Jeet Kune Do (Vorlage:Zh-cp = Weg der eingreifenden Faust) ist ein von Bruce Lee entwickeltes Kampfkunstsystem bzw. Selbstverteidigungskonzept. Ursprünglich wurde das Kampfsystem Jun Fan Gung Fu bzw. Jun Fan Kung-Fu genannt, wobei Jun Fan von Lees chinesischem Namen herrührt.
Das System ist auf größtmögliche Effektivität im Kampf ausgerichtet. Dazu kombiniert es einerseits Elemente aus dem Wing Chun mit Techniken aus diversen anderen östlichen und westlichen Kampfkünsten, darunter auch das westliche Boxen. Andererseits verzichtet es komplett auf traditionelle Elemente fernöstlicher Kampfkünste. Lee legte stets großen Wert darauf, dass sein Konzept nicht als ritualisierte Kampfkunst verstanden wurde.
Nimm die Dinge wie sie sind: schlage, wenn du schlagen musst, tritt, wenn du treten musst.
Bruce Lee
Als er aufgrund einer Wirbelsäulenverletzung mehrere Monate an das Bett gefesselt war, beschrieb Bruce Lee das System in Zusammenarbeit mit seiner Frau Linda im Buch "Tao of Jeet Kune Do". Das Buch wurde 1978 posthum veröffentlicht und enthält viele eigenhändige Skizzen und philosophische Erläuterungen.
Wie bereits erwähnt, ist Jeet Kune Do (JKD) nicht als Kampfkunststil, sondern vielmehr als -prinzip zu verstehen, wobei es Bruce Lee als wichtig erachtete, dass "Jeet Kune Do" nur ein Name sei, der nicht überinterpretiert werden sollte. Er beschrieb sein Wirken mit den Worten "Having no way as way - having no limitation as limitation" und verfolgte damit primär die Vorstellung vom Daoismus. Man soll den Dingen ihren Lauf lassen und keine feste Form oder Vorstellung entwickeln, sondern sich dem Fluss der Dinge aktiv hingeben. Im Chinesischen spricht man hier vom wu wei, dem "Leer-" bzw. "Nicht-sein", weitere Beschreibungen sind das "Handeln durch Nicht-Handeln".
Bruce Lee selbst verwies des öfteren auf das Wasser als elementare Kraft der Natur: anpassungsfähig, nicht greifbar, und doch in der Lage, einen Stein zu höhlen. Diese Natur des Wassers nahm er sich zum Vorbild für den Zweikampf: nicht der Boxer, der Karateka oder der Taekwondoka allein ist der beste Kämpfer, sondern jener, der sich - ohne an bestimmten, einstudierten Techniken festzuhalten - der Situation und dem Gegner am besten anpassen kann. Dazu gehört auch, den Menschen als Individuum zu betrachten. Jeder Mensch soll seinen eigenen, individuellen "Stil" entwickeln, auf seinen Körper hören und diesem folgen. Es spielt nicht nur die Körperkraft eine Rolle, sondern vielmehr der Impuls, die Kombination aus "Kraft" bzw. Masse und Schnelligkeit. Letzteres ist vor allem für kleine, aber schnelle Kämpfer wichtig, da diese die fehlende Masse durch Schnelligkeit auffangen können. Darüber hinaus hat JKD einen hohen philosophischen Anspruch und ist daher viel mehr als eine rein körperliche Ausdrucksform.
In seinem letzten Film - Game Of Death, während dessen Dreharbeiten Bruce Lee verstarb und welcher daher nie durch ihn zu Ende gebracht, sondern durch zusätzliche Szenen mit Doppelgängern aufgefüllt wurde - sollte das Grundprinzip von JKD durchscheinen. In jedem Stockwerk einer fünfstufigen Pagode sollte eine andere Kampfkunst demonstriert werden, wobei die Anpassungsfähigkeit des JKD Bruce Lee dazu verhelfen sollte, als einziger alle Gegner zu besiegen. Um sich von den anderen Kampfkünstlern - alle in jeweils traditioneller Kleidung - zu unterscheiden und somit die Einzigartigkeit des JKD hervorzuheben, trug Bruce Lee in diesem Film seinen berühmten gelben Anzug.
Die Originalaufnahmen zu Game Of Death galten lange Zeit als verschollen, sind aber inzwischen aufgetaucht. Insbesondere im Kampf gegen Dan Inosanto ist sehr gut erkennbar, welchen filmischen Anspruch Bruce Lee umsetzen wollte. Es sollte nicht nur die "Action", sondern auch die Philosophie des JKD überliefert werden, was sich in den Dialogen und symbolisch durch den Bambusstock - eine äußerst flexible, aber dennoch kraftvolle Waffe - äußert, den Bruce Lee in dieser Szene anfänglich benutzt.
Aufgrund seiner kritischen Ausführungen zu den traditionellen Kampfsportarten und der Tatsache, dass er jedwede Person unabhängig von der ethnischen Herkunft unterrichtete, welche den erforderlichen philosophischen Ansprüchen des JKD gerecht wurde, geriet Bruce Lee in Amerika schnell in Auseinandersetzungen mit den traditionellen chinesischen Meistern. Diese waren der Ansicht, dass die Geheimnisse der asiatischen Kampfkünste nicht an die westliche Bevölkerung weitergegeben werden durften. Daher kam es zu einem historischen Zweikampf zwischen Bruce Lee und einem der Meister. Nachdem Bruce Lee innerhalb weniger Minuten den Meister besiegt hatte, durfte er von dem Zeitpunkt an ohne weitere Einwände die westlichen Schüler unterrichten. Wie hart Bruce Lee hinsichtlich der Weiterentwicklung seiner Prinzipien zu sich selbst war, kann man gut an der Tatsache erkennen, dass er sich nach dem besagten Kampf darüber ärgerte, dass er "zu lange gedauert habe".
Eine der berühmtesten Techniken des JKD, die man unweigerlich mit Bruce Lee in Verbindung bringt, ist der sog. One Inch Punch (eine Technik, die eigentlich aus dem Wing Chun stammt). Dabei führte er aus einer sehr geringen Distanz - daher der Name - einen Fauststoß aus, der den Gegner mehrere Meter taumeln ließ. Mit der Demonstration dieser und weiterer Techniken auf einer Kampfsportgala wurde der Meilenstein für Bruce Lee's Karriere als Filmstar und Ikone als Kung-Fu-Kämpfer gelegt. Von vielen ehemaligen Schülern und angesehenen Kampfkünstlern wird er als der beste Kung-Fu-Kämpfer des letzten Jahrhunderts angesehen.
Bruce Lee gab sein JKD zu Lebzeiten nur an wenige auserwählte Schüler weiter, darunter auch Schauspielgrößen wie James Coburn und Chuck Norris. Desweiteren waren seine Schüler Ted Wong, Larry Hartsell, Bob Bremer, Taky Kimura, Lee's Ehefrau Linda, Dan Inosanto und noch einige mehr. Dan Inosanto war der einzige Schüler Lee's, der von ihm persönlich zertifiziert wurde Jeet Kune Do zu unterrichten. Unter seiner Führung entwickelten sich zahlreiche hervorragende Kampfsportler, wie z.B. Paul Vunak dem Begründer des Progressive Fighting System.
Jeet Kune Do in Deutschland
In Deutschland existieren heute zahlreiche JKD-Schulen. Die aktuell bekanntesten und renomiertesten Lehrer - Sifu genannt - sind Udo Müller (Speyer), Waldo Brandt (Göttingen), Ralf Beckmann (Hannover), Boris Bankl (Würzburg) und Frank Burczynski (Berlin).
Frank Burczynski, welcher von Larry Hartsell ausgebildet wurde, ist Authorized Representative (autorisierter Repräsentant) des Combat Submision Wrestling von Erik Paulsons - einem speziellen Kampfstil für sportliche Wettkämpfe im Vale tudo. Sowohl Erik Paulsons als auch Frank Burczynski begreifen den Free Fight bzw. die Mixed Martial Arts Kämpfe als die sportliche Umsetzung des JKD-Prinzips. Denn nur komplette Kämpfer, die ihre Fertigkeiten immer weiter verfeinern, offen für Neues sind und nicht dogmatisch verharren können bei diesem Extremsport über einen längeren Zeitraum bestehen.