Antibabypille

orales Empfängnisverhütungsmittel
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Die Antibabypille, umgangssprachlich auch kurz Die Pille genannt, ist das von Frauen in den westlichen und östlichen Industrienationen seit 1960 am häufigsten verwendete Verhütungsmittel zur Verhütung einer Schwangerschaft. Es handelt sich dabei um ein regelmäßig oral einzunehmendes Hormonpräparat, das die weiblichen Hormone Östrogen und Gestagen in unterschiedlicher Zusammensetzung und Dosierung enthält und das bei korrekter Anwendung einen sehr hohen Schutz vor Empfängnis bietet. Der Pearl-Index liegt bei 0,1–0,9.

Typische Verpackung einer Antibabypille

Geschichte

1951 meldete der 1939 aus Wien in die USA emigrierte Carl Djerassi einen Abkömmling des weiblichen Geschlechtshormons Progesteron als ein Verhütungsmittel zum Patent an. 1961 bringt die Berliner Schering AG mit Anovlar die erste Pille in Deutschland auf den Markt. Die Pille war im Nachkriegsdeutschland umstritten und kollidierte mit den damaligen Moralvorstellungen. Schering führte daher die Antibabypille als „Mittel zur Behebung von Menstruationsstörungen“ ein. Sie wurde zunächst nur verheirateten Frauen verschrieben. 1965 folgt in der DDR VEB Jenapharm mit Ovosiston. Erst nachdem die Pille eine große Verbreitung erreicht hatte, setzte der Pillenknick ein. Auch heute wird die Antibabypille vor allem in theologischen Kreisen als unmoralisch empfunden.

Funktionsweise

Antibabypillen enthalten heute das künstliche Östrogen Ethinylöstradiol. Dieses wird mit unterschiedlichen Typen von Gestagenen kombiniert. Das moderne Gestagen Drospirenon wirkt z. B. einer Wassereinlagerung entgegen, die das Östrogen sonst verursachen würde, wodurch sich das Risiko einer unerwünschten Gewichtszunahme bei der Pilleneinnahme verringert.

Östrogene und Gestagene werden auch natürlicherweise vom weiblichen Körper produziert. Sie regeln den Ablauf des Monatszyklus und den Verlauf einer Schwangerschaft. Geringe Mengen an Östrogen fördern die Eireifung im Eierstock (Ovar), den Follikelsprung (Ovulation) und damit die Bereitschaft zur Empfängnis. Ist es zur Befruchtung der Eizelle (Oozyte) durch eine männliche Samenzelle (Spermium) und damit zu einer Schwangerschaft gekommen, produziert der weibliche Körper mehr Östrogen, was die Reifung einer neuen Eizelle unterbindet und einen weiteren Follikelsprung verhindert. Die bereits befruchtete Oozyte, die sich geteilt und in der Gebärmutter (dem Uterus) eingenistet hat, kann ungestört zum Embryo heranwachsen. Auch Gestagene haben während der Schwangerschaft einen schützenden Einfluss auf die befruchtete Eizelle. Sie verdicken etwa den Schleim, der den Gebärmuttermund (die Cervix uteri) verschließt, so dass er für Spermien undurchlässig wird, und verändern den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, so dass sich kein weiteres Ei mehr einnisten kann.

Die in der Antibabypille enthaltenen Hormone machen sich diese natürlichen Effekte bei der Verhütung zunutze. Wie bei einer Schwangerschaft unterdrücken sie die Eireifung, die Ovulation und verschließen die Gebärmutter gegenüber Spermien. Dem weiblichen Körper wird sozusagen eine Schwangerschaft vorgetäuscht. Die meisten Pillen führen einen regelmäßigen „Zyklus“ dadurch herbei, dass nach 21 Tagen Pilleneinnahme entweder 7 Tage lang keine Pille genommen wird, oder über den gleichen Zeitraum eine Pille, die keine Hormone enthält. Letzteres wird besonders bei jungen Mädchen und Frauen, die niedrig dosierte Pillen (s. u.) nehmen, eingesetzt, damit -- der Einfachheit halber -- jeden Tag eine Pille genommen wird und die Pause nicht länger als 7 Tage dauert, denn dann wäre der Schutz vor einer Schwangerschaft nicht mehr gegeben. Da in der Einnahmepause keine Hormone zugeführt werden, kann der Körper die Gebärmutterschleimhaut nicht so aufrechterhalten, und eine Blutung setzt ein. Bei vielen Patientinnen wird die Blutung durch die Pilleneinnahmen schwächer, manchmal wird die Pille deshalb auch als Mittel gegen starke Regelblutungen eingesetzt (vorausgesetzt, Empfängnisverhütung ist ebenfalls gewünscht).

Ursprünglich waren Antibabypillen hochdosierte „Hormon-Bomben“. Heutzutage versprechen niedriger dosierte Pillen (Mikropille) die gleiche Sicherheit und weisen geringere Nebenwirkungen auf. Weiterhin gibt es die Minipille, die kein Östrogen enthält und im Gegensatz zur Mikropille nicht den Follikelsprung wegen einer anderen Hormonzusammensetzung verhindert, sondern nur den Schleim, der den Gebärmuttermund verschließt, verdickt. Daher ist sie nur bei sehr regelmäßiger Einnahme (auf die Stunde genau) sicher. Inzwischen ist auch eine Minipille mit dem Gestagen Desogestrel auf dem Markt (Cerazette), die nicht mehr auf die Stunde genau eingenommen werden muss und wie die Mikropille einen Eisprung verhindert.

Einige Gynäkologen weisen allerdings auf die Tatsache hin, dass gerade die niedrig dosierten Präparate sehr häufig den Eisprung nicht verhindern können („Durchbruchsovulation“). Daher haben heute fast alle Antibabypillen zusätzlich auch nidationshemmende Wirkung. Kritiker verweisen darauf, dass dadurch die Einnistung eines befruchteten Eies verhindert wird. Manche sprechen von der frühestmöglichen Abtreibung.

Anwendungsgebiete

Neben der Verwendung als Verhütungsmittel wird die Antibabypille auch gegen Menstruationsbeschwerden, für einen geregelten Monatszyklus, gegen Akne oder gegen übermäßige Körperbehaarung, eine Hypertrichose, verschrieben.

Nebenwirkungen

Im Jahr 2003 fanden Valerie Beral von der Cancer Research UK Epidemiology Unit in Oxford und ihre Kollegen Hinweise, die darauf hindeuten, dass durch die längerfristige Einnahme der Antibabypille bei Frauen leichter Gebärmutterhalskrebs auftreten kann, was lange Zeit umstritten war, aber mittlerweile erwiesen ist. Wird die Pille fünf bis zehn Jahre lang eingenommen, steige so das Risiko für Gebärmutterhalskrebs auf das Eineinhalbfache, wird sie zehn Jahre und länger eingenommen, auf das Doppelte. Diese Steigerung sei unabhängig von anderen Risikofaktoren, etwa dem Rauchen und einem promiskuitiven Lebenswandel. Frauen, die mit Papillomviren infiziert sind, vergrößern ihr ohnehin schon erhöhtes Risiko durch die Pille noch weiter. Nach zehn Jahren erhöht es sich auf das Dreifache. Wird die Pille abgesetzt, sinkt das Risiko zwar wieder, aber man weiß bislang nicht, in welchem Umfang. (Smith JS et al. Cervical cancer and the use of hormonal contraceptives: a systematic review. Lancet 361(2003):1159-67.) Auch aktuelle Studien aus dem Jahr 2005 bestätigen diese Nebenwirkungen.

Daneben fördert die Antibabypille manchen Studien zufolge das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. (Kumle L et al. Use of oral contraceptives and breast cancer risk. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev. 11(2002):1375-81.) Außerdem wird ein Zusammenhang zwischen oralen Kontrazeptiva und anderen Krebsarten diskutiert, ohne das bisher eindeutige Ergebnisse vorliegen.

Das Risiko der Krebsentstehung beim Ovarialkarzinom wird durch die langjährige Einnahme von oralen Kontrazeptiva hingegen auf die Hälfte verringert. Umfassende epidemiologische Daten liefert dazu die Nurses' Health Study in den USA (läuft seit 1976).

Einen guten Überblick bietet auch die Seite Oral Contraceptives and Cancer Risk des US-amerikanischen National Cancer Institute.

Wechselwirkungen und andere Beeinträchtigungen

Vorsicht ist geboten, wenn zusätzlich zur Pille andere Medikamente eingenommen werden. Ebenso können Durchfall, Erbrechen oder andere (leichte) Erkrankungen die Wirksamkeit der Pille vermindern. Folgende Arzneimittelgruppen gehören unter anderem dazu:

Antibiotiker, Calcium- oder Magnesium-Präparate, Antazida (Arzneimittel zur Bindung von Magensäure), Schlankheitspräparate (deren Wirkung auf der Bindung von Nahrungsfetten basiert)

Weiterhin ist darauf zu achten, die Antibabypille nicht zusammen mit Milch einzunehmen - die 2-wertigen Ionen in der Milch (Calcium, Magnesium) können die in der "Pille" enthaltenen Wirkstoffe binden.

Es ist besonders wichtig die Packungsbeilage seines Präparates zu lesen, speziell die Wechselwirkungen, da die enthaltenen Wirkstoffe auch mit häufig angewandten Arzneimitteln wechselwirken.

Sollten Präparate eingenommen werden, die mit der Antibabypille wechselwirken, müssen diese in mindestens 2-stündigem Abstand zueinander eingenommen werden.

AIDS und sexuell übertragbare Krankheiten

Es ist wichtig zu wissen, dass die Pille zwar eine Schwangerschaft mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verhindern kann, aber nicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten und insbesondere AIDS schützt. Deshalb sollte folgendes bedacht werden:

Kondome schützen vor Schwangerschaft und sexuell übertragbaren Krankheiten, hormonelle Kontrazeptiva, wie die Antibabypille, lediglich vor einer Schwangerschaft!

Antibabypille und Partnerwahl

An Hand von Schnüffelversuchen mit T-Shirts fanden Forscher heraus, dass Frauen den Geruch von Männern bevorzugen, die genetisch von ihnen verschieden sind. Dadurch wird Inzest vermieden, eine größtmögliche genetische Varianz in der Population erreicht und dem Kind ein starkes Immunsystem mitgegeben. Dieser Mechanismus kehrt sich in der Schwangerschaft um, dies soll garantieren, dass die Mutter das genetisch eng verwandte Kind emotional annimmt. Die Pille hat den gleichen Effekt, da sie eine hormonelle Veränderung bewirkt, die dem Zustand der Schwangerschaft ähnelt. Unter Einfluss der Pille sucht sich die Frau einen genetisch ähnlichen Mann zur Fortpflanzung. Neben immunschwachen Kindern hat das auch Empfängnisschwierigkeiten zur Folge, da weitere Mechanismen existieren, die eine Fortpflanzung genetisch zu ähnlicher Partner verhindern sollen. Auch kann das zur Folge haben, dass eine unter Pilleneinfluss eingegangene Beziehung nach Absetzen der Antibabypille (vielleicht sogar aus Kinderwunsch) endet, da die Frau ihren Traummann auf einmal nicht mehr riechen kann.

Es wäre also empfehlenswert, während Zeiten der Partnersuche auf die Antibabypille zu verzichten und andere Verhütungsmethoden einzusetzen.

Siehe auch