Eruv

Verbindung von Gebieten, Grenzen, Zeiträumen u. Schriftstellen zu einer Einheit; dient zur Erleichterung von Verboten, die am Sabbat oder an Festtagen gelten
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Eruv (עירוב) (Erub, Eruw Chazeroth, Sabbatgrenze, Sabbatzaun), hebräisch für Mischung, bezeichnet drei Verfahren, die in der Halacha bestimmte Aktivitäten erlauben, die nach den jüdischen Gesetzen ansonsten verboten sind. Meist ist damit ein Eruv für das Tragen gemeint, daneben existieren aber auch ein Eruv für das Kochen (עירוב תבשילין) und der Eruv für das Reisen (עירוב תחומין).

Im Talmud ist dem Eruv ein ganzer Traktat gewidmet: Mesachta Eruvin. Mesachta Eruvin befasst sich mit eruv chatzeirot, dem "gemischten Besitz", und eruv techumin, "gemischte Grenzen". Der eruv tavshilin wird an anderer Stelle im Talmud behandelt.

Im gewöhnlichen Sprachgebrauch meint ein Eruv einen Zaun - real oder symbolisch - der ein jüdisches Wohngebeit umgibt. Innerhalb des Eruvs findet die Sabbatregel, nichts zu tragen, keine Anwendung.

Eruv für das Tragen

Am Sabbat schreibt die Torah vor, dass Juden außer Haus keine Gegenstände bewegen, unabhängig von deren Gewicht oder Zweck. Nach dem Talmud sind damit drei Aktivitäten gemeint:

  1. Einen Gegenstand aus einem abgeschlossenen Bereich (wie einem Privathaus, öffentlichen Gebäude oder einem eingezäunten Gebiet) auf eine öffentliche Hauptstraße bewegen
  2. Einen Gegenstand von einer öffentliche Hauptstraße zu ein einem abgeschlossenen Bereich bewegen
  3. Einen Gegenstand auf einer öffentliche Hauptstraße um mehr als vier Ellen bewegen

Um Verwirrung zu vermeiden, was eine öffentliche Hauptstraße ausmacht, haben Rabbis das Verbot schon früh auf jedes nicht eingezäunte Gebiet ausgedehnt.

 

Nach der Auffassung des klassischen Judentums dient das Befolgen der Gestze Gottes, so wie am Sabbat nichts zu tragen, dazu, Gott seinen Respekt zu erweisen. Andererseits ist das Trageverbot Grund für viele Umstände und vermindert die oneg (Freude) am Sabbat.

Am Hof von König Salomon wurde ein weiteres Verbot hinzugefügt, so dass es auch verboten war etwas in einem Bereich zu tragen, der von den Bewohnern mehrerer Häuser gemeinsam genutzt wurde, auch wenn dieser Bereich von Zäunen oder Mauern eingegrenzt war. Im Fall der von Mauern umgebenen gemeinsamen Innenhöfe wurde das Tragen jedoch durch die Benutzung eines Eruv erlaubt. Der Eruv besteht aus einem Lebensmittel - meistens Brot - das von allen Bewohnern geteilt wird. Indem das Lebensmittel geteilt wird, geleten alle Bewohner als Bewohner eines gemeinsamen Hauses und sind damit von der zusätzlichen Vervotsregelung ausgenommen.

Der eruv chatzeirot, oderr "gemischte Besitz", funktioniert so, dass alle Bewohner das gesamte Gebiet als ihr "Heim" behandeln. Der gemeinsam genutzte Raum wird dadurch zu gemeinsamem Besitz im Sinne des Gesetzes. Damit der Eruv funktioniert, muss das Gebiet jedoch von Mauer oder Zaun umgeben sein, andernfalls bleibt das Tragen im sinne des ursprünglichen Verbotes verboten. Dieser Zaun kann aus einem Seil oder einem Draht bestehen, der um einen Häuserblock oder ein Wohnviertel gezogen wird. Den eingezäunten Bereichs können orthodoxe Juden dann als ihr gemeinsames "Heim" betrachten. Das Band muss eine ununterbrochene Abgrenzung bilden und kann deshalb auch an Telefonmasten oder Gebäuden entlang führen. Natürliche Begrenzungen wie Flüsse können auch Teil des Eruvs werden.

Meist ist heute mit dem Begriff Eruv das Seil oder der Draht gemeint, durch den das geteilte Brot wirksam wird. Im Talmud und anderen klassischen Quellen ist damit jedoch das Brot selbst gemeint.

Die meisten orthodoxen Rabbis akzeptieren den Eruv, so dass dieser jüdischen Gemeinden erlaubt, den Sabbat mit einigen Erleichterungen zu genießen. Theoretisch akzeptieren alle Rabbis das Konzept des Eruv, was die praktische Umsetzung angeht, sind manche Rabbis über die genauen technischen Anforderungen an einen gültigen Eruv uneins. Deshalb werden die vorhandenen Eruvim nicht von allen orthodoxen Juden genutzt.

Weltweit (ohne Israel) exisitieren über 150 Eruvim, in Israel noch viele mehr. In allen größeren nordamerikanischen Städten existieren Eruvim, beispielsweise in Toronto, Phoenix, Memphis, Los Angeles, Boston, Chicago, Providence, Miami, Dallas, Baltimore, New York City und Washington, D.C. (dort befinden sich allein acht Eruvim). Daneben gibt es Eruvim in Johannesburg, Melbourne, Gibraltar, Antwerpen und Straßburg. Den meisten Nichtjuden dürfte übrigens nicht bekannt sein, dass unter anderem sowohl das Europäische Parlament in Straßburg, als auch das Weiße Haus in Washington innerhalb eines Eruvs liegen.

Vor 1938 gab es Eruv auch in Deutschland, so verhandelte die Israelitische Gemeinde Frankfurt am Main 1914 mit der Stadtverwaltung über die Errichtung eines Eruv.

Tätigkeiten, die auch innerhalb des Eruv verboten sind

Grundsätzlich ist innerhalb eines gültigen Eruvs das Tragen von nahezu alen Gegenständen erlaubt. Dies gilt jedoch nur, soweit der Gegenstand nicht bereits von anderen Verboten erfasst wird.

Beispiele:

  • Das Tragen von Gegenständen, die als Mukzeh gelten, die am Sabbat überhaupt nicht bewegt werden dürfen (darunter Schreibutensilien)
  • Das Aufspannen und Tragen von Schirmen wird vom Verbot des Bauens umfasst (Schirme gelten dabei als kleine Zelte, also als Gebäude)
  • Typische Alltagshandlungen wie Fahrradfahren (Uvdin d'Chol)
  • Das Tragen von Gegenständen zur Vorbereitung für die Tage nach dem Sabbat (Hachana)

Eruv für das Kochen

In diesem Zusammenhang ist mit Eruv ein eruv tavshilin (gemischtes Geschirr) gemeint, dabei wird gekochtes Essen für einen jüdischen Feiertag vorbereitet, auf den direkt ein Sabbat folgt.

Grundsätzlich ist es an jüdischen Feiertagen erlaubt, zu kochen, allerdings nur in der Menge, die auch an diesem Tag verzehrt werden soll und nicht im voraus für die Zeit nach dem Feiertag. Fällt ein solcher Feiertag auf den Freitag, dann ist es eigentlich auch erlaubt für den Sabbat vorzukochen. Um aber in den Jahren, in denen der Feiertag nicht auf einen Freitag fällt Verwirrung aufgrund dieser Ausnahme zu vermeiden, wurde das Vorkochen für den Sabbat am Feiertag von den Rabbis verboten, es sei denn das Ritual des eruv tavshilinwird ausgeführt, das die Gläubigen somit an den Grund für die Ausnahme erinnert.

Das Ritual besteht daraus, einige Gerichte für den Sabbat bereits zu kochen und zu backen, noch bevor der Feiertag beginnt. Dann werden die "Geschirre" oder "Portionen" "gemischt"; das soll heißen, das Kochen am Tag vor dem Feiertag vermischt sich mit einem Gericht, das auch am Tag nach dem Feiertag (also dem Sabbat) gegessen werden darf. Dies erlaubt dann in der Folge, dass auch am Feiertag selbst gekocht werden darf, was dann nicht als "neues" Kochen, sondern als Fortsetzung des "gemischten" Kochens betrachtet wird, das bereits vor dem Feiertag begonnen hat.

Eruv für das Reisen

Beim Reisen bedeutet Eruv eruv techumin (gemischte Grenzen), und bezieht sich darauf, dass man Essen vorbereitet für einen jüdischen Feiertag oder einen Sabbat, an dem man vorhat, weiter zu reisen, als es an solchen Tagen normalerweise erlaubt ist. (Es hat jedoch nichts mit der Wahl des Fortbewegungsmittels zu tun, von denen, außer zu Fuß zu gehen, sämtliche an solchen Tagen verboten sind).

Normalerweise darf man an diesen Tagen in der eigenen Stadt überall zu Fuß hingehen, jedoch nur innerhalb der Stadt und maximal 2000 Ellen darüberhinaus. Muss man weiter reisen, kann man vor dem Sabbat Lebensmittel an einem bestimmten Ort deponieren. Damit wird dieser Ort zum zeitweiligen Zuhause, so dass man von dort aus wiederum 2000 Ellen gehen kann.