Nicolai Gedda

schwedischer Sänger (Tenor)
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Harry Gustaf Nikolaj Gädda, bekannt als Nicolai Gedda (Aussprache [ nikɔˌlaʝː ˈʝɛdːa], * 11. Juli 1925 in Stockholm als Nicolai Ustinov) ist ein schwedischer lyrischer Tenor.

Nicolai Gedda 1987

Leben und Wirken

Von 1928 bis 1936 lebte Geddas Familie in Leipzig, wo sein russischer Stiefvater Kantor an einer russisch-orthodoxen Kirche war. Dort begann er seine musikalische Ausbildung. 1936 erfolgte die Rückkehr nach Stockholm, wo Gedda am Konservatorium studierte und 1952 als Chapelou in Adolphe Adams Le Postillon de Lonjumeau debütierte und länger zum Ensemble der Königlich Schwedischen Nationaloper gehörte. Gedda wurde sehr rasch zu einem der gefragtesten Mozart- und Oratorieninterpreten des 20. Jahrhunderts und gab zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch große Recitals unter anderem in der Hamburgischen und in der Wiener Staatsoper. Als Liedinterpret trat Gedda gemeinsam mit dem Pianisten Sebastian Peschko auf.

Nicolai Gedda war zweifellos der sprachgewandteste aller berühmten Tenöre des 20. Jahrhunderts: Er beherrscht akzentfrei sowohl Schwedisch, Russisch und Deutsch als auch Italienisch, Französisch und Englisch. Sein Repertoire war dementsprechend riesig (etwa 50 verschiedene Opernpartien).

Dank seiner hellen, sehr flexiblen Stimme, die bis ins reife Alter einen jugendlichen Schmelz behielt, galt Gedda als die Idealbesetzung für Rollen wie Tamino oder Belmonte, den Herzog von Mantua oder Dimitri. Besonders erfolgreich war Gedda auch im französischen Fach. Er tat sich ebenfalls als Oratorien-, Messen- oder Kantateninterpret hervor, unter anderem in der Matthäuspassion oder in Edward Elgars The Dream of Gerontius. Als Wagnerinterpret erhielt er mit seiner Interpretation des Lohengrin an der Königlich Schwedischen Nationaloper in Stockholm große Anerkennung. Daraufhin wurde Nicolai Gedda als Lohengrin bei den Bayreuther Festspielen angekündigt. Kurzfristig sagte er aber die Auftritte aus Sorge vor einer Überbeanspruchung seiner Stimme ab.

Gastspiele führten ihn an die großen Opernhäuser der Welt: 1952 an die Pariser Oper, 1953 an die Mailander Scala, zum Royal Opera House Covent Garden, 1957 an die New Yorker Metropolitan Opera, wo er an der Uraufführung von Samuel Barbers Oper Vanessa beteiligt war. 1980 wurde er in Tschaikowskis Eugen Onegin am Moskauer Bolschoi-Theater umjubelt.

Nicolai Gedda hat sich auch mehrfach als Gesangspädagoge hervorgetan und Aufsätze zur Gesangskunst sowie eine Autobiographie geschrieben.

Diskografie

Neben Plácido Domingo ist Gedda der Tenor, der am meisten zu Opern-Gesamteinspielungen eingeladen wurde. Sein diskographischer Nachlass reicht von der Vorklassik (Christoph Willibald Gluck) bis zu den Neutönern des 20. Jahrhunderts (Rolf Liebermann).

Entdeckt wurde er von den Plattenfirmen zunächst für das russische Repertoire: 1952 sang er neben Boris Christoff in der Titelpartie die Partie des Dmitrij in Modest Mussorgskijs Boris Godunow. Zwei Jahre später übernahm er, wiederum neben Boris Christoff, in einer Gesamtaufnahme von Michail Glinkas Ein Leben für den Zaren die Rolle des Sobinin, dessen Arie wegen ihrer Spitzentöne zu den schwierigsten des Tenorrepertoires gehört.

Ebenfalls 1954 Jahr spielte er an der Mailänder Scala an der Seite von Maria Callas erstmals Gioachino Rossinis Türken in Italien ein. 1955 wählte Herbert von Karajan ihn als Partner wiederum von Maria Callas für seine Aufnahme von Giacomo Puccinis Madama Butterfly aus. Es folgten weitere Studioeinspielungen italienischer Opern von Vincenzo Bellini, Gaetano Donizetti, Giuseppe Verdi. Auch war er bald eine gefragte Besetzung für Mozart-Opern.

Besonders widmete sich Gedda auch dem französischen Repertoire, es liegen Aufnahmen der bekanntesten Opern von Georges Bizet, Charles Gounod und Jules Massenet mit ihm vor. Nicht geringen Anteil hatte er dank seiner Plattenaufnahmen an der Wiederentdeckung von deutschen Opern aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die lange von den Spielplänen verschwunden waren. Dazu trugen seine Gesamtaufnahmen bei, u.a. Euryanthe von Carl Maria von Weber, Abu Hassan und Die Zwillingsbrüder von Franz Schubert, Undine von Albert Lortzing.

Obwohl sein Recital mit russischen Opernarien starke Beachtung der Kritik gefunden hatte, wurde er erst zu Gesamtaufnahmen von Tschaikowski-Opern (Eugen Onegin, Jolanta) eingeladen, als seine Stimme bereits ihren Zenit überschritten hatte.

Auch hat Gedda zahlreiche Oratorien eingespielt und sich besonders dem deutschen, französischen und russischen Kunstlied gewidmet. Ebenso hat er einige der bekanntesten Operetten aufgenommen.

Ehrungen

  • 1970: Mozartmedaille durch die Mozartgemeinde Wien[1]
  • 2008: Ehrenmitglied der Europäischen Kulturwerkstatt e.V. Berlin-Wien (EKW)

Trivia

Sein russischer Stiefvater Michail Ustinow war ein entfernter Verwandter von Peter Ustinov.

Literatur

  • Gedda, Nicolai: Mein Leben - Meine Kunst, Aufgezeichnet von Aino Sellermark-Gedda, Berlin: Parthas Verlag GmbH, 1998. ISBN 3-932529-22-7

Hörbeispiele

  • [1] (MP3-Datei; 1,19 MB) Richard Wagner, Lohengrin 3. Aufzug: „Mein lieber Schwan!“

Einzelnachweise

  1. Inschrift Deutschordenshof, Durchgang: Nicolai Gedda 1970 (abgerufen am 7. Juni 2014)