Ein Orthofoto (griech. orthós richtig, gerade, aufrecht) ist eine naturgetreue, verzerrungsfreie und maßstabsgetreue fotografische Abbildung der Erdoberfläche.
Das Orthofoto entsteht aus einem Luftbild. Bei der Luftbildaufnahme entstehen die typischen Verzerrungen der fotografischen Zentralprojektion sowie Verzerrungen durch Höhenunterschiede des Geländes. Diese Verzerrungen werden differenziell beseitigt, das heißt in kleinsten Schritten oder Bildpunkt für Bildpunkt. Bei der fotografischen Entzerrung verwendet man dazu einen Orthofotoprojektor. Oder man digitalisiert (scannt) die Fotos und entzerrt sie rechnerisch mit dem Computer. Für die Beseitigung der Verzerrung aufgrund der Geländehöhen kann man die Geländehöhe eines jeden Bildpunktes aus einem Digitalen Höhenmodell entnehmen. Anschließend liegt das Orthofoto als verzerrungsfreie Orthogonalprojektion vor. Das heißt, man kann mit hoher Genauigkeit Entfernungen messen.
Heute werden Orthofotos als "geo-referenzierte Digitale Orthofotos" (DOP) angeboten. Bei diesen ist jedem Bildpunkt eine erdbezogene Koordinate zugeordnet. Damit eignet sich das DOP unter anderem als Kartenhintergrund für Geoinformationssysteme (GIS). Zusammen mit weiteren Karteninformationen, wie zum Beispiel Ortsnamen und einem Koordinatengitter, wird das Orthofoto zur Orthofotokarte.
Orthofotos werden entsprechend dem Anwendungszweck in verschiedenen Maßstäben und Auflösungen erzeugt. Die Landesvermessung erzeugt Orthofotos aus Bildflügen mit hoher Auflösungen bis zu 25 cm je Bildpunkt. Aufnahmen aus Satelliten oder Raumsonden liefern eine geringere Auflösung. Dafür decken sie große Flächen der Erde oder eines Himmelskörpers ab.
Orthofotos haben eine hohe Aktualität, da sie mit weit geringerem Aufwand und deshalb öfter neu erzeugt werden können als herkömmliche topografische Karten. Die Koordinaten- und Entfernungsmessung ist genauer, da sie im Gegensatz zur Karte nicht kartografisch generalisiert werden.
Anwendungen
Orthofotos finden überall dort Anwendung, wo auch Karten verwendet werden. Stadtpläne werden mit Orthofotos zur detaillierten Darstellung und Orientierung ergänzt. Überstaatliche Organisiationen messen die Größe landwirtschaftlich genutzter Flächen z. B. um Subventionsmissbrauch zu überwachen. Kommunen finden in den Orthofotos eine schnell verfügbare, messgenaue und aktuelle Grundlage für ihre Planung und eine Georeferenz für statistische Datenbanken. GIS nutzen die DOP in den verschiedensten Dateigrößen, Maßstäben und Themeninhalten auch in Kombination als Georeferenz. Die Anwendungsvielfalt steigt seit der Verfügbarkeit der Orthofotos in digitaler Form explosionsartig.
Entzerrung
Bereits bei der Luftbildaufnahme wird Vorsorge getroffen, dass die Verzerrung nicht zu groß wird: Die Kamera wird möglichst lotrecht nach unten ausgerichtet. Bei dieser Senkrecht-Aufnahme verwendet man möglichst nur die dem Bildzentrum nahen Gebiete, da sie weniger verzerrt werden als weit außen liegende Punkte. Die Verzerrung wird umso geringer, je höher die Kamera sich über dem Gelände befindet. Punkte, die sich direkt auf der Bezugsfläche (Kartenebene oder Meereshöhe) befinden werden nicht verzerrt.
Wird das verzerrte Bild wieder projiziert, so werden die originalen Geländepunkte (a, b) wie in der Abbildung dargestellt lagefalsch (blaue Projektionsstrahlen) auf die Karte übertragen. Je höher das Gelände und je weiter der Punkt von der Bildsenkrechten entfernt ist, desto größer ist der Lagefehler. Würde die Kartenebene bei der Projektion für jeden einzelnen Punkt genau so in der Höhe verschoben, dass sie das Gelände genau in diesem Punkt schneidet, so gäbe es keine Verzerrung und damit keinen Lagefehler (rote Abbildungsstrahlen). Nach diesem Prinzip arbeiten die fotografischen Entzerrungsgeräte (Orthofotoprojektoren). Zur Steuerung des Entzerrungsvorgangs wird ein Höhenmodell verwendet, mit dem für jeden Geländepunkt die richtige Geländehöhe eingestellt oder in die Entzerrungsrechnung eingeführt wird. Bei sehr hohen Bauwerken ist die Verzerrung an deren höchster Stelle aber deutlich größer als am Fuß, für den die Geländehöhe gilt. Deshalb werden hohe Bauwerke nur an ihrem Fusspunkt unverzerrt wiedergegeben.
Datenformate und Einbindung in GIS
Digitale Orthofotos werden in verschiedenen Datei-Formaten angeboten. Ein weitverbreitetes Format ist GeoTIFF: Zu jedem Foto gehören drei Dateien, eine .TIF-Datei mit den Bilddaten und zwei weitere Dateien zur Steuerung des GIS - Anwendungsprogrammes. Zwar kann die .TIF-Datei auch mit einem herkömmlichen Fotobearbeitungsprogramm bearbeitet werden, doch ist für das Messen und für die georeferenzierte Nutzung ein GIS - Anwendungsprogramm erforderlich. Solche Anwendungsprogramme gibt es als kostenlosen Download z.B. über Quantum GIS QGIS (Windows) oder GRASS GIS (Linux).
Siehe auch
Quellen und Anwendungsbeispiele
Orthofotos bei der deutschen Landesvermessung
Alle Stellen der deutschen Landesvermessung bieten Orthofotos für ihren Zuständigkeitsbereich. Ein freier Download von Testdaten und viele Beispiele gibt es bei Landesvermessung + Geobasisinformation Niedersachsen (LGN)
Orthofotos von privaten Anbietern
Neben der Landesvermessungen bieten zunehmend private Firmen Luftbilddaten und Orthophotos an. Beispiele dafür sind GeoContent: Digitale Luftbildkarte von Deutschland oder Aerowest: Einzelne Städte oder Traveltainment: Städte aus 2000/2001
Weitere Anwendungen
- Ein GeoInformationssystem auf Basis von Luftbildern ist bei Google zu finden.
- Praktische Anwendung: Interaktiv im DOP Entfernungen messen und Flächen ermitteln geht im Bayernviewer
- Eine weitere Anwendung: Der DLK-Viewer
- Integration in Stadtportale: Stadtplandienst
- Verknüpfung mit Branchenbüchern: GoYellow
Fachverbände
Literatur
- W. Rüger u. a. , Photogrammetrie, VEB Verlag für Bauwesen, Berlin 1978, VLN 152.905/27/78
- Hans Peter Bähr, Thomas Vögtle, Digitale Bildverarbeitung - Anwendung in Photogrammetrie, Kartographie und Fernerkundung, Verlag Wichmann, ISBN 3-87907-409-7
- Yves Egels, Michel Kasser, Digital Photogrammetry, Verlag Crc Pr Inc, ISBN 0-7484-0945-9
- Deutsches Institut für Normung e.V., DIN 18740-3 Photogrammetrische Produkte Teil 3: Anforderungen an das Orthofoto, Beuth Verlag, Berlin 2003