Catilinarische Verschwörung

Umsturzversuch des Senators Lucius Sergius Catilina im Jahr 63 v. Chr.
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Die Catilinarischen Verschwörungen waren zwei Umsturzversuche des römischen Senators Lucius Sergius Catilina in den Jahren 66 v. Chr. und 63 v. Chr., durch die er Consul zu werden versuchte. Beide Umsturzversuche misslangen. Bekannter ist die zweite Verschwörung, die besonders durch Ciceros Reden gegen Catilina sowie die detaillierten historischen Beschreibungen von Sallust und Plutarch überliefert worden ist. Dass über die Verschwörungen ungewöhnlich viel, aber nur vom Standpunkt der Sieger aus berichtet wird, führt häufig zur einseitigen Darstellung Catilinas als Bösewicht, andererseits auch zur Überbewertung seiner Taten in Bezug auf den Wechsel von Roms republikanischer Staatsform zum Kaisertum. In Wirklichkeit illustrieren sie nur den maroden Zustand des römischen Staates im ersten vorchristlichen Jahrhundert.

kleine Warnung vorneweg

Der in diesem Artikel geschilderte Standpunkt zeichnet die unkritische Interpretation der Quellen Ciceros und Sallusts nach. Diese sollte im „normalen“ Unterricht oder für eine Hausarbeit keine größeren Probleme verursachen. Hinweise auf weiterführende kritische Untersuchungen finden sich am Ende des Artikels.

Die Vorgeschichte

Catilinas Leben und Verschwörungen im Überblick
108 v. Chr. Geburtsjahr
17. November 89 Catilina wird als Mitglied des Consiliums des Consuls Gnaeus Pompeius Strabo im Feldlager vor Asculum genannt.
ab 83 Catilina wird Anhänger Sullas.
etwa 82 Ermordung des Bruders; Gerüchte.
nach 1. November 82 Catilina leitet ein Proskriptions- und Tötungskommando Sullas. Ermordung seines Schwagers M. Marius Gratidianus.
82 Legat Sullas; Belagerung von Praeneste.
nach 82 Ermordung seines Schwagers Q. Caecilius.
73 Anklage wegen Unzucht mit der Vestalin Fabia, der Schwester Ciceros. Freispruch.
67-66 Praetor in der Provinz Africa.
66 Anklage wegen Ausbeutung der Provinz. Consul Tullus lehnt Catilinas Kandidatur für das Amt des Consuls für 65 ab.
Sommer 66 L. Aurelius Cotta und L. Manlius Torquatus werden vom Senat zu den nächsten Consuln bestimmt.
Dezember 66 bis Februar 65 Erste Catilinarische Verschwörung; Fehlschlag.
Sommer 65 Wegen der bestehenden Anklage wird Catilina nicht als Kandidat für das Consulat 64 zugelassen.
Ende 65 Catilina wechselt das Lager: Wahlbündnis mit Caesar und Crassus. Zweite Ehe; Tod des Sohnes.
1. Halbjahr 64 Wahlkampf um Consulat für 63. Erst gute Chancen, doch Cicero und Antonius gewinnen.
Ende 64 Anklage wegen seiner Henkertätigkeit unter Sulla (82). Freispruch durch Caesar als Richter.
Anfang 63 Wahlkampf für 62. Caesar und Crassus ziehen sich zurück. Catilina plant einen Mordanschlag gegen die Consuln und sammelt Gefolgschaft aus Etrurien und der Transpadana. Verrat seiner Pläne durch Q. Curius über Fulvia an Cicero.
Sommer 63 Erneute Wahlniederlage: Cicero und Antonius werden Consuln. C. Manlius sammelt Truppen. Catilina plant Attentate und Brandanschläge in Rom für den 27. Oktober.
21. Oktober 63 Der Senat erklärt den Staatsnotstand; Cicero und Antonius erhalten dictatorische Vollmachten.
7. November 63 Versammlung der Verschwörer im Hause des Laeca. Mordplan gegen Cicero.
Nacht vom 7. zum 8. November 63 Das Attentat schlägt fehl.
8. November 63 Senatssitzung im Tempel des Jupiter Stator. Ciceros 1. Rede gegen Catilina: "Verlasse die Stadt!"
9. November 63 Catilina flieht aus Rom. Einige Verschwörer bleiben. Ciceros Rede auf dem Marsfeld.
15. November 63 Ächtung von Catilina und Manlius.
Ende November Catilina will die Allobroger anwerben. Die verraten Cicero den Plan. Verhaftung der in Rom verbliebenen Verschwörer.
3. Dezember 63 Ciceros Rede (3. Rede) auf dem Marsfeld. Danach steht das Volk auf seiner Seite.
5. Dezember 63 Der Senat verhängt auf Catos Drängen das Todesurteil gegen die gefassten Verschwörer. Es wird sofort ausgeführt.
Januar 62 In der Schlacht bei Pistoia wird die Armee der Verschwörer geschlagen. Catilina und Manlius fallen.

Die Ereignisse um Catilina fallen in eine Zeit des politischen Umbruchs: noch glaubten viele Römer, die bisher bestehende Staatsform, die Republik, wieder zu alter Blüte zurück führen zu können. Doch die Vertreter der neuen Staatsform, der Alleinherrschaft eines zentralen Herrschers, des Imperators, standen schon bereit, die maroden Strukturen zu zerbrechen und die Macht zu übernehmen. Ein Kind dieser Zeit war Catilina, der mit den Möglichkeiten, die er beim Diktator Sulla gelernt hatte, ein Amt der Republik zu erobern suchte, das ihm verweigert wurde: das Amt des Consuls.

Die Endphase der römischen Republik

Armeereform und Bürgerkrieg

Rom hatte sich ausgedehnt. Aus einem kleinen Stadtstaat war in wenigen Jahrzehnten eine Weltmacht entstanden, die den gesamten Mittelmeerraum beherrschte. Um 130 v. Chr. reichte die bisherige Form des Soldatentums nicht mehr aus, bei Bedarf ein Bürgerheer zu bilden. Mit der Wehrreform des Gaius Marius wurde es durch das Berufsheer ersetzt. Die Bürger mussten nicht mehr Haus und Hof verlassen, um in Krieg und Kampf zu ziehen. Diese Maßnahme hatte allerdings einen Effekt, an den niemand gedacht hatte: die Feldherren wurden plötzlich zu großen Machthabern. Stehende Heere, eingeschworen auf einen einzelnen Mann - das führte innerhalb kurzer Zeit zum Wunsch einiger „warlords“, die ganze Macht in Rom zu übernehmen. Es kam zum Bürgerkrieg, aus dem Sulla als Sieger hervorging.

Die Diktatur Sullas

Sulla ließ sich vom Senat zum Dictator ernennen. Der Senat hatte, mit all den Soldaten vor den Toren Roms, kaum eine Chance, dies zu verweigern. Dann veränderte Sulla die Verfassung zu Gunsten der senatorischen Familien; seine politischen Gegner ließ er ermorden. Seine Anhänger erhielten den Besitz der bei den Proskriptionen ermordeten reichen Gegenspieler. Nach drei Jahren Schreckensherrschaft trat Sulla zurück, im Glauben, die Republik wieder gefestigt zu haben. Nur wenige Tage später starb er. Die Republik existierte zwar noch, ihre strukturellen Probleme waren aber nicht beseitigt. Zu diesen gehörte die unzureichende Verwaltung des Imperiums: man beschränkte sich nach wie vor auf die traditionellen Institutionen und Ämter des Stadtstaats und nur ein kleiner Kreis der stadtrömischen Elite hatte überhaupt Zugang zu den wichtigsten Positionen und Ämtern. Das gesamte römische Imperium wurde von weniger Menschen verwaltet und kontrolliert, als heute in den Behörden einer Kleinstadt arbeiten. So wurden die Provinzen sehr rasch zu Ausbeutungsobjekten der Statthalter, die sich ihre Schatullen ungehindert füllen konnten.

Die Stimme des Volkes und Brot für alle

Eines der großen Probleme Roms zu jener Zeit war die große Armut, in der viele Bürger lebten. Viele Bauern hatten durch Dürre, Krieg und Missernten ihre Höfe verloren. Die Hauptstadt zog die verarmten Massen an, denn ein soziales Sicherheitsnetz gab es nicht, und in der Hauptstadt wurde kostenlos Brot und Geld verteilt.

Der Grund dafür war, dass im politischen System Roms das Volk die Entscheidungen des Senats und die Wahl der Ämter des cursus honorum mitbestimmen konnte. Zwei mächtige Volkstribunen vertraten dabei die Stimme des Volkes im Senat. Ohne oder gar gegen sie war erfolgreiche Politik kaum möglich.

Wer also ein hohes politisches Amt anstrebte, brauchte zwei Voraussetzungen: die Mitgliedschaft im Senat und das Wohlwollen des Volkes. Das gewann man am leichtesten durch Geschenke und Versprechungen.

Um eines der hohen Staatsämter anzustreben, bedurfte es - wie heute - großer Mengen Geldes. Während der Herrschaft Sullas war viel davon in die Hände derjenigen gelangt, die Sullas Gewaltherrschaft unterstützt hatten. Nur die Familien, die keine Gefahr für Sulla gewesen waren, hatten ihr Vermögen behalten können. Mit anderen Worten: unter denen, die politische Entscheidungen trafen, fanden sich nur wenige mit hohen republikanischen Idealen.

Caesar und Crassus

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Gaius Iulius Caesar

Einige der Reichen machten sich die Unzufriedenheit der Massen zu Nutze. Panem et circenses, „Brot und Spiele“, ließen die Herzen der breiten Volksschichten jenen zufliegen, die kostenlos Brot verteilten und kostenlose Spiele in den Arenen Roms veranstalteten. Sowohl Gaius Iulius Caesar als auch Marcus Licinius Crassus gehörte zu ihnen, sein reicher taktischer Verbündeter, der zusammen mit seinem politischen Gegner Gnaeus Pompeius Magnus, inzwischen erfolgreicher und vom Volk geliebter Feldherr, Consul des Jahres 70 v. Chr. gewesen war. Beide hielten die Republik für nicht mehr zeitgemäß. Sie strebten nach der Macht und, wie vor ihnen Sulla, nach der Alleinherrschaft. Nur würden sie die Macht nicht wieder abgeben. Sie wollten Imperatoren sein. Die Unzufriedenheit des Volkes sollte sie dorthin tragen. Aber sie brauchten noch jemanden, der die „Schmutzarbeit“ für sie erledigte.

Catilinas Charakter

In Catilina fanden sie ihn, den Mann fürs Grobe. Catilina stammte aus einer adligen Familie, deren Ruhm verblasst war. Von seinem Vater ist - durch Cicero - nur ein höchst blamabler Auftritt als Zeuge vor Gericht überliefert: er ließ sich vom gegnerischen Anwalt durch übertriebene Demut unglaubwürdig machen. Catilina selbst war nicht dumm, und er war von dem Wunsch beseelt, nach oben zu kommen, Macht und Geld zu haben. Seine Chancen waren gut, denn als Spross einer - wenn auch heruntergekommenen - Adelsfamilie, der gens Sergia, hatte er die Möglichkeit, nein, die Pflicht, eine Karriere in der Politik einzuschlagen.

Emporkömmling unter Sulla

Der junge adlige Catilina bekam seine ersten Aufgaben unter Sulla zugewiesen. Die Zustände waren rau, die Umgangsformen auch. Aber Catilina war lernfähig, und er wollte an die Macht. Sein Schwager stand ihm im Weg - und wurde von Catilina höchstselbst ermordet. Das war aber auch unter Sulla ein Kapitalverbrechen - außer, wenn das Opfer auf einer der Proskriptionslisten Sullas stand. Catilina handelte gerissen: er ließ den Ermordeten auf den Listen einfach nachträglich eintragen. So wurde er, nach bereits begangener Tat, vom Mörder zum scheinbaren Wohltäter des Staates. Dafür gab es sogar Geld aus den beschlagnahmten Gütern der Opfer.

Mit diesem Geld als Startkapital begann Catilina seine politische Karriere. Er hatte auch ein Ziel: er wollte das höchste Staatsamt erreichen, das Consulat. Damals bedeutete das, eine bestimmte Reihenfolge von Ämtern (den cursus honorum) zu durchlaufen und sich in ihnen zu bewähren: der Quaestor zuerst (heute so etwas wie der Finanzminister), dann das Aedilenamt (etwa: Bürgermeister der Stadt Rom), danach der Prätor (Statthalter einer Provinz), und schließlich das höchste Staatsamt, das Consulat. Jedes dieser Ämter war unter den Senatoren hochbegehrt.

Statthalterschaft in der Provinz Africa

Die Karriereleiter bis ganz nach oben zu besteigen war teuer. Es galt, Bestechungsgelder zu bezahlen, teure Geschenke ans Volk zu verteilen, um sich beliebt zu machen, einen aufwändigen Lebensstil zu führen. Wie so viele Aufsteiger war auch Catilina in notorischer Geldnot. Die Gelder, die er unter Sulla ansammeln konnte, waren längst verbraucht; Schulden türmten sich auf. Das Amt des Statthalters von Provinzen war eine gute Möglichkeit, die Finanzen wieder zu sanieren: wie konnte Rom kontrollieren, wieviele Steuern in Catilinas Tasche flossen und was davon in Rom auftauchte? Sehr viele Statthalter machten es so. Es war sogar ein wichtiger Grund, um Statthalter zu werden.

Catilina bewarb sich um eine der reichsten Pfründen, die das römische Imperium zu verteilen hatte: die Provinz Africa, das ehemalige Punische Reich. Im Jahr 68 v. Chr. bekam er sie. Für zwölf Monate sollte Catilina sie verwalten, dort Steuern erheben und nach Rom weiterleiten. Und er hatte ein Heer, um die Ruhe im Land zu gewährleisten und den Steuerfluss sicher zu stellen.

Catilina nutzte die Aufgabe, um einen Teil der Steuern in seine eigenen Taschen fließen zu lassen. Er erhöhte die Abgaben; die Truppen, die ihm zur Verfügung standen, gaben seinen Forderungen den nötigen Nachdruck. Catilina presste die Provinz aus wie eine Zitrone. Die reichste Provinz Roms war nach seiner Statthalterschaft auf Jahre hinaus als Pfründe nachfolgender Statthalter uninteressant.

Die Anklage

Catilina war zufrieden: im Jahr 67 v. Chr. kehrte er nach Rom zurück, mit genügend Geld in der Tasche, um sich sinnvoll für das höchste Amt, das der römische Staat zu vergeben hatte, bewerben zu können: das Konsulat. Im folgenden Jahr 66 v. Chr. sollte es soweit sein. Doch nun tauchte ein Gesandter der Provinz Africa in Rom auf und legte dem Senat Zahlen vor: Catilina hatte es übertrieben. Die Provinz hatte unter ihm zu sehr gelitten, Catilina hatte zu viel Geld in seine eigene Taschen fließen lassen. Der Senat wurde aktiv und ließ die Anklage gegen Catilina zu. Dieser Anklage wegen wurde Catilina nicht als Kandidat für das höchste Staatsamt zugelassen.

"Wenn es nicht freiwillig geht, dann muss es eben mit Gewalt gehen", dachte sich Catilina. Und begann mit den Vorbereitungen zu einem Staatsstreich.

Die erste Catilinarische Verschwörung

Er will Consul werden an Stelle des Consuls! Und wenn man ihn nicht wählt, nun, dann müssen die nächsten beiden Consuln dran glauben, denn dann wird er nachrücken! Die bereits gewählten Consuln für das nächste Jahr, 65 v. Chr., sollten ihm Platz machen für sein Machtstreben - und weil er als Consul nicht wegen seiner Taten als Statthalter verurteilt werden konnte.

Auch Caesar und Crassus waren sehr wahrscheinlich eingeweiht, zogen augenscheinlich im Hintergrund die Fäden, bezahlten die nötigen Banden, bestachen, intrigierten, diffamierten. Denn für diese Beiden war alles gut, was ihrem Konkurrenten, dem populären Feldherrn Pompeius, schadete. Wenn Catilina als Consul eben jenem Pompeius das Vertrauen entzöge, ihn möglicherweise sogar anklagte - es lässt sich immer etwas finden, wenn man nur gut sucht -, dann wäre das hilfreich für die eigenen Pläne.

Doch auch dieser Versuch, an die Macht zu kommen, schlug fehl. Die gedungenen Mörderbanden waren nicht rechtzeitig vor Ort: ein Absprachefehler. Schlechte Organisation.

Doch die Bewaffneten blieben nicht unbemerkt. Caesar und Crassus distanzierten sich sofort öffentlich von dem Anschlag. Warum eigentlich, wenn sie doch gar nichts damit zu tun hatten? Man glaubte ihnen.

Und Catilina? Jeder wusste Bescheid, doch keiner hatte Beweise. Damit war das noch einmal gut gegangen. Allerdings waren jetzt auch die letzten kläglichen Reste seines guten Rufs zerstört.

Doch Catilina wollte Consul werden an Stelle des Consuls! Also bewarbt er sich auf's Neue für das Amt. Diesmal ging es um das Jahr 64 v. Chr.. Auch die erneute Bewerbung wurde vom Senat wieder zurückgewiesen. Seines versuchten Umsturzes wegen? Aber nein: sein Prozess war noch nicht entschieden. Nicht der Mordversuch an den Consuln, der ja Hochverrat war, sondern der Prozess wegen Ausbeutung der Provinz Africa verhinderte Catilinas berufliches Weiterkommen.

Scheinbare Entspannung

Endlich: das Gerichtsurteil

So stand also Catilinas nächster Schritt fest: endlich diesen Prozess vom Tisch fegen! Und wie ginge das am Leichtesten? Man zücke etwas Geld! Catilina wurde, bitte nicht vergessen, noch immer vom vermutlich reichsten Menschen seiner Zeit, Crassus, unterstützt, um dem Feldherrn Pompeius ein politisches Gegengewicht zu geben. Catilina war der Mann, der für Crassus die sprichwörtlichen Kastanien aus dem Feuer holen soll.

Marcus Tullius Cicero hielt einen Freispruch für unmöglich; Catilina für unschuldig zu erklären sei das Gleiche, so meinte er, wie zu behaupten, es sei am Mittag dunkel. Und doch: genau das geschieht! Alle Anklagen wurden zurückgewiesen; Catilinas Weste galt wieder als rein und unbefleckt... Zur Kandidatur um das Amt des Consuls für das Jahr 63 v. Chr. wurde er daher zugelassen. Sein direkter Gegenkandidat war Cicero, ein homo novus, ein aufstrebender und im Senat ungeliebter Außenseiter, der die alten römischen Ideale vertrat. Catilina würde leichtes Spiel haben.

Cicero wird Consul

 
Cicero, Consul 63 v. Chr.

Der Wahlkampf, den Catilina nun begann, führte rasch zu großer Popularität des "Rebellen". Denn Catilina versprach allen alles: den Armen Brot, den Reichen Macht, den zwangsangeschlossenen Bundesgenossen (besonders den Etruriern) größeren politischen Einfluss. Aber was, wenn es wieder schief ginge? Diesmal wollte Catilina nicht verlieren. Seine Reden wurden hitzig, ja revolutionär. Er hetzte. Zur Sicherheit ließ er unter seinen Anhängern übertriebene Andeutungen über Heere, die im Verborgenen warteten, verbreiten. Er würde, so ließ er seine Anhänger wissen, im nächsten Jahr Consul, so oder so.

Unschön, wenn in solch entscheidender Situation jemand plaudert. Unser Jemand hieß Quintus Curius. Er stammte zwar aus edler Familie, war aber alles Andere als ein edler Charakter. Einst war er Senator, aber wegen unsittlichen Lebenswandels wurde er aus dem hohen Haus ausgeschlossen. Nun gehörte er zu den Anhängern Catilinas, sogar zu den führenden Köpfen der Verschwörung.

Dieser Curius hatte eine Geliebte: die Adlige Fulvia. Das wäre zwar nicht allzu schlimm gewesen, aber leider war Fulvia verheiratet. Ehebruch galt als höchst unmoralisch und wurde mit dem Tode bestraft. Also mussten die Beiden den Mund halten.

Curius wollte seiner reichen Geliebten imponieren. Leider war er aber verarmt, konnte ihr also keine teuren Geschenke machen. Fulvia begann, sich von ihm abzuwenden. Und so begann er, Fulvia mit seinen Erzählungen von den Heeren des Catilina zu beeindrucken. Fulvia wiederum erzählte umgehend ihren Freunden davon, natürlich ohne ihre Quelle zu nennen. Und weil ihre Freunde, wie sie selbst, Adlige waren, ging nach kurzer Zeit im Senat das Gerücht um: "Catilina hat Heere gesammelt!"

Dagegen musste etwas getan werden. Der Senat wurde unruhig. Und so wurde ein Gegenkandidat plötzlich zum heimlichen Favoriten: Cicero, der ungeliebte Aufsteiger in die edle Riege des Senats. Normalerweise hätte man ihn geschnitten. Nun war er die bessere Wahl. Und tatsächlich: Catilina verlor gegen den Außenseiter. Cicero wurde zu einem der beiden neuen Consuln für 63 v. Chr. gewählt, und wieder hatte Catilina das Nachsehen.

Einen entscheidenden Fehler beging er jetzt: er suchte nicht nach dem Informanten, der geplaudert hatte. Es würde nicht lange dauern, bis Catilina dies bereuen dürfte.

Die zweite Catilinarische Verschwörung

Gleichzeitig verlor Catilina die Geduld. Er machte wahr, was er seinen Anhängern versprochen hatte: er griff zur Gewalt. Er wollte neuer Consul sein!

Vorbereitungen zum Umsturz

Zunächst einmal galt es, die nicht vorhandenen Heere aufzustellen. Rasch fand er jemanden, der verdeckt eine Armee rekrutieren und bewaffnen konnte: Gaius Manlius, einen ehemaligen Hauptmann aus Sullas Armee. Er sollte den bewaffneten Aufstand organisieren.

Dann musste der Platz des Consuls wieder frei werden. Also musste Cicero, der zugleich am Schärfsten gegen Catilina arbeitete, sterben.

Mordanschlag auf Cicero

Am Abend des 7. November 63 v. Chr. traf sich im Hause des Marcus Porcius Laeca in der Gasse der Sichelschmiede die Führungsspitze der Verschwörer. Catilina erklärte seinen Plan: erst einmal musste Cicero sterben, danach würde Catilina zu Manlius' Heer stoßen. Während er mit dessen Heer auf Rom zumarschieren würde, sollten die Verschwörer in Rom mit Morden und Brandstiftungen für Aufstände sorgen. Die römischen Heere hätten dann gegen zwei Fronten zu kämpfen - gegen eine innere und eine äußere. Nur so hätten die Verschwörer eine Chance gegen die militärische Übermacht der senatorischen Truppen.

Ein Senator und ein Ritter, die zu den Verschwörern gehörten, erklärten sich bereit, den Anschlag unverzüglich auszuführen. Sie wollten mit Bewaffneten am frühen Morgen zu Ciceros Haus gehen, angeblich, um einen der damals üblichen Ergebenheitsbesuche abzustatten. Wenn sie es verlassen würden, sollte Cicero nicht mehr leben.

Die Mörder brachen aufgeregt zu ihrer Mission auf. Und Curius hatte seiner Fulvia wieder etwas zu erzählen...

Fulvia erkannte sofort die Gefahr, die in dieser Nacht dem römischen Staat drohte. Diesmal ging sie direkt zu Cicero. Sie erreichte ihn vor seinen Mördern. Cicero verließ das Haus, denn gegen diese Übermacht hätte er keine Chance gehabt. Er war also schon fort, als die Attentäter ihm ihre "Aufwartung" machen wollten. Der Anschlag war vereitelt.

Ciceros Rede im Tempel des Jupiter Stator

Cicero ging sogleich in die Offensive. Schon für den nächsten Morgen ließ er den Senat einberufen. Aber nicht, wie üblich, in der Curia, sondern im symbolträchtigen Tempel des Jupiter Stator, "des Jupiter, der die Feinde stehen bleiben lässt". Normalerweise war dies ein öffentlich zugänglicher Raum, doch an jenem 8. November 63 v. Chr. hielten Soldaten alle zurück, die nicht dem Senat angehörten. Überall in der Stadt waren Truppen aufmarschiert. Die Menge war alarmiert, es brodelten Gerüchte.

Und dann erschien - Catilina! Er, selber Senator, hatte ja das Recht, an dieser Sitzung teilzunehmen. Aber er, der Kopf der Verschwörung, mitten in der Höhle des Löwen? Das war der Gipfel der Dreistigkeit!

Und so begann Cicero seine Rede in einem Wutausbruch: "Wie lange noch, Catilina, willst Du unsere Geduld missbrauchen? Wie lange noch soll uns Dein wahnsinniges Treiben verhöhnen? Wo ist die Grenze Deiner Prahlerei und hemmungslosen Frechheit?" Frage um Frage prasselte auf Catilina nieder. Im Raum verteilte Protokollführer notierten jedes Wort, das Cicero sprach; später würde er sie als die erste seiner Vier Reden gegen Catilina veröffentlichen.

Aber Ciceros Anklage stand, bei allem Zorn, auf tönernen Füßen: er hatte keine Beweise. Denn die Ehebrecherin Fulvia wäre nicht glaubwürdig gewesen (abgesehen davon, dass sie sich selbst der Todesstrafe ausgesetzt hätte), und der angekündigte Mordanschlag hatte nicht stattgefunden, Cicero war ja außer Haus gewesen. Cicero war sich darüber im Klaren. So konnte er auch nicht jene Mitverschwörer und Hintermänner benennen, die an diesem Anschlag beteiligt waren, er konnte nicht einmal den Kopf der Verschwörung, eben jenen Catilina, der noch vor wenigen Stunden Mordpläne gegen ihn ausheckt hatte, verhaften lassen. Catilina versuchte daraufhin, Ciceros Anklage als haltlose Anwürfe eines neidischen Emporkömmlings darzustellen. Erfolglos. Und die Protokollführer, die im Saal noch immer jedes Wort mitschrieben, nahmen Catilinas letzte Drohung auf, bevor er ungehindert das schwer bewachte Haus verließ: "So will ich den Brand, der mich verzehren soll, unter Trümmern ersticken!"

Am nächsten Tag verließ er ungehindert die Stadt - immerhin ein öffentlich des Hochverrats angeklagter Mann! - und stieß zu Manlius und dessen Heer. Cicero stellte sich noch am selben Tag auf das Marsfeld, erläuterte dem Volk die Situation und zog es auf seine Seite. Eine knappe Woche später, am 15. November 63 v. Chr, erklärte der Senat, der die Augen nun nicht mehr vor den umstürzlerischen Umtrieben Catilinas verschließen konnte, Catilina und Manlius für vogelfrei.

Offener Aufruhr: Catilina sammelt Truppen um sich

Catilina und Manlius warben jetzt gemeinsam weitere Kämpfer an. Natürlich betonten sie nicht etwa Catilinas mehrfach enttäuschtes Machtstreben, sondern die Wohltaten, die sie dem Staat erbringen wollten: Brot und Spiele. Und für die Habgierigen unter den Zuhörern: Plündern war auch drin.

Innerhalb weniger Wochen hatten die Beiden 20.000 Mann um sich geschart, vornehmlich die Abenteuerlustigsten und Gierigsten. Nicht nur den armen Teil der Bevölkerung sprach Catilina an; auch die oberen Schichten waren vertreten. Sogar Senatorensöhne schlossen sich den Aufständischen an.

Allerdings gab es ein Problem: die Waffen reichten nicht. Nur 5.000 Mann konnten "richtig" bewaffnet werden. Der Rest trug Spieße, Lanzen, angespitzte Pfähle. Dies war keine Armee, dies war eine Schlägertruppe. Catilina war sich bewusst, dass er so keine Chance gegen ein reguläres römisches Heer hatte.

Deswegen sollten einige in Rom verbliebene Verschwörer in der Hauptstadt für Unruhe sorgen und so römische Truppen binden. "Mord, Brandstiftung und andere Kriegsgreuel", so Sallust, sollten Rom heimsuchen. Der Kopf der Verschwörer in Rom, der Praetor Publius Cornelius Lentulus Sura, sollte in dem Augenblick diese Ereignisse auslösen, in dem Catilina zum Heer des Manlius gestoßen war und gegen Rom vorrückte. Aber Lentulus traute sich nicht. Er schickte Catilina einen Brief, in dem er ihn aufforderte, erst mal bis vor die Tore der Stadt vorzurücken, damit er ihn notfalls unterstützen könne.

Catilina konnte nicht. Seine Ausrüstung reichte nicht. Er brauchte also Verbündete, die nicht nur Kampfgeist, sondern auch noch ihre eigenen Waffen mitbrachten.

Verrat am Verräter: die Allobroger petzen

Zufällig befanden sich einige Abgeordnete eines gallischen Volksstammes, der Allobroger, zur selbigen Zeit in Rom. Sie hatten ein großes Problem: Steuerschulden, die sie nicht bezahlen konnten. Deswegen wollten sie im Senat vorstellig werden und um Steuerbefreiung bitten. Doch es sah sehr schlecht für sie aus...

Genau dies waren die Leute, die Catilina gesucht hatte. Und zufällig befand sich in den Reihen der Verschwörer in Rom auch genau der richtige Mann, um die Allobroger anzuwerben: Publius Umbrenus, ein Kaufmann, der im Siedlungsgebiet der Allobroger Handel getrieben und dabei jene Stammesfürsten kennengelernt hatte, die nun in Rom weilten.

Auf dem Forum, mitten im Herzen der Stadt, die er verraten wollte, traf Umbrenus "zufällig" auf die gallischen Abgesandten, hörte sich ihre Klagen an - und hatte eine tolle Idee, wie sie ihre Schulden los werden könnten: wenn sie sich den Aufständischen unter Catilina anschließen würden, stünde der in ihrer Schuld, und die Sache mit den Steuerschulden wäre vergessen. Die Allobroger waren begeistert. Sie stimmten zu.

Kaum waren sie wieder allein, begannen sie nachzudenken. Nicht ihr schlechte Gewissen quälte sie, sondern die Habgier: wenn sie nun zu Cicero gehen würden und ihm alles erzählten, würde der sie dann nicht viel reicher belohnen? Wäre das außerdem nicht viel gefahrloser?

Cicero war über die Chance, die sich ihm bot, begeistert. Er nutze sie, um endlich unumstößliches Beweismaterial gegen Catilina in die Hand zu bekommen. Und so verabredete er mit den Allobrogern eine List.

Kurz darauf bekam Lentulus Besuch von den Stammesfürsten: sie bräuchten schriftlich, was er ihnen versprochen hatte. Nur so könnten sie ihre Krieger bewegen, sich dem Aufstand anzuschließen. Arglos schrieb Lentulus alles nieder, begleitete zusammen mit einigen anderen Anführern des Aufstands die Allobroger zurück nach Rom - und wurde an der Milvischen Brücke von Ciceros Soldaten überwältigt.

Cicero hatte alles: die Beweise, die wichtigsten Verschwörer. Nur Catilina und Manlius fehlten. Noch.

Catilinas Ende in der Schlacht

Jetzt ging alles schnell. Der Brief an Catilina war unmißverständlich, es gab keine Möglichkeit, sich herauszureden. In der Senatssitzung vom 5. Dezember 63 v. Chr. wurden die gefassten Hochverräter, allen voran Lentulus, zum Tode verurteilt und sofort, in Gegenwart Ciceros, hingerichtet. Die Volksmenge jubelte Cicero zu, nannte ihn einen pater patriae, Vater des Vaterlands. Es war der Höhepunkt in Ciceros Leben.

In Catilinas Lager trafen die Nachrichten aus Rom sehr schnell ein. Und sofort liefen die meisten der Aufständischen davon. Nur ein kleiner harter Kern verblieb bei Catilina und Manlius. Catilina führte den Trupp in Eilmärschen bis in die Nähe von Pistoria. Dort stellt ihn Ciceros Amtskollege Consul Antonius, der aus dem Süden mit einem Heer herangeeilt war, das Catilinas verbliebenen Truppen deutlich überlegen war. Und noch immer gab Catilina nicht auf, im Gegenteil: in einer letzten Rede forderte er seine Männer auf, für die politischen Ideale der Revolution zu kämpfen und zu sterben.

Dann ging es los. Sallust berichtet, dass Catilinas Restheer rasch aufgerieben wurde, trotz des massiven persönlichen Eingreifen Catilinas an allen kritischen Punkten. Sallust war von der Tapferkeit des Haudegens in seiner letzten Schlacht beeindruckt. Tapferkeit, virtus, war eines der großen römischen Ideale, die unabhängig vom Anlass bewundert wurden.

Schließlich war die Schlacht vorüber. Catilina wurde, von seinen Truppen getrennt, unter den Leichen seiner Gegner gefunden. Er lebte noch ein paar Minuten. Sallust, Zeitgenosse Catilinas, erzählt, dass sein Gesicht noch immer den Trotz gezeigt habe, der ihn durch sein Leben begleitet hatte.

Dann war alles vorbei.

Die politischen Folgen

All diese dramatischen Ereignisse, all die großen Reden, all die Kämpfe und Toten - was änderten sie in der römischen Geschichte? Nichts. Die Ereignisse rund um Catilina waren Symptome einer Krankheit, nicht die Krankheit selbst. Mit dem Ende der Verschwörung schien die alte Staatsform, die Republik, gerettet. Doch sie war nicht erneuert worden. Die alten Probleme blieben; niemand nahm sie in Angriff.

So klang die Republik in letzten Kämpfen und Bürgerkriegen aus. Nur achtzehn Jahre später wird Cäsar die Macht erobern und sich den Lorbeerkranz als Alleinherrscher auf Lebenszeit, ernannt vom Senat, auf seine Schläfen setzen - um schließlich selbst von den letzten Verfechtern der alten Staatsform ermordet zu werden. Doch der politische Umschwung ist nicht rückgängig zu machen: Caesars Nachfolger Augustus wird die neue politische Struktur, das Principat, zementieren. Bis zum Ende des römischen Staates wird die alte Ordnung nicht wieder errichtet.

Catilina freilich wird nicht vergessen. In der Erinnerung bleibt er als Erzbösewicht lebendig, als die Urgestalt des egoistischen, machtversessenen Umstürzlers. Viele seiner angeblichen Untaten werden später als reine Propaganda Ciceros erkannt. Doch das Bild des ruchlosen Schlägers und Spitzbuben Catilina ist in unseren Köpfen bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben.

siehe auch: Portal und Themenliste Rom

Vertiefende Stichworte

Dieser Artikel stellt in einigen Bereichen, besonders in der Vorgeschichte, die Vorgänge bewusst vereinfachend dar. Der Umfang des Artikels wäre sonst um mindestens ein weiteres Drittel angestiegen, ohne dass dem Verständnis der Vorgänge wesentlich gedient worden wäre. Für diejenigen, die es genauer wissen möchten, folgt hier eine Liste mit vertiefenden Themen:

Warnung zur Neutralität

Der in diesem Artikel geschilderte Standpunkt zeichnet die unkritische Interpretation der Quellen Ciceros und Sallusts nach, wie sie gerade im 19. Jahrhundert, aber auch noch heute in einigen Schulen und Universitäten üblich war und ist, und sich etwa in den Darstellungen Mommsens und Gelzers findet. In der modernen Forschung gilt praktisch jedes Detail der Darstellungen Ciceros und Sallusts als widersprüchlich, zweifelhaft oder zumindest parteiisch gefärbt. Hier können nur einige Standpunkte angeführt werden:

Beesly hält Catilina für einen „normalen“ Freiheitskämpfer, wie er anderswo als Volksheld gefeiert wird (Catilinas Morde, Inzest, uswusf. sind historisch nicht belegt, vielmehr als Denunziationen Ciceros zu begreifen – schließlich wird Catilina in denselben Quellen als Charismat mit extrem vielen Freunden in allen Schichten Roms geschildert; ein Monster wie das von Cicero geschilderte kann kaum die Freundschaft und Anerkennung von derart vielen der anerkanntesten Männer Roms erringen. Die Überlieferung ist vielmehr Folge Ciceros Hasses auf Catilina: „it is not good to make a literary man your enemy“). Pöhlmann versucht eine Sozialgeschichte zu zeichnen (die Unruhen waren natürliche Folge der extremen Unterschiede zwischen Arm und Reich in der späten Republik), Rosenberg geht noch einen Schritt weiter und versucht das Geschehen der 60er Jahre v.Chr. als Klassenkampf im Sinne eines marxistischen Geschichtsmodells zu interpretieren.

Zvi Yavez weist darauf hin, daß die Relevanz der Catilinarischen Verschwörung möglicherweise allgemein überschätzt wird, Robin Seager verweist die sogenannte „erste Catilinarische Verschwörung“ ins Reich der Legenden, entstanden aus Ciceros Verleumdungen (Seager findet in den antiken Quellen insgesamt 8 verschiedene, widersprüchliche angebliche Catilinarische Verschwörungen zur Jahreswende 66/65, alle gehen auf Cicero zurück).

Kenneth H. Waters geht so weit, daß er die Existenz irgendeiner Verschwörung anzweifelt, und vielmehr Cicero durch seine Verleumdungen der eigentliche Mann hinter der Affäre war (als modernes Bild: etwa in der Position eines Bush oder Powell, der, egal wie verachtenswürdig ein Saddam Hussein auch sein mag, keinerlei Hemmungen hat, den versammelten Weltsicherheitsrat mit gewandter Rhetorik, wilden Behauptungen, einigen bunten Satellitenbildern und Computeranimationen davon überzeugen, daß der Irak Massenvernichtungswaffen besäße – ebenso habe der redegewandte und skrupellos machtgeile Cicero Catilina eine Verschwörung angedichtet).

Bringmann weist darauf hin, daß Catilinas Pläne, wie von Cicero und Sallust überliefert, sich eigentlich kaum von denen eines Caesar unterschieden, Roberta Stuart untersucht die italischen Unruhen der 60er Jahre und zeigt, daß es sehr unwahrscheinlich ist, daß diese von Catilina bzw. Manlius ausgelöst wurden.

Ulrich Heider stellt fest:

„Cicero ist der Autor des »wahren Catilina«. Als exemplum der verbrecherischen Leidenschaft hatte er ihn mit dem 7. November 63 etabliert. [...] Niemand aber konnte und niemand kann einen authentischen Catilina zeichnen. [...] Die früheste Überlieferungs-schicht entpuppt sich als beste und gleichzeitig schlechtestmögliche Quelle. Den wahren Catilina hat Cicero kraft seiner Rede begraben.“

Literatur

Quellen

Forschungsliteratur

  • Edward Spencer Beesly: Catiline, Clodius and Tiberius. 1878, diverse reprints, u.a. 1924, 2000 (ISBN 1421203944), 2004 (ISBN 141794837X).
  • Klaus Bringmann: Sallusts Umgang mit der historischen Wahrheit in seiner Darstellung der Catilinarischen Verschwörung. In: Philologus 116 (1972), S. 38-113.
  • Karl Christ: Krise und Untergang der römischen Republik, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1979, ISBN 3-534-08061-0
  • Hans Drexler: Die Catilinarische Verschwörung. Ein Quellenheft, Darmstadt 1976
  • Matthias Gelzer: Sergius (23) RE II A, 2, 1923, 1693-1711.
  • Ulrich Heider: Lucius Sergius Catilina - ein Verbrecher aus verlorener Ehre? In: Von Romulus zu Augustus. München 2000, S. 268-278.
  • Theodor Mommsen: Römische Geschichte. Band 3, Berlin 1856 (online [1]).
  • Robert Pöhlmann: Geschichte des antiken Kommunismus und Sozialismus. Band 2, München 1901.
  • Arthur Rosenberg: Demokratie und Klassenkampf. Ausgewählte Studien. Herausgegeben und eingeleitet von Hans-Ulrich Wehler. Frankfurt/Main 1974 (erstmals erschienen 1921).
  • Robin Seager: The First Catilinarian Conspiracy. In: Historia 13 (1964), S. 338-347.
  • Hans Dieter Stöver: Verschwörung gegen Rom, Econ Verlag GmbH Düsseldorf und Wien, ISBN 3-430-18798-2
  • Roberta Stuart: Catiline and the Crisis of 63-60 B.C.: The Italian Perspective. In: Latomus 54 (1995), S. 62-78.
  • Kenneth H. Waters: Cicero, Sallust and Catiline. In: Historia 19 (1970), S. 195-215.
  • Zvi Yavetz: The failure of Catiline's Conspiracy, in: Historia 12 (1963), S. 485 - 499.