Eltern-Determinismus (engl. Parental determinism) ist ein von Frank Furedi geprägter Terminus. Er bezeichnet diejenige populäre Doktrin, die gesellschaftliche Probleme stereotyp auf das massenhafte Versagen von Elternhauserziehung zurückführt.[1]
Staatliche Mitsprache in den Familien
Als die Grundlage der Doktrin des Eltern-Determinismus benennt Furedi das Vorurteil, dass das Wohlergehen sowohl des Kindes als auch der Gesellschaft mehr oder weniger vollständig durch die Qualität der Elternhauserziehung determiniert sei.[1] Sozio-ökonomische und kulturelle Faktoren, die hierfür nicht minder verantwortlich seien, werden dabei, so Furedi, systematisch ausgeblendet.[2]
Getragen wird der Eltern-Determinismus nach Furedis Auffassung von den Politikern, deren Experten und der „Erziehungsindustrie“. Als Beispiele für gesellschaftliche Probleme, die von ihnen der Erziehung angelastet werden, führt er u.a. die Unruhen in England 2011, Drogenmissbrauch, Übergewicht bei Kindern, Schwangerschaften Minderjähriger, Bildungsprobleme, Geistesstörungen und den Zusammenbruch sozialer Systeme an.[1]
Furedis Kritik gilt besonders David Cameron, der sich für die Einrichtung von Erziehungskursen für Eltern einsetzt und damit, wie Furedi fürchtet, mehr staatliche Mitsprache in den Familien durchzusetzen versucht. Ebenso gilt seine Kritik z. B. aber auch dem ehemaligen Wohlfahrtsminister Frank Field (Labour Party), den er als „einen der begeistertsten Förderer des Eltern-Determinismus-Vorurteils“ bezeichnet.[1]
Furedi ist davon überzeugt, dass angesichts der von sogenannten Experten aufgebauschten angeblichen Komplexität von Erziehung das Selbstbewusstsein von Eltern systematisch untergraben und die Familien damit letztlich empfindlich geschwächt werden.[1]
Intensivierung der Elternhauserziehung
Die Soziologin Charlotte Faircloth sieht Zusammenhänge zwischen der von Furedi beschriebenen Politisierung der Elternhauserziehung und aktuellen Trends der Elternhauserziehung, wie Attachment Parenting, „Intensiver Mutterschaft“ und generell einer historisch noch nie dagewesenen Intensität des häuslichen Erziehungsaufwandes.[3]
Literatur
- Ellie Lee, Charlotte Faircloth, Jan Macvarish: Parenting Culture Studies. Palgrave Macmillan, 2014, ISBN 978-1-137-30463-6 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Val Gillies: Personalising Poverty: Parental Determinism and the Big Society Agenda. In: Will Atkinson, Steven Roberts, Mike Savage (Hrsg.): Class Inequality in Austerity Britain: Power, Difference and Suffering. Palgrave Macmilla, 2013, ISBN 978-1-137-01637-9, S. 90–110 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Weblinks
- Poor parenting 'blamed for all' BBC News, 16. Februar 2010
- Ellie Lee: The tyranny of parental determinism Spiked, 24. August 2011
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e Frank Furedi: Parental determinism: a most harmful prejudice. Abgerufen am 2. Dezember 2015.
- ↑ Intensive Parenting. Abgerufen am 2. Dezember 2015.
- ↑ Charlotte Faircloth: This obsession with parenting is out of control. Abgerufen am 2. Dezember 2015. The Conversation, 22. Juli 2014