert weitgehend unabhängig machte. 1237 wurde Konstanz zur Freie Reichsstadt erhoben; 1308 wählte die Stadt erstmals einen eigenen Bürgermeister – ein starker Ausdruck der Unabhängigkeit gegenüber dem Kirchenfürsten. Die Macht der Bischöfe dagegen zerfiel gegenüber der Stadt wie auch im Reich. Interne Querelen erschütterten das Bistum, wenn etwa mehrmals, wie nach dem Tod Bischof Heinrichs von Klingenberg, zwei gewählte Bischöfe miteinander um das Amt konkurrierten. Von etwa 1320 bis zur Zeit des Konzils gingen die Bauarbeiten am Münster daher nur schleppend voran.
Der Münsterhügel war seit dem 10. Jh. mit einer Mauerumrundung wehrhaft befestigt und zu einer kleinen, repräsentativen Residenz ausgebaut. Südlich des Münsters lag die „geistliche Stadt“ mit der Bischofspfalz, der Pfalzkapelle St. Peter, der Vogtei und dem Gericht des Hochstifts Konstanz. (Diese Gebäude gingen weitgehend im frühen 19. Jh. verloren.) Der Platz vor der Kirche diente als Friedhof des Münsterbezirks. Über den Münstervorplatz verlief auch die Hauptverkehrsader der Stadt in Nord-Süd-Richtung – zwischen der um 1200 errichteten Rheinbrücke und der südlich des Dombezirks allmählich entstehenden Bürgerstadt mit dem Marktplatz bei der Pfarrkirche St. Stephan. Diese sollte auch die „Bürgerkirche“ bleiben, denn das Münster war, besonders an Hochfesten, nur für Kleriker, Prälaten und Adlige zugänglich. Der obere und untere Münsterhof unterlagen auch im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit noch der Rechtsprechung des Bischofs, selbst als die Stadt längst von einem Rat der Bürger regiert wurde.
Nördlich des Münsters befanden sich der Sitzungssaal des Domkapitels, die Bibliothek und Wirtschaftsräume und der sogenannte „Stauf“ (1824 abgebrannt), der als Schankstube und Lagerhaus diente. Beim Münster lebten und arbeiteten die rund 20 Kanoniker, die Kapläne, der Dompropst und weitere Kleriker. Es existierte auch eine Domschule, die den Nachwuchs ausbildete. Im frühen Mittelalter bildeten die Domkleriker eine klosterähnliche Gemeinschaft, die auf engem Raum zusammenlebte und täglich Messen und Gebete gemeinsam vollzog. Im 12. Jh. löste sich das Gemeinschaftsleben der Domherren auf. Sie begannen eigene Häuser zu erwerben, die im Halbrund um den Münsterfriedhof und über den Stadtteil Niederburg verteilten, vermischt mit den Häusern der Zunftmitglieder und wohlhabender bürgerlicher Patrizier, die die Nähe zur geistlichen Oberschicht suchten.
Turmbau und Einzug der Gotik
Die kleine Siedlung, die im 11. Jh. an der Rheinmündung bestand, wurde von der mächtigen Kathedrale weithin überragt, obgleich sie in ihrer romanischen Form noch keine Türme besaß. Um 1100 begann man mit dem Bau der Doppelturmfassade. Von Beginn an waren wohl zwei Türme geplant, wofür viele Kirchenbauten in Europa Pate gestanden haben können: „Der Gedanke an Zwillingstürme lag im 11. Jahrhundert gleichsam in der Luft“. Vorlage:Ref Im Jahr 1128 stürzte der vollendete Nordturm, „ein schoen und costlich gloggenturm“ (Bistumschronik), bis auf die beiden unteren Stockwerke ein und musste wiederaufgebaut werden. Erst gut drei Jahrhunderte nach Baubeginn am Nordturm fand 1378 der Südturm seinen Abschluss mit dem vierten Stockwerk. Es folgten keine weiteren Versuche, die beiden Türme zu vollenden.
Ein weiterer Turm entstand über der Vierung, begonnen frühestens um 1200. Aufsteigend von deren Grundfläche mag er quadratisch oder – nach dem Vorbild des Speyerer Doms – im oberen Teil oktogonal gewesen sein. Am 15. September 1299 zerstörte jedoch ein Brand das „köstlich glockhuss vff dem Münster Crütz“ (den Vierungsturm) „vnd darin dry glocken vnd das Tach am Münster“, womit jedoch nicht das Münsterdach selbst gemeint sein kann, denn an dessen Dachstuhl lassen sich keine Brandschäden nachweisen.Vorlage:Ref Den Vierungsturm ersetzte ein einfacher Dachreiter, der bis heute mehrfach erneuert wurde.
Nachdem das Langschiff und die Altarräume ihre dauerhafte Gestalt erhalten hatten und der Turmbau nicht recht voranging, verlegten die nachfolgenden Bischöfe ihre Baumaßnahmen auf die Modernisierung des Münsters im Stil der Gotik, der im späten 13. Jh. in den Bodenseeraum vordrang. Bereits 1260 entstand das filigran gestaltete Heilige Grab in der Mauritiusrotunde. Rege Bautätigkeit im neuen Stil setzte um 1300 mit der Errichtung des Klostergevierts an der Nordseite des Münsters ein. Der Kreuzgang und die Erneuerungen an Konradi- und Mauritiuskapelle gehören zu den umfassenden Baumaßnahmen unter Bischof Heinrich II. von Klingenberg (1293-1306). Sie geschahen nach einem Reformbeschluss des Domkapitels von 1294, der die Unentschlossenheit und den Machtzerfall des Bistums beenden sollte. Insbesondere gegenüber der exemten Reichsabtei Salem, die im Rahmen ihrer wachsenden Größe und Bedeutung gerade einen Kirchenneubau begonnen hatte, demonstrierte man durch die Bauten wiedererwachtes Konkurrenzbewusstsein. Nach erneuten Streitigkeiten um den Bischofssitz und einer Doppelwahl 1306 fand der Kreuzgang jedoch erst 1320 seinen Abschluss, was sich im Stilbruch zwischen Süd- und neuerem Ostflügel niederschlug.
Das Münster als Konzilskirche
Von 1414 bis 1418 war der Bischofssitz Gastgeber des Konzils von Konstanz, dem größten mittelalterlichen Kongress nördlich der Alpen. Zeitweilig residierten in der Stadt der amtierende Papst Johannes XXIII., Kaiser Sigismund sowie zahlreiche Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe mit Tausenden von Bediensteten sowie Gelehrte, Theologen, Kaufleute, Handwerker – und nicht zuletzt auch Prostituierte – aus ganz Europa.
Die Kathedrale war der offizielle Sitzungsort für die 45 allgemeinen Konzilssitzungen und Generalkongregationen sowie für die großen liturgischen Feiern. (Eine zeitgenössische Darstellung aus der Konzilschronik des Ulrich Richental zeigt die für die Sitzungen eigens angefertigten tribünenartigen Holzbänke.) Rund 200 Predigten teils kirchenpolitischen Inhalts wurden im Laufe des Konzils im Münster gehalten. Der Kaiser las hier nach seiner Ankunft am Heiligabend 1414 die Weihnachtsmesse – mit Reichskrone auf dem Haupt und gezücktem Schwert, wie es seinem Selbstverständnis als Oberherrn des Konzils entsprach. Hier fiel auch am 6. Juli 1415 auf der 15. Gesamtsitzung nach erhitzter Debatte das Todesurteil über den tschechischen Reformtheologen Jan Hus.
Während die Wahl des neuen Papstes Martin V., die das Abendländische Schisma beendete, im städtischen Lagerhaus (heute Konzilsgebäude genannt) abgehalten wurde, fand seine Priesterweihe in der Kathedrale und seine Inthronisation am 21. November 1417 auf einer Tribüne auf dem Münstervorplatz statt. Eine Grabplatte vor den Stufen zum Hochchor, gefertigt von englischen Handwerkern, erinnert zudem noch heute an Erzbischof Robert Hallum von Salisbury, der 1417 während des Konzils verstarb und im Münster begraben wurde.
Spätgotische Bauten
Das Konzil brachte dem Bistum einen vorübergehenden wirtschaftlichen Aufschwung, so dass ab 1423 eine rege Bautätigkeit am Münster begann, die fast ein Jahrhundert andauerte und das Münster im Wesentlichen zu seinem heutigen Erscheinungsbild brachte. Als besonders baufreudig galt Bischof Otto III. von Hachberg (1410–1434). Kritische Zeitgenossen berichten, er habe so „vyl lust und liebe gehapt ze buwen“, dass er das Bistum in schwere Schulden stürzte. Zunächst erhielt der romanische Innenraum des Münsters eine Neufassung im Stil der Spätgotik: Die Seitenschiffe, die Untere Sakristei, der Thomaschor, der südliche Querarm und das Sanktuarium erhielten zwischen 1423 und 1453 ihre spätgotischen Rippengewölbe und Maßwerkfenster. Die Ostwand des Hochchors wurde durchbrochen und mit drei hohen Spitzbogenfenstern versehen, die für die Dreifaltigkeit stehen. Die Südfassade des Querhauses wurde ebenfalls neu gestaltet, um das erneuerte Münster auch zur Stadt hin angemessen zur repräsentieren. Im Thomaschor wurde der „Schnegg“ errichtet, ein frei stehender sechseckiger Treppenturm aus Sandstein mit äußerst filigran gestalteter Architektur und figuralen Skulpturen, an denen sich das Können, aber auch die Grenzen der zeitgenössischen Konstanzer Bildhauer und Ingenieure ablesen lassen.
Bereits ab Mitte des 14. Jh., so wird angenommen, gab es am Münster eine dauerhafte Bauhütte.Vorlage:Ref In der besser dokumentierten Zeit um 1500 beschäftigte die Konstanzer Dombauhütte regelmäßig zwischen 20 und 30 Steinmetze, die in regem Austausch mit den Bauhütten in Speyer, Koblenz, Salem, Straßburg, Bebenhausen und Maulbronn standen. Die Bauten zwischen 1453 und 1526 werden drei Hüttenmeistern zugeordnet, wobei Arbeiten aus dieser Zeit sind nicht diesen Werkstattleitern allein zuzuschreiben sind – häufig wechselnde Handwerker sorgten für die Ausführung; über die Inhalte theologischer Bildprogramme bestimmte das Domkapitel. Der erste dieser drei „großen“ Werkmeister ist Vincenz Ensinger (tätig 1453–1489), Sohn des Matthäus Ensinger. Er ließ die Dombibliothek im Obergeschoss in den Kapitelsaal umbauen und die Reihe der Kapellen am südlichen Seitenschiff anlegen (1465-1485). Ensinger beauftragte zudem den renommierten Straßburger Bildhauers Niclaes Gerhaert van Leyden mit einer Neuausstattung des Chorraums. Niclaes van Leyden fertigte jedoch nur ein Altarretabel; das angeforderte Chorgestühl kam nicht zustande, da der Leydener nach einem Streit um Lohnforderungen unverrichteter Dinge abreiste. Der ortsansässige Simon Haider übernahm den Auftrag. Haider, der selbst nur Tischler war, beschäftigte zu diesem Zweck Bildschnitzer, die wohl auch die Bildfelder an den Türen des Westportals fertigten.
Unter Werkmeister Lux Böblinger (tätig 1490–1502), Bruder des Matthäus Böblinger, entstand die dekorative Welserkapelle am Nordturm. Im Auftrag von Bischof Hugo von Hohenlandenberg legte Böblinger 1497 den Grundstein zum Mittelturm, der die Fassade zum monumentalen Westturmblock nach dem Vorbild des Straßburger Münsters ergänzen sollte. Um die Wucht dieser Fassade zu stützen, entstanden die beiden monumentalen Strebepfeiler links und rechts des Portals. Sein Nachfolger Lorenz Reder aus Speyer (tätig 1505–1526), zuvor Werkmeister am Überlinger Münster, schloss den Mittelturm bis zur Höhe der beiden bestehenden Türme ab. Am 21. Oktober 1511 zerstörte jedoch ein Brand die Dächer und Glockenstuben der drei Türme. Eine Konferenz von Hüttenmeistern umliegender Großkirchen empfahl den Neubau der betroffenen Stockwerke mit einem Mittelturm nach Art des Freiburger Münsters, der jedoch wegen der Reformation nicht zur Ausführung kam. Den Wiederaufbau finanzierte die Kirche durch einen Ablass, der an die Konstanzer Bürger verkauft wurde. Von 1512 bis 1526 reparierte man zunächst die bestehenden Türme und setzte auf die Nord- und Südturmstümpfe gewölbte Maßwerkkuppeln. Zwischen beiden befand sich die hölzerne Stube des Turmwächters. Das „Wächterhäußle“ war ständig besetzt, wobei sich Stadt und Domherr die Kosten teilten. Unter Reder entstanden auch die Orgelempore mit ihrer Mischung aus gotischen und Renaissanceformen (1516–1518) und das Gewölbe der Vorhalle (1518).
Bildersturm und Gegenreformation
Im frühen 16. Jahrhundert verbreitete sich die Reformation zuerst in den Reichsstädten. In Konstanz traten 1518, wenige Monate nach Martin Luthers 95 Thesen, die ersten reformatorischen Prediger auf, als ihr wirkmächtigster wohl Ambrosius Blarer. Der Rat der Stadt ergriff die Gelegenheit, Bischof Hugo von Hohenlandenberg zu entmachten, der bereits seit Jahren versucht hatte, seine weltlichen Privilegien in der Stadt wieder auszuweiten. Unter Protest verließ der Bischof im November 1526 die Stadt und siedelte nach Meersburg über, das Domkapitel zog nach Überlingen und 1542 nach Radolfzell. Das gesamte Inventar des Münsters, soweit es die Kleriker nicht mitnehmen konnten, fiel in der Folge dem Bildersturm zum Opfer: Über 60 Altäre wurden zerstört, die Gebeine der Bistumsheiligen Konrad und Pelagius wurden wie die Reliquien des im Kloster Petershausen verehrten Gebhard in den Rhein geworfen. Den Kirchenschatz, die kostbaren Reliquienschreine, die Bilder, Statuen und übrigen verwertbaren Kunstgegenstände des Bischofssitzes beschlagnahmte die Stadtkasse und ließ sie einschmelzen oder gewinnbringend verkaufen.
Die Reformation konnte sich in Konstanz nur etwa für zwei Jahrzehnte halten. Am 6. August 1548 überfielen Truppen der Habsburger die Stadt, denen sich Konstanz nur kurzzeitig zur Wehr setzen konnte. Der Rat sah sich gezwungen, sich der gewaltsamen Rekatholisierung der Stadt zu fügen und die Reformatoren der Stadt zu verweisen. Konstanz verlor seine Reichsfreiheit und wurde Vorderösterreich angeschlossen. Die Domherren kehrten zurück, um von der Stadt die Rückgabe ihres Besitzes und ihrer Häuser zu fordern. Auf Bitten der Stadt kam auch der neue Bischof Christoph Metzler von Andelberg am 11. Mai 1551 wieder nach Konstanz, um am 13. Mai das profanierte Münster neu zu weihen; Meersburg sollte jedoch bis zur Auflösung des Bistums bischöfliche Residenzstadt bleiben.
In der Folgezeit musste die gesamte Ausstattung des Münsters und der Seitenkapellen neu beschafft werden. Ein Teil der Altäre, Glocken und Orgeln wurde auf Kosten der Stadt wiederbeschafft. Die Finanzen des Bistums waren nicht üppig genug, um großzügige Baumaßnahmen zu erlauben. Stiftungen stammten vor allem von reichen Bürgern oder aus dem Privatvermögen der adeligen Domherren selbst. Um im Zuge der Gegenreformation den katholischen Glauben dauerhaft zu sichern, holte man um 1600 Jesuiten an den Bischofssitz. Sie errichteten in demonstrativer Nähe des Münsters die Christuskirche (heute altkatholische Kirche) und eröffneten daneben eine Schule, das heutige Heinrich-Suso-Gymnasium. Auf Drängen der Jesuiten wurde 1609 im Münster eine Diözesansynode zur Reformierung des Bistums abgehalten. Auch künstlerisch waren die Gegenreformatoren aktiv: Die mittelalterliche bemalte Holzdecke im Mittelschiff wich unter Leitung des jesuitischen Architekten Heinrich Mayer dem neuen Gewölbe (1679-83); die Seitenchöre erhielten monumentale Barockaltäre. Weiter reichende Umgestaltungen im römischen „Jesuitenstil“ ließen sich jedoch nicht finanzieren.
Klassizismus um 1775
Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts kam es im Münster zu weiteren Baumaßnahmen, nun nach Art des französischen Klassizismus. Der begehrte Schloss- und Kirchenbaumeister Pierre Michel d'Ixnard, der kurz zuvor von der Reichsabtei Salem den Auftrag zu einer Kirchenausstattung erhalten hatte, entwarf für die Konstanzer Kathedrale einen neuen Hochaltar (1774) und eine Gesamtgestaltung des Altarraums, der Vierung und der Querhausarme im neuen, antikisierenden Stil.
Die Ausführung übernahmen seine Mitarbeiter Josef Ferdinand Bickel und Carlo Pozzi aus der italienischen Stukkatorenfamilie Pozzi. Der neue Hochaltar rückte dabei nahe an die Ostwand, deren Fenster im unteren Drittel vermauert wurden. Die drei Chorräume und die Vierung erhielten Kassettendecken mit Teilvergoldung, die Wände wurden in einer einheitlichen Marmorschale dekoriert. Dieser klassizistische Entwurf ist nicht unumstritten. Im 19. Jahrhundert wurde die klassizistische Überformung gotisch-germanischer Architektur rundweg abgelehnt. Heute gilt er dagegen weitgehend als angemessene Neuinterpretation der ursprünglichen, romanisch-gotischen Raumform, wie sie d'Ixnards Helfern auch im Salemer Münster gelang.
Auflösung des Bistums und Turmvollendung
Mit der Säkularisation begann der Niedergang des Bistums. Bereits 1795 zog Österreich einen erheblichen Teil des Münsterschatzes ein, um die Koalitionskriege gegen Frankreich zu finanzieren. Das Hochstift Konstanz, der weltliche Territorialbesitz der Fürstbischöfe, wurde 1802 beschlagnahmt und fiel an die Markgrafschaft Baden. Das seit zweieinhalb Jahrhunderten österreichische Konstanz wurde ebenfalls Baden zugeschlagen. Der geistliche Einflussbereich des Bischofs überdauerte kaum zwei Jahrzehnte: Der aufklärerische Theologe Ignaz Heinrich von Wessenberg, seit 1801 Generalvikar des Bistums und ein Anhänger des Josephinismus, wurde 1817 nach dem Tode von Bischof Karl Theodor von Dalberg zum Kapitularvikar gewählt. Papst Pius VII. widersetzte sich Wessenbergs Plänen für eine deutsch-katholische Nationalkirche und erkannte die Wahl nicht an. Kurzerhand löste der Papst das Bistum Konstanz auf und gründete das Bistum Freiburg. Unter dem Schutz der Landesregierung führte Wessenberg seine Arbeit bis zur endgültigen Neubesetzung des neuen Bischofsstuhls 1827 fort. Sein Wohnhaus lag dem Münster fast direkt gegenüber; 1860 wurde er im nördlichen Seitenschiff des Münsters begraben.
Das Münster war somit ab 1821 nur noch eine einfache katholische Pfarrkirche. Die Baupflicht ging mit der Säkularisation an das Großherzogtum Baden über. In der ersten Hälfte des 19. Jh. fiel ein Teil der Gebäude des Münsterbezirks Bränden und Abrissmaßnahmen zum Opfer: 1824 zerstörte ein verheerender Brand den Wohnkomplex der Domkleriker sowie den „Stauf“ und einen Teil des Kreuzgangs. Die 900 Jahre alte, seit der Reformationszeit unbewohnte Bischofspfalz südlich des Münsters wurde abgerissen und 1830 durch das klassizistische Gesellschaftshaus der Konstanzer Museumsgesellschaft ersetzt, das heute als Pfarrhaus dient.
Um die Jahrhundertmitte setzte sich in Baden die Idee der Denkmalpflege durch, die bald auch das Konstanzer Münster erfasste – „eines der herrlichsten Monument gothischer Baukunst, das zu den schönsten seiner Zeit gehört“, wie es das Baugutachten eines zeitgenössischen Architekten formuliert. 1844 genehmigte Leopold von Baden die Restaurierung. Unter Aufsicht des Baudirektors Heinrich Hübsch wurde der Bau von 1846 bis 1860 von außen saniert. Die Baumaßnahmen umfassten eine umfangreiche „Regotisierung“ des Münsters. Das 19. Jh. empfand die Gotik als den ureigenen Baustil der deutschen Nation, weshalb das Münster in den Zustand vor der Barockisierung – für die man wenig Zuneigung empfand – zurückgeführt werden sollte. Wie an vielen anderen deutschen Bauten sollte auch hier ein patriotisch überhöhter Idealzustand wiedererstehen, der historisch so nie bestanden hatte. Bei der Restaurierung vereinfachte man das beschädigte Stabwerk der Westfront; Nord- und Südportal wurden ebenfalls 1854 bzw. 1857 umgebaut. Das als „unrein“ empfundene Stilgemisch der Fassade wurde nach neugotischen Vorstellungen vereinheitlicht und der heute noch bestehende Dachreiter ergänzt. Nur dank der Proteste des Münsterpfarrers verzichtete man auf die Rücksanierung des klassizistischen Chorraums. Die von d'Ixnard vermauerten Chorfenster wurden jedoch wieder geöffnet.
Der einschneidendste Eingriff begann 1850: Der achteckige Turm mit durchbrochenem Maßwerkhelm veränderte nachhaltig das Erscheinungsbild des Münsters. Die bei der Bevölkerung beliebten spätgotischen „Käseglocken“ (H. Hübsch) über den beiden Türmen und das Pyramidendach der Wachstube störten den Geschmack des Baudirektors. Zunächst war ein eingeschossiges Oktogon mit einer einfachen Kuppel geplant, die sich dezent an den bestehenden Turmkuppeln orientierte; der zweite Entwurf, der schließlich ausgeführt wurde, erhöhte das Oktogon auf zwei Geschosse und krönte es mit einer durchbrochenen Maßwerkspitze. Als unmittelbares Vorbild gilt die Turmnadel des Freiburger Münsters. (Den Mittelturmentwurf des spätmittelalterlichen Baumeisters Lorenz Reder kannte Hübsch nicht.) Auf die im Mittelalter ursprünglich geplanten Doppeltürme verzichteten die Planer – ob aus ästhetischen oder finanziellen Gründen, ist nicht bekannt. Am 27. Juli 1853 stand die abschließende Kreuzblume an ihrem Bestimmungsort; die Maßwerkkuppeln fielen im Jahr darauf. Die 76 Meter hohe Turmnadel besiegelte die Gotisierung der salischen Basilika. Die der Sicht heutiger Denkmalschützer fragwürdige Ergänzung erwies sich jedoch als stadtplanerischer Geniestreich, bekam doch der Stadtkern durch sie einen markanten, von weither sichtbaren Orientierungspunkt.
Restaurierungen 1880–1935
Das Münsterinnere musste noch mehrere Jahrzehnte auf die neugotische „Restauration“ warten. 1879 empfahl August Essenwein, Direktor des Germanischen Museums, eine Wiederherstellung der mittelalterlichen Holzdecke, für die das barocke Gewölbe hätte weichen müssen. Der Plan wurde nicht umgesetzt; dafür erfuhren die Seitenschiffkapellen und die Mauritiusrotunde unter Leitung von Bauinspektor Bär zwischen 1881 und 1887 eine Ausmalung in imitierter mittelalterlicher Malerei, die jedoch von Zeitgenossen als „planlos“ kritisiert wurde. Die neugotische Ausstattung der meisten Seitenkapellen rührt aus der Zeit zwischen 1910 und 1914.
Eine weitere Restaurierung des Kircheninneren folgte 1922–1923 unter Bauleiter Paul Motz zum 800jährigen Jubiläum der Heiligsprechung von Bischof Konrad. Nun kam wieder der Klassizismus zu seinem Recht: Die gotischen Fenster der Chorwand wurden vollständig geschlossen, die Dekoration mit Stuckfiguren und Ornamenten ergänzt und in die klassizistische Raumschale integriert. Die farbigen Bemalungen in der Krypta, der Konradikapelle und diversen Grabmälern wurden entsprechend den Bauuntersuchungen wieder hergestellt. In den 1930er Jahren folgten Ausbesserungsarbeiten im Außenbereich, wobei meist Kunststein, Beton und Bitumen zum Einsatz kamen; Sandstein aus der Schweiz konnte nach 1933 aus politischen Gründen nicht mehr verwendet werden. Die damaligen – teils experimentellen – Methoden der Reparatur erweisen sich heute als problematisch, da sich unter den damals angefertigten Abdichtungen Wasser staut und weitere Schäden anrichtet.
Gegenwart
Eine erneute umfassende Sanierung des Münsters begann 1962. Vor allem der Sandstein leidet unter Umweltschadstoffen, so dass Steinmetzarbeiten am Münster laufend ausgebessert oder durch Kopien ersetzt werden müssen. Auch der Kunststein der 1930er Jahre verursacht zusätzliche Schäden. Seit 1968 gibt es eine ständige Münsterbauhütte unter Aufsicht des Staatlichen Vermögens- und Hochbauamts Konstanz. Sechs bis acht Steinmetze arbeiten fast ausschließlich an der Bestandserhaltung und Instandsetzung des Münsters. Seit den 1960er Jahren wurden so rund 30 Mio. Euro für die Sanierung und den Erhalt des Münsters aufgewendet.
Von 1979-1988 wurde die Welserkapelle an der Nordwestecke des Münsters saniert; dabei wurde der ursprüngliche Zustand vor den Sanierungen des 19. Jh. wieder hergestellt. 1985 ergab eine Bauuntersuchung der Türme, dass deren Obergeschosse so sanierungsbedürftig waren, dass oberflächliche Maßnahmen nicht immer genügten. Stattdessen wurde das Glockengeschoss am Nordturm von 1991-1996 vollständig abgetragen und aus gesundem Sandstein identisch wieder aufgebaut; am Südturm genügten Reparaturen. Der eingesetzte Sandstein stammt aus Rorschach und vom Zürichsee. Von 1998-2001 folgten das Oktogon und der Turmhelm. Gleichzeitig wurde die gesamte Westfassade umfassend instand gesetzt. Im Jahr 2005 waren die Arbeiten an der Turmanlage weitgehend abgeschlossen.
1955 erhob Papst Pius XII. das Münster zur Basilica minor. Die heutige Münsterpfarrei ist für etwa 3000 Gläubige zuständig. Im Gemeindegebiet liegt als einziges Konstanzer Kloster, das Reformation und Säkularisation überlebt hat, das Dominikanerinnenkloster Zoffingen in der Brückengasse (1257 gegründet). Das größte jährlich gefeierte Fest der Pfarrei ist das Konradifest am 26. November zu Ehren des Hl Konrad, bei dem jeweils der Bischof der Diözese Freiburg im Breisgau zu Gast ist. Das Marienpatrozinium wird am 8. September (Mariä Geburt) begangen, das Pelagiusfest am 1. September. Für Besucher ist das Münster ganzjährig geöffnet; die Turmplattform ist von Ostern bis Ende Oktober zugänglich.
Architektur und Ausstattung
Das Konstanzer Münster ist eine dreischiffige Basilika mit Querschiff und gerade abschließendem dreizelligem Chor. Der eigentliche Bau mit seiner schlichten Kubatur ist unverkennbar romanisch, während das auf allen Seiten angebrachte Maßwerk und die hohen Spitzbogenfenster vom spätmittelalterlichen Willen zeugen, die Kirche an die großen gotischen Bischofskirchen anzugleichen. Die Westseite zum Münsterplatz hin ist als eigentliche Schauseite der Kirche von den massiven Stümpfen der Doppeltürme geprägt, deren Maßwerk ihnen eine filigrane Gliederung verleiht. Von Süden präsentierte sich die Kirche mit einem aufwändigen Seitenportal im 19. Jh. noch von einer dekorativeren Seite, während heute nur noch die frühgotische Südwand des Querschiffs von ihrer repräsentativen Funktion zeugt. Im Osten schließen sich an die Außenwand des Nordchors die Bauten der Mauritiusrotunde sowie des Kapitelsaals und der Margaretenkapelle an, die durch die Reste des ehemaligen Kreuzgangs miteinander verbunden sind.
Langhaus
Der Innenraum des Langschiffs erstreckt sich über neun Joche. Der schmale, hohe Raum erzeugt einen ungebremsten optischen Tiefensog zum Altar hin, den die weit gespannten Rundbögen in einen gemessenen Takt unterteilen. Auf jeder Seite des Langschiffs tragen acht romanische Säulen aus Rorschacher Sandstein die halbkreisförmigen Arkaden. Ihre attischen Basen ergänzen einfache achtseitige Würfelkapitelle (wahrscheinlich nach dem Vorbild vergleichbarer Kapitelle im Goslarer Dom). Das barocke Kreuzrippengewölbe, das den Raum überdacht, spannt die Obergaden in diese Schrittfolge ein und verwebt sie kunstvoll zu einer Raumeinheit.
Chor und Vierung
Das Querhaus des Münsters ist dreifach gegliedert: Der Thomaschor im Norden, die Vierung, an die sich östlich der Hauptchor anschließt, und der Mariä-End-Chor im Süden. Das Vierungsquadrat bestimmt als Maßeinheit die Größe der anschließenden Raumeinheiten. Der Fußboden der Vierung und der Seitenchorräume ist um rund einen Meter gegenüber dem Langhaus erhöht, der Hauptchor wiederum um fünf Stufen gegenüber der Vierung. Der gesamte Deckenraum des Chors und der Vierung ist einheitlich klassizistisch dekoriert, ebenso sind die Wände des Hochchors einheitlich in Gold und weißem Marmor verkleidet. Die beiden Nebenchöre überdachen jeweils Rippengewölbe mit teilweise vergoldeten Kassetten. Im Nordchor ist das Gewölbe als siebenzackiger Stern gestaltet; im Hauptchor füllen florale Rhomben geschickt die Zwickel der gotischen Spitzbögen.
Der Hochchor diente bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil als Altarraum. Die Rückwand ist dank der 1923 geschlossenen klassizistischen Wandverkleidung fensterlos; erkennbar sind noch die Dimensionen der ursprünglichen drei Ostfenster, durch die das Licht der aufgehenden Sonne direkt in die Kirche fiel. Vor dem mittleren Fenster hängt zentral ein monumentales Ölgemälde von Mariä Aufnahme in den Himmel, gemalt von Franz Carl Stauder (1701). Das Bild wird flankiert von Monumentalstatuen der Kirchenpatrone.
Die beiden seitlichen Chorräume beherbergen jeweils monumentale Barockaltäre. Den Altar im Südchor schuf 1637 Jörg Guggenbüchel aus Einsiedeln, das Altarblatt mit dem Tod Mariens stammt von Johann Rieger. Der Altar im Thomaschor ist von Daniel Schenck skulptural dekoriert; neben Christus und St. Konrad stehen hier Kaiser Heinrich II. und Helena; das Kruzifix über dem Altar stammt von Carlo Pozzi aus Como.
Der so genannte Schnegg im Thomaschor ist ein spätgotisches Schmuckstück des Münsters: ein 8 m hoher, sechseckiger Treppenturm aus behauenem Sandstein, der mit Maßwerk und figürlichen Darstellungen verziert ist. Die 5 m hohe Wendeltreppe im Innern führte zum Gewölbe des Ostbaus und zur Hängeorgel im Mittelschiff. Die Relieffiguren stellen in typologischer Gegenüberstellung Symbole der Jungfräulichkeit Mariens dar: So stehen Gideon und Mariä Verkündigung sowie der brennende Dornbusch und die Geburt Christi einander gegenüber. Die Ecken des Türmchens zieren acht Prophetenfiguren. Die Beschriftung der Spruchbänder sowie die ursprüngliche farbige Bemalung aller Figuren fehlen. Die ausführenden Meister des Turms sind bis auf einen „Meister Antoni“ nicht namentlich bekannt; der Baubeginn ist auf 1438 datiert. Das künstlerische Vorbild sieht Reiners (1955) in einem achtseitigen externen Treppenturm am Schloss von Bourges. Während die skulpturalen Arbeiten viel Bewunderung fanden, gilt die Konstruktion insgesamt als statische Fehlplanung, die nur von der Treppenkonstruktion gehalten wird.
Hinter dem Süd- oder Mariä-End-Chor liegt die Margaretenkapelle, ein erstmals 1222 erwähnter Sakralraum, der 1423 mit einem gotischen Kreuzgewölbe eingewölbt wurde. Farbige Wandmalereien (frühes 14. Jh.) zeigen eine Konstellation dreier Motive mit gemaltem Rahmen: links Christus in einem Kranz von Engeln, rechts der Teufel, der von drei Engeln mit Lanzen niedergedrückt wird, und über beiden Motiven die Mutter Gottes mit Christus auf dem Arm, zu ihren Füßen die Wappen des Stifters Bischof Otto III. von Hachberg, des Bistums und der Grafen von Freiburg. An der Südwand der Kapelle befinden sich das Hochgrab des Bischofs sowie weitere Malereien (datiert auf 1445), die eine Kreuzigungsszene sowie über einer gemalten Maßwerkbrüstung die Mutter Gottes in einem Reigen musizierender Engel zeigen. Die feine Zeichnung in Öl- und Temperafarbe ist großteils abgeblättert oder durch spätere Übermalung zerstört. Mit ihrem plastischen Hintereinander gehören sie zu den frühesten Werken des räumlichen Illusionismus in der deutschen Kunst.
Seitenschiffe und Seitenkapellen
Beide Seitenschiffe werden von einfachen Kreuzrippengewölben überspannt. Die Schlusssteine der Gewölbe sind mit Heiligenfiguren und Fantasiewesen, etwa einer Chimäre, bemalt. An den Seitenschiffen lagert jeweils eine Reihe von Seitenkapellen an. Nur spärliches Licht fällt durch die prächtigen Buntglasfenster der Kapellen, deren Altare von hochrangigen Konstanzer Familien gestiftet wurden. Die Reihe der Kapellen wird von dem Nord- bzw. Südportal unterbrochen.
Von den ursprünglich wohl zahlreichen Wandmalereien sind nur wenige erhalten. An den Westwänden sowohl des südlichen wie des nördlichen Seitenschiffs, zu beiden Seiten des Westportals, finden sich prominent monumentale Darstellungen des Christophorus. Beide sind leider stark verblasst. Das südliche Bild, datiert auf 1435 und 1924 restauriert, zeigt den Träger mit Christus auf dem Rücken den Fluss durchschreitend, wobei die umgebende Landschaft detailliert und plastisch gezeichnet ist. Das fast ganz verblasste nördliche Bild, auf 1470 datiert, zeigt eine weit naturalistischere Darstellung des Christophorus mit dem Eremiten und einer Sirene vor dem Hintergrund eines Sees mit Schiff, Enten und Wasservögeln und einer Stadt, die naturgemäß häufig als Abbildung der Stadt Konstanz gedeutet wird.
Welserkapelle
Die Welserkapelle ist die östlichste der Nordkapellen und ist als eingeschossiges Bauwerk an die Westseite des Nordturms angeschlossen. Unter Bischof Otto von Sonnenberg (1474–1491) begonnen, ist die ursprüngliche Funktion dieses herausragenden Baukörpers ungeklärt. Ihre dichte Dekoration im Außenbereich weist – nach den einschneidenden Restaurierungen des 19. und den Rekonstruktionsarbeiten im 20. Jh. – ein Stilgemisch aus rekonstruierter Gotik und modernen Ergänzungen auf: Neben dem wiedererstandenen Zierwerk finden sich vier moderne Wasserspeier, die für die vier Kardinaltugenden stehen. Im Innern schließt sie sich als erste der Nordkapellen an das nördliche Seitenschiff an. Ihren Namen erhielt sie als Familienkapelle der Familie Matthäus Welser; der Kanonikus Severinus Welser stiftete den Altar und wurde 1659 hier begraben. Bemerkenswert ist im Innern der umlaufende Relieffries mit Brustbildern von 21 Propheten sowie kleinere Ganzkörperfiguren männlicher und weiblicher Heiliger. Diese Steinmetzarbeiten der Münsterbauhütte aus der Zeit um 1500 gehören zu den herausragendsten plastischen Arbeiten im Münster.
Türme und Westportal
Die Westseite der Kirche wird bestimmt durch eine mächtige Sandsteinfront, die das Eingangsportal überspannt. Sie gliedert sich in Nord-, Mittel- und Südturm. Nord- und Südturm (11.-13. Jh.) sind durch umlaufende Gesimse in vier Geschosse unterteilt. Die Turmfassaden sind undekoriert und weisen nur schmale Lichtscharten auf; lediglich die Obergeschosse, die als Glockenstuben dienen, haben mit Maßwerk verzierte Schallöffnungen. Die Türme schließen im vierten Stockwerk mit einer Plattform ab, auf der das durchbrochen Oktogon steht, das in die filigran gearbeitete Turmnadel übergeht. Die steinerne Balustrade zieren Fialen aus dem 19. Jh. Den Mittelturm (um 1500) flankieren auf der Westseite mächtige, abgetreppte Strebepfeiler.
Im untersten Geschoss des Mittelturms öffnet sich der Vorraum zum Westportal. Über der Öffnung befinden sich unter einem Maßwerkbaldachin Skulpturen der drei Patrone Konrad, Maria und Pelagius (1850). Die beiden Türen des Hauptportals sind mit Holzschnitzereien verziert. Jede der 4,05 m hohen Türen ist in zehn Bildfelder unterteilt. Sie stellen das Leben Jesu in 20 Stationen dar, beginnend mit der Verkündigung Mariens in der linken unteren Ecke der linken Tür, endend mit Himmelfahrt Christi, dem Pfingstfest und dem Tod Mariens rechts oben auf der rechten Tür. Über beiden Türen zeigen halbkreisförmige Reliefs Brustbilder der Heiligen Konrad (links) und Pelagius (rechts). In der oberen Abschlussleiste der Türen verewigte der leitende Konstanzer Tischler Simon Haider prominent seinen Namen und das Entstehungsjahr 1470: „ANNO XPI MILESIMO CCCCLXX SYMON HAIDER ARTIFEX ME FECIT“. Die Bildfelder selbst fertigten jedoch mehrere namentlich unbekannte Bildschnitzer.
Krypta
Die Krypta ist der älteste erhaltene Teil des Münsters. Es handelt sich ursprünglich um eine Winkelgangkrypta, die später zur Hallenkrypta erweitert wurde. Ihre Entstehungszeit ist nicht genau datierbar; während man früher annahm, dass sie bereits im späten 8. Jahrhundert bestand, legen neuere Forschungen die Anlagezeit mit der Ankunft der Gebeine des Hl. Pelagius zusammen, welche wahrscheinlich im Jahr 904 unter Bischof Salomo III. hier eingebettet wurden.Vorlage:Ref
Aus der frühesten Bauphase stammen zwei Stollen mit Tonnengewölbe, die wohl ursprünglich in die Seitenschiffe der Kirche mündeten. In einem zweiten Schritt (möglicherweise unter Bischof Konrad) entstand die annähernd rechteckige Gewölbehalle. Vier der sechs Säulen der dreischiffigen Halle sind mit dekorativen ottonischen Akanthuskapitellen geschmückt; zwei weitere, eines davon mit figuralen Skulpturen, wurden im 11./12. Jh. ergänzt. (Eine vergleichbare Viersäulenkrypta gab es vor 900 bereits im benachbarten Kloster Reichenau sowie, vielleicht als beider Vorbild, in der Klosterkirche der Fürstabtei St. Gallen.) Die Grabkammer an der Westwand der Krypta beherbergt einen kleinen Steinsarkophag. Er wird heute als Reliquar des Pelagius ausgegeben, beherbergte vermutlich jedoch eine Sammlung verschiedener Reliquien. Ursprünglich lag die Kammer direkt unter dem Hochaltar des Münsters und war mit ihm durch einen vertikalen Schacht verbunden. So diente die Reliquiensammlung zugleich als Reliquar des Hochaltars.
Konradikapelle
Die Konradikapelle ist baulich zwischen Krypta und Mauritiusrotunde gelegen und vom Thomaschor aus über einen Vorraum zugänglich. Sie entstand unter Bischof Ulrich I. von Dillingen (1111-1127) im Zuge der erfolgreichen Heiligsprechung von Bischof Konrad. Das dessen Grab an der Außenwand der Mauritiusrotunde bereits zuvor stark von Pilgern besucht war, ist es ist möglich, dass bereits eine Kapelle existierte, die Ulrich nur erneuern ließ.
In dem kleinen Kapellenraum steht ein vergoldeter Reliquienschrein, der das Haupt des Heiligen enthält – Bischof Hugo von Hohenlandenberg hatte die Reliquie wohl bei seinem Auszug aus Konstanz vor dem Bildersturm gerettet. Nach der Rekatholisierung kam sie 1604 über Gräfin Elisabeth von Fürstenberg wieder nach Konstanz. Die neugotische Wandbemalung der Kapelle schildert das Leben des Heiligen und entstand 1875/76 durch Künstler der Beuroner Schule. Im hinteren Bereich befindet sich das steinerne Hochgrab des Heiligen mit einer monumentalen Liegefigur im Hochrelief, die für den Bodenseeraum um 1300 als einzigartig gilt.
Zu bewundern ist hier auch der sogenannte Bockstorfer Altar, der als eines der wenigen Kunstwerke von Rang den Bildersturm überlebte, da er nicht in der Kirche stand, sondern in der Bischofspfalz. Das Triptychon zeigt auf der mittleren Tafel eine Kreuzigungsszene sowie auf der Predella die Grablegung Christi. Die Seitentafeln zeigen vorne die Münsterpatrone und den Stifter (nach gängiger, aber umstrittener Meinung der Bischof von Hohenlandenberg), auf den Rückseiten die Heilige Sippe. Als Maler kommen Christoph Bockstorfer und Matthäus Gutrecht in Frage.
Eine kleine Vorhalle verbindet die Konradikapelle mit der Krypta, dem Westchor und dem Kreuzgang. Die Architektur der Vorhalle ist bemerkenswert, weil die Formen ihres Dreistrahlgewölbes in dieser Zeit vorwiegend in der Architektur der Zisterzienser auftreten. Im Obergeschoss der Konradikapelle, das vom Kreuzgang aus zugänglich ist, befindet sich das Sacrarium (auch „Schatzkammer“ genannt), in dem Reliquien aufbewahrt wurden.
Mauritiusrotunde
Siehe hierzu den ausführlichen Artikel Mauritiusrotunde.
Die Mauritiusrotunde oder auch Kapelle des Heiligen Grabes ist eine eingeschossige Rundkapelle südlich des Münsters. Der Rundbau entstand nach 940 ursprünglich als freistehendes Gebäude nordöstlich des Münsterchors. Bischof Konrad ließ die Rotunde nach seiner zweiten Pilgerfahrt nach Jerusalem errichten. In ihrer Form imitiert sie in kleinerem Maßstab den vor 1009 bestehenden Zentralbau der Grabeskirche. Die Kapelle ist dem Heiligen Mauritius geweiht, der im frühen Mittelalter als Schutzpatron der ottonischen Könige verehrt wurde. Das Bauwerk gilt daher als politische Treuebekundung des Bischofs gegenüber den herrschenden Liudolfingern. Reliquien des Reichsheiligen kamen über den Augsburger Bischof Ulrich I. (923-973) vom Kloster Reichenau nach Konstanz.
In der Mitte der kreisförmigen Kapelle befindet sich der frühgotische Heilig-Grab-Aufbau (um 1260), ein zwölfeckiges Häuschen aus Sandstein, das die Grabstelle Christi repräsentiert. Die Kleinarchitektur ist mit Steinmetzarbeiten geschmückt und weist neben Maßwerk im Stil der französischen Gotik auch bemerkenswerte Skulpturen auf, die ursprünglich farbig bemalt waren. Auf der Dachbrüstung finden sich die zwölf Aposteln; ringsum finden sich Szenen aus der Weihnachtsgeschichte, angefangen bei der Verkündigung Mariens. Im Inneren findet sich die Wächter des Grabes: schlafende Soldaten in mittelalterlicher Rüstung, der Apothekers Hippokras der Salbe für die Einbalsamierung des Leichnams anrührt, sowie ein Engel, der die Auferstehung Christi verkündet.
Nicht nur die Architektur, sondern auch die Liturgie der Kapelle folgte der Jerusalemer Grabeskirche: Über Jahrhunderte war die Mauritiusrotunde Ziel von Pilgerreisen. Die zahlreichen Pilger – vor allem Gläubige aus der Umgebung, die sich die weite Reise ins Heilige Land nicht leisten konnten – umrundeten das Heilige Grab im Inneren drei Mal. Noch heute ist die Kapelle eine Station auf dem Schwabenweg, einer Teilstrecke des Jakobswegs.
In die Außenwand der Rotunde ist eine Marmortafel (1,63 x 0,74 m) mit einer Inschrift aus dem Jahr 294 eingelassen, die als Fragment einer größeren Tafel im frühen Mittelalter von Vitudurum (heute Oberwinterthur) nach Konstanz überführt wurde. In Konstanz galt sie im Mittelalter als wertvolles Dokument, da sie – allerdings nicht im Zusammenhang mit der Stadt Konstanz – den Namen des römischen Kaisers Constantius I. verzeichnet, der als Namensgeber der Stadt gilt. Sie wurde vom einfachen Volk wohl auch als Heiltum verehrt. Hartmann Schedels Weltchronik von 1493 hält diese Verehrung für erwähnenswert, spottet jedoch über diesen naiven Brauch aus der Sicht des Gelehrten:
- „dieselben tafel künde wenig Costnitzer lesen. das gemain volck helt dieselben tafel für ein heylthumb. die frewlein und das ander unerfarn volck hat mit berürung irer hend und mit bestreichung irer antlitze dieselben buochstaben yetzo schier gantz vo der tafel abgetilgt. wiwol doch daselbst geschriben sind die namen nit der heilligen cristi. sunder der verfolger christenlichs glawbes.“ (CCXLI).
Kreuzgang
Vom zweigeschossigen Klostergeviert sind nur Ost- und Südflügel erhalten. Es verbindet den Thomaschor, die Vorhalle zur Konradikapelle, die Mauritiusrotunde und die Anbauten am Ostflügel. Der östliche Teil des Komplexes beherbergt einen Weinkeller, im Erdgeschoss den Kongregationssaal, die Silvesterkapelle und die einstige Domschule sowie im Obergeschoss den großen dreischiffigen Kapitelsaal (einst Bibliothekssaal). Der Bau entstand in der frühgotischen Bauphase zwischen 1294 und 1320, wobei ein Stilwechsel stattfand: Während der ältere Südflügel simplere Doppelfenster mit einfachen Vierpassmotiven besitzt, bemüht sich der jüngere Ostflügel um eine komplexe, additive Formensprache, die von Fenster zu Fenster variiert und für diese Zeit im Bodenseeraum neuartig ist. Es wird angenommen, dass Bischof Gerhard von Bevar Handwerker aus seiner südfranzösischen Heimat mitbrachte.
West- und Nordflügel sowie der daran angeschlossene „Stauf“ wurden am 11. November 1824 von einem Feuer zerstört. Ebenfalls nicht mehr erhalten ist der kleine Ölberg in der Mitte des Kreuzganggartens. Direkt neben dessen ursprünglichem Standort befindet sich eine unterirdische Kapelle, die der Hl. Barbara geweiht ist. Die 1401 gestiftete Kapelle ist schwer zugänglich und wurde ihrer schlechten Beleuchtung wegen jedoch nur selten benutzt.
Weitere Ausstattungsgegenstände
Goldscheiben
In der Krypta des Münsters sind vier teilvergoldete Kupferscheiben ausgestellt, die von spätestens 1300 bis 1925 am Ostgiebel des Chors zur Seeseite hin prangten. (Seit 1973 sind dort Kopien angebracht.) Die größte Scheibe (Durchmesser 194,5 cm) ist zugleich die älteste und wird ins 11. Jh. datiert; es ist jedoch nicht erwiesen, ob sie erst nach dem Neubau entstand, also um 1054, oder bereits um 1000 im Kloster Reichenau gefertigt wurde. Sie zeigt Christus als Weltenherrscher (maiestas domini), der von zwei Engeln flankiert wird. Christus trägt keinen Bart; seine Rechte hält er mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger erhoben; in seiner Linken hält er ein ausgestrecktes Buch mit dem Satz: „VENITE AD ME OM(NE)S QVI LABOR(A)TIS ET EGO REFICIA(M)VOS“ („Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig (und beladen) seid; ich will euch erquicken“, Matth. 11,28). Ihre kleinteilige Gestaltung legt nahe, dass sie zunächst im Innenraum über dem Hauptaltar angebracht war.
Die drei weiteren, weitaus kleineren Scheiben (Durchmesser 94/90 cm) werden ins 12. oder 13. Jh. datiert; stilistische Unterschiede legen drei verschiedene Meister nahe. Zwei der Scheiben zeigen Brustbilder der Heiligen Konrad und Pelagius, die Patrone des Münsters. Konrad ist gekennzeichnet durch einen Bischofsstab, Pelagius durch einen Palmzweig. Die ursprünglich wohl vorhandene Binnenzeichnung der Gesichter und Gliedmaßen ist nicht erhalten. Eine vierte Scheibe stellt einen äußerst plastisch aus der Platte getriebenen Adler dar, das Symbol des Evangelisten Johannes. Weil Johannes ansonsten keine Verbindung zum Münster hat, nahm man früher an, es habe noch weitere Scheiben der anderen drei Evangelisten gegeben; nach Reiners (1955) gibt es dafür jedoch keinen Beleg.
Kanzel
Die Kanzel des Münsters, an der fünften Nordsäule des Langhauses angebracht, stammt aus der barocken Ausstattungsperiode. Um 1680 von einem Schreiner aus St. Gallen angefertigt, besteht die Architektur aus Nussbaumholz und die dekorativen Elemente aus weichem Lindenholz. Eine Skulptur des Urvaters Abraham trägt den fünfeckigen Predigtstuhl, dessen Seiten plastische Brustbilder der Evangelisten und des Hieronymus zeigen. Der Schalldeckel wird von einem Spruchband umlaufen: „IN OMNEM TERRAM EXIVIT SONUS EORUM“ – „Ihr Schall geht aus in alle Lande“ (Psalm 19,5). Ihn krönt eine Schnitzfigur des Heiligen Konrad aus der Werkstatt von Christoph Daniel Schenk.
Chorgestühl
Das Chorgestühl aus Eichenholz von 1467-70 überlebte den Bildersturm. Gefertigt unter dem Tischler Simon Haider und seinem Schwiegersohn, dem Bildhauer Heinrich Yselin, ist das Gestühl mit einem Baldachin aus Maßwerkschnitzerei und kleinen Heiligenfiguren überdacht. Die Wangen sind mit Reliefdarstellungen aus der Heilsgeschichte geschmückt, so dass die Domkleriker ihren Platz zwischen der Erschaffung der Welt und dem Jüngsten Gericht einnehmen konnten. Die Rückwand zeigt Büstenreliefs von Aposteln und Propheten. Bei der klassizistischen Umgestaltung um 1775 wurde das Gestühl um acht Plätze reduziert. Drei Sitzreihen auf jeder Seite boten seither Raum für insgesamt 64 Kleriker.
Orgel
Die erste Orgel im Münster wird für das Jahr 1130 erwähnt. Sie mag über die ganze Zeit des späten Mittelalters bestanden haben. Ein Auftrag für eine große Münsterorgel erging 1498 an den Orgelbauer Hans Tugi aus Basel. Sie wurde 1511 beim Brand der Türme beschädigt und nur notdürftig instandgesetzt. 1515 fasste das Kapitel den Beschluss, „gentzlich ayn grosz werck zu machen“, also eine vollständig neue Orgel zu erbauen, die größer sein sollte als die alte. Die Arbeiten zogen sich über mehrere Jahre hin und wurden 1523 vollendet. Sie zerfiel jedoch während der Reformationszeit und wurde erst 1592 restauriert. Michael Praetorius berichtet von 70 Registern und über 3000 Pfeifen; „die gröszte Pfeiffe wigt mehr denn 3 Centner und ist 24 Schuh lang“ (Syntagma musicum, 1618). Als bedeutendster Domorganist gilt der Ravensburger Hans Buchner (1483-1538). Mit mehreren Instandsetzungen überdauerte dieses Renaissancewerk bis 1858, als im Zuge der umfassenden Münsterrestaurierung der Orgelbauer Martin Braun aus Spaichingen ein neues Werk erstellte.
Zusätzlich gab es zeitweilig mehrere kleine Orgeln. Eine Hängeorgel an der Nordseite des Langschiffs vor den Obergaden wurde 1491 eingerichtet. Ein weiteres kleines Werk entstand 1598 am Lettner vor der Vierung; 1636 wurde der Lettner abgebrochen, die alte Lettnerorgel an das Dominikanerkloster verkauft und eine neue kleine Orgel für den Chorraum beschafft, die eine rein dekorative Scheinorgel symmetrisch ergänzte. Die Chororgel, obwohl häufig benutzt, wurde 1843 trotz Protesten aus der Bürgerschaft an das Kloster Feldbach im Thurgau verkauft.
Die gegenwärtige Orgel des Münsters stammt von der Bonner Orgelmanufaktur Klais aus den Jahren 1954/55 und ist traditionsgemäß auf der Innenseite des Langschiffs über dem Westportal angebracht. Sie besitzt 63 Register, vier Manuale und 4951 Pfeifen mit einem Tonumfang von C bis g’’’. Der Prospekt und die Empore nehmen die gesamte Westwand über dem Portal ein. Die Bemalungen des Prospektes stammen weitgehend von Matthäus Gutrecht aus dem Jahr 1518. Die Balustrade der Orgelempore, gestaltet von Lorenz Reder, vermischt skulpturale Formen aus der Gotik und der Renaissancezeit.
Im Bogen unterhalb der Empore findet sich das Totenbild des Weihbischofs Georg Sigismund Miller († 1686). Das zweiteilige Bild stammt von Johann Christoph Storer und ist auf 1659 datiert – der Bischof bestimmte also noch zu Lebzeiten über seine Nachwirkung. Im rechten Bildteil kniet der betende Bischof neben Christus und Maria. Mariologische Zitate finden sich auf Spruchbändern vor des Bischofs Mund: „HINC LACTOR AB UBERE“ („Ich nähre mich an ihrer Brust“), an Christi Kreuz: „HINC PASCOR (AB) VULNERE“ („Ich weide mich an seiner Wunde“) und vor Christus: „FILIOLI HAEC PECCATORU(M) SCALA HAEC MEA MAXIMA FIDUCIA EST: HAEC TOTA RATIO SPEI MEAE“ („Diese göttliche Mutter, O meine Söhne, ist die Leiter der Sünder (durch welche sie zur Höhe der göttlichen Gnade emporsteigen, sie ist meine größte Zuversicht, sie ist der ganze Grund meiner Hoffnung“; Bernhard von Clairvaux, In nativitate B. V. Mariae, 441B). Im Bogenscheitel findet sich ein Bild Gottvaters mit zwei Putten, die eine Schriftrolle halten. Das linke Bild zeigt ein Vanitasmotiv: Ein Skelett im Bischofsornat deutet auf einen Ritter in voller Rüstung, welcher den Wappenschild des Weihbischofs hält. Im Bogenzwickel daneben ein Sockel mit verdunkelter Sonne und dem Spruchband „SOL OBSCURATUS EST“ („Die Sonne ist verdunkelt“) sowie einer Inschrift zu Ehren des Bischofs. Das Bild konnte wohl nur deshalb so prominent im Kirchenschiff platziert werden, weil es der gängigen Marienverehrung entsprach.
Glocken
In den Glockenstuben der Münstertürme sind insgesamt 19 Glocken aufgehängt. Im Südturm befindet sich die „Ursula“, 1584 von Christof Löffler gegossen und etwa 7 Tonnen schwer (gis°–7). Im Nordturm finden sich sechs weitere historische Glocken, die beiden ältesten „Beatrix“ (ais’–6) und „Osanna“ (c’’) von 1512, die „Apostelglocke“ (cis’–3) und die „Marienglocke“ (dis’–0) von 1584, die „Betglocke“ (f’+4) von 1628 sowie die „Sterbeglocke“ (ais’’), die 1852 ergänzt wurde. Ein Geläut mit zwölf neuen Glocken stiftete 1966 das Land Baden-Württemberg zur 550-Jahr-Feier des Konzils. Sie wurden von F. W. Schilling in Heidelberg gegossen und sind in der mittleren Glockenstube, drei davon im Dachreiter aufgehängt. Ihre Namen wurden aus der Geschichte des Münsters und der Stadt gezogen: Maria, Konrad, Pelagius, Heinrich Suso, Pius XII., Johannes XXIII., Paul VI., Peter und Paul, Johannes Nepomuk, Silvester und Nikolaus.
Dombibliothek
Siehe hierzu den ausführlichen Artikel Dombibliothek Konstanz.
Die einstige Bibliothek des Bischofssitzes ist nicht als Bestand erhalten. Ihre Anfänge werden ins 6. Jahrhundert datiert. Handschriften kamen ab dem 8. Jh. vor allem aus dem Kloster Reichenau und der Fürstabtei St. Gallen. Bis etwa 1450 nahm die Bibliothek im Obergeschoss des östlichen Kreuzgangs, dem späteren Kapitelsaal, einen eigenen Raum ein, dann wurde sie in das Wirtschaftsgebäude, den Stauf, verlegt. Zu ihren prominentesten Lesern zählten Erasmus von Rotterdam und Melchior Goldast.
Während der Reformationszeit mangelte es an Pflege, so dass die Bücher zerfielen. Nach der Rekatholisierung herrschte Geldmangel, so dass die mittlerweile 900 Bände, darunter 331 Handschriften, im Jahr 1630 an die Abtei Weingarten verkauft wurden. Von dort fielen sie in der Säkularisation großenteils an das Königreich Württemberg. Der größere Teil des Bestandes findet sich heute in der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart, ein kleiner Teil ist verstreut, unter anderem in den Landesbibliotheken Fulda und Darmstadt.
Zu den bedeutendsten Werken der Dombibliothek zählen neben frühmittelalterlichen Handschriften aus dem 8. und 9. Jh. auch die sogenannte Weingartner Liederhandschrift (1310/20) und ein prächtig illustriertes vierbändiges Missale (um 1500), das als eines der herausragendsten Dokumente süddeutscher Buchmalerei gilt.
Domschule
Die Domschule des Bischofssitzes, deren Existenz ab dem 11. Jh. belegt ist, war bis zur Reformation die einzige Lateinschule der Stadt. Im Mittelalter reichte ihr Ruf weit über die Region hinaus. Ihre Aufgabe war zunächst die Ausbildung von Anwärtern auf die Domherrenschaft, Geistlichen und Verwaltungsbeamten. Auf dem Lehrplan standen Latein, Liturgie, Bibelstudium, Theologie und das Trivium. Die Leitung hatte der Domscholaster inne. Ab dem 12. Jh. wurde der Unterricht einem Schulmeister übertragen, der sein Einkommen über Pfründen und Schulgelder bezog.
Im späten Mittelalter war der Besuch der Domschule nur noch Vorbereitung zum Studium an einer Universität. Rund 6000 Studenten entsandte sie im 14. und 15. Jh. vorwiegend an die Universitäten Bologna, Paris, Krakau (1364), Heidelberg (1386) und später auch an die im Bistum gegründeten Universitäten Freiburg (1457) und Tübingen (1477). Bis zu 300 Schüler besuchten den Unterricht, der spätestens ab 1453 in einem Saal im Ostflügel des Kreuzgangs stattfand. Der Gelehrte Wenzeslaus Brack gehört zu ihren berühmtesten Rektoren.
Ab Oktober 1525 fand kein Unterricht mehr statt, da unter anderem der Schulleiter im Verdacht stand, dem lutheranischen Glauben anzuhängen. Noch im selben Monat brach die Eröffnung der ersten städtischen Lateinschule das klerikale Monopol. Nach der Rückkehr des Bischofs 1551 wurde auch der Unterricht an der Domschule wieder aufgenommen, doch erreichte sie nicht mehr ihre herausragende Bedeutung. Mit der Eröffnung des Jesuitenlyzeums (heute Heinrich-Suso-Gymnasium) im Jahr 1607 schloss sie ihre Pforten.
Maße
- Türme: Höhe bis zur Spitze 76 m, Höhe bis zur Plattform 38 m.
- Oberbau: Länge 63,7 m, Breite 32 m, Firsthöhe 28 m
- Mittelschiff: Länge 40,9 m, Breite 11,3 m, Höhe 17,3 m (bis Unterkante des Gewölbes)
- Nordschiff: Breite 6,4 m
- Südschiff: Breite 5,9 m
- Nord- und Südchor: Länge 10 m, Breite 10,7 m
- Vierung: Länge 10,9 m, Breite 10,8 m
- Hauptchor: Länge 9,5 m, Breite 10,4 m
- Krypta (Säulenhalle): Länge ca. 7,8 m, Breite ca. 7,7/6,8 m.
- Konradikapelle: Länge 6,6 m, Breite 4,8 m
- Mauritiusrotunde: Durchmesser 11,3 m
Fußnoten
Literatur
Architektur und Geschichte
- Remigius Bäumer u. a.: Konstanz: Das Münster Unserer Lieben Frau. Stuttgart: Schnell & Steiner 1989. ISBN 3-7954-0687-0 (Kurzdarstellungen)
- Finanzministerium Baden-Württemberg (Hrsg.): Instandsetzungen am Münster Unserer Lieben Frau zu Konstanz. Radolfzell: Zabel 2002
- Frank T. Leusch: Der Konstanzer Münsterturm: Der badische Beitrag zu den Turmvollendungen des 19. Jahrhunderts in Deutschland, Nachrichtenblatt des LDA Baden-Württemberg, 3/2003 (PDF)
- Christine Maurer: Die Winkelgangkrypten im Bistum Konstanz. Esslinger Studien 30/1991
- Helmut Maurer (Hg.): Die Konstanzer Münsterweihe von 1089 in ihrem historischen Umfeld. Freiburg i. Br.: Herder 1989. iSSN 0342-0213
- Heribert Reiners: Das Münster Unserer Lieben Frau zu Konstanz. (Die Kunstdenkmäler Badens, Bd. 1). Konstanz: Thorbecke 1955 (Umfassendes Standardwerk, teilweise veraltet)
- Elisabeth Reiners-Ernst (bearb.): Regesten zur Bau- und Kunstgeschichte des Münsters zu Konstanz. Konstanz: Thorbecke 1956 (Quellensammlung)
- Städtische Museen Konstanz/Rosgartenmuseum: Glanz der Kathedrale: 900 Jahre Konstanzer Münster. Konstanz 1989. ISBN 3-9801501-5-1 (Ausstellungskatalog mit Abrissen zur Geschichte)
- Städtische Museen Konstanz/Rosgartenmuseum: Im Schatten des Münsters: Geschichte eines Quartiers im Zentrum der Konstanzer Altstadt. Konstanz 1999. ISBN 3-929768-07-0