Avatamsaka-Sutra

buddhistische Lehrrede
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Das Avatamsaka Sutra (chin.: Huayanjing 華嚴經; jap.: Kegonkei 華厳経), in Deutsch auch als Hua Yen Sutra oder Kegon Sutra bezeichnet, ist eines der umfangreichsten buddhistischen Mahayana Sutren. Es wurde ursprünglich in Sanskrit verfasst. Die chinesische Übersetzung beinhaltet mehr als 400 Seiten und insgesamt ca. 700.000 Chinesischen Schriftzeichen. Das Avatamsaka Sutra bildet die Grundlage für die chinesische Huayan (Hua Yen) Schule und hatte großen Einfluß in China und gelangte später auch nach Japan und Korea. Avatamsaka bedeutet Blumengirlande (chin.: Huayan, jap.: Kegon)

Seite des Huayanjing

Entstehung

Heute sind nur 2 Teile des Avatamsaka-Sutras im Orignial in Sanskrit erhalten. Der Text zu "10 Stufen" und das "Buch vom Eintreten in den Kosmos der Wahrheit", das auch als eigenständiges Sutra unter der Bezeichnung Gandayuha Sutra bekannt wurde.

Der Teil "10 Stufen" (Dasabhumika) hat bereits vorher als eigenständiges Sutra in Indien existiert. Der Text enthält bereits Zentrale Aussagen des Avatamsaka Sutras über den Weg des Bodhisattva und über die Ansicht, dass die Welt nur Geist ist. Das ist Grund zur Annahme, dass dieser Text eine wichtige Inspiration für die weiteren Teile und das Gesamtwerk des Avatamsaka-Sutras war.

Der andere Teil, der in Sansktit erhalten ist, ist das letzte Buch des Avatamsaka-Sutras, das "Buch vom Eintreten in den Kosmos der Wahrheit". Dieses sehr umfangreiche Sutra wurde vermutlich im 2. Jahrhunder n. Chr. geschrieben und beschreibt die Reise des Knaben Sudhona auf dem Weg zur Erleuchtung. Dabei begegnet er 53 verschiedenen Lehrern bevor er letztendlich seinen Weg zum Boddhisattva vollendet.

Alle anderen Teile - mit Ausnahme einer Textstelle im Siksasamuccaya - werden in der indischen Literatur nicht erwähnt. Dieser Umstand sowie die Verwendung von einigen Zentral Asiatischen und Chinesischen Ortsnamen in der Chinesischen Übersetzung lassen vermuten, dass große Teile des Sutras ausserhalb von Indien entstande sind.

Vermutlich ist die vollständige Form des Avatamsaka-Sutras in zentral Asien - eventuell in der Region Khotan von einem oder mehreren Autoren verfasst worden. Dabei wurden vermultich verschiedene bereits vorhandene Sutren zusammengefügt und einige neu geschrieben um Lücken zu füllen.

Dieses Gesamtwerk wurde erstmals zwischen 418-420 von Buddhabhadra in 60 Bänden ins Chinesisch übersetzt. Eine weitere Übersetzung erfolgte durch Siksananda zwischen 695-699. Seine Fassung in Chinesich weist 80 Bücher auf. Zwischen 795-798 wurde das letze Buch - das Gandayuha - nochmals einzeln in 40 Büchernn übersetzt. Alle 3 Fassungen sind erhalten geblieben und wurden später weiter in Koreanisch und Japanisch übersetzt. Die Chinesiche Übersetzung ist als Hua Yen Sutra und die Japanisch Übersetzung als Kegon Sutra bekannt. Das letzte Kapitel der Übersetzung in 80 Bänden entspricht ausserdem dem vierten Sutra der Reine-Land-Schule.

Die ursprüngliche Fassung in Sanskrit ist bis auf die 2 oben erwähnten Teile verloren gegangen.

 
Vairocana Buddha Statue im Tempel Todaiji, dem Haupttempel der Kegon Schule in Japan.

Inhalt

Durch den große Umfang des Avatamsaka Sutras können hier nur einzelne Themengebiete herausgegriffen und kurz umrissen werden.

Allgemeines

Das Avatamsaka Sutra beschreibt 8 verschiedene Versammlungen von Boddhisatvas. Die erste Versammlung findet kurz nach der Erleuchtung des Buddha, der unter dem Weisheitsbaum sitzt, statt. Der Sprecher bei dieser Versammlung ist jedoch nicht Buddha selbst, sondern der Boddhisatva Samantabadra (der Boddhisatva der Weisheit). Auch bei den restlichen Versammlungen spricht der Buddha selbst nicht, sondern verharrt in der Stille.

Alles in Einem - Eines in Allem

Im Avatamsaka Sutra steht: Die Buddhas erkennen mit ihrer Weisheit, daß der ganze Kosmos der Seienden ohne Ausnahme so wie das große „Netz im Indra-Palaste“ ist, so daß alle Seienden wie die Edelsteine an jedem Knoten des „Indra-Netzes“ untereinander unendlich und unerschöpflich ihre Bilder und die Bilder der Bilder u.s.f. in sich spiegeln. (Buch 28, Das Buch von der Wunderbarkeit des Buddha)

Dieses Prinzip drückt die Sichtweise des buddhistischen Holismus aus. Jeder Gegenstand und jedes Lebewesen existiert nicht isoliert für sich, sondern ist mit allen anderen verbunden und ist selbst in jedem anderen Teil enthalten. Alles ist gegenseitig Durchdrungen. Die Kurzform dieses Prinzips lautet: Alles in Einem - Eines in Allem.

Vairocana

Der Buddha Vairocana ist eine zentrale Symbolik des Avatamsaka Sutras. Er symbolisiert den Dharmakaya. Er ist unendlich groß und lebt unendlich lang. Somit durchstrahlt er das gesamt Weltall in allen Zeiten und alles ist von ihm durchdrungen.

Der Urbuddha Vairocana wird auch mit einer Mudra abgebildet, die das Prinzip "Alles in Einem - Eines in Allem" ausdrückt. Dabei wird der Zeigefinger einer Hand von allen Fingern der anderen Hand umschlossen. In einer anderen Form werden von den gefalteten Händen die beiden Zeigefinger gerade weggestreckt.

Der Bodhisattva Weg

Das letzte Buch des Avatamsaka Sutras beschreibt anhand des Knaben Sudhona den Weg des Bodhisattvas. Ausgangspunkt der Reise bildet der erste Lehrer - der Bodhisattva Manjusri, der Sudhona ermutigt auf seinem Weg voranzuschreiten und sich verschiedenen Lehrern anzuvertrauen. Auf diesem Weg begegnet er insgesamt 53 verschiedenen Lehrern. Darunter sind sehr unterschiedliche Personen wie z.B. Priester, Ärzte, Frauen, ein Schiffer, Götter und sogar ein Irrlehrer. Von all diesen Lehrern kann Sudhona das lernen, das für die Erreichung der nächsten Stufe auf seinem Weg zum Bodhisatva für ihn notwendig ist. Seine Reise führt ihn dabei immer weiter in den Süden. Das kann als Metapher für die Hinwendung zum Licht, also zur Wahrheit, gesehen werden (Im Süden scheint die Sonne länger und intensiver) Eine weitere Interpretation ist, dass durch die Reise in den Süden auch die Entwicklung des Mahayana symbolisiert wird, das Anfangs vor allem im Süden Indiens große Bedeutung erlangte.

So gesehen können die 53 Lehrer von Sudhona auch als die 53 Stufen auf dem Weg des Bodhisattvas verstanden werden. Sein letzte Lehrer ist der Bodhisattva Samantabhadra, bei dem er schließlich seinen Weg vollendet. Im Avatamsaka Sutra steht dazu: Er betrachtete die Lebewesen mit dem reinen Weisheitsauge und lebte ruhig in der stillen Leerheit. Er begriff eingehend alles Seiende und tauchte in das tiefe Meer der großen Tugend Buddhas ein. Er vollendete den Weg der Erlösung [...] (Buch 34, Eintreten in den Kosmos der Wahrheit)

Die Reise des Knaben Sudhona ist in der buddhistischen Tempelanlage Borobudur in Indonesien in zahlreichen Reliefs abgebildet.

Das eine Fahrzeug

Das Avatamsaka Sutra entstand in einer Zeit, wo es bereits verschiedene buddhistische Lehren und Schulen gab. Im Avatamsaka Sutra wurden diese unterschiedlichen Sichtweisen zu einem Gesamtwerk mit einer übergeordneten Systematik zusammengefügt. Damit betont das Sutra den Aspekt der Gesamthaftigkeit des Dharma und versteht die verschiedenen Lehren und Schulen als verschiedene Wege zum gleichen Ziel. Daher wurde auch der Begriff "das eine Fahrzeug" geprägt. Nicht eine bestimmte Tradition, eine bestimmte Schule oder Lehrer führen alleine zum Ziel, sondern sind letzendlich Teile des Dharmas mit dem selben Ziel - der Buddhaschaft. Damit sind diese verschiedenen Wege Teil eben eines einzigen Fahrzeuges. Das eine Fahrzeug wird in der Hua-Yen Schule als i-ch'eng (Sanskrit: eka-yana) bezeichnet.

Schulen und Patriarchen

Die Übersetzungen des Avatamsaka Sutras wurden in China von verschiedenen Meistern studiert und interpretiert. Eine eigenständige Schule bildete sich erst mit Tu-shun (chin.: 杜順, 557–640). Er wird als erster Patriarch der Hua Yen Schule angesehen. Sein Nachfolger war Chih-yen (chin.: 智儼, 602–668). Der dritte Patriarch war Fa-ts'ang (chin.:法藏, 643–712). Er war ein Schüler von Hsuan Tsang und gilt als bedeutenster Gelehrter der Hua Yen Philosophie. Nach seinem Tod galt der Mönch Hui-yuan als größter Gelehrter der Hua Yen Schule. Er wurde jedoch nicht als Patriarch anerkannt. Diesen Titel erhielt erst Ch'eng-kuan (chin.: 澄觀, 737–838), der 26 Jahr nach dem Tod Fa-ts'angs geboren wurde. Der fünfte Patriarch war Ts'ung-mi (780–841), der auch Meister der Zen bzw. Chan Schule war.

Der Niedergang des Buddhismus begann mit der Regentschaft des Chinesischen Kaisers Wu-Tsong (chin.: 武宗, Regentschaft 841-847). Es wurden Kloster zerstört und Schriften verbrannt. Mönche und Nonnen wurden gezwungen ihre Roben abzulegen. Das bedeutete auch den Niedergang der Hua Yen Schule. Nur Schulen die keine schriftliche Grundlage benötigten konnten diese Zeit überdauern - die bekanntesten sind die Reine-Land-Schule und Chan (Zen). Das Avatasaka Sutra spielte ab dieser Zeit nur mehr eine untergeordnete Rolle, inspirierte andere Schulen, aber konnte sich in China nicht mehr als große Schule etablieren.

Noch vor 845 gelangte die Hua Yen Schule nach Japan wo es die Bezeichnung Kegon annahm, konnte sich aber gegen die Tendai und Shingon Schule nicht durchsetzen. Trotzdem ist die Kegon Schule bis heutig lebendig geblieben. Der Haupttempel der Kegon Schule in Japan ist Todaiji. Dort befindet sich auch die weltweit größte Buddha-Bronzestatue (Buddha Vairocana)

Nach Korea wurde das Avatamsaka Sutra von Uisang (義湘) gebracht, der gemeinsam mit Fa-ts'ang ein Schüler von Zhiyan war. In Korea konnte sich daraus die Hwaom-Schule etablieren, die zur bedeutensten buddhistischen Schule Koreas wurde. Ab dem 8. Jahrhundert wurde schrittweise Zen bekannter und bedeutender. Die Whaom-Schule wurde von Zen (Kor. Seon) integriert. Innerhalb von Seon spielt das Avatamsaka Sutra bis heute eine große Rolle.

Literatur

  • Kegon-Sutra. Band I. Avatamsaka-Sutra; Deutsche Übersetzug des Avatamsaka-Sutra (von Torakazu Doi); ISBN 3936018324
  • Kegon-Sutra. Band II. Avatamsaka-Sutra; Deutsche Übersetzug des Avatamsaka-Sutra (von Torakazu Doi); ISBN 3936018332
  • Alles ist reiner Geist; Deutsche Übersetzug des Avatamsaka-Sutra (von Cheng Chien Bhiksu); ISBN 3502650349
  • The Flower Ornament Scripture; Englische Übersetzug des Avatamsaka-Sutra (von Thomas F. Cleary); ISBN 0877739404
  • Hua-yen Buddhism, The Jewel Net of Indra; Francis H. Cook; ISBN 027102190X