Benutzer:Roxanna/Francus

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Die "Jungfrau Finnland", die als nationale Personifikation gilt, erwehrt sich des russischen Doppelkopfadlers (Gemälde von Eetu Iso, 1899)

Geschichte der Finnen

Die (noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts umstrittene) sprachliche Verwandtschaft zwischen Finnen und Ungarn sowie ihre Abstammung von gemeinsamen finnougrischen bzw. uralischen Vorfahren gilt heute als unumstritten. Die Zuordnung der uralischen Sprachgruppe zu einer größeren Uralaltaischen Sprach- und Völkerfamilie (und damit eine Verwandschaft der Finnen und Ungarn mit den ebenfalls zur Altaischen Gruppe gehörenden Turkvölkern und mongolischen Völkern) gilt inzwischen allerdings als überholt.

Etymologie und Mythologie

Sumbles Tochter Signe wird den Finnen vom Dänenkönig Gram geraubt (Darstellung von F. W. Heine, 1921)

Ende des 1. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung erwähnte der römische Historiker Tacitus in seiner Germania hinter den germanischen Stämmen die Fenni und Aestii, meinte damit aber eher Samen und Balten als Finnen und Esten.[1] Saxo Grammaticus' (dänische) Reichschronik Gesta Danorum überlieferte einen legendären König der Finnen namens Sumble (auch Sumle oder Sumli), von dem sich der Landesname Suomi bzw. der Volksname Suomalaiset ableiten soll.[2] Finnische Überlieferungen erwähnen jedoch keinen König namens Sumble o.ä.

In einigen nordgermanischen und altenglischen Legenden wurden alle Finnen und Samen gleichermaßen als Kvenen (Kwäner) sowie das gesamte, von ihnen bewohnte Gebiet als Kvenland überliefert (Nordnorwegen, Nordschweden, Finnland). Heute werden als Kvenen nur noch die Angehörigen einer zahlenmäßig sehr kleinen Untergruppe der Finnen in Norwegen bezeichnet.

Die (jüngere) Snorra-Edda (bzw. ihr Prolog) des isländischen Dichters Snorri erwähnte einen norwegischen König namens Säming, der wohl von den Samen abstammte[3][4][5], und die (ältere) Edda (bzw. die Völundarkviða) erzählte von drei Söhnen eines Königs der Finnen, die gegen den Schwedenkönig gekämpft haben sollen. Einer dieser Söhne, Wieland der Schmied, entspricht offenbar Ilmarinen, dem Haupthelden des finnischen Nationalepos' Kalevala. Finnische Mythologie und Samische Mythologie haben die Nordische Mythologie und die Nordgermanische Religion ebenso stark beeinflußt wie umgekehrt die finnische und samische Mythologie von der nordgermanischen beeinflußt wurde.[6]

Ethnogenese und Landnahme

Heutige Verbreitung der finnischen und verwandten permischen Völker

Vom Ural kommend, breiteten sich finno-permische bzw. protofinnische Völker ab dem 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung über Nordosteuropa nach Skandinavien und ins Baltikum aus, womit ihre Aufspaltung bzw. allmähliche Trennung einherging. Zuerst lösten sich die Permier bzw. Bjarmen (die Vorfahren der Komi/Syrjänen und Udmurten/Wotjaken) aus der Völkerfamilie und ließen sich am Weißen Meer nieder.[7] Dann führten unterschiedliche klimatisch-geographische Bedingungen und die (dadurch bedingte) unterschiedliche Lebensweise auch zur unterschiedlichen Entwicklung der Samen und Ostseefinnen. Letztere wiederum schieden sich in die Vorfahren der Finnen und der Esten. Irgendwann zwischen dem Beginn unserer Zeitrechnung[7][8] und dem Jahr 700[9] drangen finnische Stämme nach Süd- und Westfinnland vor. Die samischen Nomaden (Rentierzüchter) wurden in der Folgezeit von den finnischen Ackerbauern immer weiter nach Norden abgedrängt.[10]

Vermutlich auf dem Landweg über die Karelische Landenge kam der finnische Stamm der Tavasten (Tavastier, Tavastländer bzw. Hämen) nach Mittelfinnland, teilweise auf dem Seeweg über den Finnischen Meerbusen die "eigentlichen Finnen" von Estland nach Südwestfinnland. Die den Tavasten auf etwas nördlicherer Route folgenden Karelier ließen sich in Südostfinnland nieder.[8][9] Üblicherweise wird von diesen drei Hauptstämmen ausgegangen ("eigentliche Finnen", Tavasten und Karelier), gelegentlich aber auch von nur zwei[11] (die "eigentlichen Finnen" als Untergruppe der Tavasten) oder sogar vier (die Savolaxen in Ostfinnland als Mischvolk aus Tavasten und Kareliern).[12]

Zur Herausbildung des heutigen finnischen Volkes kam es erst im späten Mittelalter und der Neuzeit, da in Finnland - im Gegensatz zu Dänemark, Schweden und Norwegen - keine frühe Reichseinigung unter einem nationalen Königtum stattgefunden hatte. Die Clans der "eigentlichen Finnen", der Tavasten und der Karelier lagen im ständigen Kampf um Jagdreviere, Fischgründe und Acker- bzw. Weideland - sowohl gegeneinander als auch gegen Schweden, Russen und Samen. Erst im Selbstbehauptungskampf gegen Schwedische Kreuzzüge und russisches Ausgreifen nach Karelien verschmolzen allmählich zunächst die "eigentlichen Finnen" mit den Tavasten. Noch im 16. Jahrhundert verheerten Tavasten und Karelier gegenseitig ihre jeweiligen Gebiete, dann verschmolzen auch sie allmählich miteinander[11] - allerdings nicht vollständig, denn die unter russische Herrschaft gelangten Karelier nahmen eine getrennte Entwicklung.

Schweden waren nicht erst mit den Kreuzzügen im 12., 13. und 14. Jahrhundert ins Land gekommen, sondern hatten sich vereinzelt schon ab dem 9. Jahrhundert an der Süd- und Westküste Finnlands niedergelassen.[8] Obwohl Finnland bis 1809 unter schwedischer Herrschaft verblieb, kam es zu keiner Verschmelzung von Schweden und Finnen[11] - wohl aber zu einer starken Vermischung, zunächst vor allem zwischen schwedischem und finnischem Adel. Die Finnen wurden so allmählich "indoeuropäisiert", das Genprofil der Finnen weist heute einen Anteil von 80 Prozent europäischer (vor allem skandinavischer) Gene auf.[12][13]

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Ankunft des Fürsten Chorvat mit seinen vier Brüdern und zwei Schwestern an der Adria (mythische Darstellung des 19. Jh.)

CHORIV bzw. CHORVAT

Chrobatos im De Administrando Imperio

Χρωβάτος

Choriw in der Nestorchronik

Хорив

Chorvat bei Safarik, Kollar und Jirasik

  1. Tacitus: Germania, Seite 57f. Reclam, Stuttgart 2006
  2. sagazorm.net: Finnish Kings - Sumble
  3. Richard M. Meyer: Altgermanische Religiongeschichte, Seite 211. Severus Verlag, Hamburg 2013
  4. Jurij Kusmenko: Darstellung der Samen in der altwestskandinavischen Literatur, Seite 2 (PDF). Berlin 2011
  5. Jurij Kusmenko: Hinweise in der skandinavischen Mythologie, Seiten 30-33 (PDF). Berlin 2011
  6. Wilhelm Wägner: Unsere Vorzeit, Band 1 (Germanische Göttersagen), Seite 20f. Neufeld und Henius Verlag, Berlin 1922
  7. a b Willi Stegner (Hrsg.): Taschenatlas Völker und Sprachen, Seiten 39 und 41. Klett-Perthes, Gotha und Stuttgart 2006
  8. a b c Walter Markov, Alfred Anderle, Ernst Werner, Herbert Wurche: Kleine Enzyklopädie Weltgeschichte, Band 1, Seite 314ff. Bibliographisches Institut, Leipzig 1979
  9. a b Alfred Hackman: Die Ältere Eisenzeit in Finnland, Seiten 324-330. Unikum, Barsinghausen 2013
  10. Detlev Wahl: Lexikon der Völker Europas und des Kaukasus, Seite 72ff. Meridian-Verlag, Rostock 1999
  11. a b c Leo Mechelin (Hrsg.): Finland im 19ten Jahrhundert, Seiten 49-59. Edlunds, Helsingfors 1899
  12. a b Harald Haarmann: Kleines Lexikon der Völker: von Aborigines bis Zapoteken. (Google books ab S. 127). Beck, München 2004
  13. Dem anderen großen finnougrischen Volk, den Ungarn, erging es ähnlich: Ihr Genpool weist einen Anteil von 60 Prozent eher "typisch slawischen" R1a-Genen auf.