Dimensionsanalyse

mathematisches Verfahren
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Die Dimensionsanalyse ist ein mathematisches Verfahren um das Zusammenspiel physikalischer Größen bei Naturphänomenen zu erfassen, ohne die einem physikalischen Vorgang zugrundeliegende Formel oder eine exakte Gesetzmäßigkeit zu kennen. Ihre Anwendung beruht auf angewandter Mathematik, praktischer Beobachtungsgabe, der Durchführung und Auswertung von Versuchen und auf intuitivem physikalischen Verständnis. Sie hat sich insbesondere in der Strömungsmechanik bewährt.

Die Tacoma-Narrows-Brücke nach dem Einsturz durch Windlasten, deren Wirkung bei der Konstruktion unberücksichtigt geblieben war.

Für wirklichkeitsnahe Probleme in Technik und Wissenschaft sind die zugeordneten mathematischen Gleichungen in den meisten Fällen aufgrund komplexer Randbedingungen nicht analytisch oder numerisch, d. h. durch Computersimulationen lösbar. Die Anwendung der Dimensionsanalyse auf geometrisch ähnliche, jedoch labortechnisch oder numerisch leichter handhabbare Modelle, erlaubt häufig sehr genaue Rückschlüsse auf die Lösung des hochkomplexen Ausgangsproblems. So erfordern die Untersuchung und Optimierung der aerodynamischen Eigenschaften oder der Erdbebentauglichkeit von Hängebrücken und Hochhäusern eine Dimensionsanalyse, um Versuche an maßstabsgerecht verkleinerten Modellen durchführen zu können.

Die Dimensionsanalyse findet hauptsächlich im Ingenieurswesen, aber auch in der Medizin und Biologie ihre Anwendung.


Historie und Überblick

Bereits Physiker wie Ludwig Prandtl, Theodore von Kármán, Albert Shields, Johann Nikuradse und Lord Rayleigh, die sich Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts als erste tiefergehend mit den Eigenschaften von Strömungen und bewegten Körpern in Fluiden beschäftigten, nutzten die Dimensionsanalyse, um vom Laborexperiment mit kontrollierbaren Randbedingungen auf das Verhalten physikalischer Probleme mit geometrisch ähnlichen Körpern oder mit Fluiden anderer Zähigkeit und Dichte zu schließen. Dieses Ähnlichkeitsprinzip, d.h. die Möglichkeit , physikalische Phänomene in unterschiedlichen Maßstäben untersuchen zu können, bildet die Grundlage der Ähnlichkeitstheorie. Häufig wird diese Theorie auch als Modelltheorie bezeichnet.

Die der Ähnlichkeitstheorie zugrundeliegende Dimensionsanalyse besagt, dass sich jede dimensionsgebundene physikalische Formel   in eine dimensionslose, d.h. von physikalischen Einheiten bereinigte Gestalt überführen läßt. Dazu werden   und   durch ein Potenzprodukt der Variablen   geteilt und gleichzeitig die einzelnen   in beliebige Potenzen erhöht:

 

so dass die linke und die rechte Seite der Gleichung dimensionslos wird. Die Dimensionsreinheit und damit die Korrektheit jeder physikalischen Beziehung lässt sich anhand dieser Aussage prüfen. Genügt eine Formel nicht diesen Kriterien, dann ist sie physikalisch nicht exakt. Dies gilt für viele Näherungsformeln, die bewusst bestimmte Größen vernachlässigen.

Das auf der Dimensionsanalyse aufbauende und unabhängig voneinander von Vaschy (1890), Riabouchinsky (1911) und Edgar Buckingham (1915) bewiesene Π-Theorem, erweitert obige Aussage dahingehend, dass sich die Funktion   in der allgemeineren Form

 

darstellen lässt. Die Potenzprodukte der  , die sogenannten Π-Faktoren in   mit  , sind dimensionslos.

Durch die Dimensionsanalyse ist es möglich, die funktionale Gestalt physikalischer Formeln bis auf eine reellwertige Konstante   zu „erraten“, sofern nur wenige physikalische Größen Einfluss nehmen, wie beispielsweise beim erstmals von Galilei formulierten Fallgesetz

 

mit   als dem Fallweg,   als der Fallbeschleunigung und   als der Zeit. Die Proportionalitätskonstante   verbleibt dabei im Experiment zu bestimmen; sie ergibt sich zu  .

In diesem Artikel werden die mathematischen und physikalischen Grundlagen der Dimensionsanalyse vorgestellt, erläutert und ihre Anwendung anhand einiger Beispiele aus der Praxis vorgeführt.

Dimensionen und Maßsysteme

Das Messen einer physikalischen Größe bedeutet, die erlangte Information innerhalb ihrer Größenart (Geschwindigkeit, Druck,...) mit anderen Messwerten in Relation zu setzen. Zu solchen Vergleichszwecken wurden mit Prototypen Einheiten von sieben Grundgrößenarten festgelegt. Alle verwendeten physikalischen Größenarten sind auf diese sieben Grundgrößenarten zurückführbar.

Folgende Grundgrößenarten sind als sogenannte Basisgrößenarten über Basiseinheiten festgelegt, also unabhängig voneinander nur mit einem bestimmten Prototyp vergleichbar. Sie stellen jeweils eine eigene Dimension dar, die nicht über die restlichen Basisgrößenarten beschrieben werden kann.

Basisgrößen und deren Einheiten in der Physik

Grundgrößenart als Basisgrößenart Dimension Maß des Prototyps [Basiseinheit] Vergleichbar im metrischen System nur mit folgendem Prototyp:
Masse M kg Urkilogramm
Länge L m Der Länge, die das Licht in 1/299.792.485 s zurücklegt.
Zeit T s 9.192.631.770 Schwingungen eines Cäsiumatoms
Temperatur Θ K Absolutem Nullpunkt und dem Tripelpunkt des Wassers (Temperatur, bei der Eis, Wasser und Wasserdampf gleichzeitig existieren können). Bei Betrachtung der Temperatur als Äquivalent zur kinetischen Energie von Molekülen entfällt diese jedoch als Basisgröße.
Elektrische Stromstärke E A Stärke des Stroms durch zwei gerade Paralleldrähte im Abstand von 1 m, zwischen denen die Kraft von   N pro Leitung wirkt
Lichtstärke I cd Lichtstärke senkrecht zu 10/6 mm² eines Strahlers mit der Temperatur von 2045,2 K
Stoffmenge A mol Masse von   Teilchen eines Stoffes

Grundgrößensysteme

Ein Grundgrößensystem ist über die Dimensionen, in denen ein Messvorgang stattfindet, bestimmt. Da in der Physik nur diese sieben voneinander unabhängige Grundgrößen bekannt sind, lassen sich in einem {M,L,T,Θ,E,I,A}-System alle Vorgange in der Natur erfassen. Beim Aufgreifen eines mechanischen Problems (dem Hauptanwendungsgebiet der Dimensionsanalyse) genügt es, sich auf ein {M,L,T,Θ}- System, oder, falls die Temperatur belanglos ist, sich auf ein {M,L,T}- System zu beschränken.

Im Grundgrößensystem selbst ist die Wahl der Basiseinheit (Etwa die Länge [L] bestimmt über die Basiseinheiten Meter, Fuß, Zentimeter, Yard etc.) belanglos. Sie ist über beliebige andere Prototypen definierbar und wird nur zu Vergleichszwecken benötigt. Grundgrößensysteme können allerdings nicht nur aus denjenigen Grundgrößenarten gebildet werden, die auch gleichzeitig Basisgrößenarten sind.

So ist nach Newton die Kraft äquivalent der Masse und unabhängig gegenüber allen anderen Basisgrößen. Es existiert also äquivalent zu einem {M,L,T}- System der Basisgrößenart Masse [Dimension: M], Länge [L] und Zeit [T] ein {F,L,T}- System der Grundgrößenart Kraft [F], die über die Basisgröße Masse definiert ist, sowie der Basisgrößenarten Länge [L] und Zeit [T]. Die Kraft hat, sofern die Masse nicht hinzugezogen wird, als Dimensionsbegriff eine eigene, unabhängige Dimension.

Äquivalenz von Grundgrößensystemen

Alle Größenarten eines vorherigen {M,L,T}- System lassen sich folglich auch in einem {F,L,T}-System angeben. Ein {M,F,L,T}–System darf es hingegen nicht geben, da eine Abhängigkeit zwischen Masse und Kraft gegeben ist. Dies verletzt die Forderung nach voneinander unabhängigen Dimensionen. Nimmt man weitere physikalische Gesetze zu Hilfe, kann man auch Grundgrößensysteme wählen, in denen etwa der Druck, die Geschwindigkeit oder die Frequenz Grundgrößen sind. Jedoch muss jede Grundgröße für sich eine von den anderen verwendeten Grundgrößen unabhängige Dimension darstellen.

Letztlich sind alle Grundgrößensysteme mit der gleichen Anzahl an Dimensionen, in denen dieselben Größen dargestellt werden können, äquivalent zueinander. Für das spätere Auffinden von sogenannten Π-Faktoren ist dabei die Wahl solcher Grundgrößen belanglos. Sie ist nur eine Frage der bevorzugten Darstellungsweise.

In der Mechanik oft gebräuchliche Größenarten in einem {M,L,T}-System sind in der nachfolgenden Tabelle mit ihren Dimensionsformeln aufgelistet. Ihre Einheiten sind allesamt Potenzprodukte der Basiseinheiten. Ihre Dimensionsformeln sind dagegen Potenzprodukte der Dimensionen, innerhalb derer diese Einheiten beschrieben sind.

In der Mechanik gebräuchliche Größenarten in einem {M,L,T}-System

Größenart Größen-bezeichnung Einheit Dimensionsformel
Masse m kg  
Länge l, b, h, ... m  
Zeit t s  
Frequenz f Hz ( =1/s)  
Winkelgeschwindigkeit ω 1/s  
Geschwindigkeit v m/s  
Beschleunigung a m/s²  
Impuls p m kg/s  
Dichte ρ kg/m³  
Kraft F N ( = kg ·m/s²)  
Wichte γ N/m³  
Druck, Spannung p N/m²  
Elastizitätsmodul E N/m²  
Energie W J ( = m²·kg/s²)  
Leistung P W ( = m²·kg/s³)  
Dynamische Viskosität μ N·s/m²  
Kinematische Viskosität ν m²/s  

Formulierungen, wie "maßgebliche Größe der Dichte" oder „Einfluss der Größen Geschwindigkeit und Beschleunigung“, sind umgangssprachlich. Diese Verwendung des Begriffs Größe ist eigentlich nicht korrekt. Dichte, Geschwindigkeit, Beschleunigung usw. sind Größenarten. Erst in einer Gleichung der Art:

 

wird eine Größe   (man kann auch von Messgröße sprechen) über eine (Maß-)Einheit [m/s] und eine Maßzahl 3 beschrieben. Für technische Zecke ist dies aber nicht relevant.

Grundgrößensysteme und ihre Transformationen

Jedes Grundgrößensystem kann mithilfe einer Übergangsmatrix, die die Exponenten der Dimensionen enthält, in ein dazu äquivalentes überführt werden. Möchte man in einem Grundgrößensystem beispielsweise die Dimension der Kraft  , gegeben in der Form


 ,


durch die Dimension der Masse   ersetzen, so gelingt dies durch die einfache algebraische Umstellung


 .


Dieses Umformung findet sich in der Übergangsmatrix der Exponenten wieder


 


bzw. in mathematisch exakter Form


Fehler beim Parsen (SVG (MathML kann über ein Browser-Plugin aktiviert werden): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „http://localhost:6011/de.wikipedia.org/v1/“:): {\displaystyle D_{1}=\begin{pmatrix} 1 & -1 & 2 \\ 0 & 1 & 0 \\ 0 & 0 & 1 \\ \end{pmatrix}} .


Die Transformation der Grundgrößen des {M,L,T}-Systems beim Übergang zum {F,L,T}-Grundgrößensystem sind durch die Matrizenmultiplikation


 .


gegeben. Die auch Dimensionsmatrix genannte Matrix   enthält die Exponenten aller Dimensionsformeln des {M,L,T}-Systems. Die gesuchten Exponenten der Dimensionsformeln des {F,L,T}-Systems sind in der Dimensionsmatrix   enthalten. Da Länge und Zeit durch die Transformation unberührt bleiben, ändern sich lediglich die Exponenten derjenigen Größen, die mit der Dimension der Masse   korreliert sind. Man erkennt, dass sich für einige Grundgrößen, wie beispielsweise den Druck  , die Dimensionsformeln vereinfachen, für andere hingegen, wie die direkt von der Masse abhängende Dichte   jedoch verkomplizieren. Die Wahl eines Grundgrößensystems ist demnach durch die praktischen Anforderungen festgelegt, d.h. es ist ein solches Grundgrößensystem zu bilden, in dem sich die Größen des konkreten Problems möglichst einfach darstellen lassen.

Π-Faktoren

Was sind Π-Faktoren

Π-Faktoren nennt man diejenigen Produkte, die sich aus einer Matrix wie der obigen Dimensionsmatrix   ergeben, wenn man einzelne Größen in beliebige Potenzen erhebt und sie mit anderen in der Matrix vorkommenden Größen derart multipliziert, dass das Produkt dimensionslos wird bzw. die Dimension 1 besitzt. Beispielsweise ist das Potenzprodukt

 

ein Π-Faktor der Matrix  , der die geforderte Dimension

 

besitzt. Die Dimension 1 bleibt natürlich auch dann erhalten, wenn man   in beliebige Potenzen erhebt. Es ist:

 

Wieviele Π-Faktoren gibt es

Man sieht, dass beliebig viele Darstellungen eines einmal gefundenen Faktors möglich sind. Die Anzahl der Π-Faktoren, die nicht als Potenz eines vorher gefundenen Faktors oder als Produkt von in Potenzen erhobenen Faktoren geschrieben werden können, ist allerdings beschränkt. Über die Existenz dieser Π-Faktoren in einer gewählten Dimensionsmatrix   kann gesagt werden, dass es genau   linear unabhängige Π-Faktoren gibt.

Dabei sind:

  • p: Die Anzahl der dimensionslosen Π-Faktoren
  • n: Die Anzahl der dimensionsgebundenen Größen
  • r: Der Rang der Matrix  , der nur für quadratische Matrizen durch die Determinante bestimmt ist.

Formale Vorgehensweise für eine Dimensionsanalyse

  ist als Dimensionsmatrix mit   Zeilen für die Größen   und 3 Spalten für 3 Dimensionen   zu wählen:

 

Findet man einen Zeilenvektor   mit der Spaltenanzahl  , für den gilt:

 

dann hat man mit:

 

einen Π-Faktor von   gefunden.

Kontrollmöglichkeiten

Die Anzahl linear unabhängiger Zeilenvektoren, die diese Gleichung (2) erfüllen, ist  . Ihre lineare Unabhängigkeit beweist man, indem man zeigt, dass der Rang der Matrix  , die man aus   gefundenen Zeilenvektoren bilden kann, ebenfalls   ist.

 

Multipliziert   mit   ergibt sich die Nullmatrix   mit der Anzahl der gewählten Dimensionen (hier: 3) als Spalten und der Anzahl der Vektoren als Zeilen.

 

Aus der Matrixalgebra ergibt sich, dass auch jede beliebige Linearkombination der gefundenen Zeilenvektoren Gleichung (2) löst, und damit einen Π-Faktor darstellt. Demnach ist (5) auch für jede Matrix erfüllt, die sich aus   ergibt, indem man Zeilen mit beliebigen reellen Zahlen verschieden von Null multipliziert und mit anderen Zeilen addiert oder subtrahiert. Am Rang der Matrix   ändert sich nichts. Für die Anzahl möglicher Lösungsmöglichkeiten heißt dies, dass man mit   gefundenen Π-Faktoren beliebig viele andere Π-Faktoren bilden kann:

 

Wobei deren zugehörige Zeilenvektoren homogene Lösungen von (2) wären. Es sind allerdings weiterhin nur genau   Π-Faktoren, die ein das Fundamentalsystem der Dimensionsmatrix bilden.

Schlussfolgerungen

  • Mit einem beliebigen Fundamentalsystem sind über (6) alle existierenden Lösungen von (2) bestimmt. Dabei sind beliebig viele Lösungen darstellbar.
  • Dimensionslose Zahlenkonstanten, die oft schon Verhältnisgrößen sind, bleiben bei dieser Rechnung dimensionslos und stellen automatisch einen dimensionslosen Π-Faktor dar.

Auffinden eines Fundamentalsystems von Π-Faktoren

Analytisches Vorgehen

Eine erste Möglichkeit ein Fundamentalsystem von Π-Faktoren zu erlangen besteht darin, die unabhängigen Variablen   im Gleichungssystem, das sich aus (2) ergibt beliebige Werte annehmen zu lassen und den Rang der Zeilenmatrix nach (4) zu prüfen. Die Anzahl der unabhängigen Variablen ist identisch mit der Anzahl der Π-Faktoren.

Unabhängig oder frei wählbar sind im Gleichungssystem diejenigen Variablen, denen man beliebige Zahlenwerte zuweisen kann, ohne in der Lösung einen Widerspruch herbeizuführen. Eine geschickte Wahl ist es beispielsweise, immer einer unabhängigen Variablen den Zahlenwert Eins zuzuweisen und die anderen unabhängigen Variablen auf Null zu setzen. Die fehlenden abhängigen Variablen ergeben sich durch die Lösung des verbleibenden Gleichungssystems.

Der Nachteil dieser Methode besteht jedoch darin, dass man recht wenig Einfluss auf das Aussehen dieses Fundamentalsystems hat und unter Umständen eine Vielzahl von Gleichungssystemen lösen muss.

Methode des Erratens

Eine zweckmäßigere Methode ist es, die Π-Faktoren schlichtweg aus (1) zu erraten. Dazu muss man die Zeilen der Größen in der Dimensionsmatrix   „zu Null“ addieren.

Praktisch heißt dies:

  • Will man eine Größe im Zähler muss man ihre Zeile mit "+1" multiplizieren, andernfalls mit "-1". (Die Zeilen mit Zahlen zu multiplizieren bedeutet die Größen in die entsprechenden Potenzen zu erheben.)
  • Ergibt die Addition solcher Zeilen Null, besitzt man ein Potenzprodukt (wie zuvor mit der Matrix   demonstriert).

Diese Methode beinhaltet die Möglichkeit, das Aussehen von Π-Faktoren zu beeinflussen. Allerdings muss man im Nachhinein den Rang der resultierenden Zeilenmatrix bestätigen, indem man eine nichtverschwindende Unterdeterminante findet, also zeigt, dass (4) erfüllt ist.

Wertung der Methoden

Meist führt das Erraten der Faktoren bei geschickter Wahl des Grundgrößensystems und übersichtlichen Verhältnissen wesentlich schneller zum Ziel als ein formales Vorgehen.

Es werden in der Literatur noch weitere Methoden zum analytischen Auffinden der Π-Faktoren demonstriert um das Gleichungssystem aus (2) möglichst geschickt zu lösen (z.B. Gauß'sches Eliminationsverfahren). Näheres dazu findet sich in jedem Mathematikbuch über Lineare Algebra.

Bildung physikalisch nützlicher Fundamentalsysteme

Ist man zu einem Fundamentalsystem gelangt, befriedigt dies oftmals nicht den Wunsch nach einer physikalischen Aussagekraft der einzelnen Π-Faktoren. Abhilfe schafft die Anwendung von Gleichung (6).

Durch geschicktes Kombinieren der Faktoren untereinander und ihre Erhebung in beliebige Potenzen kann leicht ein neuer, physikalisch ergiebigerer Faktor gebildet werden. Soll dieser in einem neuen Fundamentalsystem vorhanden sein, ist lediglich einer der Faktoren zu streichen, durch deren Kombination man den neuen gebildet hatte. Dadurch wird der neu erlangte Π-Faktor linear unabhängig von den restlichen. Angenommen, dass es ein Fundamentalsystem mit   als Π-Faktoren gibt, und ein neuer, aussagekräftigerer Faktor die Gestalt

 

hätte, dann wäre ein neues Fundamentalsystem   oder   , jedoch nicht   , da ja   von den ersten beiden linear abhängt.

Für Modelluntersuchungen ist es nützlich, solche Faktoren gebildet zu haben, die immer eine charakteristische Größe enthalten die dann nur in einem einzigen Faktor auftaucht. Dies muss nicht unbedingt möglich sein. Gleichung (6) erlaubt aber das zu prüfen.

Dimensionshomogene Funktionen

Wenn es eine dimensionshomogene Funktion mit einem dimensionsgebundenen Funktionswert   gibt, der über Größen   bestimmt ist, also

 


dann findet sich immer ein Potenzprodukt derart, dass sich schreiben lässt:

 
 

Jede physikalische Formel und insbesondere ihr an eine Einheit gebundener Funktionswert   lassen sich also über Potenzerhebung der in der Funktion   enthaltenen Größen   dimensionslos darstellen.

Aussagen des Π-Theorems

Das sogenannte Π-Theorem (in der Literatur auch oft Buckingham-Theorem), leitet sogar noch einen Schritt weiter. Seine Hauptaussage ist, dass sich jede dimensionsgebundene Gleichung

 

in die Form von

 
 

überführen lässt, und damit nur noch aus dimensionslosen Potenzprodukten (und Zahlenkonstanten) aufgebaut ist. Dabei kann es durchaus sein, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, die linke Seite der Gleichung in dimensionsloser Form darzustellen.

Die Bedeutung dieses Theorems liegt darin, dass auch eine Aussage über den funktionalen Zusammenhang dimensionsbehafteter physikalischer Größen gemacht werden kann, der sich vielleicht nicht explizit formelmäßig angeben lässt. Dies gilt für viele komplexe Sachverhalte in der Natur (z.B. Turbulenz, Kármánsche Wirbelstraße). Da diese Größen allerdings nur in bestimmten Relationen, den bereits vorgestellten Π-Faktoren, zueinander auftreten können, erreicht man gleichzeitig eine nützliche Reduktion der Funktionsvariablen in   gegenüber in  , denn es gilt wiederum  .

Schlussfolgerungen

  • Satz 1: Wenn eine Größe   nicht dazu benötigt wird auf ein Fundamentalsystem von Π-Faktoren zu gelangen oder   dimensionslos zu machen, dann hängt   entweder nicht von   ab, oder der gedachte funktionale Zusammenhang muss um mindestens eine weitere Größe erweitert werden.

  • Satz 2: Wenn   durch kein Potenzprodukt aus den   dimensionslos gemacht werden kann, dann ist die Dimensionsmatrix unvollständig oder falsch.

Das bedeutet, dass man in jedem Falle bei dimensionsbehafteten Gleichungen, was physikalische Formeln sind, immer zu einer vorteilhaften, dimensionslosen Darstellung gelangen, in der die Einheiten der Größen keine Rolle spielen.

Diese fundamentalen Prinzipien sind bedeutsam für die gesamte Physik!

Übergang zur Modelltheorie

Die dritte wichtige Schlußfolgerung, die das Π-Theorem in der experimentellen Versuchstechnik bedeutsam macht, ist diejenige:

 
Ähnlichkeit von Luftwirbeln im Kleinen...
 
...und im Großen beim Hurrikan Fran.
  • Satz 3: Wenn in der dimensionslosen Funktionsgleichung
  alle Π-Faktoren auf der rechten Seite der Gleichung konstant gehalten werden, dann wird auch das dimensionslose Funktionsergebnis auf der linken Seite immer dasselbe sein.

Satz 3 ist entscheidend für die gesamte Ähnlichkeitstheorie. Alle Randbedingungen, die in realistischen Modellversuchen zu wählen sind, gehen hieraus hervor (s. vollständige und teilweise Modellähnlichkeit).

Als Beispiel für einen in Modellversuchen bedeutenden Π-Faktor sei die Reynolds-Zahl genannt. Diese ist:

  mit:  

Da in die Reynolds-Zahl eine geometrische Länge  , die Strömungsgeschwindigkeit   die Dichte   und die Viskosität   eingehen, ist es möglich, maßstabsgetreue kleinere Modelle (etwa Flugzeuge im Strömungskanal) zu untersuchen, und dennoch ein korrektes Ergebnis auf der linken Seite der obigen dimensionslosen Funktionsgleichung zu erhalten, indem man bei der Untersuchung des Modells   und/oder oder   anpasst.

Vollständige und teilweise Modellähnlichkeit

Wenn es gelingt, alle Π-Faktoren in einem physikalisch interessierenden Wertebereich konstant zu halten, spricht man von vollständiger Modellähnlichkeit, ansonsten von teilweiser Modellähnlichkeit.

Oftmals glückt die vollständige Modellähnlichkeit allerdings nicht, und man ist gezwungen, den mehr oder weniger großen Nebeneffekt auf das letztendliche Messergebnis abzuschätzen. Nebeneffekte können auch anderweitig auftreten, nämlich wenn eine Größe, deren Einfluss auf den Prototyp belanglos wäre, das Modell unerwünscht stark beeinflusst (s. Froude-Zahl im Schiffsmodell).

 
Kavitation bei einer Schiffsschraube im maßstäblichen Modellversuch. Die Konstanz von Reynoldszahlen in Modell und Prototyp verlangt die vierfache Umdrehungsgeschwindigkeit der Modellschraube, wenn ihr Durchmesser halbiert wird.

Modellgesetze

Über die Gleichsetzung der Π-Faktoren von Modell und Prototyp ergeben sich Modellgesetze. Variiert man in der Reynoldszahl des Modells gegenüber dem Prototyp die Länge, kann man dies, wie oben erklärt, durch Anpassung der Viskosität und/oder der Geschwindigkeit ausgleichen.

Um die Modellgesetze in eine vorteilhafte Form zu bringen, ist man immer bestrebt, nur diejenigen Größen in die Π-Faktoren zu übernehmen, die man auch im Modell variieren kann und nicht diejenigen, die sich aus der Konsequenz dieser Variation ergeben würden. Die praktisch sinnvollste Form erreicht man, wenn es möglich ist, diese Gleichungen derart zu schreiben, dass beim Einsetzen der Größenwerte des Prototyps immer eine eindeutige Aussage über eine einzelne Versuchseinstellung im Modell möglich ist. Also dergestalt, dass sich bei jeder Änderung der Ausgangssituation im Prototyp immer die erforderliche Versuchseinstellung im Modell offenbart.

Modellversuche

Ein nicht zu unterschätzender Vorteil liegt überdies noch darin, in einem Modellversuch nicht mehr alle einfließenden Größen einzeln variieren zu müssen, sondern nur noch die aus ihnen gebildeten, und von der Anzahl her geringeren, Π-Faktoren. Auch für die Darstellung der späteren Versuchsergebnisse ist dies von entscheidender Bedeutung. Indem man nur noch Π-Faktoren statt einzelner, dimensionsbehafteter, Größen aufträgt, gelangt man zu einer wesentlich knapperen und übersichtlicheren Veranschaulichung der Messgrößen (man spart Dimensionen). Alle Diagramme, in denen die Achsen dimensionslos dargestellt sind, basieren auf der Grundlage der Dimensionsanalyse.

Beim Bau eines Modells und der späteren Versuchsdurchführung muss man sorgfältig alle relevanten Größen im voraus überlegen. Nur über die richtigen Parameter gelangt man auf die richtigen oder einen vollständigen Satz von Π-Faktoren und kann eine realistische Simulation durchführen. Bei Auswahl zu vieler Größen, die möglicherweise nur geringe Bedeutung auf die Messung haben, steigt jedoch die Anzahl der Versuche gewaltig. Dies erfordert physikalischen Sachverstand.

Vielleicht stellt sich im nachhinein heraus, dass eine Größe, der man eine Bedeutung zugedacht hatte, wesentlich weniger Einfluss auf das Ergebnis hat als angenommen. Falls diese Größe nur in einem einzigen Faktor vorkommt, ist es möglich, diesen zu streichen. Ansonsten empfiehlt es sich, mit einem neuen Satz von Größen die Dimensionsmatrix zu bilden und ein passendes Fundamentalsystem zu finden.

Beispiele

Um die Anwendung der Formeln aus den vorhergehenden Kapiteln zu demonstrieren, folgen einige Rechenbeispiele.

Galileis Fallgesetz

Zunächst sei fälschlicherweise angenommen, dass das Fallgesetz von Galileo Galilei neben der Fallbeschleunigung   und Zeit   auch von der Masse   des fallenden Körpers abhinge, d.h. es sei angenommen, dass


 


gelte. Die zugeordnete Dimensionsmatrix   lautet in ausführlicher Schreibweise


 


bzw. in mathematisch exakter Formulierung


 


Da alle Zeilenvektoren von   linear unabhängig sind, ergibt sich der Rang zu  ; es existieren demnach keine Π-Faktoren, denn mit   gilt  . Es kann nur gelten:


 


Der Ansatz   kann daher nicht dimensionslos gemacht werden und ist folglich physikalisch nicht korrekt. Eine Abhängigkeit des Fallwegs von der Masse würde erst dann zu einer richtigen Beschreibung führen, wenn beispielsweise die ihn umgebende Luft Berücksichtigung fände, denn die für die Reibung verantwortliche Luftdichte enthält die Dimension der Masse.

Eulers Knickstab

Vertikal belastete Stäbe einer bestimmten Länge sind knickgefährdet, d.h. ihr Versagen erfolgt häufig bevor die eigentliche Bruchlast des Querschnitts erreicht ist. Die sogenannte Knicklast   eines solchen Stabes mit Rechteckquerschnitt hängt vom Elastizitätsmodul  , seiner Länge  , seiner Querschnittshöhe  , seiner Querschnittsdicke   und den Lagerbedingungen an den Enden ab:


 .


Datei:Eulerfaelle1.png
Die 4 Eulerfälle mit folgenden Randbedingungen (v.l.n.r.): (1) eingespannt/frei, (2) gelenkig/gelenkig, (3) eingespannt/gelenkig, (4) eingespannt/eingespannt

Die Dimensionsmatrix   für den zweiten Fall der nebenstehenden Abbildung ergibt sich für ein {F,L,T}-System in ausführlicher Schreibweise zu


 


bzw. in mathematisch exakter Formulierung zu


 .


Der Rang von   ist  . Die Anzahl der Π-Faktoren ergibt sich mit   und   zu  . Bei diesen beiden leicht zu erratenden Π-Faktoren handelt es sich um die sogenannten geometrischen Ähnlichkeiten   und  . Für dimensionsloses   muss


 


gelten, womit die Dimensionsanalyse gezeigt hat, dass man in Laborversuchen lediglich die sogenannte Schlankheit des Stabes   und das Seitenverhältnis des Querschnitts   variieren muss, um für beliebige E-Module von Rechteckstäben deren Knicklast zu erhalten.

Nach Gleichung 6 im Abschnitt Existenz und Anzahl von Π-Faktoren läßt sich ein weiterer Π-Faktor bilden:


 .


Mithilfe dieses Faktors liefert die Dimensionsanalyse die gleichwertige Beziehung


 .


Häufig liegt es nahe,   als ein Produkt der Π-Faktoren anzusetzen. Für dieses Beispiel gelangt man damit zur Gleichung


 ,


die der exakten, von Leonard Euler aufgestellten Beziehung


 

analog, d.h. von gleicher funktionaler Gestalt ist. Somit ergibt sich, dass die Knicklast in Versuchen, auch an kleinen Stäben, für bestimmte, nicht nur auf Rechteckform beschränkte Querschnitte und unterschiedliche Längen leicht verifiziert und in Diagrammform dargestellt werden kann, ohne geschlossene Formeln, wie etwa die von Euler, kennen zu müssen.

In Fluiden umströmte Körper

Strömungswiderstand einer Kugel

Das Standardproblem in der Anfangszeit der Strömungsmechanik war die Bestimmung des Widerstands eines in einem Fluid umströmten Körpers. Dieses lässt sich mit Hilfe der Dimensionsanalyse erfassen.

Die Widerstandskraft   einer Kugel und jedes anderen Körpers hängt von seiner Form, hier präzisiert durch den Kugeldurchmesser  , der Geschwindigkeit  , mit der er sich im Fluid bewegt, der Dichte   des Mediums und dessen dynamischer Zähigkeit   ab .

 
Strömungswiderstandskoeffizient einer Kugel in Abhängigkeit der Reynolds-Zahl. Bei kleinen Re und damit niedrigen Geschwindigkeiten gilt das Stokes-Gesetz. Die Darstellung ist dimensionslos.

Gesucht ist der funktionale Zusammenhang  .

Die Dimensionsmatrix   in einem {M,L,T}-System ist:

 

Der Rang von   ist 3. Es gibt   Π-Faktor, die berühmte Reynolds-Zahl, benannt nach dem Erkenner dieses Prinzips, Osborne Reynolds und damit:

 

Für   ist die Abkürzung   üblich. Man führt sinnvolle Zahlenkonstanten ein, wobei die Konvention ist, dass die Stirnfläche des Körpers und der Proportionalitätsfaktor 1/2 aus dem Staudruck verwendet werden, und die gesuchte Widerstandskraft ist:

 

  kann durch Versuche bestimmt werden und ist, wie im dimensionslosen Diagramm zu erkennen, geschwindigkeitsabhängig und keinesfalls konstant. Es ist Definitonssache, welche Länge in die Reynolds-Zahl einfließt und mit welcher Stirnfläche die Widerstandskraft ermittelt wird, denn Beides geht in   ein. Nur der Wert von   würde sich ändern.

Das quadratische Anwachsen des Luftwiderstands mit der Geschwindigkeit stimmt nur näherungsweise. Beim Auto wird   als cw-Wert bezeichnet und von Autoherstellern, meist ohne Angabe einer zugehörigen Geschwindigkeit, konstant angegeben.

Zu Beginn bei niedrigen   gilt das analytisch schwer herzuleitende lineare Stokes-Gesetz. Anschließend, bei höheren Geschwindigkeiten, variiert  , bedingt durch Wirbelbildung auf der Kugelrückseite. Ähnliche Diagramme lassen sich mit Versuchen für beliebige geometrische Formen und Körper ermitteln.

Modelle von Schiffen

 
Skizze Schiffsmodell
Datei:USS Augusta (SSN-710).jpg
Die Bugwelle des U-Boots an der Wasseroberfläche wird von der Froude-Zahl beeinflusst. Unterhalb des Wasserspiegels ist nur die Reynolds-Zahl entscheidend.
 
Modellversuch eines F-18 Jets im Wasser. Da die Dichte des Wassers etwa 800 mal so groß ist wie die der Luft, die Viskosität des Wassers aber weit weniger stark zunimmt, erreichen auch kleine Modelle bei geringen Anströmgeschwindigkeiten gleiche Reynolds-Zahlen wie Flugzeuge in der Luft und ermöglichen mit begrenztem Aufwand realistische Simulationen .

Ein Schiff wird als Modell im kleinen Maßstab 1:100 untersucht.

Der Prototyp, also das echte Schiff, besitzt die Länge   und die Breite  . Sein Tiefgang ist  . Er fährt mit der Geschwindigkeit  . Das Wasser besitzt die Dichte   und die dynamische Zähigkeit  . Der Vorgang unterliegt der Erdbeschleunigung  , denn an der Wasseroberfläche entstehen dem Gesetz der Schwerkraft unterliegende Wellen. Das Wasser ist ausreichend tief gegenüber  .

Untersucht wird der Strömungswiderstand in Fahrtrichtung, gemessen durch eine Kraft  . (Anmerkung: Da die Wichte   ist   nicht auch noch von der Wichte abhängig. Diese wird schon durch   und   beschrieben. Nur zwei der drei Variablen können in eine Betrachtung eingehen.)

Gesuchte wird der funktionale Zusammenhang  

Die Dimensionsmatrix   in einem {M,L,T}-System ist:

 

Der Rang von   ist 3 und für die Anzahl   der Π-Faktoren gilt  . Mit Erfahrung in der Strömungsmechanik errät man:

 ,   ,  ,  

  und   sind geometrische Ähnlichkeiten. Die wiedergegebenen Rundungen der Schiffsform werden vorausgesetzt.   ist die Reynolds-Zahl und   die Froude-Zahl.

Der dimensionslose Zusammenhang

 

ist gültig. Vollständige Modellähnlichkeit erreicht man, wenn alle Π-Faktoren in Modell und Prototyp konstant gehalten werden können.   und   sind im Modell korrekt wiedergegeben.

Im Wasser sind   und   unverändert zum Prototyp. Um die Reynolds-Zahl   konstant zu halten, ist die Geschwindigkeit   um den Maßstabsfaktor 100 zu vergrößern, da   um 100 verkleinert wurde.

  • Dilemma: In die Froude-Zahl   geht die Geschwindigkeit   im Quadrat ein. Für die Konstanz von   wäre die Erdbeschleunigung   anzupassen. Ohne Zentrifuge ist dies auf der Erde nicht realisierbar. Für Schiffe ist vollständige Modellähnlichkeit nicht zu erreichen. Nur   oder   können konstant sein. Alternativ kann das Modellschiff in einer anderen Flüssigkeit mit entsprechender Dichte und Zähigkeit zu untersucht werden.
  • Fazit: Bei Modellversuchen, in denen sowohl die Reynolds-Zahl als auch die Froude-Zahl eine Rolle spielen, ist vollständige Modellähnlichkeit nur mit großem Aufwand zu erreichen und wird im Regelfall nicht erreicht. Sehr kleine Modelle verlangen außerdem große Anströmgeschwindigkeiten. Viele Modelle sind nur realistisch, wenn sie entsprechend groß sind.

Modelle von Flugzeugen und U-Booten

Bei Strömungsvorgängen, in denen die freie Oberfläche des Fluids keine Rolle spielt, ist die Froude-Zahl mangels Oberflächenwellenbildung nicht relevant. Modelle von U-Booten oder Flugzeugen (unterhalb der Schallgeschwindigkeit) können im Prinzip bei vollständiger Modellähnlichkeit untersucht werden. Entscheidend ist nur die Reynolds-Zahl.

Um riesige, nicht realisierbare Strömungsgeschwindigkeiten im Windkanal zu umgehen, werden Flugzeugmodelle oft in dichteren Medien angeströmt. Bewegt sich ein Objekt so schnell, dass die Kompressibilität   des Fluids von Belang ist, kommt die Mach-Zahl   ins Spiel. Dann gilt die Beziehung  .   und   sind charakteristische Abmessungen. Ergebnis sind drei bereits bekannte und ein neuer Π-Faktor:

 ,   ,  ,  

Der Nenner von   ist die Wellengeschwindigkeit von Longitudinalwellen in elastischen Medien. In Luft die sogenannte Schallgeschwindigkeit. Die Mach-Zahl ist ab Werten von etwa   von Einfluss.

Energie des ersten Atombombentests 1945 in New Mexico

Ein berühmtes Beispiel für die Anwendung der Dimensionsanalyse stammt vom britischen Physiker Geoffrey Ingram Taylor. Nachdem er eine Bilderserie mit genauen Zeitintervallen der ersten Atombombenexplosion 1945 in New Mexico erhalten hatte (Trinity-Test), konnte er die freigesetze Energie der dortigen Nuklearexplosion ermitteln. Die vor Ort gemessene Sprengkraft war von den Entwicklern in Los Alamos gegenüber den außenstehenden Briten geheim gehalten worden.

 
Trinity-Explosion in New Mexico

Durch frühere Überlegungen zu diesem Thema war dem exzellenten Physiker Taylor klar, dass der Radius   der anfangs etwa halbkugelförmigen Explosion maßgeblich von der Zeit   seit dem Zünden der Bombe, der Dichte   der die Explosion umgebenden Luft und natürlich von der freigesetzten Energie   der Bombe abhängt. Andere Größen sind vernachlässigbar.

Damit gilt:  

und:

 

Der Rang von   ist 3 und  . Der funktionale Zusammenhang ist bis auf eine Konstante   bestimmt, denn es kann nur gelten:

 

Die Luftdichte bei einer geschätzten Temperatur zum Explosionszeitpunkt um etwa 6 Uhr morgends in New Mexico sei  °. Also ist   .

Der Radius   ist zum Zeitpunkt   im obigen Bild etwa  .

Der Proportionalitätsfaktor   ließe sich aus einer Vergleichsexplosion mit konventionellem Sprengstoff (mehrere kg TNT) bestimmen. Taylor besaß genug Hintergrundwissen um   annehmen zu können. Damit ist:

 

1 Tonne TNT besitzt eine Energie von 4,18 Milliarden Joule. Dies führt zur Abschätzung:

 

Trinity hatte nach offiziellen Angaben eine Energie von annähernd 19.000-21.000 Tonnen TNT. Die Abweichung zu oben erklärt sich dadurch, dass der Radius   in der 5. Potenz eingeht. Das Ergebnis ist bemerkenswert genau. Taylor selbst errechnete ca. 19.000 Tonnen TNT und hatte ein Staatsgeheimnis offengelegt.

Siehe auch

Literatur

  • Langhaar, H. L., Dimensional Analysis and Theory of Models, John Wiley & Sons, New York London 1951
  • Henry Görtler, Dimensionsanalyse, Theorie der physikalischen Dimensionen mit Anwendungen, Springer-Verlag, 1975, ISBN: 3540069372
  • W. J. Duncan, Physical Similarity and Dimensional Analysis, Edward Arnold & Co., London 1951
  • Wilfred E. Baker, Peter S. Westine, Franklin T. Dodge, Similarity Methods in Engineering Dynamics, Theory and Practice of Scale Modeling, Second Edition, Elsevier Science Publishers, Amsterdam
  • Joseph H. Spurk, Dimensionsanalyse in der Strömungslehre, ISBN: 3540549595
  • Buckingham, Edgar, The Principle of Similitude, Nature 96, 396-397 (1915).
  • Buckingham, Edgar, On Physically Similar Systems: Illustrations of the Use of Dimensional Analysis, Phys. Rev, 1914
  • Kobus, Helmut, Anwendung der Dimensionsanalyse in der experimentellen Forschung des Bauingenieurwesens, Die Bautechnik, Heft 3, Ernst & Sohn, Berlin, 1974