Definition
Um den Begriff Verkehrstelematik zu erklären, muss man ihn zunächst einmal aufteilen in Verkehr und Telematik.
Das Wort Verkehrstelematik umschreibt also alles, was mit Fahrzeugen, ihren Insassen, dem versenden, empfangen, bearbeiten und darstellen von Daten in einem Kraftfahrzeug zu tun hat. Des weiteren unterstützt die Verkehrstelematik die Koordinierung des Verkehrs auf Straßen, Schienen sowie auf See und in der Luft.
Der Begriff Verkehrstelematik
Er zählt zu den viel strapazierten Begriffen im deutschen Sprachgebrauch, mit dem zumeist eine hohe Erwartungshaltung verbunden wird. So soll Verkehrstelematik die Gesellschaft revolutionieren, der Wirtschaft überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum verleihen und allerorts Nutzen stiften. Gründe, weshalb die Umsetzung von Verkehrstelematik-Applikationen nur langsam voranschreitet, mag es viele geben. Einer dieser Gründe jedoch ist die Tatsache, dass für derartige Applikationen Informationen benötigt werden - Informationen sowohl über den Verkehrsträger Strasse als auch über der Straßenverkehr selbst -, die nur selten in der erforderlichen Qualität vorhanden sind. Dieser Mangel an nutzbarer Information führt dazu, dass die Entwicklung und Verbreitung von Verkehrstelematik-Applikationen nur langsam vor sich geht, was wiederum dazu führt, dass der vorhergesagte Nutzen vorerst ausbleibt.
Brauchen wir Telematiklösungen im Straßenverkehr?
Die Frage, die sich wohl jeder stellt, wenn er den Begriff Verkehrstelematik hört, wird wahrscheinlich sein: „Wozu brauchen wir Telematiksysteme im Straßenverkehr und was hab ich davon?“.
Nun, die Beantwortung dieser Frage ist recht simpel. Das, was dem durchschnittlichen Autofahrer wohl am meisten ärgert ist die Tatsache, dass er immer öfter im Stau steht und damit unnötig Zeit und Geld vergeudet. Nach einer Studie vom ADAC steht der durchschnittliche Autofahrer rund 65 Stunden im Jahr im Stau, Tendenz steigend. Im Stau werden jährlich rund 14 Milliarden Liter Kraftstoff unnütz in die Luft geblasen, was erstens für die Natur, sprich Umwelt, überhaupt nicht gut ist. Des weiteren schadet der Stau auch der Wirtschaft (die Mineralölkonzerne seien hierbei ausgeschlossen), denn Zeit ist bekanntlich Geld, und wenn die Spedition nicht pünktlich liefert wird es nun mal teuer für sie. Ein Stau fördert auch nicht gerade die Motivation der Angestellten eines Betriebes, wenn sie jeden Tag auf und vom Weg zur Arbeit ewig lang im Stau stehen müssen, wo runter nun die Qualität etwaiger Produkte und Dienstleistungen leiden kann.
Eine Studie des Bundesverkehrsministeriums geht davon aus, dass der Güterverkehr in Deutschland bis zum Jahre 2010 um 78% und der Personenverkehr um bis zu 32% wachsen werde. Dem gegenüber ist zu sehen, dass die Entwicklung und Verbesserung des Straßennetzes wohl kaum die selbe Geschwindigkeit (Aufgrund Geld Mangels der Bundesregierung) annehmen wird. Und genau hier kommt die Verkehrstelematik ins Spiel. Sie kann zwar keine neuen Straßennetze ausbauen, sie verfügt aber über die Möglichkeit, bestehende Infrastrukturen viel besser auszunutzen. So kann dem Autofahrer rechtzeitig und hochaktuell bekannt gegeben werden, was ihm auf seiner gewählten Route erwartet und wie er etwaige Engpässe und Problemstellen umgehen kann. Der momentane Radiodienst ist dazu nicht in der Lage, da er meistens nur jede halbe Stunde berichtet und Staus, die er ansagt gar nicht mehr vorhanden sind, oder der Fahrer nicht mehr die Möglichkeit hat, eine andere Strecke zu nehmen.
Einsatz der Verkehrstelematik
Eines der grössten Einsatzgebiete der Telematik ist die Verkehrstelematik. Hierunter fallen alle elektronischen Steuerungssysteme, mit deren Hilfe Verkehr koordiniert wird. Hier liegen viele Hoffnungen zur Verkehrsvermeidung, doch auch hier wird bis zum Masseneinsatz noch einige Zeit vergehen.
Folgende Ziele sollen mit der Verkehrstelematik erreicht werden:
- Steigerung der Effizienz der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur
- Vermeidung von Staus sowie Leer- und Suchfahrten
- Kombination der Vorteile der einzelnen Verkehrsträger (Schiene, Strasse, Wasser, Luft) und Verschmelzung zu einem integrierten Gesamtkonzept (Modal Split)
- Erhöhung der Verkehrssicherheit, daraus resultierend Verringerung der Unfälle und der Staugefahr
(HAHN/KRETSCHMER-BÄUMEL, S. 486)
Individualverkehr
Der Autoverkehr ist wohl neben dem Schienenverkehr das grösste Einsatzgebiet der technischen Telematik.
An deutschen Autobahnen werden zunehmend Wechselverkehrszeichen installiert, die die Verkehrsdichte messen. Dadurch wird eine Höchstgeschwindigkeit errechnet, die einen reibungsloseren Verkehrsfluss gewährleisten soll. Auch bei schlechter Witterung beschränken diese Anlagen die Maximalgeschwindigkeit. Unfälle konnten so um 30%, schwere Unfälle sogar um 50% gesenkt werden. Im Jahr 2000 sollen etwa ein Drittel der deutschen Autobahnen mit solchen Verkehrsbeeinflussungsanlagen ausgestattet sein.
Seit Herbst 1997 existiert der sog. RDS/TMC. Hinter dieser schönen Abkürzung verbirgt sich der englische Ausdruck ,,Radio Data System/Traffic Message Channel". Es handelt sich hierbei um einen Verkehrswarndienst, durch den sich Stau- und Gefahrensituationen per Autoradio jederzeit gezielt und beliebig wiederholbar abrufen lassen. Dadurch wird die Sicherheit erhöht und der Verkehr gleichmässiger auf verschiedene Strassen verteilt.
Relativ bekannt und in zunehmenden Masse verbreitet sind Navigationssysteme in Autos. Anstatt sich auf dem Atlas oder im Computer eine Route zu suchen, wird über der Fahrer über Satellitennavigation zum Ziel geleitet. Auf diese Weise entfällt der durch ,,Verfahren" entstehende Verkehr sowie ein Teil des Suchverkehrs, denn in modernen Systemen sind z.B. Parkhäuser mitverzeichnet. Eine Kombination aus aktuellen Verkehrsnachrichten und Satellitennavigation bereits heute die optimale Wegstrecke finden. Auch beim Pannendienst und beim Notruf werden solche Systeme eingesetzt.
Die Einführung einer gerechten Strassenbenutzungsgebühr ist eine Möglichkeit zum Kostenausgleich durch den MIV (Electronic Road Pricing). Die Erfahrung zeigt, dass viele Autofahrererst über ihr Verhalten nachdenken, wenn ihr Geldbeutel in Mitleidenschaft gezogen wird. Auch hier können Telematiksysteme behilflich sein (GAßNER, KEILINGHAUS, NOLTE, S. 61f).
Die Ideale des sich selbst steuernden Fahrzeugs hingegen wurde zumindest teilweise wieder aufgegeben (z.B. bei Siemens). Zwar sind Steuerungsinstrumente dieser Art technisch in greifbare Nähe gerückt, doch es hat sich die Meinung durchgesetzt, der Fahrer solle nicht komplett durch Spurlenkung und Auffahrschutz usw. aus der Verantwortung genommen werden.
In vielen Städten ist bereits die Einführung von verkehrsabhängig geschalteten LSA (Lichtsignalanlagen) erfolgt. Auf diese Weise sollen die Rotphasen je nach unterschiedlichem Bedarf geregelt werden. Dies entlastet die Umwelt durch weniger Abgase. In diesem Zusammenhang muss auch das Hintereinanderschalten mehrerer Ampeln zur ,,Grünen Welle" genannt werden.
Kommunal betriebene Verkehrsleitsysteme reduzieren den Parksuchverkehr. Durch Parkleitsysteme und Park&Ride-Informationssysteme wird die Innenstadt vom MIV etwas entlastet.
ÖPNV, schienengebundener Personenverkehr
In allen grösseren Verkehrsverbünden regelt ein telematisches Betriebsleitsystem heutzutage den präzisen und reibungslosen Ablauf.
ÖPNV-Fahrzeuge werden im Verkehr durch Vorrangschaltungen an Ampeln bevorzugt. Dadurch wird eine Geschwindigkeits- und eine Attraktivitätssteigerung erreicht. Oft trifft man auch Busspuren mit eigenen Signalanlagen an.
Sowohl in ÖPNV-Verbünden als auch bei der Bahn setzen sich immer mehr elektronische Informations-, Buchungs- und Reservierungssysteme durch. Bezahlt wird bargeldlos. So soll der Kunde zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel gelockt und dadurch eine nachhaltige Verkehrsreduzierung erreicht werden. 1999 soll(te) ein integriertes Auskunftssystem (Projekt DELFI) eingeführt werden, das über den öffentlichen Personenverkehr über Verbunds- und Bahngrenzen hinaus Auskünfte erteilt.
Güterverkehr
Beim Güterverkehr kommt zum erstrebten reibungslosen, termingerechten Ablauf vor allen Dingen ein funktionierender Warenumschlag zwischen den Verkehrsträgern und an kundenspezifischen Schnittstellen dazu. Auch hier kommt ein Betriebsleitsystem zum Einsatz, das die Koordination übernimmt. So soll die Fahrtenanzahl verringert und der Umstieg auf Schiene und Binnenschifffahrt erleichtert werden (HAHN/KRETSCHMER-BÄUMEL, S. 488).
Ein weiterer grosser Unterschied bildet der ausgeprägte Einsatz von telematischen Logistiksystemen. Funk- und satellitgestützte Flottenmanagmentsysteme erleichtern das Auffinden von Ware (dies ist in den USA bei UPS bereits für jedermann im Internet möglich), sorgt für eine verbesserte Nutzung des Transportraums und reduziert Leerfahrten und Umwege.
In Güterverkehrszentren wird der Güterfernverkehr mit den City-Logistiksystemen gekoppelt. Besonders in der Stadt können so Wegstrecken optimiert und eine stadtgerechte Fahrzeugwahl vereinfacht werden.
See- und Luftfahrt
In beiden Transportsystemen spielt die Sicherheit durch Telematik-Anwendungen eine besondere Rolle. So überwachen Radarsysteme sowohl den Luft- als auch den Seeraum. Die von der europäischen Verkehrsflusszentrale in Brüssel gesteuerte Luftraumüberwachung ,,Eurocontrol" soll das geplante Luftverkehrsaufkommen und die Kapazität aufeinander abstimmen. Nach Auskunft des Flughafens München wird der Luftraum jedoch noch immer von relativ vielen, kleinräumigen Zentralen überwacht. Hier besteht also mit Sicherheit noch Handlungsbedarf. Auch die Produktivität und die Auslastung soll mithilfe von IuK-Techniken verbessert werden.
Satellitensysteme werden zur Erstellung von elektronischen Seekarten, Streckenflugrouten und Landemanövern benutzt. Auch der Transport von Gefahrengut profitiert von diesen Systemen.