Der Begriff Badekultur bezieht sich auf das Baden in warmem oder kaltem Wasser, das in erster Linie der Reinigung dient, aber auch der Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens. Das Dampfbad, heute zur Sauna gezählt, diente ebenfalls diesem Zweck. Die Ursprünge der europäischen Badekultur liegen in der Antike, als öffentliche Badehäuser auch eine wichtige soziale Funktion hatten. In der Neuzeit ist die Badekultur eng mit der Entstehung von Kurorten mit Thermalquellen sowie Seebädern verbunden. Über private Badezimmer verfügte die große Masse der europäischen Bevölkerung erst ab dem 20. Jahrhundert. Die Bedeutung des Bades in verschiedenen Epochen war immer eng mit den jeweils herrschenden Vorstellungen von Hygiene verknüpft.
Im weiteren Sinne werden auch "Bäder" in feuchter Luft (z.B. in Salzstollen), in Licht (Sonnenbad) oder in Schlamm oder Heu zur Badekultur gezählt. Alle Formen des Badens dienen auch dazu, die Haut äußeren Reizen auszusetzen. So ist die Redewendung ein Bad in der Menge zu verstehen.
Antike
Im antiken Griechenland und bei den Römern hatte die Badekultur einen sehr hohen Stellenwert, es gab in jedem Ort öffentliche Badehäuser mit Dampfbädern, heißem und kaltem Wasser. Man sprach dem Bad nicht nur reinigende, sondern auch heilende Wirkung zu. Bekannt ist der lateinische Satz Sanus per aquam (Gesundheit durch Wasser). Aber auch die griechischen Ärzte nutzten die Hydrotherapie, die v.a. von Hippokrates bekannt gemacht wurde. Als abhärtend galten bei den Griechen Schwitzbäder, in denen heiße Steine mit Wasser übergossen wurden. Außerdem waren bereits zahlreiche Heilquellen bekannt, von denen viele Göttern geweiht waren. An besonders wirksamen Quellen wurden so genannte Asklepios-Tempel errichtet, die von Kranken aufgesucht wurden und die im Grunde schon Sanatorien waren. Der berühmteste dieser Tempel befand sich in der Stadt Epidauros. Einen sehr guten Ruf hatten auch die heißen Quellen von Adepsos auf der Insel Euböa.
Die Römer entwickelten die Badekultur der Griechen weiter. 305 v.Chr. besaß Rom die erste große Wasserleitung (Aqua Appia), und zu dieser Zeit wurde bereits ein öffentliches Bad eingerichtet. Im 4. Jahrhundert gab es allein in Rom zirka 900 öffentliche Bäder. Reiche Römer besaßen jedoch auch ein eigenes Badezimmer. Die öffentlichen römischen Bäder wurden von Angehörigen aller Klassen besucht; für Arme gab es auch kostenlose Badestuben.
Jedes Badehaus verfügte über Umkleiden, einen Schwitzraum, ein Warmbad, einen mäßig warmen Raum und ein Kaltbad. Beheizt wurden die Anlagen mit Fußbodenheizungen. Der Ablauf eines Bades war genau festgelegt. Nach dem Ablegen der Kleider gingen die Besucher in Holzschuhen, mit Badeutensilien und Handtuch zunächst in den Kaltbaderaum (frigidarium), um sich zu reinigen. Danach folgte ein Warmbaderaum mit einer Raumtemperatur von 20 bis 25 Grad Celsius, in dem es Bänke und Wasserbecken gab. Hier konnte man sich auch von Bediensteten einölen und massieren lassen. Der zentrale Raum war das Warmbad (caldarium) mit einer Temperatur von ca. 50 Grad. Wegen der Fußbodenheizung mussten die Besucher Holzschuhe tragen, um sich nicht die Füße zu verbrennen. Hier gab es mehrere Gemeinschaftswannen. An das Warmbad schloss sich noch ein Schwitzraum (sudatorium) mit Bänken an, also eine Sauna. Den Abschluss des Bades bildete wieder das Kaltbad mit mehreren Becken.
Große Badeanlagen verfügten über weitere Räume wie Sport- und Spielhallen, Geschäfte und Lokale. Beim Bad in der Antike spielte auch die gesellige Unterhaltung eine große Rolle. In den Thermen von Kaiser Diokletian sollen 3000 Badewannen aus Alabaster gestanden haben sowie 2400 Marmorsessel. Die Thermalbäder des Marcus Vipsanius Agrippa waren rund 14.500 m² groß; in seinem Testament vermachte er sie dem römischen Volk. Sehr bekannt sind auch die Caracalla-Thermen in Rom sowie die Thermen in Pompeji. Die Kaiser Caligula und Nero leiteten mit großem Aufwand Meerwasser durch Aquädukte in die Bäder. Das letzte römische Thermalbad entstand 324 n.Chr. unter Kaiser Konstantin.
Dieses Badewesen breitete sich mit dem römischen Einfluss bald in anderen Ländern aus. Auf deutschem Boden sind u.a. in Trier und in Aachen die Überreste römischer Bäder zu sehen, auch die Kurorte Baden-Baden und Wiesbaden sind römische Gründungen. Auch die Römer nutzten zahlreiche Heilquellen innerhalb ihres Herrschaftsbereichs. Der berühmteste antike Badeort war Baiae am Golf von Neapel, der u.a. von den Kaisern Caligula, Nero und Hadrian geschätzt wurde.
Mit dem Zerfall des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert setzte in Europa aber auch der Niedergang der Bäder ein, während sie im Orient erhalten blieben. Erst die Kreuzfahrer entdeckten die Badekultur in den islamischen Ländern wieder und führten sie in Europa neu ein.
Mittelalter
Schenkt man dem Bericht eines Gesandten von Kalif Al-Hakam II. aus dem Jahr 973 Glauben, war es mit der mitteleuropäischen Badekultur im Mittelalter nicht weit her: "Aber du siehst nichts Schmutzigeres als sie! Sie reinigen und waschen sich nur ein- oder zweimal im Jahr mit kaltem Wasser. Ihre Kleider aber waschen sie nicht, nachdem sie sie angezogen haben, bis daß sie in Lumpen zerfallen." (Zitat aus Otto Borst, Alltagsleben im Mittelalter, Frankfurt/M. 1983) Wenn das nicht ohnehin etwas übertrieben war, so traf es wohl eher auf das gemeine Volk zu. Von Karl dem Großen wird jedenfalls berichtet, dass er nicht nur häufig gebadet hat (u.a. in den warmen Schwefelquellen in Aachen), sondern auch ein guter Schwimmer war. Das Schwimmen gehörte im Mittelalter zu den sieben "ritterlichen Tugenden". Die meisten Adelssitze dürften durchaus Badeeinrichtungen besessen haben, die Klöster dagegen nicht immer.
Da der größte Teil der iberischen Halbinsel im 8. Jahrhundert von den Mauren erobert wurde, breitete sich dort die islamische Badekultur aus. Als besonders prachtvoll galten die 1231 erbauten Badeanlagen der Alhambra in Granada. In den christlichen Ländern gewann dagegen die Lehrrichtung der Askese zunehmend an Bedeutung, die das Baden als Verweichlichung und Luxus ablehnte. Das Nicht-Baden wurde in den Rang einer Tugend erhoben, die als ebenso bedeutungsvoll galt wie das Fasten. Der einflußreiche Kirchenlehrer Augustinus erklärte, ein Bad pro Monat sei gerade noch mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren. Mönche sollten am besten überhaupt nur vor Ostern und Weihnachten in die Wanne steigen.
In Mitteleuropa entstanden im Gefolge der Kreuzzüge im Hochmittelalter Badestuben, in denen zwar offiziell Geschlechtertrennung galt, in der Praxis aber meistens gemischt gebadet wurde, und zwar im selben Becken. Schamhafte Frauen trugen ein Badehemd, Männer einen Lendenschurz, die meisten badeten aber nackt - jedoch mit Kopfbedeckung. Die Bader trugen ebenfalls einen Schurz, der Vortüchel genannt wurde, die Baderinnen (die gab es auch) ein sehr dünnes Gewand oder einfach gar nichts.
Das Bad begann mit der Körperreinigung, erst danach folgte das Schwitzen. Nicht jeder Badegast stieg auch in die Badewanne, denn ein Wasserbad war wesentlich teurer als ein Schwitzbad. Die Lauge für die Reinigung wurde gewonnen, indem man Wasser über Asche goss; Seife kam erst später auf. Der Wasserdampf in der Schwitzstube wurde durch das Übergießen heißer Kieselsteine erzeugt. Die Öfen wurden mit Holz geheizt; sie heizten nicht nur den Baderaum, sondern dienten auch zum Erwärmen des Badewassers in Kupferkesseln. Wasserleitungen gab es nicht. Außerdem lagen auf dem Ofen die Kieselsteine. Für das Schwitzbad setzte man sich auf Holzbänke, die wie in modernen Saunen in unterschiedlicher Höhe angebracht waren; die Wannen waren aus Holz, Kupfer oder Messing. In größeren Badehäusern gab es noch eine Vorstube, einen Ruheraum und eine Küche, denn den Badegästen wurden auf Wunsch auch Speisen und Getränke serviert. Außerdem boten die Bader verschiedene Dienste wie Rasieren, Fußpflege, Schröpfen oder Aderlass an. Das Schröpfen soll sogar ihre Haupteinnahmequelle gewesen sein.
Der Besuch im Badehaus galt für Wohlhabende als Vergnügen, es wurde im Wasser gegessen und getrunken, nicht selten auch angebandelt. Der Beruf des Baders galt nicht ganz umsonst als unehrenhaft, wurde er doch nicht nur als Barbier und Chirurg tätig, sondern gegen Bezahlung auch als Kuppler und Heiratsvermittler. In den Badestuben gab es oft auch Betten zum Ruhen nach dem Bad. Sie gerieten in den Ruf, heimliche Bordelle zu sein. Die Kirche wetterte lange Zeit vergebens gegen diese Sitten. Priestern war es grundsätzlich verboten, eine öffentliche Badestube aufzusuchen.
Die Blütezeit der Badehäuser war im 12. und 13. Jahrhundert. In weiten Kreisen der Bevölkerung erfreute sich das gemeinschaftliche Baden großer Beliebtheit, nicht nur wegen der Hygiene, sondern auch vor allem wegen des Unterhaltungswerts. Es entstand u.a. die Sitte des Hochzeitsbades; dabei wurde der Bräutigam von mehreren Männern ins Badehaus begleitet, die Braut von anderen Frauen. In der Trauerzeit war das Baden aus religiösen Gründen untersagt.
Neuzeitliche Entwicklung
Dann kam die Syphilis, von spanischen Söldnern aus Südamerika nach Europa gebracht. Diese damals unheilbare Geschlechtskrankheit brachte im 15. und 16. Jahrhundert das Ende der meisten öffentlichen Badehäuser; sie wurden wegen der großen Ansteckungsgefahr geschlossen. Auch der Dreißigjährige Krieg trug zum Niedergang der Badestuben bei. Gleichzeitig geriet das Baden überhaupt in Verruf, es sei schädlich und überflüssig, so die Ansicht vieler Ärzte. Dabei blieb es längere Zeit; im Rokoko spielten beim Adel Parfum und Puder für die Körperpflege eine größere Rolle als Wasser. Der "Sonnenkönig" Ludwig XIV. rühmte sich, in seinem ganzen Leben kein Bad genommen zu haben. Allerdings entdeckte man schon im Mittelalter den Nutzen von Heilquellen und es entstanden Kuranstalten. Und im 18. Jahrhundert kam auch wieder das Bedürfnis auf, ausgiebig zu baden. In vielen öffentlichen Bädern gab es damals keine Becken, sondern Säle mit so genannten Badekästen. Bad Ems besaß damals vier Badehäuser: ein Herrenbad, ein Bad für einfache Bürgers- und Bauersfrauen, eines für vornehme Bürgerinnen und ein viertes für "vornehme Frauenzimmer".
Badeschiffe und Aalkästen
Die Aufklärung reformierte auch die Medizin und die Ideen über Gesundheit und Hygiene. Bewegung in der Natur wurde empfohlen. So kam das Baden im Freien in Mode. 1761 fuhr auf der Seine zum ersten Mal ein Badeschiff. Das waren zwei miteinander verbundene Hausboote, in denen sich insgesamt 33 Badekabinen befanden, in denen man warm und kalt baden sowie duschen konnte. Genutzt wurde das Flusswasser. Der Wiener Arzt Pascal Joseph de Ferro erfand 1781 das Badefloß, das auf der Donau schwamm; es war am Ufer befestigt. Im Boden des Floßes befanden sich Öffnungen, durch die man über eine Leiter in einen hölzernen Gitterkasten gelangte. So badete man gewissermaßen im Käfig. Im Volksmund wurde diese Konstruktion Aalkasten genannt.
1773 gab es in Frankfurt/Main die erste Flussbadeanstalt, 1777 in Mannheim. In Frankfurt/M. wurde Anfang des 19. Jahrhunderts auch das wohl luxuriöseste deutsche Badeschiff in Betrieb genommen. Besitzer war der Arzt Johann Gottfried Kohl. Darauf gab es acht eingerichtete Badezimmer, auch eines für Familien, sowie ein Wohnzimmer. Andernorts wurden an den Flüssen immerhin Badestellen geschaffen.
Seebäder
Die ersten Seebäder für Adlige und Reiche gab es im 18. Jahrhundert in England: Brighton, Hastings, Ramsgate, Bath. Maßgeblichen Einfluss auf die britische Badekultur hatte der Mediziner Richard Russell (1700-1771), der sich intensiv mit der gesundheitsfördernden Wirkung von Meereswasser befasste und einer der Pioniere der Thalassotherapie wurde. Das spätere Seebad Brighton wurde von ihm in dem kleinen Fischerdorf Brightelmstone gegründet.
In Deutschland setzten sich u.a. der Schriftsteller Georg Christoph Lichtenberg und der Arzt Christoph Wilhelm Hufeland für die Einrichtung von Kurbädern ein. Am 9. September 1793 wurde das erste deutsche Seebad auf Betreiben des Herzogs Friedrich Franz I. von Mecklenburg in Heiligendamm bei Bad Doberan an der Ostsee eröffnet, 1797 folgte Norderney. Das Baden im Meer war damals etwas völlig Neues, und die Moralvorstellungen der Zeit erforderten natürlich die strikte Geschlechtertrennung sowie den Körper verhüllende Badekostüme. Im 19. Jahrhundert wurde die Badekur zur Mode der feinen Gesellschaft. Die große Masse der Bevölkerung blieb von diesem Vergnügen zunächst ausgeschlossen.
Volksbäder und Badeanstalten
Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden dann die ersten öffentlichen Badeanstalten in Gebäuden. Vorher behalfen sich die Menschen in Großstädten z.B. mit mobilen Bädern. Ein Franzose ließ sich 1822 einen Badekarren mit Wanne patentieren, in den ein Heizofen eingebaut war. Im Jahr 1836 gab es in Paris über 1000 Besitzer solcher Karren, die heiße Wannenbäder verkauften. Aber auch diesen Luxus konnten sich natürlich nur die Begüterten leisten. Dem einfachen Volk blieben zumindest im Winter nur Holzzuber und Waschschüssel. Die ersten modernen Volksbäder entstanden in England. Wegweisend war eine 1842 in Liverpool eröffnete öffentliche Bade- und Waschanstalt für die arbeitende Klasse, die 28 Badekammern hatte sowie zwei Schwimmbecken und ein Wäschehaus. London folgte diesem Beispiel.
Das erste deutsche Volksbad entstand 1855 in Hamburg am Schweinemarkt. Es verfügte über 65 Badewannen und 56 Waschstände zum Wäschewaschen. Finanziert wurde der Bau mit Hilfe von Aktien und Spenden reicher Bürger. 1860 eröffnete in Magdeburg die erste öffentliche Badeanstalt mit einem Schwimmbecken. Die damals größte Einrichtung dieser Art war das Dianabad in Wien mit 104 Kabinen. Außerdem gab es in der Stadt vor 1875 drei weitere große Bäder. Die erste belgische Badeanstalt gab es in Brüssel (1854), die erste der Schweiz in Basel (1866).
Meyers Konversationslexikon von 1889 berichtet: "Seit 25 Jahren sind auch in Deutschland Badeanstalten errichtet worden, zunächst die nach englischem Vorbild, jedoch ohne Schwimmbad gegründete Wasch- und Badeanstalt in Hamburg und nach ähnlichen Prinzipien die mit Schwimmbädern, Wannenbädern und Waschständen versehenen Aktienunternehmungen in Berlin." Dort hatten tatsächlich nur die beteiligten Aktionäre die Möglichkeit, ein Bad zu nehmen. "Das für Gesunde und zu Kurzwecken bestimmte Admiralsgartenbad enthält außer einer Abteilung für Wannenbäder erster und zweiter Klasse mit über 100 Zellen eine Abteilung für römisch-irische, russische, Douche- und Krankenbäder sowie ein großes (...) mit Eisen und Glas überdachtes Schwimmbasin."
Den öffentlichen Durchbruch, was die Akzeptanz solcher Einrichtungen angeht, schaffte der Berliner Dermatologe Oskar Lassar, der 1874 den Berliner Verein für Volksbäder gründete, dessen Motto lautete: "Jedem Deutschen wöchentlich ein Bad!" Damit waren keine Wannen-, sondern in erster Linie Brausebäder gemeint; heute spricht man allgemein vom Duschen. Der entscheidende Erfolg bei der Durchsetzung des Volksbrausebads kam mit der Berliner Hygieneausstellung im Jahr 1883. Lassar hatte dort eine 8 mal 5 Meter große Wellblechbude aufgebaut mit insgesamt zehn Duschzellen für Frauen und Männer. Hier konnte jeder während der Ausstellung für 10 Pfennig ein Brausebad nehmen inklusive Seife und Handtuch. Die Wassertemperatur betrug allerdings nur etwa 28 Grad Celsius, war also eher lau als warm. Die Nachfrage war außerordentlich überzeugend. In der Zeit vom 10. Mai bis zum 30. Juli nutzten insgesamt 7300 Personen das Angebot.
Die Ausstattung der verschiedenen Bäderarten beschreibt Meyers Konversationslexikon wie folgt: "Die Wannenbäder, welche entweder mit Metall- oder gemauerten Wannen und gewöhnlich mit Brausen versehen sind, werden meist in größerer Zahl innerhalb eines größern Raums von ca. 3 m Höhe durch ca. 2 m hohe (...) Zwischenwände (...) abgeschieden (...). Ein Tisch, Stühle, ein kleines Sofa etc. vervollständigen die innere Ausstattung. Werden diese Wannenbäder geräumiger angelegt und mit mehr Eleganz und Komfort ausgestattet, so erhalten dieselben den Namen Salonbäder. (...) Die Reinigungsbäder, welche das Bedürfnis nach Erfrischung und gründlicher Reinigung des Körpers auf die einfachste, Zeit, Raum und Kosten ersparende Weise befriedigen sollen, bestehen meist aus reichlich temperierten (...) Fußbädern (...) nebst darüber angebrachten Brausen. Die Douchebäder (...) enthalten meist eine Auswahl verschiedener kalter und warmer Douchen, welche als Regen- und Schlauchdouchen und hierbei als sogen. Kopf-, Seiten- und Sitzdouchen von oben, von allen Seiten und von unten wirken."
1887 wurde in Wien das erste reine Volksbrausebad ohne Badewannen eröffnet.
Japanische Badekultur
Reinigung hat in Japan nicht nur etwas mit Hygiene zu tun, sondern ist ein Aspekt, der die gesamte Kultur prägt. Unreinheit jeder Art - körperlich wie seelisch - gilt als Quelle vieler Übel und Krankheiten, und zwar bei dem Betreffenden selbst, aber auch bei seinem sozialen Umfeld. Sie ist daher unbedingt zu vermeiden bzw. zu beseitigen. Daher werden japanische Wohnungen nie in Straßenschuhen betreten, gibt es spezielle Schuhe für die Toilette und schüttelt sich nicht die Hände. Als die wichtigsten Formen von Unreinheit gelten in Japan Tod, Menstruation, Geburt, Verbrechen und Krankheit. Für jeden Fall gibt es bestimmte Rituale. Nach einer Geburt ist z.B. ein Geburtsbad für Mutter, Kind und Vater vorgeschrieben.
Das private Bad
Heute verfügen die meisten Wohnungen in Japan über ein Badezimmer (ofuro), was bis vor etwa 30 Jahren häufig noch nicht der Fall war. Da das Baden Teil des sozialen Lebens ist, baden die Mitglieder einer Familie im Allgemeinen gemeinsam in einer Wanne. Mitunter werden auch Gäste als Teil der Gastfreundschaft zum Bad eingeladen. Ist die Wanne nicht groß genug für alle, wird nach alter Tradition in hierarchischer Reihenfolge gebadet: zuerst das Familienoberhaupt, dann die Männer nach absteigendem Alter, schließlich ebenso die Frauen.
Das Badewasser ist in Japan wesentlich heißer als gewöhnlich in Mitteleuropa, die Temperatur beträgt 40 bis 55 Grad Celsius. Die Hitze gilt als Voraussetzung für völlige Entspannung. Sehr wichtig ist, sich vor dem Wannenbad gründlich mit Seife zu reinigen und abzuspülen, um das Badewasser nicht zu verunreinigen. Das eigentliche Bad dient also nicht der Reinigung, sondern dem sozialen Kontakt und dem Wohlbefinden. Bis zum 19. Jahrhundert verwendete man in Japan übrigens keine Seife, sondern rieb die Haut mit bestimmten Kräutern oder Reiskleie ab; das war gleichzeitig ein natürliches Peeling.
Öffentliche Bäder
Bei den öffentlichen Bädern unterscheidet man zwischen denen mit natürlichen heißen Quellen, Onsen genannt, und den übrigen, die Sento heißen. Da Japan in einer vulkanisch aktiven Region liegt, gibt es sehr viele heiße Quellen, von denen sich über 2000 in Badeanlagen befinden. Die meisten Onsen gibt es in freier Landschaft, aber man findet sie auch in Städten. In Tokio zum Beispiel existieren etwa 25 Onsen-Badehäuser. Orte mit bekannten Heilquellen sind Kurorte nach westlichem Vorbild.
In einem Onsen befinden sich die meisten Becken im Freien (rotenburo), die mitunter unterschiedlich temperiert sind; extrem heiße Quellen, in denen sich auch die hitzeerprobten Japaner nur wenige Minuten aufhalten können, heißen jigoku (Hölle). Viele Onsen verfügen zusätzlich über Saunen, Wellness-Angebote und Therapiezentren. Für das öffentliche Bad gelten die gleichen Regeln wie für das private, stets geht die Reinigung voraus. Im Allgemeinen wird in den japanischen Badehäusern nackt gebadet, d.h. Badekleidung ist nicht gestattet.
Vor dem 7. Jahrhundert badeten die Japaner höchstwahrscheinlich überwiegend in den zahlreichen Quellen im Freien, denn es gibt keine Hinweise auf geschlossene Bäder. Im 6. Jahrhundert (Nara Periode) wurde die Religion des Buddhismus von China übernommen, was starke Auswirkungen auf die gesamte Kultur des Landes hatte. Zu jedem buddhistischen Tempel gehörte traditionell auch ein Badehaus (yuya) für die Mönche. Diese Badehäuser wurden im Laufe der Zeit auch für die übrige Bevölkerung geöffnet, denn das Prinzip der Reinheit spielt im Buddhismus eine große Rolle. Private Bäder besaßen aber nur die Wohlhabenden.
Das erste öffentliche Badehaus wird 1266 erwähnt. In Tokio entstand das erste Sento im Jahr 1591. Die frühen Bäder waren Dampf- bzw. Schwitzbäder, genannt iwaburo (Steinbäder) oder kamaburo (Ofenbäder). Es handelte sich um natürliche oder künstliche Felsenhöhlen oder um steinerne Gewölbe. In den iwaburo entlang der Küste wurde das Gestein durch das Verbrennen von Holz erhitzt; dann goß man Meerwasser über die Felsen und erzeugte so Dampf. Der Eingang zu diesen "Badehäusern" war sehr klein, damit der Dampf nicht entwich. Es gab keine Fenster, so dass es im Innern sehr dunkel war und die Benutzer sich ständig räusperten oder hüstelten, um neu Eintretenden zu signalisieren, welche Plätze bereits besetzt waren. Die Dunkelheit ließ sich aber auch für sexuelle Kontakte nutzen, denn es gab keine Trennung nach Geschlechtern, und so kamen diese Bäder in Verruf. Sie wurden schließlich 1870 aus hygienischen und moralischen Gründen abgeschafft.
Am Anfang der so genannten Edo Periode (1603-1867) gab es zwei verschiedene Bädertypen. In Tokio (das damals Edo hieß) waren Heißwasser-Bäder (yuya) üblich, während es in Osaka Dampfbäder (mushiburo) gab. Zu dieser Zeit war weiterhin das gemeinsame Bad von Frauen und Männern die Regel. Bei den männlichen Besuchern, gerade auch bei den Samurai, sehr beliebt waren Badehäuser, die "Bademädchen" (yuna) beschäftigten, die den Gästen den Rücken schrubbten, die Haare wuschen etc. Einige boten gegen Bezahlung offenbar aber auch Liebesdienste an. 1841 wurde die Beschäftigung von yunas generell verboten, außerdem das gemeinsame Baden beider Geschlechter. Die Geschlechtertrennung wurde allerdings von den Betreibern der Badehäuser häufig missachtet oder die Bereiche für Männer und Frauen wurden nur symbolisch durch eine Leine getrennt. Das zog erneute offizielle Verbote nach sich. Heute baden in fast allen Sento Männlein und Weiblein in getrennten Räumen. Es gibt mittlerweile auch Einzelwannen.
Japanische Baderegeln
- In den meisten Badehäusern wird nackt gebadet. Die Kleidung wird in Körben im Umkleideraum deponiert.
- Oberste Regel ist, sich vor dem Bad außerhalb des Beckens gründlich mit Seife zu reinigen und zu schrubben, bis die Haut gerötet ist. Wenn es keine Dusche gibt, wird der Schaum mit Wassergüssen aus einem Gefäß abgespült.
- Es darf grundsätzlich kein Seifenschaum ins Badewasser gelangen.
- Gemeinschaftsbecken sind behutsam zu betreten, um andere Badegäste nicht zu belästigen. Spritzen und Planschen sind unbedingt zu vermeiden.
- Auch wenn das Wasser sehr heiß ist, darf man niemals kaltes Wasser in ein Gemeinschaftsbecken zulaufen lassen. Das wäre ein grober Verstoß gegen die Etikette.
- Die durchschnittliche Badedauer beträgt 20 Minuten. Es ist üblich, sich in dieser Zeit mit anderen zu unterhalten oder etwas zu trinken.
Islamische Badekultur
Die Badekultur in islamischen Ländern ist eng mit dem Glauben verknüpft. "Allah liebt die sich Bekehrenden und die sich Reinigenden", heißt es im Koran. Ähnlich wie im Buddhismus gibt es eine Verbindung von körperlicher und seelischer Reinheit bzw. Unreinheit. Der Islam kennt daher zahlreiche rituelle Bäder zu bestimmten Anlässen. Im Grunde ist jedes Bad auch ein Ritual. Gläubige Muslime beten fünfmal am Tag, und vor jedem Gebet ist eine Waschung mit fließendem Wasser vorgeschrieben. Daher gibt es in vielen Moscheen einen Waschraum. Da der Koran zur Reinigung kein "stehendes Wasser" zulässt, wurden in den Ländern, die die islamische Religion übernahmen, sehr bald die Badehäuser und Thermen nach römischem Vorbild geschlossen. Dafür entwickelte man eine eigene Badekultur, die vor allem auf dem Schwitzbad basiert. Diese öffentlichen Badehäuser heißen Hammam und sind bei uns auch als Türkisches Bad bekannt.
Architektonisch ähneln Hammams den römischen Thermen, allerdings sind sie in der Größe stark reduziert. Im Innern gibt es im Wesentlichen drei Bereiche: den Umkleideraum, einen mäßig warmen Raum und einen heißen Raum. Es gibt grundsätzlich keine Seitenfenster, das Licht fällt durch ein Oberlicht in der Deckenkuppel. Die Badegäste in einem Hammam sind nicht nackt, sondern mit einem Tuch bekleidet, das dort ausgegeben wird. Für das Reinigungsritual sind meist männliche Bedienstete zuständig, die auf türkisch tellak heißen. Männer und Frauen baden stets getrennt, also in getrennten Hammams oder zu unterschiedlichen Zeiten.
Im mäßig warmen Raum mit etwa 35 Grad Celsius kann sich der Körper langsam an die Wärme gewöhnen. Danach geht es in den heißen Raum. Statt des römischen Wasserbeckens gibt es hier in der Mitte den so genannten Seifenstein oder Bauchstein, eine Art Liege aus Stein oder Marmor, die hypokaustisch beheizt wird. Entlang der gefliesten Wände gibt es kleine "Schwitznischen" und Wasserhähne, um den Schweiß abzuspülen; die Luft in diesem Raum ist heiß und feucht. In diesen Nischen sitzen die Badegäste dann nackt. Vor dem Schwitzen steht jedoch traditionell die Seifenmassage auf dem Seifenstein, die Sache des Tellak ist. Dabei wird die Haut nicht nur gründlich eingeseift, sondern auch mit einem Ziegenhaar-Handschuh abgerubbelt, ehe der Schaum abgespült wird.
Der Besuch eines Hammam diente in islamischen Ländern vor allem früher auch der sozialen Kontaktpflege und dem Austausch von Neuigkeiten; das Damenbad galt auch als "Heiratsbörse" - die Mütter hielten hier hautnah Ausschau nach einer geeigneten Braut für die Söhne. Die starke Verbreitung privater Badezimmer hat jedoch in den letzten Jahrzehnten zur Schließung vieler öffentlicher Badehäuser geführt; in der Türkei werden sie mittlerweile vor allem von Touristen besucht.
Ein Europäer im Hammam
Sehr anschaulich beschreibt Helmuth von Moltke in Unter dem Halbmond seinen ersten Besuch in einem Hammam: "Man schlug mir vor ins Hamam oder türkische Bad zu gehen (...) Wir traten in ein weites hohes Gebäude, in dessen Mitte ein Springbrunnen plätscherte (...) Ich verspürte nicht die geringste Versuchung nur das kleinste Stück meiner Toilette abzulegen; überdies sah ich überhaupt keine Badewanne (...) Der Badewärter, der in unseren bedenklichen Mienen las, führte uns in ein zweites Gewölbe, in dem schon eine ganz anständige Hitze war. Hier bedeutete man uns durch Zeichen, dass wir uns entkleiden möchten; man wickelt sich ein halbseidenes blaues Tuch um die Hüften und bekommt ein Handtuch als Turban um den Kopf, von dem angenommen wird, dass er nur aus Versehen nicht geschoren ist. Nach dieser Einkleidung schob man uns in eine dritte gewölbte Halle hinein, deren marmorner Fußboden so stark geheizt war, dass man ihn nur auf hölzernen Pantinen (Galendschi) betreten konnte. Unter der Mitte der Kuppel (...) erhebt sich ein zwei Fuß hohes Plateau mit Marmor, Jaspis, Porphyr und Agat reich ausgelegt, auf welches man sich behaglich hinstreckt.
Der Telektschi oder Badewärter schreitet nun zu einer ganz eigentümlichen Prozedur. Der ganze Körper wird gerieben und alle Muskeln gereckt und gedrückt. Der Mann kniet einem auf der Brust oder fährt mit dem Knöchel des Daumens über das Rückgrat; alle Glieder, die Finger und selbst das Genick bringt er durch eine leiche Manipulation zum Knacken. (...) Man begibt sich nun in die kleinen, noch stärker erwärmten Zellen, welche die große Halle umgeben. Hier sprudelt klares Wasser in Marmorbecken, und zwar nach Belieben, aus zwei Hähnen, warmes und kaltes. Der Patient wird nun demselben Verfahren unterworfen wie die türkischen Pferde beim Striegeln, indem nämlich der Wärter einen kleinen Sack aus Ziegenhaar über die rechte Hand zieht und damit den ganzen Körper anhaltend überfährt. Dies ist allerdings eine gründliche Reinigung und man möchte sagen, dass man noch nie gewaschen gewesen ist, bevor man nicht ein türkisches Bad genommen hat. Der Telektschi erscheint nun aufs Neue mit einer großen Schüssel mit wohlriechendem Seifenschaum. Mittels eines großen Quastes aus den Fasern der Palmrinde seift er seinen Mann vom Scheitel bis zur Fußsohle, Haare, Gesicht, alles ein, und mit wahrem Vergnügen gießt man sich dann das kalte Wasser über Kopf, Brust und Leib. (...) Wir streckten uns nun in der Eingangshalle so behaglich hin, wie wir es von den Türken sahen."
Literatur
- Hartmut Böhme: Kulturgeschichte des Wassers, Frankfurt/M., Verlag Suhrkamp, 1988
- Francoise de Bonneville: Das Buch vom Bad, Heyne Verlag, 2002, ISBN 3-899101-60-X
- Peter Grilli/Dana Levy: Pleasures of the Japanese Bath, New York/Tokio, 1992
- Ulrika Kiby: Bäder und Badekultur in Orient und Okzident, Köln, Verlag Dumont, 1995
- Vladimir Krizek: Kulturgeschichte des Heilbades, Stuttgart, Verlag Kohlhammer, 1990
- Kult-Bäder und Bäderkultur in Baden-Württemberg, hg. v. W. Niess, S. Lorenz, Filderstadt 2004, ISBN 3-935129-16-5
- Horst Prignitz: Wasserkur und Badelust, Leipzig, Verlag Koehler&Amelang, 1986
- Georges Vigarello: Wasser und Seife, Puder und Parfum. Geschichte der Körperhygiene seit dem Mittelalter, Frankfurt/M., Verlag Campus, 1988