Nullstelle

Argumente (x) von Funktionen die den Funktionswert (y) null ergeben
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Als Nullstelle bezeichnet man in der Mathematik den Punkt, an dem der Graph einer Funktion f(x) die x-Achse berührt oder schneidet. Der Wert der Funktion ist an dieser Stelle gleich Null.

Nullstellen graphisch

Nullstellen reeller Funktionen

Einfache Nullstellen

Ein Element   der Definitionsmenge   einer Funktion   heißt Nullstelle von  , wenn   gilt. Man sagt dann auch:   hat eine Nullstelle bei  , oder   verschwindet an der Stelle  

Mehrfache Nullstellen

Es sei   eine natürliche Zahl. Eine  -mal differenzierbare Funktion   mit einer offenen Teilmenge   hat in   eine  -fache Nullstelle oder eine Nullstelle der Ordnung  , wenn die ersten   Ableitungen von   an der Stelle   den Wert null annehmen:

 

Beispielsweise hat eine Funktion genau dann eine zweifache Nullstelle, wenn sie und ihre Ableitung eine gemeinsame Nullstelle haben.

Weitere Eigenschaften:

  • Eine Funktion   hat genau dann eine  -fache Nullstelle bei  , wenn   eine Nullstelle und   eine  -fache Nullstelle bei   hat.
  • Eine  -mal stetig differenzierbare Funktion   hat genau dann eine  -fache Nullstelle bei  , wenn es eine stetige Funktion   gibt, so dass
  und  
gilt.

Existenz und Berechnung von Nullstellen

Aus dem Zwischenwertsatz kann man oft indirekt die Existenz einer Nullstelle erschließen: Ist von zwei Funktionswerten  ,   einer stetigen Funktion einer positiv und einer negativ, so hat   mindestens eine Nullstelle zwischen   und  . (Anschaulich gesprochen muss der Funktionsgraph, der die beiden Punkte   und   verbindet, die  -Achse schneiden.)

Je nach Funktion kann es schwer oder unmöglich sein, die Nullstellen explizit zu bestimmen, d.h. die Gleichung

 

nach   aufzulösen. In diesem Fall kann man Näherungswerte für Nullstellen mithilfe verschiedener numerischer Verfahren, beispielsweise der Bisektion, des Newton-Verfahrens oder der Fixpunktiteration bestimmen.

Nullstellen von Polynomen

Ist   ein Ring und   ein Polynom über  , so heißt ein Element   Nullstelle von  , wenn die Einsetzung von   in   Null ergibt:

 

Ist   ein Ringhomomorphismus, so können analog Nullstellen von   in   definiert werden.

Mithilfe der Polynomdivision kann man zeigen, dass   genau dann eine Nullstelle von   ist, wenn   durch   teilbar ist, d.h. wenn es ein Polynom   gibt, so dass

 

gilt. Diese Aussage wird manchmal auch Nullstellensatz genannt; es besteht jedoch Verwechslungsgefahr mit dem hilbertschen Nullstellensatz.

Eine  -fache Nullstelle oder Nullstelle der Ordnung   ist ein Element  , so dass   durch   teilbar ist. Man nennt   auch die Vielfachheit oder Multiplizität der Nullstelle.

Bestimmung der Nullstellen von Polynomen kleinen Grades

Für Polynome über einem Körper, deren Grad höchstens vier ist, gibt es allgemeine Verfahren, die Nullstellen zu bestimmen:

Polynome mit ganzzahligen Koeffizienten

Ist   ein Polynom mit ganzzahligen Koeffizienten, so ist jede ganzzahlige Nullstelle ein Teiler von  .

Aus dem Lemma von Gauß folgt: Ist   ein normiertes Polynom mit ganzzahligen Koeffizienten, so ist jede rationale Nullstelle ganzzahlig und damit ein Teiler von  .

Beispiel

Die Teiler   des Absolutglieds von   sind keine Nullstellen, also hat   keine rationalen Nullstellen. Da jede Faktorisierung von   einen Linearfaktor enthalten müsste, folgt daraus, dass   über   irreduzibel ist.

Polynome mit reellen Koeffizienten

Polynome ungeraden Grades über den reellen Zahlen haben stets mindestens eine reelle Nullstelle; das folgt aus dem Zwischenwertsatz. Eine andere Begründung ist die folgende: Echt komplexe Nullstellen reeller Polynome treten stets als Paare komplex konjugierter Zahlen auf. Polynome geraden bzw. ungeraden Grades haben also stets gerade bzw. ungerade viele reelle Nullstellen, wenn man jede Nullstelle entsprechend ihrer Vielfachheit zählt.

Beispiel

Das Polynom   hat die Nullstelle  , die sich als Teiler des Absolutgliedes leicht erraten lässt. Damit erhält man durch Polynomdivision

 

woraus sich noch die beiden zueinander komplex konjugierten Nullstellen   und   ergeben.

Polynome mit komplexen Koeffizienten

Der Fundamentalsatz der Algebra besagt: Jedes nichtkonstante Polynom über den komplexen Zahlen hat mindestens eine Nullstelle. Indem man wiederholt Linearfaktoren zu Nullstellen abspaltet, erhält man die Aussage, dass sich jedes Polynom

 

über den komplexen Zahlen in der Form

 

schreiben lässt. Dabei sind   die verschiedenen Nullstellen von   und   ihre jeweiligen Vielfachheiten.

Polynome über vollständig bewerteten Körpern

Es sei   ein vollständig bewerteter Körper mit Bewertungsring   und Restklassenkörper  , und es sei   ein normiertes Polynom. Aus dem henselschen Lemma folgt: Hat die Reduktion   eine einfache Nullstelle in  , so hat   eine Nullstelle in  .

Beispiel

Es sei   der Körper der p-adischen Zahlen für eine Primzahl  . Dann ist   und  . Das Polynom   zerfällt über   in verschiedene Linearfaktoren, also hat es auch über   genau   Nullstellen, d.h.   enthält  -te Einheitswurzeln.