Nottaufe

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Die Nottaufe (auch Taufe in der Not) ist in mehreren christlichen Konfessionen eine Taufe, die aufgrund eines Notfalls (Lebensgefahr des Täuflings) abweichend von der üblichen Praxis nicht durch einen Geistlichen, sondern einen Laien gültig gespendet wird. Die genaue Definition und Anwendung unterscheidet sich in den unterschiedlichen Konfessionen, Grundlage ist jedoch stets, dass ein ordentlicher Taufspender nicht rechtzeitig herbeigeholt werden kann, um die Spendung der Taufe beispielsweise im nahenden Todesfall zu spenden. Nottaufen finden unter anderem in der römisch-katholischen Kirche, in orthodoxen, lutherischen, evangelisch-unierten, anglikanischen und altkatholischen Kirchen, seltener in reformierten und methodistischen Kirchen statt.

Wird die Taufe in einem Notfall von einem ordentlichen Taufspender gespendet, wird dies auch als Jähtaufe bezeichnet.

Geschichte

Alte Kirche und Katholizismus

Bis zum 3. Jahrhundert gab es keine Nottaufe. Eine Taufe war in dieser Zeit nur durch den Bischof möglich. Auf der Synode von Elvira 305 wurde die Nottaufe durch einen beliebigen Christen im Angesicht des Todes legitimiert, nur nicht dann, wenn eine Kirche im näheren Kreis vorhanden ist. Auf dem Konzil von Basel/Ferrara/Florenz wurde erstmals auf einem Konzil die Nottaufe durch einen frommen Mann oder eine fromme Frau bestätigt. Trotzdem musste nach einer erfolgten Nottaufe der Täufling nach seiner Genesung noch einmal in einer Kirche getauft werden. Das Konzil ging davon aus, dass durch die Nottaufe das Kind aus den Händen des Teufels gerissen und von Gott aufgenommen werde.[1] Bis zum Konzil von Trient war die Nottaufe eng mit der Kindertaufe verbunden, bzw. eins, da in Basel/Ferrara/Florenz nur der Zusatz gemacht wurde, dass eine Nottaufe erfolgen kann.

Erst auf dem Tridentinum wurde eine klare Abgrenzung zwischen Kinder- und Nottaufe vorgenommen. Auch wurde die Heilsnotwendigkeit der Taufe durch die Lehre von der Erbsünde in den Vordergrund gestellt. Demnach ist nur derjenige, der auf Jesus Christus getauft ist, frei von dieser Sünde.

Reformation

Im Gegensatz zu Martin Luther, der seinem Kleinen Katechismus eine Anleitung zur Nottaufe beifügte, lehnten Johannes Calvin (Inst. IV, 15, 20) und Heinrich Bullinger (Confessio Helvetica Posterior XX) Nottaufen ab. Noch 1818 wurde festgestellt, dass von den reformierten Gemeinden in Bayern sowie der unierten Kirche der Pfalz die Nottaufe „unbedingt verworfen wird“[2]. Auch die Methodisten verwiesen im Dialog mit den Lutheranern darauf, dass sie die Taufe nicht in derselben Weise als heilsnotwendig sähen wie die Lutheraner und die Nottaufe deshalb bei ihnen selten sei.[3]

Nottaufe in der römisch-katholischen Kirche

Voraussetzungen

 
Nottaufspritze zur Taufe eines Ungeborenen (mit Christusmonogramm IHS verziert), um 1800

Die Taufe muss unter Verwendung von Wasser und der trinitarischen Formel „im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ erfolgen. Dabei ist der Täufling mit Wasser zu übergießen. Soweit nach den Umständen möglich, sollen Zeugen hinzugezogen werden. Das Kirchenrecht sieht vor, dass die Taufe außer im Notfall in einer Kirche oder Kapelle gespendet werden soll.

Durchführung

Besteht akute Lebensgefahr, so kann die Taufhandlung auf das Sprechen der Taufformel „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ reduziert werden. Beim Sprechen dieser Taufformel wird der Täufling dreimal mit Wasser übergossen.[4] Steht mehr Zeit zur Verfügung, soll die Nottaufe in eine kurze liturgische Feier eingebettet werden. Insbesondere ist dabei durch den Täufling oder dessen Paten oder Eltern der Glaube zu bekennen, z. B. durch Beantwortung der Tauffragen oder durch Sprechen des Glaubensbekenntnisses. Auf die Benutzung von Weihwasser und ausdeutende Riten wie die Salbung mit Katechumenenöl und Chrisam kann verzichtet werden.[5]

Gültigkeit

Wenn kein ordentlicher Spender zugegen ist, kann nach Lehre der römisch-katholischen Kirche im Notfall jeder Mensch taufen, der die richtige Absicht hat, das heißt, er muss tun wollen, was die Kirche tut, wenn sie tauft. Der Taufspender einer Nottaufe muss nicht einmal selbst Christ sein, sondern sie kann nach cann. 861§2 CIC von jedem „von der nötigen Intention geleiteten Menschen“ gespendet werden.[6] Den Gläubigen soll durch den örtlichen Pfarrer oder einen Seelsorger von vornherein die richtige Art und Weise der Taufe vermittelt und beigebracht werden. Die erfolgte Taufe muss zeitnah dem Pfarrer bekannt gegeben werden, damit dieser sie in das Taufregister eintragen kann.

Nottaufe in den anglikanischen und altkatholischen Kirchen

Die Kirchen der Anglikanischen Gemeinschaft und die Altkatholische Kirche praktizieren ebenfalls die Nottaufe. In der Church of England genügt es dazu, dass das Haupt des Täuflings mit Wasser übergossen wird und dazu die Taufworte „N.N., ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ gesprochen werden. Auch in anglikanischen Kirchen kann die Nottaufe von einem Laien durchgeführt werden, wenn kein Bischof, Priester oder Diakon zur Stelle ist. Nach dem Vollzug ist die Taufe der für die Seelsorge am Neugetauften verantwortlichen Person mitzuteilen. Zu einem späteren Zeitpunkt können andere Elemente des Taufgottesdienstes, wie z. B. die Salbung mit Chrisam, nachgeholt werden.[7]

Evangelische Kirchen

In den Kirchen der EKD kann eine Nottaufe durchgeführt werden, wenn ein Ungetaufter sehr krank ist und zu sterben droht. Eine solche Nottaufe kann von jedem Christen und jeder Christin vorgenommen werden.[8]

Andere Konfessionen

In anderen Konfessionen kann die Nottaufe ähnlich vollzogen werden. In allen Kirchen darf jeder Mensch taufen, allerdings nicht ohne Zustimmung des Erkrankten oder der Sorgeberechtigten. Die Einführung in die Gemeinde muss nicht nachgeholt werden, sondern die Nottaufe wird nur in das Taufregister eingetragen. In den orthodoxen Kirchen wird das Taufritual im Notfall auf die essentiellen Gesten beschränkt, sie kann durchgeführt werden, auch wenn kein Priester zugegen ist.[9]

In Kirchen, die die Taufe nicht als heilsnotwendiges Sakrament ansehen und (hauptsächlich) die Gläubigentaufe als Bekenntnisakt praktizieren, findet keine Nottaufe statt.

Einzelnachweise

  1. Mark, Searle: Infant Baptism Reconsidered. In Maxwell, Johnson: Living Water, Sealing Spirit. Readings on Christian Initiation. Collegeville 1995, S. 365–409.
  2. Marion Stadlober-Degwerth: (Un)Heimliche Niederkunften: Geburtshilfe zwischen Hebammenkunst und medizinischer Wissenschaft. Böhlau Verlag, Köln – Weimar 2008, S. 174
  3. Dokumente wachsender Übereinstimmung. Band II, S. 244f
  4. Katechismus der Katholischen Kirche, §1284: [1]
  5. Anleitung zur Nottaufe
  6. Catholic Encyclopedia: Vorlage:"-en
  7. The Church of England: Emergency Baptism. Abgerufen am 22. Mai 2015 (englisch).
  8. Was ist eine Nottaufe?, aufgerufen am 29. Juli 2015
  9. Susanne Hausmann, Sergius Heitz (Hg.): Christus in euch: Hoffnung auf Herrlichkeit. Orthodoxes Glaubensbuch für erwachsene und heranwachsende Gläubige. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2002, S. 116

Literatur

  • Mark Searle: Infant Baptism Reconsidered. In: Maxwell E. Johnson (Hrsg.): Living Water, Sealing Spirit. Readings on Christian Initiation. Collegeville 1995, S. 365–409.
  • Hans Paarhammer: Die Nottaufe als kirchenrechtliches und pastorales Problem – kanonische Anmerkung zur Rolle des Spenders bzw. einer Spenderin „in casus neccessitatis“. In: Georg Ritzer (Hrsg.): Mit euch bin ich Mensch. Tyrolia-Verlag, Innsbruck – Wien 2008, S. 501–528.
  • Evangelisches Gesangbuch (Regionalausgabe Niedersachsen-Bremen; Regionalausgabe Anhalt, Berlin-Brandenburg etc.), Nr. 791.
  • Martin Luther: Anhang 6. (HTML) Anleitung zur Nottaufe. In: Kleiner Katechismus. Evangelisch-Lutherische Freikirche, 1529, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 31. August 2011; abgerufen am 14. Mai 2014.
  • Taufriten (katholisch)