Heterosis-Effekt

Mehrleistung von Hybriden gegenüber den Ausgangsorganismen einer Zucht
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Als Heterosis-Effekt bezeichnet man in der Genetik, der Pflanzenzucht und Tierzucht die besonders ausgeprägte Leistungsfähigkeit von Hybriden (Mischlingen). Von einem Heterosis-Effekt spricht man immer dann, wenn die beobachtete Leistung der F1-Generation höher ist als die durchschnittliche Leistung dieser Eigenschaft bei der P-Generation.

Mischlinge sind besonders vital und leistungsfähig, wenn man sie - so vorhanden - mit ihren reinerbigen Eltern vergleicht. So kann der Heterosis-Effekt beispielsweise bei Getreide-Arten wie dem Mais oder dem Roggen zur Verdopplung der Erträge im Vergleich zu solchen Eltern (Inzuchtlinien) führen. Dementsprechend ist der Anteil der Hybridsorten in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen. Außer der hohen Leistung kommt (speziell bei Gemüse) der Homogenität von Hybridsorten hohe Bedeutung zu: eine Pflanze ist wie die andere (sofern die Hybride von zwei reinen Linien als Eltern stammt). So waren 1995 bei Brokkoli, Tomaten und Rosenkohl jeweils über 80% der Sorten Hybridsorten.

Diese heterotischen Hybriden sind mischerbig und homogen, entsprechend dem 1. Mendelschen Gesetz (Uniformitätsgesetz). Danach sind die Individuen in der F1-Generation zweier reinerbiger Eltern, die ihrerseits unterschiedliche Allele eines Gens tragen, im Genotyp gleich. Dies beruht darauf, dass im doppelten Chromosomensatz je ein Allel von der Mutter und eines vom Vater stammt.

 P:
               A-b-C-d-E-F         a-B-c-D-e-F
               A-b-C-d-E-F    X    a-B-c-D-e-F


F1:
               A-b-C-d-E-F         a-B-c-D-e-F
               a-B-c-D-e-F         A-b-C-d-E-F    

Während in der P-Generation also alle chromosomalen Genorte (Loci) reinerbig besetzt sind (AA bzw. aa), sind sie in der F1-Generation alle mischerbig (Aa, Bb etc.) besetzt.

Die Erfahrung lehrt, daß bei Merkmalen wie Produktivität, Wüchsigkeit u.ä. die günstigen Allele eher dominant sind. Wenn nun die reinerbigen Eltern sich für die Verteilung reinerbig dominanter und rezessiver Allele komplementär unterscheiden, dann wird das Merkmal in der Hybride höher ausgeprägt sein als in jedem Elternteil. Es ist nicht so, daß reinrassige Eltern weniger "gute", dominante Allele tragen müssen als ihre Hybride. Es ist nur so, daß sie sie in doppelter Dosis (eben homozygot, reinerbig) tragen, was wegen der dominanten Ausprägung des "guten" Allels im Phänotyp "Verschwendung" ist - während die Hybride die dominanten Allele nur mischerbig trägt; dafür hat sie aber ein dominantes Allel an den betreffenden Genen des einen und des anderen Elternteils, deckt also mehr Gene ab (eigentlich: mehr Loci).

Nutzen

Durch genetisch möglichst unterschiedliche reinrassige Zuchtlinien der Parentalgeneration (= Elterngeneration) wird bei der Kreuzung erreicht, dass viele Allele unterschiedlich sind. Stark heterozygote Lebewesen verfügen über mehr verschiedene Erbanlagen als reinrassige. Sie sind oft resistenter gegen Krankheiten und können sich besser auf wechselnde Umweltbedingungen einrichten. Nachteilige rezessiv bedingte Eigenschaften werden zudem im Phänotyp der Hybride nicht (oder kaum) realisiert.

Nach dem 2. Mendelschen Gesetz nimmt die Mischerbigkeit aber ab der 2. Filialgeneration ab: jede Selbstbefruchtung senkt den Grad der Heterozygotie (und damit üblicherweise die Ausprägung der Heterosis) auf die Hälfte.

Hybridzucht wird vor allem zur Steigerung von Fertilitäts-Merkmalen angewendet, die normalerweise eine niedrige Heritabilität haben, d.h. nur schlecht vererblich sind (Fruchtbarkeit bei Schweinen, Samenertrag bei Kulturpflanzen).

Genutzt wird die Hybridzucht hauptsächlich bei Schweinen, Hühnern und im Pflanzenbau (Getreide, Mais). Die erneute Vermehrung von Hybrid-Tieren oder -Pflanzen untereinander führt dazu, dass die hochgradig mischerbige Situation sich nach den Mendelschen Gesetzen durch Aufspaltung wieder verringert - wodurch sich auch der Heterosis-bedingte Anteil an der Merkmalsausprägung verringert. Die Nachkommen von Hybriden sind allerdings dennoch normalerweise lebensfähige, unauffällige Tiere bzw. Pflanzen.

Bedenke: Sind die zwei Eltern selbst Hybriden, dann realisieren sie selbst Heterosis und müssen aus heterotischen Gründen nicht weniger produktiv als ihr Kreuzungs-Nachkomme sein.