Kök-Türken

historische türkische Konföderation nördlich des Kaukasus und in Zentralasien
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Die weiten Steppengebiete Asiens bilden bis heute eine monotone und schier endlose Landschaft. Selbst heute sind diese Gebiete nur dünn besiedelt. Diese Bevölkerung ist bis in die heutige Zeit als zäh und genügsam bekannt – die Steppen galten seit jeher als rauh, unzivilisiert und unwirtschaftlich. Kurz gesagt: sie galten als der letzte Ort, wo mächtige Reiche gegründet werden konnten. Aber dennoch zeigte die Geschichte, daß dem nicht so war. Die Steppen Asiens brachten einige Reiche hervor, die selbst in der späteren europäischen Geschichte eine bedeutende Rolle spielen sollten.

Namensbedeutung

Die Alttürken werden heute als Göktürken bzw. als Köktürken (Eigenbezeichnung: Göktürkler bzw. Köktürkler) bezeichnet. Das türkische Gök bzw. das alttürkische Kök bedeutet eigentlich "Blau" sowie "Himmel". Mit dieser Bezeichnung wurde eine der Himmelsrichtungen angegeben.

Als Alternativbezeichnungen sind auch Kök-Turuk und Gök-Türük bekannt.

Vorgeschichte

Die frühen Steppenvölker werden heute vielfach als turko-mongolisch bezeichnet, aber auch die aus heutige Sicht als rein türkisch bezeichneten Volksstämme schufen ihre eigenständigen Herrschaftsgebiete. Auch waren diese "Alttürken" vielfach in den Diensten anderer Herrscher tätig, da sie sich gern als Söldner anwerben ließen. So kam es, daß sich die türkische Sprache und Kultur vom Osten Asiens bis Europa ausbreitete.

Die türkischen Steppenreiche wurden nicht nur auf der Kampfstärke der Krieger begründet, sondern vielfach auf der Schwäche ihrer Gegner: Wann immer in China ein schwächlicher Kaiser regierte, nutzten die Turko-Mongolen die Gelegenheit zum Einfall. Aber sobald ein starker Herrscher das Nachbarland regierte, wurden sie in Schach gehalten und vielfach auch unterworfen. Das erste turkstämmige Reich schufen die Hsiung-nu, als sie ab dem 3. Jahrhundert vom Ergenekon (Altai) und Sajan ausgehend ein mächtiges Reich begründeten, das schließlich nicht nur die heutige Mongolei, sondern auch weite Teile Chinas umfaßte. Ab 48 begann der stetige Zerfall des Hunnenreiches, als sich auf seinem Gebiet fünf hunnischgeprägte Teilreiche bildeten. (Später kam noch ein 5. Teilreich hinzu, daß aber hier unberücksischtigt bleibt.) Diese Teilreiche fühlten sich zwar noch der Herkunft nach als Hunnen (ihre Führungsschicht führte sich auf den "Aschina-Klan" zurück), waren aber von Sprache und Kultur her als türkisch anzusehen.

  • Das erste war das der sogannten Chi-Chi-Hunnen, die in den Gebieten des Balchaschsees siedelten.
  • Das zweite war das der Nord-Hunnen, die um 90-91 in der Baikal--Orchunregion, genauer in den Gebieten von Tschungaria und Barkol, lebten.
  • Das dritte war das der Süd-Hunnen im Süd-Westen Chinas. Sie unterstanden meist der Oberherrschaft der Siyen-pi. Die Süd-Hunnen gingen später im chinesischen Volkstum auf.
  • Der vierte bestand aus dem Herrschaftsgebiet der Tabgatschen.
  • Das fünfte bestand aus dem Gebiet der Tuyuhun, die in tibetischen Bergland eine Hochburg hatten.

Alle Gründungslegenden der Alttürken sind allein aus chinesischen Quellen überliefert worden. Erste eigene Ursprungslegenden tauchen erstmals in den alttürkischen Inschriften des Kül Tegin auf, in der die Alttürken nur als "Blau-Türken ohne feste Klanordnung" (idi oqsız kök türk) bezeichnet werden und er sich auf die Zeit vor 552 bezieht.

Spätere Turkvölker wie die Uiguren nannten die alttürkischen Stämme nur noch türk , wie uns eine uigurische Inschrift bezeugt: bu qamuğ türk budun <-> "das ganze Türken-Volk".

Das 1. Göktürken-Reich

Im Jahre 216 ging die Zeit der Hunnen endgültig zu Ende und die Awaren traten ihr Erbe an. Diese Awaren waren turko-mongolische Stämme, bei denen zumindest die herrschende Führungsschicht als türkisch anzusehen war. Die Awaren wurden jedoch frühzeitig von den proto-mongolischen Rouran unterworfen und gingen teilweise in diesen auf. Die Herrschaft der in der europäischen Wissenschaft als "Awaren" bezeichneten Völker ging 552 zu Ende.

Im Jahr 552 erschien nun das von den Chinesen als T'u-chueh bezeichnete Turkvolk. Diese waren ursprünglich in Ost-Turkestan und dem Altai ansässig und übernahmen die Tradition und verwaltungstechnische Erfahrung ihrer Vorgänger. Stammesmäßig waren sie den Turkuten zuzurechnen. Sie selbst sahen sich als legitime Nachfolger der Turuken – auch sie sahen sich demnach in der Tradition der alten Hunnen stehend.

Sie gründten unter Tumen ein Reich, daß seinem Umfang nach dem das der Hunnen entsprach. Tumen enstammte dem "Tukyu-Klan", der mit dem "Aschina-Klan" verwandt war. Dieses Reich der Reich der Göktürken bestand nun von 552 bis 745 als Verbindung nomadischer Stämme. Seine Hauptstadt lag am Ötüken-Gebirge, in der Nähe der Onon-Quelle. Dort lagerte der Khagan an einem Ort, der den Göktürken als Ordu Balyk und den Mongolen als Karakorum bekannt war. Es zerbrach aber an inneren Konflikten und an den Auseinandersetzungen mit China. Das Reich wurde sowohl vom Buddhismus als auch vom Manichäismus und von der Assyrischen Kirche missioniert, blieb aber vom Schamanismus geprägt. Diese Türken verfügten bereits über eine (Runen-)Schrift.

Im Grunde blieb das Gesamtreich dieser Türken stets eine lose Stammesföderation, bei der die einzelnen Stämme bestehen blieben. Die Volksnamen sind uns seit Mahmud al-Kaschgari (1073) in seinem Werk arabischsprachigen Werk "Diwan-u Luğat-it Turk" überliefert worden. Demnach wurde das türkische Gesamtreich von jenen Völkern bewohnt, die wir sogar noch heute unter ihren damals aufgeführten Namen kennen.

Alle Stämme sprachen eine ähnliche Sprache, die heute als Alttürkisch bezeichnet wird. Ein brüderliches Band der Zusammengehörigkeit unter der Stämmen blieb sogar bei Zeiten des politischen Umbruchs erhalten.

Tumen († 552) besiegte 552 den letzten Rouran-Khan A-na-kuei. Auf der anschließenden Kuriltai wurde Tumen zum Oberhaupt der vereinigten turko-mongolischen Stämmen gewählt und er nahm nun den Titel "Bumin Ilkhan" an.

Nach dem Tode Tumens wurde das Gesamtreich 552 formal in zwei Hälften geteilt, dem einmal der Bruder Tumens, Istämi Schad († 576), und der jüngere Sohn Sekin Schad als gleichberechtigte Fürsten, vorstanden. Dabei wurde der älteste Sohn Tumens, Kelo, als "Yisiki Khagan", auf einem Kuriltai von den beiden als Herrscher eingesetzt. Doch Kelo diente den beiden Schads nur als "Schattenherrscher", die wahre Macht lag bei Istämi und Sekin. Istämi herrschte über die ogurischen Stämme des Westens. Die Oghusen genannten Stämme siedelten damals noch in der östlichen Hälfte des Reiches und unterstanden Sekin. Istämi ermordete noch 552 seinen Neffen Kelo und nahm nun selbst den Titel eines Khagan an.

Die Chinesen erkannten nun ihrerseits die Zerrissenheit der türkischen Stämme und begannen, diese gegeneinander auszuspielen – vor allem der Osten litt unter den ständigen Angriffen der Chinesen. Sekin machte sich 553 als "Muhan Khagan" selbständig und erkannte formal die Oberherrschaft der Chinesen an.

In der Folgezeit konnten die Chinesen ihren Machtbereich auch weit nach Westen ausdehnen und zeitweise gehörten die Gebiete bis Samarkand zu China. Darauf hin suchten die Stämme Istämis den Anschluß an das sassanidische Persien. Die vor allem die ogurischen Völkerstämme nahmen nun den Namen Göktürken an. Sie nahmen 557 nun den Kampf gegen die Hephthaliten Mittelasiens auf. Die geschlagenen Reste der Hephthaliten zogen sich darauf hin ins Altaigebirge zurück, wo sie sich mit den Resten der Rouran vermischten und nach Westen aufbrachen – als "Awaren" brachen sie schließlich in Europa ein. Istämi machte nun auch seinen Machtbereich vom göktürkischen Gesamtreich unabhängig, in dem er nun den selbständigen Titel eines "Syr-yabgu" annahm.

Erste Kontakte mit Osteuropa nahmen die Stämme der Westtürken um 563 auf: Unter der Führung eines gewissen Axije Khan kam eine Gesandtschaft an den Hof des byzantinischen Kaisers erschien, um diesen von seinem Bündnis mit dem persischen Königshaus der Sassaniden abzubringen.

Ein Sohn Istämis, Bokhan, brach vermutlich noch im Todesjahr seines Vaters (576/77) ebenfalls nach Byzanz auf, wo er am Hofe des Kaisers als "Turk Schad" erschien. Damit trat das "Reich der Westtürken" erstmals in das Blickfeld der Europäer. Dieser herrschte über eines der acht Khaganate, in der das Westreich damals geteilt war. Es ist zu vermuten, das dieses das Khaganat der Tarduschen war, in dem dessen älterer Bruder Tardu (der auch als "Tardusch" bekannt war) herrschte. Bokhan Schad suchte vorher den Schulterschluß mit dem Utriguren-Herrscher Anagai Khan, der damit zum Vasall des Göktürken-Herrschers wurde.

Tardu regierte in der Zeit von 576 bis 603 über das gesamte Westreich. Nach dem Tode seines Vetters Sekin (572) setzte er seinen jüngeren Bruder Taspar als Herrscher über das "Reich der Osttürken" ein. Dabei schlug er aus dem Niedergang des Tabgatschen-Reiches Kapital, das inzwischen in zwei miteinander verfeindete Blöcke zerfallen war: Die Dynastie der Nördlichen Qi herrschte 550-70 im Osten des einstigen "Wei-Reiches", während die Dynastie der Nördlichen Zhou (557-80) den Westen des alten Wei-Reiches innehatte. Tardu spielte beide Seiten in seinem Sinne gegeneinander aus, so daß die Tabgatschen als seine Vasallen erschienen. Tardu erwog schließlich, beide Reiche zu unterwerfen, da die Osttürken seines Bruders Taspar auf dem Wege war, eine bedeutende Macht aufzubauen.

Doch 581 verstarb Taspar unerwartet und im Reich der Osttürken brachen blutige Nachfolgekriege aus, die die chinesische Diplomatie kräftig schürte. Der Osttürke Ischbara (reg. 581-87) sagte sich Tardu endgültig 584 vom Gesamtreich los und das Reich der Göktürken zerfiel nun in zwei verfeindete Teilstaaten, die von der chinesischen Sui-Dynastie Chinas gegeneinander ausgespielt wurden, zumal Ischbara den Lehnseid des chinesischen Kaisers angenommen und zu dessen Vasall aufgestiegen war. Ischbara herrschte nur formal über die östlichen Göktürken, da er mit Abo Khagan einen "Schattenherrscher" eingesetzt hatte. Abo suchte nun auch seinerseits den engen Schulterschluß mit der chinesischen Sui-Dynastie und wollte Ischbara absetzen lassen.

Darauf hin zog Ischbara gegen Abo Khagan in den Krieg und tötete dessen Mutter; Abo Khagan floh darauf hin zu Tardu und dessen Westtürken. Ein wenig später konnten sich Abo Khagans engste Freunde und Verbündete sich in den Machtbereich Tardus retten, nachdem Ischbara begonnen hatte, alle möglichen Rivalen um die Macht auszuschalten bzw. zu ermorden. Diese Flüchtlinge waren: Tanhan Khagan und dessen Onkel Diqin Schad.

585 zog Tardu nun gegen Ischbara. Dieser ersuchte nun offiziell die Sui-Chinesen um Waffenhilfe, die ihm aber nur formal erteilt wurde; die Sui-Herrscher wollten sicher sein, daß sie "auf das richtige Pferd" setzten.

In der Zeit zwischen 590 bis 603 hatte Tardu die meisten Stämme der Göktürken in seinem Reich vereint, so daß das Gesamtreich wiederhergestellt schien. Seinen Erfolg konnte nicht einmal die Niederlage seines Sohnes Schaba mindern, der bei Herat von den Sassaniden geschlagen wurde. Ironischerweise wird eben dieser Schaba in späteren muslimischen Schriften als "der größte Herrscher der Türen" verherrlicht!

Nun riefen 603 die Sui-Herrscher die östlichen Stämme der Göktürken auf, gegen Tardu vorzugehen und die zeitgenössischen Quellen der Chinesen zählten dabei 7 Stämme namentlich auf. Tardu zog sich geschlagen zu den Tuyuhun ins tibetische Bergland zurück, wo sich seine Spur verliert. (Die Tuyuhun waren ein kleines erfolgreiches proto-mongolisches Mischvolk, das vermutlich aus der Vermischung der Xianbi mit Tibeter entstanden war und das eine leichte turukisch-hunnische Oberschicht aufwies.

Die Niederlage Tardus brachte eine Schwächung des Ostreiches mit sich. Deren Herrscher Tuli (reg. 603-9) und Schipi (609-18) mußten noch sich bis 618 als Vasallen der Sui ansehen.

Mit dem Beginn der T'ang-Dynastie (618) wurde der Einfluß Chinas auf das Osttürken-Reich verstärkt. (Der einstige chinesische General Li Yuan und nachmalige Kaiser T'ang war selbst halbtürkischer Herkunft und viele seiner erfolgreichsten Heerführer waren Türken. Unter der von ihm gegründeten Dynastie sollte schließlich das 1. Göktürkenreich endgültig zerfallen.)

Schipis Sohn, Xieli Khagan, fiel zwar immer wieder in die chinesischen Nordgebiete ein, war aber ansonsten ein machtloser Herrscher. Schließlich suchten sich die T'ang-Herrscher Verbündete aus dem alten Aschina-Klan. Sie förderten einen General der Schwarzen Türgesch um dessen Streben nach einem eigenen Herrschaftsgebiet und dieser sollte dem Osttürken-Reich den Todesstoß geben. Dieser fiel immer wieder ins Herrschaftsgebiet Xielis ein und fügte diesem mehrere empfindliche Niederlagen zu. Schließlich kam es im Bereich der Osttürken zur Rebellion und Xieli wurde 630 abgesetzt. Xieli geriet in chinesische Gefangenschaft, wo er auch 634 verstarb.

Damit ging das erste Göktürkenreich unter chinesisch-türkischen Militärschlägen unter.

Der Ostteil des einstigen Reiches wurde chinesische Provinz (ranghohe Würdenträger der alten Aschina-Dynastie traten verstärkt in chinesische Dienste und trugen nun chinesische Namen) und der Westteil geriet immer mehr unter die Herrschaft der Sassanidenherrscher Persiens.

Das 2. Göktürken-Reich

Der Niedergang des 1. Göktürken-Reiches hatte in der Zeit zwischen 603 und 659 auch für den einstigen Machtbereich Tardus weitreichende Folgen. Zwar bildeten auch hier im einstigen Westreich die Westtürken eine mächtige Stammesföderation, doch waren ihr die ethnischen Grundvoraussetzungen völlig andere. Während in der ehemaligen Osthälfte des Reiches vor allem die Stämme der Oghusen über artverwandte mongolische Völker herrschten, war der Machtbereich der Oguren durch indogermanische bzw. iranische Völkerschaften geprägt. Die Türken des Westreiches waren wie ihre Vorfahren Nomanden, während die unterworfene Bevölkerung überwiegend seßhaft war.

Im Laufe des 6. und 7. Jahrhundert wurde der Einfluß der alten Aschina-Dynastie von einheimischen Fürstenhäusern abgelöst. Auch ist es selbst in der heutigen türkischen Turkologie nicht umstritten, ob Tardus Nachfolger der unmittelbaren Linie Istämis oder (osttürkischen) Linie Abo Khagans angehörten.

Die späteren Nachfolger reformierten das Reich, in dem nun Landwirtschaft und feste Städte eine größere Bedeutung bekommen. Diese stellen aber auch eine gewaltige Armee auf, die nun festen Kriegs-Regeln unterlag. (Diese Taten wurden von Tonyukuk, einem der Herrscher des 8. Jahrhunderts, in Stein verewigt.)

Tardus unmittelbarer Nachfolger wurde Chuluo Khagan (reg. 603-11), der auch als "Hesana" bekannt war. Doch dieser galt als schwächlicher Herrscher, der sich während seiner Regierungszeit immer wieder mit blutigen Revolten herumschlagen mußte. Doch ihm folgte ein jüngerer Bruder Tardus, Schigui Khagan (reg. 611-18/19), auf dem Thron. Dieser Schigui dehnte seinen Machtbereich bedeutend nach Osten aus, so daß ihm schließlich die Gebiete vom Altai bis zum Kaspischen Meer unterstanden.

Unter Schigiu blühte das Westreich auf, das nun zum Rivalen des Osttreiches Schipis aufstieg. Schigius jüngerer Bruder Tun bestieg als "Tong Yabgu Khagan" den Thron des Westreiches und dehnte die Herrschaft der Westtürken bis auf das heutige Afghanistan aus. Tun galt auch als Herrscher von Wusun, als der Beherrscher des Ili-Tales. Damit standen auch jene Stämme unter seiner Kontrolle, die später als "Uyghuren" in die Geschichte eingehen sollten. Er galt auch als enger Verbündeter des byzantinischen Kaisers Herakleios (reg. 610-14) und trat auch im Kampf gegen die Sassaniden im Kaukasus an. Er wurde damals als Verbündeter der Araber angesehen und als diese 642 die Kaukasusregion erobern und damit auch die Sassaniden vernichten konnten, da hatte Tun schon die Vorarbeit geleitstet.

Tun hatte seine Hauptresidenz in der Stadt Qianquang, der "Stadt der 1000 Brunnen". Diese befand sich östlich des Talas und Tun begann, das Reich der Westtürken zu reformieren. Er baute seine Verwaltung stetig aus und führte die Tudun, die Steuereintreiber ein. Diese Tudun überwachten ihrerseits die Il-Teber, die Statthalter des Khagans. Doch Tun beginn einen gewaltigen Fehler: Er band sich zu sehr an die T'ang-Dynastie Chinas und vergaß darüber hinaus seine nomadischen Stammesbrüder.

Es kam in der Folgezeit zu mehreren blutigen Aufständen, die vielfach von China geschürt wurden. So z. B. 627 zu dem der Karluken. Diese "Karluken" genannten Westtürken begannen mit dieser Revolte ihren politischen Aufstieg im Westreich. In ihrem Machtbereich lag unter anderem das den Göktürken heilige Ötüken-Gebirge und so sahen sich die Karluken als rechtmäßige Herrscher des Reiches.

Als die Unruhen im Reich zunahmen, ließ ein Onkel Tun 630 heimtückisch ermorden und bestieg nun selbst als "Mohedu Hou Quili Sipi Khagan" den Thron der Westtürken. Doch führte die Ermordung Tuns nicht, wie erhofft, zur erneuten Reichseinheit aller Göktürken, sondern es brach im Westreich ein grausamer Bruderkrieg um die Vorherrschaft aus. Dieser Bürgerkrieg zerschlug nun die alten Stammesbande und es entstanden neue turkvölkische Stämme, die sich nun aus Resten der West- und Osttürken bildeten. So kam es unter der Regierung Schaboluo Dielischis (reg. 634-39) zur Stammesbildung der On-Oq. Sie waren eine Stammesföderation aus To'lu und Nuschibi bestanden. Doch auch bei diesen herrschte eine starke Rivalität untereinander. Es kam zu stetig wechselnden Herrscherhäuser im Westreich, die China immer wieder auszuspielen versuchte.

Erst mit Jubi Khagan (reg. 645-50) erlangte wieder ein Westtürke richtige Macht, als dieser begann, die Stämme der Kirgisen zu unterwerfen.

Schließlich griff T'ang-China 659 aktiv in die Stammeskämpfe der Westtürken ein und nahm den Khagan der To'lu, Aschina Holu, gefangen. Seit diesem Zeitpunkt an beherrschte der T'ang-Kaiser Chinas de facto alle Länder an der Seidenstraße bis hinein nach Po-sse (Persien).

Das Reich der Westtürken wurde nun in 10 eigenständige Präfekturen eingeteilt, die auf alte Stammesgrenzen keinerlei Rücksicht nahmen. Nur der Kirgisenstamm lebte in einer Präfektur, die seinem alten Stammesraum entsprach.

Nun begannen auch in der Zeitspanne zwischen 659 und 679 die Angriffe der Tibeter auf das Westreich, die schließlich die "4 Garnisonen", Kaschgar, Khotan, Kutscha und Karaschar, einnehmen konnten; damit waren große Teile der On-Oq den tibetischen Herrschern untertan.

Doch nun begann ab 679/80 ein gesamttürkisches Aufbegehren gegen die Fremdherrschaft. Waren die T'ang-Herrscher im Kampf gegen die Westtürken noch erfolgreich, so begann sich im Bereich der Osttürken eine neue Macht aufzubauen, die formal als "2. Osttürken-Reich" bekannt wurde.

Dabei tat sich 681 Idat Schad, ein Führer des Aschina-Klans, hervor, den die Geschichte heute als "Ilteris Kutluq" kennt. Dieser war einst Söldner in chinesischen Diensten gewesen und stand dem Stamm der Schwarzen Türgesch vor. Er und dessen Bruder Bökö Tschor gründeten das nun 2. Göktürkenreich, das in der türkischen Turkologie meist nur als "Karluken-Herrschaft" (türkisch: Karluk Devletleri) bezeichnet wird und das in der westlichen Geschichtsschreibung als "Reich der Ilig-Khane" bekannt ist. In diesem Reich spielte in der Tat der Karluken-Stamm die tragende Rolle, da sich auch die Türgesch ihnen schnell unterwarfen. Dieses neue Türkenreich kontrollierte nach zahlreichen Kriegszügen die Steppen von der Großen Mauer bis zu den Außenposten der (seit 705 nach Transoxanien vordringenden) Araber. Das Zentrum war die Gegend des Changai-Gebirges (damals: Ötüken). (Zwar mußte Idat 681 eine herbe Niederlage gegen die Chinesen einstecken, doch seinem persönlichen Erfolg tat diese keinen Abbruch.)

Ab 682 begann er mit 16 verbündeten Stämmen die Göktürken zu vereinen. Einen Verbündeten hatte er in Tonyukuk, der dem verwandten "Aschite-Klan" vorstand und den er zum "Apatar Khan" ernannte – zum obersten Befehlshaber seiner Truppen.

In der Zeitspanne zwischen 683 und 687 unterwarf der die meisten Stämme des alten Ostreiches, nur der To'lu Herrscher Huschile Khagan konnte sich mit einigen Stammesangehörigen nach China flüchten.

Als Idat 691 starb wurde sein Bruder Bökö (reg. 692-716) auf einer Kuriltai der Stämme zum Oberhaupt des Reiches ernannt und er nahm nun den Namen "Kapagan Khan" an. Dieser hatte unter anderem eine chinesische Erziehung genossen und war dem entsprechend dort als Mo-ch'o bekannt. In dessen Regierungszeit gedieh noch einmal das erneutere Göktürkenreich.

Er stand dem Reich nur als Vormund seines Neffen Kül Tegin vor, der damals 6 Jahre alt war. Nur deshalb kann man sich erklären, das Bökö nicht den Khagan-Titel annahm. Ihm unterstellten sich unter anderem die Stämme der Karluken und Oghusen freiwillig und 699 war das Westreich wieder mit dem Ostreich vereinigt. Aber auch nichttürkische Völker wie die Kitan wurden unterworfen. Doch führte Bökö ein hartes Regiment über die Völker seines Reiches.

So kam es erneut 711/12 zu Unruhen unter der Völkerschaften der Basmilen und Teilen der On-Oq. Doch im großen und ganzen blühte nun im Göktürkenreich der Wohlstand.

Im Kampf gegen die muslimischen Araber, die [[711] Mittelasien überrannten, war er weniger erfolgreich, wie die Schlacht am Talas zeigte.

Doch bereits 715 kam es zum endgültigen politischen Bruch zwischen den beiden Türkenreichen. Unter der Führung der Karachan (= "Schwarze Herrscher"; Türgesch) sagte sich das Westreich erneut vom Ostreich los und ging nun eigene politische Wege. Dabei kam es nun zu einer folgenschweren Volksaufspaltung der Göktürken: Im Ostreich entstanden die Groß-Völkerschaften der eigentlichen Oghusen und im Westreich das der Oguren.

Auf einer Strafexpedition gegen jene Stämme, die sich einst mit den arabischen Eindringlingen verbündet hatten, verlor Bökö Tschor sein Leben: 716 wurde er nördlich des Tula heimtürkisch von Angehörigen des Bayırqu-Stammes ermordet.

Mit dem plötzlichen Tode Bökös drohten neue Bürgerkriegswirren. Besonders tat sich da Idats Sohn Kül Tegin hervor. Doch wurde auf einer Friedens-Kuriltai nicht er, sondern der Heerführer Kutluq Bilge Kül zum Khagan ausgerufen. Dieser holte sich jedoch Tonyukuk Apartar und Kül Tegin als Berater an seine Seite, damit war der Frieden im Reich wieder formal hergestellt. Mit diesem Herrscher begann der eigentliche politische Aufstieg der späteren Uyghuren.

Kutluq Bilge stellte nun ein Militär auf die Beine, das gleichermaßen Angst und Respekt einflößte: Den Haupterfolg der kriegerischen Auseinandersetzungen stellten die berittenen Bogenschützen. Die besten Schützen durften weiße Falkenfedern an ihren Helmen tragen. Entschlossen und hoch diszipliniert griffen die damaligen Göktürken in einer Pfeilformation ihre Gegner an. Dabei trugen sie Rüstungen aus hartem Leder oder aus Metall. Kutluq Bilge warb auch verstärkt Söldner aus anderen Völkerschaften an, so daß in seinen Reihen sowohl Türken als auch Mongolen, Tanguten und zahlreiche Chinesen kämpften.


Kutluq Bilge dehnte ab 717 den Machtbereich des Göktürkenreiches immer weiter aus: Er unterwarf nun alle Gebiete bis zum Syr-Darja im Westen, im Osten reichte sein Machtbereich bis in die chinesische Provinz Shandong und im Süden bis Tibet. Auch die Stämme der Tula-Region konnte er schließlich unterwerfen, was seinem Vorgänger Idat nicht gelang.

Bilges Reich umfaßte nun wieder um die 18 Millionen km² und hatte im wesentlichen jene Ausmaße erreicht, die das Reich der Turuken aufgewiesen hatte. Das Reich der Göktürken umfaßte nun die Gebiete vom Schwarzen Meer bis China und vom Altai bis zum Hindukusch. Es bestand also nicht nur Steppe, sondern auch aus Wüste. Kriegszüge waren stets mit reichem Zeremoniell verbunden. Der Rang des Khagan hatte sich nun verändert: Ursprünglich nur ein Führertitel, war er nun für die Göktürken ein Halbgott. Sein Zelt, die Jurte, bestand aus reich bestickter roter Seide.

Im Sommer zog nun der Khagan Kutluq Bilge mit seinem Hofgefolge in die üppigen Weidegebiete des Nordens und im Herbst wieder nach Süden.

731 verstarb nun Kül Tegin und so stieg Tonyukuk zum alleinigen Ratgeber Kutluq Bilges auf. Diese Tatsache ist uns in den Inschriften des Tonyukuk belegt worden.

Doch war Kutluq Bilge kein langes Herrscherdasein beschieden. Denn bereits 734 wurde er vergiftet, aber er konnte noch auf dem Totenbett die Hinrichtung seiner Mörder und deren Anstifter miterleben. Es waren Angehörige des Basmilen-Stammes, der dadurch in Ungnade fiel. Auf der Kuriltai setzten 734 die Anhänger die Wahl seines Sohnes Yiran durch. Doch dieser verstarb noch im selben Jahr, so daß dessen minderjähriger Sohn Tängri zum Herrscher bestimmt wurde. Als dessen Vormünder wurden nun zwei Onkels von ihm zur Seite gestellt, in deren Händen die wahre Macht lag. Der "linke Schad" herrschte über den Westen, der "rechte Schad" über die Gebiete des Ostens; das Göktürkenreich drohte erneut in zwei unabhängige Teilreiche zu zerfallen.

Als 740 T'ang-China die Herrschaft Tängris über die Osttürken anerkannt hatten, lud dessen Mutter Pofu den "linken Schad" der Westtürken zur einer Kuriltai ein. Dort kaum eingetroffen, wurde dieser ergriffen und enthauptet. Die Westtürken unterstellten sich darauf hin Tängri, der sich darauf hin den Namen des "Oghus Khan" zulegte. Doch dieser Verrat der Mutter brachte eine schreckliche Folge mit sich: Der "linke Schad" der Ostgebiete sah sich mit der Namensgebung Tängris in seiner Macht bedroht (die Oghusen lebten schließlich in seinem Herrschaftsgebiet) und er griff nun 741 Tängri an und ermordete diesen.

Der "linke Schad" gedachte nun, die Nachfolge Tängris anzutreten. Unter dem Namen "Wusumischi" nahm er nun den Khagan-Titel an, doch er war ein ungeliebter Herrscher. Vor allem die Stämme des Westens verabscheuten diesen und die Basmilen galten als dessen ärgsten Feinde.

744 einigten nun die Karluken die Stämme der Basmilen und Oghusen und griffen Wusumischi Khagan an. Dieser wurde bei den Kämpfen getötet und mit dessen Tode ging das 2. Göktürkenreich zu Ende.

Bomei Tegin, der Bruder des 744 ermordeten Wusumischi Khagan, versuchte sich zwar noch als "Bomei Khagan" die Macht im Ostreich an sich zu reißen, doch konnte er bereits 745 von Angehörigen der Uyghuren ermordet werden, so daß seine Regierung nur als "Gastspiel" anzusehen ist.

Karluken, Oghusen und Basmilen gründeten nun auf dem Boden des Ostreiches das Uyghurische Reich. Erster Herrscher aus dem "Uyghuren-Geschlecht" war Gulipeilo. Dieses Reich sollte von 744 bis 840 bestehen. Gulipeilo nahm nun den Titel "Kutluq Bilge Kül Khagan" an und machte die Stadt Karabalsagun (am oberen Orchon, das alte Ordu Balyk, zum Zentrum seines Reiches.

Die Karluken schafften als erstes türkisches Volk in der Geschichte eine einheitliche Amtssprache, die sich bis zum persischen Choresm-Reich ausstrahlte und heute entweder als Karluk-Choresmisch oder als Karluk-Uigurisch bezeichnet wird.

Die wichtigsten Stämme der Göktürken nach dem Diwan-u Luğat-it Turk (1073)

Die Nachfolgereiche der Göktürken (türkische Ulus/Khaganate)

  • Die Tölö (auch als Töle oder Töli bekannt), von den Chinesen als Tie'le bezeichnet, waren die Nomaden in den Gebieten des Baikalsees und des Schwarzen Meeres. Ihre Herkunft ist umstritten, da sie nicht von allen als türkischer Volksstamm anerkannt werden. So ist anzunehmen, daß die Volksgruppen des Westens zu den Alanen in enger Verbindung standen und in der Folgezeit die iranische Sprache auch annahmen. Eine andere Volksgruppe siedelte im nördlichen Uralgebiet und nannte sich Ogor bzw. Wu-hun. Diese gingen in den Finno-ugrischen Völkern auf. In der Zeit der Wei-Dynastie zogen Teile des Tölö weit in den Westen ab und diese Volksgruppen wurden von den Chinesen erstmals als Kao-kü bezeichnet.
  • Der Volkstamm der Tarduschen (türkisch Tarduş) erschienen in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts. Sie werden vielfach den Tölö zugerechnet, da sie verschiedentlich von den Chinesen als deren reichster und tapfester Stamm bezeichnet wurden. Sie siedelten zwischen dem Orchon und dem Altai.
  • Die Stämme der Uyghuren lebten zu dieser Zeit an den nördlichen Ufern des Tola.
  • Der Stamm der On-Oq lebte in den weiten Gebieten westlich des Altais bis zum Syr-darja. Hauptstamm dieses Volkes waren die als To'lu bezeichneten Klans. Sie sind heute als die Westlichen Göktürken bekannt. Die Volksstämme der Türgesch und der Karluken gelten als Teil dieser To'lus-Stämme. Nach 630 werden von den Chinesen die Cuyüe und Ch'u-mi erwähnt, die in den trockenen Steppengebieten um Beschbalyk wohnten und auch als Scha-t'o (Schatoriten = "Wüsten-Türken") bekannt waren.
  • Die Basmilen (türkisch Basmıl) hatten ihre Wurzel ebenfalls in diesen Schatoriten-Stämmen. Bekannt ist deren König Idukut und sie siedelten ebenfalls in der Beschbalyk-Region. Sie gelten als die wahren Herrscher dieser Gebiete.
  • Die Stämme der Kirgisen lebten damals an den Läufen des Jenissej und westlich des Baikalsees.
  • Die damaligen Oghusen lebten in den Gebieten zwischen dem Fluß Selenga und dem Ötüken-Gebirge.
  • Dann kamen noch die Stämme der Kitan, Tatabi und Dokuz-Tataren hinzu. Diese hatten ihre Wurzeln teils in den mongolischen, teils in den türkischen Völker (Oghusen und Tataren) und lebten in den östlichen Regionen der Flüsse Onon und Kerulen.

Durch frühzeitige Abwanderung der als "Kyptschaken" bezeichneten Völkerschaften, sind diese heute nicht als Teil der Göktürken anerkannt, obschon sie im 11. Jahrhundert noch als Teil derselben bezeichnet werden . Sie gründeten ein eigenes Reich, bei denen sich die göktürkische Führungsschicht über eine eigenständige turko-mongolische Vorbevölkerung schichtete. Die Reiche der Uyghuren, Türgesch und Karluken werden wiederum als Nachfolgereiche des Göktürken-Reiches anerkannt, während die Zugehörigkeit des Chasarenreiches bis heute umstritten ist.

Die turkstämmigen Kleinstämme der Jabakuten, Tschomulen, Igraken, Tscharuken, Ezgischen (Ezgiş) und Kentscheken (Kençek) sind als Abspaltungen aus den Göktürken entstanden. Sie wurden noch im 11. Jahrhundert als Teil dieser Türken anerkannt.

Andere Volksteile waren an der Gründung der Ghaznawiden- und der Choresmier-Staaten beteiligt, während aus den Stämmen der Oghusen die Seldschukenreiche hervorgingen.

Aber all diesen Volksgruppen war eines gemeinsam: Sie übernahmen Struktur und Verwaltung sowie die militärischen und kulturellen Errungenschaften der Göktürken für ihre Reiche und bauten diese weiter aus.

Liste bedeutender Göktürken-Herrscher

1. Göktürken-Reich:

  • Bumin Khagan <-> Tuman Khan <-> Iligkhan (534 – 52)
  • Yisiksi Khagan <-> Kelo Khan <-> Kolo Khan <-> Kök-Khan (552)
  • Muhan Khagan <-> Sekin Khan (553 – 72)
  • Taspar Khan (572 – 81)

2. Göktürken-Reich:

  • Ilteris Khan <-> Idat Schad (680 – 691)
  • Kapagan Khan <-> Bökö Tschor <-> Mo-ch'o (691 – 716; ermord.)
  • Kutluq Bilge Khan (716 - 734 ; ermord.)