Das Perfekt ist im gesprochenen Deutsch die dominierende Verbform für die Beschreibung von Vergangenem.
Das Präteritum dagegen, das die gleiche Zeitstufe ausdrückt wie das Perfekt, ist die Erzählzeit vor allem in schriftlichen Texten.
Auch vom Medium – gesprochene Sprache oder Schrift – abgesehen lassen sich Unterschiede zwischen dem Perfekt und dem Präteritum ausmachen. Das Perfekt hat den Aspekt der punktuellen, vollendeten Handlung, die in der Vergangenheit abgeschlossen wurde und Auswirkungen auf die Gegenwart hat. Bsp.: „Er hat gegessen.“ → „Er ist satt.“ Das Präteritum (oder Imperfekt) dagegen drückt häufig aus, dass eine Handlung in der Vergangenheit eine gewisse Dauer hatte. Bsp: „Sie gingen und gingen und gingen.“
Beispiele für die Konjugation
„arbeiten“ (Aktiv)
- ich habe gearbeitet
- du hast gearbeitet
- er/sie/es hat gearbeitet
- wir haben gearbeitet
- ihr habt gearbeitet
- sie haben gearbeitet
- Infinitiv: gearbeitet haben
„gesehen werden“ (Passiv)
- ich bin gesehen worden
- du bist gesehen worden
- er/sie/es ist gesehen worden
- wir sind gesehen worden
- ihr seid gesehen worden
- sie sind gesehen worden
„gehen“ (Aktiv)
- ich bin gegangen
- du bist gegangen
- er/sie/es ist gegangen
- wir sind gegangen
- ihr seid gegangen
- sie sind gegangen
Mehrteilige Verbform
Das deutsche Perfekt setzt sich aus der Personalform der temporalen Hilfsverben „haben“ und „sein“ und dem aussagenden Verb zusammen; im Passiv kommt noch die Form „worden“ hinzu. Die Personalform wird im Präsens konjugiert. Das aussagende Verb steht stets im Partizip II und ist daher in jeder Person gleich. Das Partizip II findet auch in anderen Zusammenhängen Verwendung, beispielsweise als attributives Adjektiv, wo es dekliniert wird (Beispiel: „Geschnittenes Brot schimmelt leicht“).
Vergleich mit anderen Sprachen
Sehr ähnlich wie das deutsche Perfekt Passiv wird das lateinische Perfekt Passiv gebildet: Mit Partizip Perfekt Passiv und einer Präsensform von esse („sein“). Nur für das deutsche „worden“, das im Grunde aber auch überflüssig ist, gibt es im Lateinischen keine Entsprechung.
Bsp.: Laudatus est. – Er ist gelobt worden.
Im Aktiv geht das lateinische Perfekt andere Wege als das Deutsche. Die Verben haben einen speziellen Perfektstamm und Personalendungen, die dem Perfekt vorbehalten sind.
Perfekt mit „haben“ oder „sein“?
Das Perfekt der meisten Verben wird mit „haben“ gebildet, im übrigen auch bei allen reflexiven bzw. reflexiv gebrauchten Verben.
Mit „sein“ wird das Perfekt von Verben gebildet, die eine Ortsänderung („von A nach B“: kommen, gehen, fahren, springen …) ausdrücken. Diese Verben werden manchmal auch als Bewegungsverben bezeichnet.
Verben, die eine Zustandsänderung (Übergang von einem Zustand in einen anderen) ausdrücken (aufwachen, sterben, verwelken), bilden das Perfekt ebenfalls mit „sein“.
Regionale Unterschiede gibt es bei der Bildung des Perfekts von Verben der Position (stehen, sitzen, liegen etc.) – im nördlichen Teil Deutschlands mit „haben“ gebildet, in Österreich, der Schweiz und weiten Teilen Süddeutschlands jedoch mit „sein“ (ich bin gestanden, er ist gesessen). Beides gilt als korrekt.
Ersatz des Präteritums durch das Perfekt
In der gesprochenen Sprache Umgangssprache und in Dialekten ist das Perfekt die dominierende Erzählform.
Diese Entwicklung ist im Süden des deutschen Sprachraums bereits im 16./17. Jahrhundert eingetreten und wird auf den Ausfall des „e“ am Ende der Präteritumformen regulärer Verben zurückgeführt. Eindeutiger als „er sagt“ und „er sagte“ erschien die Form „er hat gesagt“.
Im Norden des deutschen Sprachraums lässt sich ein allmählicher Rückgang des Präteritums beobachten. Dies hängt wohl auch damit zusammen, dass die Präteritum-Formen in der Umgangssprache zunehmend als gekünstelt und kalt empfunden werden.