Caspar Friedrich Wolff
Caspar Friedrich Wolff (* 18. Januar 1734 in Berlin; † 22. Februar 1794 in Sankt Petersburg) war ein deutscher Physiologe und Begründer der modernen Embryologie. Er konnte anhand mikroskopischer Untersuchungen bei Pflanzen und Tieren die Auffassung der Präformationslehre der Embryonen widerlegen und zeigen, wie diese sich während der Embryogenese entwickeln.

Biografie
Frühe Jahre und Ausbildung
Caspar Friedrich Wolff wurde 1734 als Sohn des Schneidermeisters Johann Wolff und dessen Frau Anna Sophie Wolff geb. Stiebeler in Berlin geboren. Sein Vater stammte aus Prenzlau und hatte sich in Berlin niedergelassen und die Bürgerrechte erworben. Er hatte mit Christian Friedrich (geboren 1728), Anna Sophia (geboren 1732) und Maria Elisabeth (geboren 1732) drei ältere Geschwister.
Über seine Jugend ist so gut wie gar nichts bekannt, man weiß nur, dass er 1753 mit 19 Jahren am Berliner Collegium medico-chirurgicum, der militärärztlichen Ausbildungsstelle der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Hier unterrichteten verschiedene orgdentlcihe Mitglieder der Akademie die Studenten und boten Kurse in Chirurgie, Anatomie, Mikroskopie, Chemie und Botanik an. Unter ihnen befanden sich einige der bekanntesten Forscher der Zeit, etwa Peter Simon Pallas, Johann Friedrich Meckel, Johann Gottlieb Gleditsch, Johann Nathanael Lieberkühn und Johann Heinrich Pott. Vor seiner Studienzeit war Pierre-Louis Moreau de Maupertuis der Leiter der Akademie, der außer für eine Expedition nach Lappland zur Gradmessung am Nordpol auch für seine Schriften über die Keimesentwicklung der Tiere bekannt wurde. Er sprach sich gegen die Theorien aus, nach denen der Embryo und damit der Nachwuchs vorgebildet (präformiert) im Ei der Mutter (entsprechend der Theorie der Ovisten) oder im Spermium des Vates (entsprechend der Theorie der Animalculisten) enthalten sei. Er selbst forschte an der Vererbung von Missbildungen, vor allem von Zehenanomalien bei Hühnern und Hunden und der Sechsfingrigkeit bei einer Berliner Familie, sowie über Bastarde im Tierreich. Die Urzeugungstheorien, die durch Georges-Louis Leclerc de Buffon sowie John Turberville Needham aufgestellt wurde, konnte für ihn die Zeugung nicht erklären und er regte eine intensive mikroskopische Forschung zur Klärung dieser Frage an. Maupertuis verließ Berlin 1752, seine Schriften waren jedoch weiterhin populär und inspirierten auch Caspar Friedrich Wolff bei seinen Studien.
Im Jahr 1755 ging Wolff an die medizinische Fakultät nach Halle und arbeitete dort unter Andreas Elian Büchner, dem Dekan der Universität und Präsident der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, an seiner Dissertation mit dem Titel Theoria generationis, die er am 28. November 1759 abschloss. Ob Büchner ihn bei seiner Arbeit tatsächlich unterstützte oder diese unter einem Berliner Doktorvater entstand, ist nicht bekannt, da in der Dissertationsschrift kein Name genannt wird. Beeinflusst wurde er auf jeden Fall durch den Mediziner Philipp Adolf Böhmer, der wie Wolff die Keimesentwicklung aus einfachen Geweben (Epigenese) beführwortete, sowie durch Heinrich Christian Alberti, der regelmäßig botanische Vorlesungen und Exkursionen durchführte. In seiner Arbeit stellte Wolff die Embryonalentwicklung der Pflanzen und die der Tiere anhand von mikroskopischen Untersuchungen dar, ausserdem formulierte er eine Theorie, nach der die Entwicklung neuer Organe während der Embryogenese durch eine „wesentliche Kraft“ geschieht, die er nicht genauer benennt, jedoch auch für die Ernährungsprozesse der Organismen zuständig macht. Damit stellt er seine Theorie der Entwicklung des Embryos aus relativ undifferenziertem Gewebe der Theorie der Präformation gegenüber, nach der bereits im Keim sämtliche Strukturen enthalten sein sollten. Seine Arbeit fand sowohl bei Anhängern einer ähnlichen Auffassung als auch bei einer Reihe von Kritikern der Epigenese Anerkennung.
Beruflicher Einstieg und frühe Lehrtätigkeit
Nachdem Wolff promoviert wurde, bemühte er sich um eine Anstellung als akademischer Lehrer und bewarb sich bei verschiedenen Universitäten, darunter etwa diejenige in Bützow und die in Rinteln. Gegen Ende des Jahres empfahl der Mathematiker Leonhard Euler, der ein guter Freund Maupertuis und stellvertretender Direktor der Berliner Akademie der Wissenschaften war, Wolff für eine Professur an die Universität in Sankt Petersburg. Er beschrieb Wolff als einen jungen Mann:
- „welcher ganz vorzüglich sich zur Kaiserl. Academie schicken würde. Derselbe hat erstlich gar keine Neigung zur Praxis Medica, sondern legt isch einzig und allein auf das Studieren und Experimentieren.“ (nach Jahn 2001, S. 102)
Da zu dem Zeitpunkt allerdings Preussen und Rußland im Krieg standen, wurde Wolff zu diesem Zeitpunkt ncoh nicht nach Sankt Petersburg berufen. Stattdessen diente er von 1761 bis 1763, bis zum Ende des Siebenjährigen Krieges, als Militärarzt im Feldlazarett in Breslau für das Preußische Heer. Hier wurde er vom obersten Feldarzt Christian Andreas Cothenius aufgrund seiner Kenntnisse vom Felddienst befreit und sollte den Feldwundärzten Vorlesungen über Anatomie geben. 1763 wurde das Feldlazarett aufgelöst. Aus dieser Zeit stammt die erste biographische Darstellung seiner Arbeit durch Christian Ludwig Mursinna, den er hier ausbildete und der später sein Asistenz wurde. Mursinna, der ab 1787 Professor am Collegio medico-chirurgicum und Chirurg an der Charité wurde, stellte Wolff als sehr guten Lehrer dar:
- „Daher alle Wundärzte den fruchtbarsten Unterricht genießen konnten, daran auch bald alle Feld- und Stadtärzte teilnahmen. Wolff hatte einen so ordentlich deutlichen, logischen Vortrag, daß jeder ihn leicht verstand und sich mehr oder weniger gründlich belehren konnte, wie dies die monatlichen Examina bezeugten.“ (nach Jahn 2001, S. 103)
Wolff hatte sich bereits 1762 bei dem Collegium medico-chirurgicum in Berlin darum beworben, Vorlesungen geben zu dürfen. Das Collegium lehnte den Antrag ab, da er eine Sonderregelung gegen die Prämisse darstellte, dass nur ordentliche Mitglieder der Akademie Vorträge halten durften. Cothenius, der zu diesem Zeitpunkt Dekan am Obercollegium medicum war, erteilte Wolff in der Folge die Erlaubnis, private Vorlesungen zu halten. Dies tat Wolff für vier Jahre sehr erfolgreich, obwohl er anders als die Professoren des Collegium seine Demonstrationsobjekte sowie die Raummieten selbst tragen musste. Dieser Erfolg war einigen Professoren, sie und ihre Studenten wurden zu scharfen Kritikern der Lehrmethoden Wolffs. Die Forschungsarbeit Wolffs konzentrierte sich auch während dieser Zeit sehr stark auf die Beobachtung der Embryonalentwicklung, die er an Hühnerembryonen durchführte. Dabei gelang es ihm immer besser, die Prozesse darzustellen, die später in seiner Veröffentlichung „Über die Bildung des Darmkanals in bebrüteten Hühnchen“ führte, die er 1769 abschloss, die aber erst 1812 veröffentlicht wurde. Er stand für diese Arbeiten in ständigem Kontakt mit Albrecht von Haller, der die Epigenesis-Theorie zwar ablehnte, jedoch großes Interesse an Wolffs Arbeitenn zeigte.
(...)
Werkbetrachtung
Ehrungen
Nach Caspar Friedrich Wolff wurden verschiedene Strukturen benannt, die er während seiner Arbeit erstmalig beschrieb. Die bekannteste dieser Entdeckungen stellt dabei der Wolffsche Gang dar, außerdem wird der Mesonephros als Wolffscher Körper benannt.
Veröffentlichungen (Auswahl)
Caspar Friedrich Wolff hat in seiner akademischen Laufbahn etwa 40 Veröffetlichungen publiziert, die vor allem in der Zeitungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg erschienen sind. Eine Auswahl stellen folgende Titel dar:
- Theoria generationis, Halle 1759
- Theorie von der Generation, in zwei Abhandlungen erklärt und bewiesen, Berlin 1764
- De formatione intestinorum ..., Sankt Petersburg 1769
- De leone observationes anatomicae, Sankt Petersburg 1771
- Von der eigentümlichen und wesentlichen Kraft der vegetablischen sowohl, als auch der animalischen Substanz, als Erläuterung zu zwo Preisschriften über die Nutritionskraft, Sankt Petersburg 1789
- Explicatio tabularum anatomicarum VII, VIII et IX, , Sankt Petersburg 1801
- Über die Bildung des Darmkanals in bebrüteten Hühnchen, Halle 1812
Literatur
- Ilse Jahn: Caspar Friedrich Wolff, in : Ilse Jahn, Michael Schmitt (Hrsg.): Darwin & Co. I - Die Geschichte der Biologie in Porträts; C.H. Beck München 2001. ISBN 3-406-44642-6
- Ilse Jahn: Geschichte der Biologie: Theorien, Methoden, Institutionen, Kurzbiographien, Spektrum Akademischer Verlag, Berlin 2000.
- Richard Toellner: Illustrierte Geschichte der Medizin, Andreas & Andreas Verlagsanstalt, Vaduz 1986
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Wolff, Caspar Friedrich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Physiologe und Begründer der modernen Embryologie |
GEBURTSDATUM | 18. Januar 1734 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 22. Februar 1794 |
STERBEORT | Sankt Petersburg |