Sir Arthur Travers Harris, 1. Baronet, genannt "Bomber Harris", (* 13. April 1892 in Cheltenham; † 5. April 1984) war im Zweiten Weltkrieg Oberkommandierender des Bomber Command und Luftmarschall der britischen Royal Air Force.

Leben
Harris trat 1919 in die Royal Air Force ein und diente unter anderem in Indien, im Irak und im Iran. Ab 1930 war er im Luftstab für den Nahen Osten tätig wo er an der blutigen Niederschlagung verschiedener Aufstände der dortigen Bevölkerung gegen die britische Kolonialherrschaft beteiligt war. Dabei setzte er Streubomben, Tretminen und Giftgas gegen die Zivilbevölkerung ein. Er begründete dies damit, dass Araber und Kurden, seiner Ansicht nach, nur eine Politik der harten Hand verstünden.
Am 14. Februar 1942 erfolgte die Anweisung "Area Bombing Directive" des britischen Luftfahrtministeriums. Harris wurde im Februar 1942 zum Oberkommandierenden des Bomber Command der britischen Luftwaffe ernannt. Er sprach sich für die Flächenbombardierung deutscher Städte aus, weil die RAF den Deutschen so einen wesentlich größeren Schaden zufügen könne, als durch eine gezielte Bombardierung strategischer Ziele, die mit den damals zu Verfügung stehenden technischen Leit- und Zielgerät in der Nacht kaum zu treffen waren. Die schweren Verluste der 8. USAAF bei ihren Angriffen 1943 und Anfang 1944 bestätigten sein festhalten am Nachtangriff vorerst bis zum Einsatz von neuen amerikanischen Langstreckenbegleitjägern, wobei die Nachtangriffe der RAF durch die Schaffung der 24 Std. Bedrohung auch für den Erfolg der amerikanischen Tagesangriffe auf strategeiche Punktziele weiterhin bedeutend blieben . Bei den Flächenbombardements wurde neben den im Stadtgebiet befiondlichen industrieanlagen die Zivilbevölkerung und die Infrastruktur der Stadt primäres Ziel der Angriffe. Seiner Meinung nach sollten ganz bewusst zivile Ziele angegriffen werden, um die Moral und den Widerstandswillen der deutschen Bevölkerung zu brechen (so genanntes Moral Bombing), und so den Krieg, und die Gräuel des Nationalsozialismus möglichst rasch zu beenden. Dieses psychologische Ziel gelang jedoch nicht.
Um die deutsche Flugabwehr und die nach dem sog. "Himmelbett-Verfahren" arbeitende Nachtjagd durch lokale Überlastung zu überumpeln, entwickelte er die Methode der Bomberströme, bei der möglichst viele Bomber auf dem selben Kurs einfliegend in kurzer Zeit ein Ziel angriffen, statt einzeln und in breiter Front einzufliegen.
In der Nacht vom 30. auf den 31. Mai 1942 zog Harris alle verfügbaren Bomber zusammen, um mit 1047 Maschinen den ersten "Tausend-Bomber-Angriff" durchzuführen; das Ziel in dieser Nacht war Köln. Dieser Angriff war enscheident, um die zahllosen britischen Skeptiker von der Wirksungsmöglichkeit strategischer Angriffe zu überzeugen und die betriebene Auflösung des Bomber Commandzu verhindern.
Unter seiner Führung wurden zahlreiche deutsche Städte angegriffen, so auch Hamburg vom 24. Juli bis 2. August 1943 (Operation Gomorrha) und gegen seinen expliziten Widerstand ("Dresden lohne einen Angriff nun wirklich nicht") Dresden (Operation Thunderclap) am 13. und 14. Februar 1945, Pforzheim am 23. Februar 1945 und Mainz am 27. Februar 1945.
Harris unterstützte maßgeblich die Entwicklung eines geplanten Feuersturms (Zitat A. Harris bei den Planungen des experimentellen Angriffes auf Lübek 1942 : Historischer Stadtkern brennt gut). In der ersten Welle wurden große Bomben, so genannte Blockbuster abgeworfen, die die Dächer abdeckten und Fenster zerstörten, um den Kamineffekt zu verstärken. Nach den Erfahrungen mit der Bombardierung Coventrys sollten in einer zweiten Welle Brandbomben abgeworfen werden, die in kürzester Zeit eine gigantische Feuerwalze entstehen ließen. Dieses gelang jedoch aufgrund meteorologischer und Städtebaulischer Faktoren nicht immer.
Neben den Bombenangriffen auf Deutschland wurden insbesondere in Italien mehrere Großstädte bombardiert, was etwa in Mailand, Neapel und Palermo beträchtliche Schäden auch in Wohngebieten verursachte.
Am 15. September 1945 schied Harris im Streit mit dem neuen Premierminister Clement Attlee aus der Royal Airforce aus und zog sich verbittert nach Südafrika zurück. Seine Ehrungen durch die Ernennung zum Baronet 1953 (eine Erhebung zum Peer hatte er abgelehnt) sowie die Enthüllung eines von Veteranen finanzierten Denkmals 1992 vor der Kirche St. Clement Danes in London durch die Königinmutter Elizabeth waren in der britischen Bevölkerung stark umstritten. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass seine Luftkriegs-Strategie für die Besatzungen der Flugzeuge verlustreich war. Jeder zweite Flieger kehrte nicht heim, insgesamt kamen 55 000 bei den Angriffen auf Deutschland um. Auch deswegen wurde Harris oft "Butcher" (engl. für Metzger oder Schlächter) genannt.
Die historische wie rechtliche Qualifizierung der alliierten Luftkriegsstrategie und damit der Position Harris' bleibt umstritten. Nach sachlichen oder militärischen Kriterien war die gezielte Zerstörung von Wohngebieten und Innenstädten zweifelhaft.Bevor die Deutsceh Regierung Anfang 1945 alle deutschen Städte zur "Festung" und somit zum militärischen Ziel erklärte, waren die Angriffe formal ein schwerwiegender Verstoß gegen das Kriegsrecht. Militärisch gesehen waren die strategischen Folgen nicht unerheblich, da die angesichts der Angriffe die deutsche Rüstingsproduktion zu umfangreichen Verlagerungen ausgesetzt war, die die Produktion behinderten(laut Albert Speer führten die allierten Luftangriffe bei den Luftfahrzeugen zu einer Halbierung der möglichen Produktion). Weiterhin sah sich die deutsche Führung genötigt, 1,5 Millionen Soldaten von den Fronten für den Einsatz in der Luftverteidigung abziehen. Weitere Folge war das beschleunigte Ausbluten der von ihreren miltitärischen und politischen Befehlshabern weitgehend im Stich gelassenen deutschen Jagdflieger schon ab 1943 durch die Bedrohungslage rund um die Uhr. Andererseits war es der deutsche Propagandaminister Joseph Goebbels, der öffentlich den totalen Krieg erklärte, in dem die gesamte Bevölkerung zu Soldaten würde. Diese Äußerung entsprach der üblichen Goebbels-Rhetorik, konnte aber völkerrechtlich aus Zivilbevölkerung keine Kombattanten machen. Dieses gescha erst durch die "Festungserklärung" Anfang 1945.
Harris hat seinen Standpunkt insbesondere in seinem Buch "Bomber Offensive" dargestellt, das seinen Lebensweg beschreibt. Er argumentiert, das Deutsche Reich habe damit begonnen, die Zivilbevölkerung zum Objekt von Terrorangriffen zu machen (Guernica, Coventry, London, Rotterdam, Warschau, London). Aufgabe der britischen Verantwortlichen sei es gewesen, für eine schnellere Kriegsbeendigung zu sorgen und eigene Opfer zu vermeiden, die etwa ein Landkrieg wie im Ersten Weltkrieg mit sich gebracht hätte. Angesichts seiner Insellage und vor dem Eintritt der USA in den Krieg bzw. vor der alliierten Landung in der Normandie hätte einzig die Offensivstrategie der Royal Air Force die Sicherheit Britanniens garantieren können.
Des weiteren unterstreicht Harris die Bedeutung der Luftunterstützung für einen erfolgreichen Einsatz von Landtruppen. Die Tatsache, dass die deutschen Jagdflieger gegen Ende des Krieges zum großen Teil durch die Verteidigung des Reiches gegen die alliierten Bomber gebunden waren, habe dazu geführt, dass den Bodentruppen der Wehrmacht, im Westen wie auch im Osten, die notwendige Hilfe durch ihre Luftwaffe gefehlt hätte. Dies habe den alliierten Landstreitkräften entscheidend dabei geholfen, die Wehrmacht zurückzudrängen.
Literatur
- Robin Neillands: Der Krieg der Bomber. Ed. q, Berlin 2002
- Henry Probert: Bomber Harris. Greenhill, London 2001
- Dudley Sawart: Bomber" Harris. Sphere Books, London 1996
- Stanley White: The means of victory. Charterhouse, London 1992
- Ralph Barker: Die R.A.F. im Krieg. Time Life Books BV 1982, Lizenzausgabe Bechtermünz Verlag GmbH, Eltville am Rhein 1993
Zitat
"Mit einem Instrument von nur 600 oder 700 Bombern, die größte Industriemacht Europas zum völligen Erliegen bringen, daran vermag ich nicht zu glauben. Dreißigtausend Großbomber, und der Krieg ist morgen früh zu Ende"
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Harris, Arthur Travers |
KURZBESCHREIBUNG | im Zweiten Weltkrieg Oberkommandierender des Bomber Command und Luftmarschall der britischen Royal Air Force |
GEBURTSDATUM | 13. April 1892 |
GEBURTSORT | Cheltenham |
STERBEDATUM | 5. April 1984 |