Als Sprinterzug wird im Jargon des Straßenradsports ein strategisches Manöver bezeichnet, welches bei Massensprints im Finale von Radrennen angewandt wird.
Strategie des Sprinterzuges
Dazu formiert die Mannschaft eines starken Sprintspezialisten während der letzten Kilometer einen „Zug“ von drei bis sechs Fahrern an der Spitze des Pelotons und hält das Tempo möglichst hoch, um Ausreißversuche zu vereiteln und den Sprinter des eigenen Teams bis wenige hundert Meter vor dem Ziel in eine optimale Sprintposition zu bringen. Dadurch liegt die Geschwindigkeit des Hauptfeldes auf den letzten fünf Kilometern in der Regel bei 55–60 km/h, nicht selten darüber. Die einzelnen „Anfahrer“ des Teams – meist mindestens vier bis fünf – übernehmen dabei nacheinander in einer weitgehend festgelegten Reihenfolge die Führung des Feldes. Je näher das Ziel rückt, umso mehr „Anfahrer“ fallen zurück, bis auf der Zielgerade schließlich nur noch der Sprintstar übrig bleibt.
Varianten des Sprintzuges werden vor allem im Hinblick auf die Rolle des letzten Anfahrers praktiziert. Im Standardfall hat er eine etwas längere Führung zu fahren und dabei das Tempo 400–500 m vor dem Ziel noch einmal ein wenig zu verschleppen, damit sein Kapitän seine Antrittsschnelligkeit ausspielen kann und von den Konkurrenten nicht so leicht aus dem Windschatten heraus überspurtet werden kann. Varianten dieses Konzepts sind möglich, wenn eine Mannschaft über einen „letzten Mann“ verfügt, der wie Trixi Worrack oder Erik Zabel beim neuen Team Milram selbst ein hervorragender Sprinter ist. In diesem Falle geht der letzte Anfahrer wesentlich später in die Führung und liefert sich mit seinem eigenen Teamkameraden einen Sprint an der Spitze. Die Konkurrenz hat es damit schwerer, sich den „richtigen Gegner“ auszusuchen und aus dem Windschatten vorbeizuziehen. Erfolgreich war dieses Konzept zuletzt bei der 1. Etappe von Tirreno-Adriatico 2006, als Petacchi siegte und sein „neuer Anfahrer“ Zabel Platz drei belegen konnte.
Bekannte Sprinterzüge
Die Taktik des Sprintzuges entwickelte sich erst in den 90er Jahren, hat inzwischen aber die taktische Situation von Massensprints gravierend verändert. Als erster Sprinter, der einen konsequent auf ihn zugeschnittenen Sprintzug aufgebaut hat, gilt der Italiener Mario Cipollini. Tatsächlich ist aber der Belgier Freddy Maertens der „Erfinder“ des Sprintzuges. Er fuhr in den Sprints die für damalige Verhältnisse ungewöhnlich hohe Übersetzung von 54:12 (heute i.d.R. 53/11). Um mit dieser Übersetzung beschleunigen zu können, brauchte er ein hohes Anfangstempo, weshalb er sich der Unterstützung seiner Mannschaftskameraden als Anfahrer bedienen mußte.
Cipollini machte vor allem in seiner Zeit bei Saeco seine Mannschaft als „treno rosso“ zum Markenzeichen. Seine wichtigsten „Anfahrer“ waren Mario Scirea und Gian Matteo Fagnini. Die Qualitäten Fagninis in dieser „Radsport-Disziplin“ waren so gut, daß er seinerzeit durch das T-Mobile Team abgeworben wurde, um Erik Zabel bei Sprints zu unterstützen.
Inzwischen wurde das Konzept des „Sprintzugs“ von anderen Fahrern – vor allem Alessandro Petacchi, Erik Zabel und Tom Boonen – übernommen und perfektioniert. Bisweilen werden Sprinterzüge auch im Rahmen von Weltmeisterschaften erfolgreich aufgebaut, so beim WM-Sieg von Cipollini für Italien 2002, aber auch von den Frauen: Hier ist es vor allem die Equipe Nürnberger, die das Konzept konsequent und erfolgreich für Petra Roßner, Trixi Worrack und Regina Schleicher umsetzte und dies zuletzt auch im Rahmen der Nationalmannschaft taten. Die Belohnung für diese perfekte Arbeit war der Sieg Regina Schleichers bei der WM 2005.
Weblinks
Bericht über die Taktik des Duos Zabel/Petacchi bei Mailand-San Remo