Altkatholische Kirche der Mariaviten
Die Altkatholische Kirche der Mariaviten ist eine von der römisch-katholischen Kirche unabhängige sich katholisch verstehende religiöse Gemeinschaft, die vor allem in Polen verbreitet ist. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts schlossen sie sich der Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen an. Jedoch wurden sie bereits in den 1920er Jahren wieder aus der Union ausgeschlossen, da die Mariaviten von der Union nicht tolerierbare Tendenzen entwickelten, so kam es z. B. zu 'mystische Ehen' zwischen Priestern und Nonnen. Eine Abspaltung ist die nur 2800 Mitglieder zählende Katholische Kirche der Mariaviten, die von dem verstorbenen Erzbischof Jan Michał Maria Kowalski gegründet wurde.
Geschichte
Die Geschichte der Mariaviten geht auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Im Jahre 1887 gründete die Nonne Feliksa Kozłowska eine Kongregation nach der Regel der Heiligen Clara. Dieser Orden wurde später Orden der Mariaviten genannt. In dieser Epoche waren die "Mariaviten" eine von vielen römisch-katholischen Kongregationen. Seit 1883 war Feliksa Kozłowska jedoch schon Mitglied der Kongregation, die vom seligen Kapuzinermönch Honorat Koźmiński gegründete wurde. All diese religiösen Organisationen waren gemäß den Gesetzen des russischen Reiches zu dieser Zeit verboten. Polen war zwischen Russland, Preußen und Österreich aufgeteilt. Nach den polnischen Januar Aufständen von 1863 verboten die zaristischen Behörden die Errichtung von polnisch-nationalen Organisationen, sowie aller nichtorthodoxen Klöster und Gemeinschaften. Viele römisch-katholischen Klöster wurden demnach aufgelöst. In dieser schwierigen politischen Situation wurde die Bewegung der Mariaviten begründet.
Die Privatoffenbarungen der Feliksa Kozłowska
1893 empfing Feliksa Kozłowska, auch bekannt unter ihren Kloster-Namen, Maria Franciszka, ihre erste Vision. Der 2. August 1893 ist seitdem das Datum, in der die religiöse Bewegung der "Mariaviten" begründet wurde. Seitdem besteht die Mariavitische Kirche. Der Name "Mariaviten" kommt aus den lateinischen Wörtern "Mariae vitam imitans", was bedeutet wie dem Leben Marias zu folgen. Die Visionen von Feliksa Kozłowska, die sie zwischen 1893 und 1918 empfing, wurden 1922 in den Sammelband "Dzieło Wielkiego Miłosierdzia" - "Werk der großen Gnade" - veröffentlicht. Die Privatoffenbarungen stellt neben der Bibel die wichtigste religiöse Quelle für die Mariaviten dar. In ihren Visionen kämpfte Feliksa Kozłowska gegen den moralischen Niedergang der Welt, besonders des Klerus. In ihrer ersten Vision wurde ihr von daher aufgetragen, die Ordnung des katholischen Klerus neu zu organisieren. Das Ziel dieser Neuordnung versprach das Ende der bisherigen Doppelmoral. Die immerwährende Anbetung des Heiligen Sakraments in Form der Hostie wurde angeordnet. Die Mariaviten verpflichteten sich, ihre Form katholischer Frömmigkeit zu verbreiten. In dieser Epoche vertreten die Mariaviten den polnischen Klerus.
Die Bewegung der Mariaviten
Für Feliksa Kozłowska und die Priester ist die Bewegung der Mariaviten ein Werkzeug Gottes für die innere Mission und Reform in der katholischen Kirche. Jedoch gestaltete sich dieses Unternehmen schwieriger als angenommen. Die polnischen Bischöfe verschwiegen die Existenz der Kongregation, weil Sanktionen der russischen Behörden zu erwarten waren. Von daher wurde bis 1903 die Existenz der Mariaviten von der römisch-katholischen Kirche abgestritten. Als einziger leitete der Bischof von Plock die Kanonisation der Mariaviten ein. Die Leitung der Mariaviten wurde befragt, sowie die Dokumente zum Heiligen Stuhl nach Rom gesandt. Einen Monat später empfing der Papst in Rom die Delegation der Mariaviten. Sie mussten jedoch auf das Konklave und die Wahl eines neuen Papstes warten. In dieser Zeit wählten die Mariaviten Jan Maria Franciszek Kowalski zum 1sten Generalminister. Nach zwei Wochen des Wartens, präsentierten sie ihren Fall Papst Pius X. Im Juni 1904 reiste die zweite Delegation nach Rom, um die römische Kurie von der Wichtigkeit ihrer Mission zu überzeugen. Papst Pius X versprach, ihrer Bitte nach Anerkennung der Kongregation zu entsprechen. Die Entscheidung wurde jedoch von der Kongregation für die Glaubenslehre gegen die Mariaviten getroffen. Im Dezember 1904 positionierte sich ebenfalls Papst Pius X überraschend gegen die Mariaviten. Die Privatoffenbarungen der Feliksa Kozłowska wurden als Halluzinationen gewertet. Pius X löste die Bewegung auf und verbot jeden Kontakt zwischen den Priestern und Feliksa Kozłowska. Nach dieser Nachricht aus Rom wurden zwei weitere Delegationen der Mariaviten nach Rom gesandt. Die Geduld der Mariaviten wurde jedoch erschöpft. Sie rebellierten, weil diese ihr Vertrauen nach vielen irreführenden Versprechungen missbraucht sahen. Im Februar des Jahres 1906 informierten die Mariaviten den Heiligen Stuhl über die Aufkündigung der Zusammenarbeit mit den Bischöfen der römisch-katholischen Kirche in Polen. Die Reaktion aus Rom folgte im selben Jahr durch die Enzyklika "Tribus circiter", wobei Pius X die Privatoffenbarungen der Feliksa Kozłowska ablehnte, und die Anerkennung der Mariaviten von der Ablegung dieser abhängig machte. Die Mariaviten entschieden sich, die Privatoffenbarung nicht fallen zu lassen. Daraufhin wurden Feliksa Kozłowska und Jan Maria Franciszek Kowalski im Dezember 1906 exkommuniziert. Feliksa Kozłowska war die erste Frau, die der Vatikan persönlich exkommunizierte!
Die Kirche der Mariaviten
Zwischenzeitlich wurde die Kongregation der Mariaviten im November 1906 als "geduldete Sekte" von den russischen Behörden legalisiert. Sechs Jahre später wurden sie als eigenständige Kirche anerkannt. Im Jahre 1906 zählten die Mariaviten ca. 50-60 Tausend Anhänger. Fünf Jahre später erwähnen historische Quellen die Zahl von 160.000 Gläubige. Diese Massenkonvertierung war auch ein Ergebnis der Auseinandersetzung mit Rom. Die kirchliche Organisation der Mariaviten ähnelte sehr den protestantischen Gemeinschaften, jedes Gemeindemitglied hatte ein Mitbestimmungsrecht. Von der Theologie, dem Weihe- und dem Sakramentsverständnis blieben die Mariaviten jedoch katholisch. Sehr schnell organisierten sich die Mariaviten. Die Mariaviten errichteten ihre eigenen Schulen, Kindergärten, Bibliotheken, Armenküchen, Kirchengeschäfte, Hospize, Waisenhäuser und Druckerein. In einem Tempo bauten sie neue Kirchen. 1911 beendeten sie den Bau ihrer Hauptkirche in Plock. Seit 1906 war polnisch die liturgische Sprache der Mariaviten. Von der römisch-katholischen Kirche getrennt, waren die Mariaviten darauf angewiesen, ihren Bischof von der Altkatholischen Kirche in Utrecht weihen zu lassen. Da die Mariaviten auf die apostolische Sukzession und das damit verbundene Weihesakrament Wert legten, verbanden diese sich mit der Altkatholischen Kirche in Utrecht. Der erste mariavitische Bischof, Priester Michał Kowalski, wurde 1909 in Utrecht, Niederlande, konsekriert. Gleichzeitig trat die Kirche der Mariaviten der Utrechter Union bei. Im Jahr 1921 trauerten die Mariaviten um den Tod der Gründerin, Mutter Maria Franciszka Kozłowska.
Nach dem Tod von Feliksa Kozłowska wurde Bischof Kowalski Oberhaupt der Mariaviten. Er forcierte eine Anzahl von Reformen, die bis heute umstritten sind. Die Einführung der Ehen zwischen Priestern und Nonnen (1924) und das Priestertum für Frauen (1929) wurde am meisten diskutiert. Von daher forderten im Oktober 1934 zahlreiche Bischöfe und Priester der Mariaviten die Rücknahme einiger Neuerungen. Im Januar 1935 entschied sich die Generalversammlung der Kirche, Kowalski von seiner Position zu entfernen. Der Erzbischof zählte Unterstützer, wechselte mit diesen nach Felicjanów, und begründete die katholische Kirche der Mariaviten. Die verbliebenen Mariaviten formierten sich zur Altkatholischen Kirche der Mariaviten. Die Mariaviten werden zur Zeit von zwei Kirchen, einer Kongregation und einem Orden* vertreten: Die Altkatholische Kirche der Mariaviten zählt ca. 25.000 Gläubigen, die katholische Kirche der Mariaviten in Felicjanów ca. 2.600 Gläubige. Die Kongregation der Mariaviten ist eine eigenständige Priestergemeinschaft unter Generalminister Prof. Dr. Rudnicki und der Orden der Mariaviten in Deutschland -Auslandsjurisdiktion- unter Pater Norbert in Köln
Oberhäupter der Mariaviten
- 1909 - 1935 Johann Michael Maria Kowalski (1871-1942)
- 1935 - 1945 Klemens Maria Filip Feldman (Anmerkung 1)
- 1945 - 1953 Roman Maria Jakub Prochniewski
- 1953 - 1957 Waclaw Maria Bartomiej Przysiecki
- 1957 - 1965 Jan Maria Michel Sitek
- 1965 - 1972 Waclaw Maria Innocenty Golebiowski
- 1972 - 1997 Stanislaw Maria Tymoteusz Kowalski
- 1997 - heute Wlodzimierz Jaworski
(Anmerkung 1) Feldman wurde als "deutscher Bischof" aufgrund der Intervention des III. Reiches nach Deutschland zurückbeordert und versah in einer deutschen Pfarrei seinen Dienst und war nicht bis zum Ende des Krieges 1945 in Polen. Nach dokumentiertem Wissen des Verfasser der (Anmerkung 1), hat Norbert Paulus Maas nach Ende des zweiten Weltkrieges die "mariavitischen Weihen" nach Felicjanow zurückgebracht.