Findling
Ein Findling, auch Erratischer Block genannt, ist ein heute zumeist einzeln liegender großer Gesteinsblock, der durch Gletscherströme während der Eiszeiten in seine heutige Lage verdriftet (transportiert und abgelegt) wurde. Die Grenze zwischen Findlingen und den kleineren Geschieben zieht man meist bei einem Volumen von einem Kubikmeter.

Kulturhistorie
In der Steinzeit wurden Findlinge zum Bau von Hünengräbern verwendet. Diese Großsteingräber sind in Mitteleuropa im norddeutschen Raum (Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt) in den Niederlanden, in Polen und Skandinavien zu finden. Die liegengelassenen unverbauten riesiegen Steinblöcke tragen alle (seltsame) Namen, die meist mit Sagen und Legenden verbunden sind.
Findlinge als Problem für die Wissenschaft
Der Transport des Gesteins über offensichtlich weite Strecken erregte jahrhundertelang die Fantasie der Menschen, ehe die Wissenschaft plausible Erklärungen anbieten konnte. Findlinge finden sich meist innerhalb von Grundmoränenlandschaften, die zum Formenschatz der Glazialen Serie gehören. Im wissenschaftlichen Weltbild des 18. Jahrhunderts, das die Erdgeschichte seit der Schöpfung als weitgehend statisch betrachtete, waren Gesteinsblöcke, die in Gebieten zu finden waren, aus denen sie geologisch offensichtlich nicht stammen konnten, ein großes Problem. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts beschäftigten sich Geologen intensiv mit der Frage, durch welche Kräfte die Findlinge über so weite Strecken transportiert worden waren, z.B. in die Norddeutschen Tiefebene und ins Alpenvorland. Sagenhafte Erklärungen, wie Riesen, die die Steine durch die Luft geschleudert hätten, wurden im Zeitalter der Aufklärung nicht mehr akzeptiert. Statt dessen wurden vulkanische Vorgänge in Betracht gezogen, die Toteislöcher wurden als Krater gedeutet. 1787 hatte zwar schon der Schweizer Politiker und Heimatkundler Bernhard Friedrich Kuhn als Ursache Gletschertätigkeiten vermutet, auch der schottische Geologe James Hutton hatte sich dahingehend geäußert, aber die Vorstellung von einer Vergletscherung weiter Teile Europas widersprach dem gängigen Weltbild. Der Begriff Eiszeit war noch nicht geprägt. Eher konnte man sich vorstellen, dass die riesigen Gesteinsbrocken bei der Sintflut oder anderen Überschwemmungskatastrophen auf Eisschollen aus dem Norden an ihre heutigen Fundorte in Norddeutschland getragen worden seien. Die Findlinge im Alpenvorland könnten ebenfalls durch große Wassermassen von den Alpengipfeln bis weit ins Vorland gelangt sein, so vermutete man. Goethe, der in dieser Zeit selbst als Geologe tätig war, beschrieb in seinem Drama Faust II die Probleme mit den Findlingen in Spottversen.
Die These, dass einstmals die Gletscher weite Teile der Schweiz sowie Teile Europas überzogen hätten, wurde 1822 von Ignatz Venetz aufgestellt. Gehör fand er lediglich bei Jean de Charpentier, dem Salinendirektor in Bex (Kanton Waadt) im schweizerischen Tal der Rhône.
Erst ab dem Jahr 1835 reiste der deutsche Naturforscher, Geologe und Botaniker Karl Friedrich Schimper, mit Vorträgen über das Problem der Findlinge und seine Vorstellungen über einen "Weltwinter" durch Deutschland und die Schweiz und prägte den Begriff Eiszeit. Zusammen mit Charpentier und dem schweizer Naturforscher Louis Agassiz wurde die Theorie weiterentwickelt und durch Forschungen an rezenten Gletscherlandschaften erhärtet. Das Problem des Transports der Findlinge durch das Eis der langsam fließenden Gletscher konnte als gelöst betrachtet werden. Es dauerte jedoch noch bis in die 70erjahre des 19. Jahrhunderts, bis sich die Theorie der Eiszeiten durchsetzte. Der Beitrag Schimpers, der keine Bücher schrieb, sondern nur mündliche Berichte oder kurze Schreiben abgegeben hatte, geriet dabei fast in Vergessenheit.
Verbreitung
Findlinge sind sowohl im nord- als auch im süddeutschen Vereisungsgebiet sehr weit verbreitet und häufig. Bei den großen Findlingen handelt es sich in Norddeutschland meist um magmatische Gesteine, wie Granit oder um metamorphe Gesteine (z.B. Gneis).
Bekannte Findlinge
Deutschland
- Etwa 300 m vor der Küste von Rügen, bei Göhren liegt der größte bekannte deutsche Findling, der Buskam. Sein Volumen beträgt zwischen 600 und 700 m³, was einer Masse von 1.800 Tonnen entspricht.
- Der Findling Alter Schwede bei Övelgönne Hamburg; hat einen Umfang von 19,7 Meter bei einer Höhe von 4,5 Metern. Er wurde 1999 bei Baggerarbeiten in der Elbe gefunden und am Elbufer aufgestellt.
- Großer Stein (281 t) Nardevitz (Rügen)
- Siebenschneiderstein (165 t) bei Gellort auf Rügen, Mecklenburg.
- Der Stein vor Gell-Ort (61 t) (Rügen).
- Der Schwanenstein (60 t) von Lohme (Rügen). Er gilt als einer der schönsten Findlinge.
- Giebichenstein (350 t) bei Nienburg (Weser), Niedersachsen.
- Die Markgrafensteine in den Rauenschen Bergen bei Bad Saarow, Brandenburg; ursprünglich der größte landliegende Findling (heute zerteilt).
- Der Kobbelner Stein in Kobbeln, Neuzelle (Gemeinde), Brandenburg.
- Findling Babelsberg, Großbeerenstraße, Potsdam-Babelsberg, Brandenburg.
- Findling Ewald in Hennickendorf, Ortsteil der Gemeinde Nuthe-Urstromtal, Brandenburg.
- Findling Großer Stein in Demmin Mecklenburg; auf dem Klosterberg Länge 8,2 m, Breite 6 m, Höhe 5,2 m = 133 m³ = 360 Tonnen (Granit).
- Bismarckstein und Landwehrmannstein bei Treuenbrietzen in Brandenburg.
- Dicker Stein (90 t), Ahlen.
- Der Große Stein in Tonnenheide (Kreis Minden-Lübbecke).
Sonstige
- Der Damme- oder Hesselagerstenen auf Fünen ist der größte Findling Dänemarks; 370 m³ und 1000 t
- Der Hvissingesten, 1966 auf Seeland gefunden, wiegt 250 t.
- Sjælland und Skåne wurden zwei Findlinge genannt, die beim Bau der Verbindung zwischen Seeland und Schonen aus dem Meer geholt und am Strand bei Peberholm aufgestellt wurden. Sie wiegen 105 bzw. 75.
- Der Tirslundstein bei Brørup auf Jütland, Dänemark, ist 3,5 m hoch.
- Der Puntukas-Findling in Litauen wiegt 265 Tonnen und ist der größte im Land. Auf ihm befinden sich die Basreliefs zweier berühmter Piloten, S. Darius und S. Girenas, die 1933 den Atlantik in ihrem Flugzeug "Lituanica" überquerten.
- Der rund 1000 Kubikmeter große Pflugstein in Herrliberg, Kanton Zürich, Schweiz.
- Die 1200 Kubikmeter messende Grossi Flue in Steinhof, Kanton Solothurn, Schweiz.
- Der Findling am Monte Cimino (vic. Orvieto, Italien) ist vulkanischen Ursprungs. Dieser Stein wurde bereits von Plinius beschrieben, denn dieser mehrere Tonnen wiegende Findling lässt sich bewegen, das heißt, er hält sich mit der Auflagefläche in der Waage.