Arbeitnehmerüberlassung
Arbeitnehmerüberlassung ist das „Verleihen“ von Arbeitskräften (Leiharbeitnehmer) durch ein Unternehmen (Verleihunternehmen) an ein anderes Unternehmen (Entleiher). Umgangssprachlich wird Arbeitnehmerüberlassung auch als Leiharbeit, Zeitarbeit oder Personalleasing bezeichnet.
Allgemein
Arbeitnehmerüberlassung zeichnet sich nach deutschem Recht durch ein spezifisches Dreiecksverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer, Verleihunternehmen und Entleihunternehmen aus: Der Leiharbeitnehmer ist bei einer so genannten Zeitarbeitsfirma angestellt. Er hat dort die üblichen Arbeitnehmerrechte. Der Leiharbeitnehmer erbringt seine Arbeitsleistung im Gegensatz zu einem „normalen“ Arbeitnehmer allerdings nicht im Verleihunternehmen, sondern wird von diesem an ein anderes Unternehmen ausgeliehen. In den Entleihfirmen wiederum haben die dortigen Vorgesetzten des Leiharbeitnehmers die Weisungsbefugnis über den Leiharbeitnehmer und die Verantwortung für den Arbeitsschutz. So müssen für Nachfragespitzen keine Arbeitskräfte gesucht und eingestellt werden. Bei Nachlassen der Nachfrage kann auf die Arbeitskräfte ohne Entlassungen verzichtet werden. Zwischen den Leiharbeitnehmern und den entleihenden Unternehmen kommt keinerlei vertragliche Bindung zustande. Grundlage für die Tätigkeit der Zeitarbeitsunternehmen ist das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG).
Mittlerweile sind Leiharbeitskräfte in allen Branchen und mit allen Qualifikationen vertreten, im kaufmännischen als auch im gewerblichen Bereich.
Hiervon ausdrücklich ausgenommen sind Betriebe, die dem Bauhauptgewerbe zugeordnet sind. In diese Betriebe dürfen gewerbliche Mitarbeiter (Arbeiter und Helfer) kraft Gesetz nicht überlassen werden.
Eine maximale Dauer ist im Gesetz nicht verankert. Bis zum Jahr 2001 galten 12 Monate, anschließend durch die Formulierungen des „Job- AQTIV-Gesetzes“ 24 Monate. Durch die Neuregelungen des „Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ im Jahr 2002 wurden diese Regelungen zur maximalen Dauer aufgehoben.
Tarifverträge
Seit Beginn 2004 gibt es für die Zeitarbeitsbranche mehrere Tarifverträge, an die Zeitarbeitsfirmen per Gesetz quasi gebunden sind. Dadurch werden in der Branche faktisch Mindestlöhne eingeführt. Diese liegt allerdings, zumindest im Bereich der gewerblichen und kaufmännischen Fachkräfte, in der Regel unter den Löhnen, die vor der Quasi-Tarifvertragspflicht gezahlt wurden. In den einfach- oder unqualifizierten Arbeitsbereichen ist hingegen eine deutliche Verbesserung der Vergütung erreicht worden.
Die bisher beschränkte Einsatzdauer eines Mitarbeiters von einem Jahr in einem (Kunden)Unternehmen wurde ebenfalls überarbeitet. So kann der überbetriebliche Mitarbeiter solange in einem Unternehmen bleiben, wie er dort benötigt wird.
Schließt sich ein Zeitarbeitsunternehmer keinem Tarifvertrag an, ist er verpflichtet so genanntes Equal Treatment/Equal Payment zu betreiben. Er muss also den Leiharbeitnehmer in allen Bereichen des Arbeitsverhältnisses einem vergleichbaren Nicht-Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb gleichstellen. Dies beinhaltet auch alle Sondervergütungen, Jahreszahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Prämien) sowie die Zuschläge für Schicht- und Mehrarbeit. Hierzu sind die Bezüge der eigenen Mitarbeiter im Zweifelsfall gegenüber dem Überlasser offen zu legen und in einen Stundenlohn für den Zeitarbeitnehmer umzurechnen.
Die Tarifbindung kann durch den Überlasser jedoch auch erfüllt werden, wenn die tarifvertraglichen Regelungen zu 100% in den Arbeitsvertrag übernommen wurden und somit erfüllt werden. Eine Mitgliedschaft bei einem der Verbände, durch welche die Tarifverträge ausgehandelt und vereinbart wurden, (BZA oder iGZ) ist nicht zwingend erforderlich.
Eckpunkte der Zeitarbeit für die Arbeitsmarktpolitik
Seit mehreren Jahren beschäftigen Zeitarbeitunternehmen jährlich weit über eine halbe Million Mitarbeiter:
- 2001: 782.000
- 2002: 756.000
- 2003: 753.000
- 2004: 845.000
- 2005: 930.000 (geschätzt)
Zeitarbeitunternehmen stellen - jährlich wiederkehrend – weit über 400.000 Mitarbeiter neu ein.
Davon waren rund 65 % vorher ohne Beschäftigung
- 2000: 310.000,
- 2001: 270.000,
- 2002: 296.000,
- 2003: 308.000,
- 2004: 332.000.
Zeitarbeitunternehmen bringen also - jährlich wiederkehrend - Hunderttausende aus Arbeitslosigkeit in sozialversicherte Beschäftigung.
Rund 30 % aller Mitarbeiter wechseln in ein eigenes Anstellungsverhältnis, nachdem sie bei Zeitarbeitunternehmen beschäftigt waren. Zeitarbeitunternehmen integrieren also - jährlich wiederkehrend – weit über 200.000 Mitarbeiter auf Dauer in den ersten Arbeitsmarkt
- 2000: 240.000,
- 2001: 235.000,
- 2002: 227.000,
- 2003: 226.000,
- 2004: 253.000).
Zeitarbeitnehmer qualifizieren sich unter den realen Bedingungen des Arbeitslebens, nicht in diversen „Maßnahmen“. Sie werden fit gemacht für den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Das Stigma etwaiger vorheriger Langzeitarbeitslosigkeit ist über Zeitarbeit nicht erkennbar. Angehörige so genannter Problemgruppen erhalten in der Zeitarbeit eine echte Chance, in Einsatzbetrieben durch Leistung zu überzeugen und dort auf Dauer eingestellt zu werden.
Vormals Arbeitslose dokumentieren mit ihrer Tätigkeit in der Zeitarbeit ihren Arbeitswillen; das erhöht ihre Beschäftigungschancen.
Gewerbliche Zeitarbeitunternehmen benötigen für ihren Beitrag im Arbeitsmarkt keine öffentlichen Mittel. Bundesweit stehen 7.355 (30.12.04) Zeitarbeitbetriebe zur Verfügung. Ihre Kernkompetenz ist die Rekrutierung von Personal und seine Platzierung in Einsatzbetrieben.
Die Mitarbeiter werden in der Regel nach einem Tarifvertrag für Zeitarbeit beschäftigt, die mit der Tarifgemeinschaft Zeitarbeit des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) abgeschlossen hat.
Zugunsten der Zeitarbeitnehmer gelten neben dem Sonderrecht des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG), das allgemeine Arbeitsrecht, das gesamte Arbeitsschutzrecht, das Kündigungsschutzgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz u.a. Die Zeitarbeit in Deutschland bietet den wohl höchsten gesetzlichen Arbeitnehmerschutz weltweit.
Lob
Die Zeitarbeit (oder auch Arbeitnehmerüberlassung) ist eine der wenigen Wachstumsbranchen in Deutschland und hat sich in den letzten 40 Jahren in Deutschland zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor entwickelt.
Die Vorteile für den Kunden liegen bei einer deutlich erhöhten Flexibilisierung des Personalvolumens. Er kann schnell, unkompliziert und sicher auf Schwankungen der Geschäftsentwicklung reagieren. Diese können saisonal, konjunkturell oder durch die eigene Auftragslage bedingt sein. Und hier liegt ein wesentlicher Erfolgsfaktor im internationalen Wettbewerb. Die Zeiten, in denen produzierende und verarbeitende Betriebe über mehrere Monate oder sogar Quartale im Voraus Materialeinsatz und Personalbedarf verbindlich planen konnten, sind endgültig vorbei. Entgegen gängigen Alternativen bietet die Zeitarbeit hier deutliche Vorteile:
Befristete Arbeitsverträge unterliegen inzwischen klaren Vorgaben durch die Gesetzgebung und bergen das Risiko, daß aus einem befristeten Arbeitsvertrag plötzlich ein unbefristeter Arbeitsvertrag wird, ohne daß der Arbeitgeber dies möchte. Außerdem ist hier nur eine zeitlich begrenzte Flexibilisierung zu erreichen. Die Zeitarbeit kann zeitlich unbefristet genutzt werden, die Mitarbeiter können auf Wunsch des Kunden auch über Jahre im Einsatz bleiben.
Aushilfen (Minijob) sind häufig nur für unqualifizierte Arbeiten einzusetzen, während die Zeitarbeit auch über sehr hoch qualifizierte Kräfte verfügt. Die geringe zeitliche Verfügbarkeit der Minijobber (max. 15 Std./Woche) spricht ebenfalls gegen qualifizierte Tätigkeiten.
Für den Arbeitnehmer hat die Beschäftigung bei einer seriösen Zeitarbeitsfirma auch deutliche Vorteile, wenn als Alternative Arbeitslosigkeit droht oder schon eingetreten ist. Hier ist vorrangig die Präsenz am Arbeitsmarkt zu nennen. Sofern der Arbeitnehmer seine Bewerbungsaktivitäten während der Beschäftigung bei einem Überlasser nicht einstellt, hat er am Markt deutlich bessere Chancen eine Arbeitsstelle zu finden, als dies aus einer Arbeitslosigkeit heraus der Fall ist, da inzwischen viele Personalleiter eine Beschäftigung bei einem Überlasser als Indiz für einen arbeitswilligen, engagierten und sozialverantwortlich handelnden Bewerber sehen.
Darüber hinaus lernt der Zeitarbeitnehmer viele Betriebe und Organisationen kennen, stellt ein hohes Maß an Flexibilität unter Beweis und hat im Kundenbetrieb häufig die Chance, von diesem einen Arbeitsvertrag angeboten zu bekommen (Übernahme bzw. "Klebe-Effekt"). Der Arbeitgeber hat somit die Chance, das Arbeitgeberrisiko zu reduzieren, da er seinen neuen Mitarbeiter schon über einen längeren Zeitraum kennen gelernt hat und sich dessen Arbeitsleistung und Zuverlässigkeit sicherer sein kann, als dies nach einer Probezeit von üblicherweise sechs Monaten der Fall sein kann.
Inzwischen werden viele Tätigkeiten/Stellenangebote direkt und ausschließlich an einen/mehrere Überlasser gegeben, die dann auf dem sog. "ersten Arbeitsmarkt" nicht mehr erscheinen. Hier nutzt der Bewerber/Mitarbeiter die häufig über Jahre gewachsenen Kontakte des Überlassers zum Kunden und die meißt sehr hohe und qualifizierte Akquisition des Überlassers, die durch einen einzelnen Arbeitssuchenden so nicht zu leisten wäre. Das betrifft auch immer mehr sehr qualifizierte Tätigkeiten im gewerblichen und kaufmännischen Bereich.
Zeitarbeitnehmer, bei denen Einstellungshemmnisse vorhanden sind, können durch die Tätigkeit eines Zeitarbeitsunternehmens in Einsätze gelangen, bei denen eine direkte Bewerbung scheitern würde. Da sich die Verleiher deutlich mehr mit der Rekrutierung von Mitarbeitern beschäftigen, als die meisten Personalabteilungen, bekommen z. B. Wiedereinsteiger oder Bewerber mit voran gegangener, längerer Arbeitslosigkeit eher eine Chance sich zu beweisen, als sie diese mit einer direkten Bewerbung beim Entleiher hätten.
Der schlechte Ruf, den die Zeitarbeit vor wenigen Jahren noch hatte, hat sich deutlich gewandelt. In den Unternehmen werden von Arbeitgeber- wie auch von Arbeitnehmerseite die Vorteile erkannt und geschätzt. Die häufig geäußerten Kritikpunkte werden zunehmend eliminiert. Auch der Status der Mitarbeiter im Kundenbetrieb hat sich verbessert. Gerade in großen Unternehmen werden die Mitarbeiter des Überlassers voll in die Abläufe und Strukturen des Kundenbetriebes eingegliedert.
Kritik
Die Unfallquote von Leiharbeitnehmer ist dreimal höher als in der Gesamtwirtschaft, da die Gefährdung zu Beginn einer Tätigkeit (unbekanntes Umfeld) besonders hoch ist. Teilweise werden auch Vorwürfe geäußert, es fehle das Verantwortungsbewusstsein auf Seiten der Entleihfirmen, wobei bei seriöse Überlasser gerade dadurch auffallen, daß sie diesem Thema eine angemessene, also höhere Bedeutung zumessen, als dies bei manchem Kundenbetrieb der Fall ist. Gefährliche und unbeliebte Tätigkeiten werden oft auf Leiharbeitnehmer übertragen, was jedoch ebenfalls nicht im Sinne des Überlassers sein kann.
In Deutschland sind die Leiharbeitnehmer bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft gegen die Folgen von Arbeitsunfällen unfallversichert und dort jedem anderen Arbeitnehmer gleichgestellt.
Rechtlich gesehen sind Arbeitsverträge zwischen Leiharbeitnehmern und -gebern zwar normale bzw. gewöhnliche Arbeitsverträge, die Realität sieht jedoch an Hand vieler Details anders aus. Deshalb ist die Bezeichnung prekär für solche Arbeitsverträge inzwischen üblich. Die vertragliche Beziehung zwischen dem Leiharbeitgeber und den Entleihfirmen ("Kunden") unterliegt denselben Arbeitsgesetzen und bietet demzufolge auch denselben sozialen Schutz für den Leiharbeitnehmer wie für jeden anderen Mitarbeiter auch.
Im Zweifels- bzw. Streitfalle zwischen Leiharbeitnehmer und Kunde wird sich der Leiharbeitgeber - auch und gerade im Hinblick auf langandauernde gute Geschäftsbeziehungen - nahezu immer kundenfreundlich verhalten, d. h., gegen seinen eigenen Arbeitnehmer entscheiden. Zwei Arbeitgeber können die Leiharbeitnehmer somit nahezu immer zu deren Nachteil ausspielen.
Leiharbeitnehmer genießen nicht den gleichen sozialen Schutz und Status wie die Mitarbeiter des Kunden. So werden sie z. B. von Sozialplänen des Kunden gar nicht erfasst. Hier konnte jedoch durch Abschluß der Tarifverträge (siehe oben) eine deutliche Verbesserung erreicht werden.
Bei der Urlaubsplanung unterliegen Leiharbeitnehmer einer durchweg schlechteren Position als die Mitarbeiter des Kunden. Zum einem werden sie oft erst im laufenden Kalenderjahr eingesetzt, wenn die vorläufige Urlaubsplanung für die Stammbelegschaft bereits abgeschlossen ist (i.d.R. zum Anfang eines jeden Kalenderjahres). Sie werden dadurch mit vollendeten Tatsachen konfrontiert. Zum anderen ist es die Natur der Leiharbeit, personelle Lücken zu füllen und Arbeitsspitzen mit abzudecken, und beides ist über die Sommermonate meistens besonders gegeben, zu einer Zeit also, in der auch Leiharbeitnehmer oft Urlaub genießen möchten. Das Recht auf eine wenigstens einigermaßen sichere Urlaubsplanung ist damit faktisch ausgehebelt, zumal der Leiharbeitnehmer nur dann eine Urlaubsgenehmigung von seinem Arbeitgeber erhalten wird, wenn der Kunde diese "befürwortet" (hat). Kurzfristige Freistellungen sind aufwendiger zu organisieren, weil der Zeitarbeitnehmer praktisch zwei Arbeitgeber hat.
Von Leiharbeitnehmern kann in noch stärkerem Maße als von normalen Arbeitnehmern räumliche und zeitliche Flexibilität gefordert werden. Dem Argument, daß ein auswärtiger Kunde eine Arbeitskraft benötigt, ist schwerer ein Widerstand entgegenzusetzen (wäre faktisch Arbeitsverweigerung), als wenn innerhalb eines normalen Unternehmens (mit mehreren Standorten) anderenorts eine zusätzliche Arbeitkraft benötigt wird. Auch in Bezug auf Schicht-, Wochen- und Feiertagsarbeit kann der Kunde geradezu nach Herzenslust und Gutdünken fast unbegrenzte Forderungen stellen. An einen Betriebsrat kann sich der Leiharbeitnehmer in solchen Situationen in der Regel nicht wenden. Die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf ist bei Leiharbeitsverhältnissen besonders markant, und das bei geringerem sozialen Schutz und schlechterer Bezahlung.
Leiharbeitnehmer eignen sich übrigens nicht als "Streikbrecher", weil die Streikaufrufe beim Kunden nicht nur dessen Belegschaft, sondern auch die Leiharbeiter betreffen, d. h. ein Leiharbeiter ist ebenso wie ein Mitarbeiter des Entleihbetriebs berechtigt, seine Arbeit niederzulegen. Die Zeitarbeitsfirma ist in disem Falle natürlich dazu berechtigt, den Leiharbeitnehmer anderweitig in einem anderen Kundenunternehmen einzusetzen.
Die Belegschaft des Leiharbeitgebers kann jedoch sich selbst kaum zu Arbeitskämpfen organisieren: Wegen des Einsatzes bei verschiedenen Kunden, wie es in der Regel der Fall ist, ist die Belegschaft stark "zerstückelt". Oftmals sehen bzw. treffen sich die Arbeitnehmer der Leiharbeitgeber nur selten bei zentralen Veranstaltungen ihres Arbeitgebers (und das dann in der Regel außerhalb ihrer Arbeitszeit).
Leiharbeitnehmer können Sozialleistungen des Kunden (z. B. ermäßigte Preise für Kantinenversorgung) in der Regel nicht oder höchstens eingeschränkt nutzen.
Leiharbeitnehmer ersetzen in vielen Betrieben in zunehmendem Maße die Stammbelegschaften, die damit allmählich überaltern, weil neue, junge Mitarbeiter nicht (ausreichend) "nachgeschoben" werden.
Wegen der zeitaufwendigen und damit ungeliebten Notwendigkeit des Anlernens oder des Einarbeitens in ein Projekt zum Anfang eines jeden Einsatzes beim Kunden, was sich mit jedem Wechsel des Leiharbeitnehmers wiederholt, liegt es in der Natur der Sache, daß Leiharbeitnehmer bevorzugt weniger anspruchsvolle, mehr routinemäßige ("ungeliebte") Arbeiten zugewiesen bekommen. Eine fachliche Karriere ist somit nur eingeschränkt möglich. Eine hierarchische Karriere ist erst recht nicht möglich; beim Kunden schon gar nicht, in der Entleihfirma (je nach Qualifikation) in der Regel allenfalls zu Positionen, die mit dem Verleih der Leiharbeitnehmer befaßt sind.
Die Pflicht, einem Leiharbeitnehmer das gleiche Entgelt zu zahlen wie einem Mitarbeiter der Stammbelegschaft, ist insofern nur bedingt von Nutzen, weil dem Leiharbeitnehmer die Karriere und somit der entgeltliche Fortschritt beim Kunden verwehrt bleibt. Selbst, wenn sich daran gehalten wird, wird er somit stets wie ein "Einsteiger" bzw. "Anfänger" bezahlt, auch wenn er über etliche Jahre Berufserfahrung verfügt bzw. sich im fortgeschrittenen Lebensalter befindet.
Auch bei vielen anderen Kleinigkeiten des betrieblichen Alltages bekommen Leiharbeitnehmer ihren externen Status oft zu spüren - Diskriminierungen durch vielerlei Benachteiligungen sind Alltag. Sie bleiben im Status stets zweitklassig, in der Hierarchie ganz unten.
Da der Einsatz der Leiharbeitnehmer bei Kunden oft nicht nur sporadisch und zeitlich beschränkt erfolgt (was eine ursprüngliche Argumentation zu Einführung der Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland war), sondern ganz massiv, durchweg und dauerhaft erfolgt, ist auch auf diesem Wege eine Unterhöhlung des Arbeitnehmerschutzes insgesamt in Deutschland vorhanden. Das Argument, daß Arbeitnehmerüberlassung eine günstige Gelegenheit sei, in ein Unternehmen "einzusteigen", wird deshalb immer mehr widerlegt. Wenn ein bewährter Arbeitnehmer nach erfolgreichem Einsatz beim Kunden - der durchaus über Jahre bestehen kann - doch einmal übernommen werden sollte, so darf er meistens trotz detaillierter interner Kenntnisse, die ihn von einem echten externen Einsteiger weit abheben, wieder ganz "von vorn" anfangen, sowohl hierarchisch als auch finanziell - erneute Probezeit inklusive.
Bestimmte Branchen bedienen sich skrupellos inzwischen überwiegend und tendenziell immer mehr der Leiharbeit, wie z.B. Unternehmen, die von telefonischen Verkäufen (vorzugsweise Telekommunikationsgeräte und -dienstleistungen) existieren ("Callcenter"). Der leicht meßbare (Miß-)Erfolg bei solchen Tätigkeiten kann durch das beliebige Austauschen der Leiharbeitnehmer besonders gut erzwungen werden. Auf der sozialen und manchmal auch gesundheitlichen Strecke bleiben dabei die (daraufhin meistens gekündigten) Leiharbeitnehmer.
Da der Leiharbeitnehmer für gewöhnlich ein Interesse hat, das Leiharbeitsverhältnis möglichst bald zu beenden und deshalb oft an einer Übernahme vom Kunden interessiert ist, ist er zu besonderer "Disziplinierung" verpflichtet. Die gesamte Dauer seines Einsatzes wird damit zu eine Art Probezeit. Oft wird seitens des Leiharbeitgebers auch diesbezüglicher Druck ausgeübt, indem der Leiharbeitnehmer wiederholt auf seinen Gaststatus beim Kunden und die Notwendigkeit, das Leihunternehmen würdig zu präsentieren, hingewiesen wird. Er muß bzw. sollte stets auf einen guten Eindruck bedacht sein, darf bzw. sollte sich nie "gehenlassen" und ist klug beraten, sich dessen jederzeit bewusst zu sein. Sofern er sein Verhalten daran ausrichtet, kann er sich deshalb gar nicht in vollem Umfang in die Belegschaft (der er im engeren Sinne gar nicht angehört) integrieren, kann sich nicht vollends (d. h., nach "unten" hin) anpassen, sondern ist immer zu einer gewissen Förmlichkeit und Korrektheit im Auftreten gezwungen. Auch die Konfliktfähigkeit ist eingeschränkt und der Leiharbeitnehmer ist klug beraten, Streitfälle von vornherein zu vermeiden oder bei diesen nachzugeben. Beschwerden über Arbeitsinhalte oder das Verhalten von Kollegen bei einem Vorgesetzten des Kunden können leicht als (geschäftsschädigende) Renitenz ausgelegt werden. Bei seinem Leiharbeitgeber laufen derlei Beschwerden, weil Geldfluß und die guten Geschäftbeziehungen beider Unternehmen vordergründig sind, in der Regel ins Leere. Diese potentiell unterlegene Situation des Leiharbeitnehmers, die natürlich der Belegschaft des Kunden nicht verborgen bleibt, kann auch zu Mobbing (z. B. durch angedrohte oder sogar erfolgte Anschwärzungen beim Leiharbeitgeber) seitens der "überlegenen" Kollegen und/oder Vorgesetzen beim Kunden führen.
Das Vorurteil, es bleibe ein ungutes Gefühl dadurch, dass der Leiharbeitgeber sich dauerhaft an der Arbeitsleistung des Leiharbeitnehmers in oft erheblichem Maße bereichert, ohne dass eine erkennbare, geschweige denn angemessene Gegenleistung dafür besteht ist jedoch abzuwehren, da jedes Unternehmen mit seinen Arbeitern und Angestellten im Endeffekt Geld verdient.
Einer der wenigen Vorteile für den Leiharbeitnehmer ist der relativ bessere Schutz vor Überstunden, insbesondere unbezahlten, weil der Leiharbeitgeber oft aus Kostengründen auf die Bezahlung aller anfallenden Stunden besteht, diese Stunden für den Kunden jedoch einen Kostenfaktor darstellen, im Gegensatz zur Heranziehung der Stammbelegschaft.