Die Van-der-Waals-Bindung basiert auf der Van-der-Waals-Kraft (auch London'sche Dispersionskraft), welche durch eine intermolekulare, elektrostatische Anziehung bewirkt wird.
Die Van-der-Waals-Kraft, benannt nach dem Physiker Johannes Diderik van der Waals, ist eine im Vergleich zur Atombindung und Ionenbindung schwache Kraft. Sie tritt grundsätzlich immer auf, macht sich allerdings nur bei Abwesenheit der letztgenannten Kräfte bemerkbar. Die Bindungsenergie kann durch das Lennard-Jones-Potenzial näherungsweise berechnet werden.
Ursache der Van-der-Waals-Kraft
Diese Kraft tritt im Allgemeinen zwischen Molekülen auf und führt zu einer schwachen Kopplung dieser Moleküle. Die freien Elektronen (negativ geladen) in einem Molekül können sich frei bewegen, was zu einer ungleichmäßigen Ladungsverteilung im Molekül führt (temporärer Dipol). Grob beziehungsweise in erster Näherung kann ein Molekül mit Ladungsverschiebung als ein elektrischer Dipol (Zweipol) betrachtet werden. Diese Dipole richten sich aus und gehen eine elektrostatische Wechselwirkung mit einander ein, das heißt der Pluspol eines Dipols induziert beim Nachbarmolekül einen Minuspol. So entsteht dort ein induzierter Dipol.
Auch bei einzelnen Atomen (beispielsweise von Edelgasen) kann es zu einer Ladungsverschiebung kommen: Durch die Elektronenbewegung in der Atomhülle kommt es temporär zu asymmetrischen Ladungsverteilungen im Atom. Das bedeutet, einfach ausgedrückt, dass sich zu einem bestimmten Zeitpunkt wesentlich mehr Elektronen (und damit negative Ladung) auf der einen Seite des Atoms befinden als auf der gegenüberliegenden Seite. Dadurch wird das Atom zu einem temporären Dipol mit einer positiven beziehungsweise negativen Partialladung. Die Van-der-Waals-Kraft ist nun die elektrische Anziehungskraft zwischen zwei temporären Dipolen. Kommen sich zwei Atome beziehungsweise Moleküle nahe genug, so kann eine der folgenden Situationen eintreten.
- Ein temporärer Dipol trifft auf ein Atom, das ebenfalls eine temporäre Ladungsverschiebung aufweist: die Atome ziehen sich an.
- Ein temporärer Dipol trifft auf ein Atom ohne Partialladung: der Dipol induziert in den Nicht-Dipol ein dem seinen entgegengesetztes Dipolmoment, wodurch ebenfalls wieder eine Anziehungskraft zwischen beiden Atomen besteht.
Van-der-Waals-Bindung
Da die besagten Dipolmomente sehr klein sind, ist die resultierende elektrische Anziehung sehr schwach und hat nur eine äußerst geringe Reichweite. Damit die Van-der-Waals-Bindung überhaupt zustande kommen kann, müssen sich zwei Atome beziehungsweise Moleküle also sehr nahe kommen. Diese Annährung ist umso „schwieriger“ (statistisch unwahrscheinlicher), je mehr kinetische Energie die Moleküle haben, also je höher die Temperatur ist. Mit steigender Temperatur reißt die Van-der-Waals-Bindung auf. Dies stellt oft den Übergang vom flüssigen zum gasförmigen Zustand dar.
Auch ein Festkörper kann ausschließlich durch die Van-der-Waals-Bindung zusammengehalten werden. Die nur bei sehr tiefen Temperaturen vorkommenden Edelgaskristalle sind ein Beispiel dafür
Anschaulich lässt sich der Einfluss der Van-der-Waals-Kräfte am Beispiel der Alkane nachvollziehen. Hier nimmt der Siedepunkt zunächst mit zunehmender molarer Masse zu (der Schmelzpunkt leider nicht, da an dieser Stelle weitere Einflüsse hinzu kommen). Bei Isomeren steigt der Siedepunkt mit zunehmender Ketten- bzw. abnehmender Kugelform, da die Kugel bei gegebenem Volumen die kleinste Oberfläche hat. Dieses Phänomen findet sich zum Beispiel bei folgenden Isomeren (alle C5H12): 2,2-Dimethylpropan (Sdp. 9,5°C), 2-Methylbutan (Sdp. 28°C) und Pentan (Sdp. 36,1°C).
Siehe auch: Van-der-Waals-Gleichung, Van-der-Waals-Radius, Wasserstoffbrückenbindung, London-Kraft
Anschauliche Auswirkung der Van-der-Waals-Kräfte
Eine Reptilienart, die Geckos, nutzt die Van-der-Waals-Kräfte, um ohne Klebstoff oder Saugnäpfe senkrechte Flächen erklimmen zu können. Deren Haftballen unter ihren Füßen sind voller feinster Härchen. Jedes Härchen kann nur eine sehr kleine Kraft übertragen, durch die hohe Anzahl reicht die Kraft dennoch aus, das Tier buchstäblich kopfüber unter Decken laufen zu lassen. Dies ist auch auf sehr glatt erscheinenden Flächen wie etwa Glas möglich.