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Waldsterben bezeichnet das Auftreten von großflächigen Schädigungen des Waldbaumbestands durch sauren Regen, Ozon, Schwermetalle und andere – namentlich auch natürliche – Faktoren, welche im Extremfall zum Absterben eines Waldes führen können.

Einleitung
In Deutschland befand man 1984 gut ein Drittel des Waldes für krank. Im Jahre 2000 sind nach dem offiziellen Waldschadensbericht noch rund 35 % aller Waldbäume ohne erkennbare Schäden, im Jahre 2004 sind es nur noch 28 %, während 41 % in die Warnstufe fielen und knapp ein Drittel deutliche Schäden hatte.
Das in den 80er Jahren befürchtete, sich durch die damalige Entwicklung abzeichnende großflächige Absterben von Wäldern ist – namentlich auch in den damaligen Hauptschadensgebieten – nach Investitionen von über 196 Millionen Euro in die Waldsanierung ausgeblieben. Die Emissionen an Schwefeldioxid und Stickoxiden wurden in der „alten“ Bundesrepublik bereits mit Beginn des 1. Umweltprogramms der Bundesregierung 1971 durch umfangreiche Maßnahmen wie das Bundesimmissionsschutzgesetz zur Luftreinhaltung erheblich vermindert (s. externen Graphen). Auch der Zusammenbruch einiger Planwirtschaften um 1990 hat zu einer noch weitaus erheblicheren Verminderung der Schadstoffeinträge beigetragen.
Symptome für Baumsterben
Typische Symptome an betroffenen Bäumen sind sogenannte Angsttriebe, bei Nadelbäumen auch das Vergilben der Nadeln und das Lamettasyndrom. Bei zu starkem Vitalitätsverlust kommt es zum Absterben des Baumes.
Die wissenschaftlich meistdiskutierten Ursachen
Der Rekordsommer 2003 (heißester Sommer seit 600 Jahren) hat erneut sehr starke Schäden am europäischen Waldbestand hervorgerufen. Auch die Landwirtschaft vermeldete erhebliche Ernteeinbußen. Die öffentliche Diskussion über die Ursachen des Waldsterbens wurde dadurch in eine neue Richtung gelenkt. Die damalige Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast hatte zuvor das Waldsterben für beendet erklärt. Auch Schweizer, Franzosen und fast alle europäischen Nachbarn hatten sich davon verabschiedet. Gegen Ende des Jahres 2003 wurden allerdings neue Zahlen vorgestellt. Der deutsche Wald sei in "alarmierenden Zustand" hieß es nun aus dem gleichen Ministerium. Die lang anhaltende Dürreperiode des Sommers 2003 hatte offenbar dazu geführt, daß nunmehr drei Viertel aller Bäume Schäden aufwies. Die Trockenheit hatte sich dabei als Hauptursache herausgestellt. So liegt die Vermutung nahe, dass bereits die viel debattierten Waldschäden der achtziger Jahre offenbar mehr durch zeitweiligen Trockenheitsstress als durch Schadstoffbelastung hervorgerufen wurden - zumal der deutsche Wald an regnerisches Klima angepasst ist und auf trockene Sommer sensibler reagiert als die Wälder europäischer Nachbarländer, in denen kein nennenswertes Waldsterben festgestellt wurde. In der extrem langen Trockenperiode des Sommers 2003 hätte durch einen früher einsetzenden Regen ein großer Teil der verdörrten Pflanzen gerettet werden können. Selbst "saurer Regen", mit sämtlichen, diskutierten Schadstoffen hätten der vertrocknenden Flora in jenen Tagen der Dürre wahrscheinlich mehr genützt als geschadet. Die Beeinträchtigung des Bodens durch permanente, immissionsbedingte Belastung sollte dabei jedoch nicht verharmlost werden.
Durch die anthropogen bedingte Versauerung der Böden in Gestalt des sog. „sauren Regens“ kommt es zu Schädigungen an den Feinwurzeln der Bäume sowie auch der mit den Bäumen in Symbiose lebenden Mykorrhiza – jenen Pilzen, die wichtig sind bei der Aufnahme von Mineralstoffen. Die Versorgung des Baumes mit Wasser und Mineralstoffen wird beeinträchtigt.
Ein Folgeproblem der Versauerung ist die Freisetzung von Ionen aus Schwermetallen und Aluminium, da sie stark toxisch wirken. Schließlich tritt zur verminderten Aufnahmemöglichkeit benötigter Mineralstoffen wie Calcium, Kalium und Magnesium auch noch deren verminderte Verfügbarkeit hinzu infolge verstärkter Auswaschung.
Schädigungen der Stomata der Blätter durch Säure und Ozon nehmen den Bäumen die Möglichkeit, ihre Verdunstung zu regulieren. Störungen bei der Aufnahme von Wasser werden also vermehrt durch Störungen bei der Abgabe von Wasserdampf.
Infolge der Beeinträchtigung durch künstliche Schadstoffe kann es dann zu einem verstärkten Befall durch natürliche Schädlinge kommen, z.B. Pilze, die Raupen des Schwammspinners und vor allem durch den Borkenkäfer. Bei diesen Organismen kommt es – bedingt durch für sie günstige Witterungsbedingungen wie etwa besonders heiße und trockene Sommer – zu bestimmten Zeiten zu Massenvermehrungen, die derart gravierend sein können, dass von den Schädlingen heimgesuchte Waldgebiete stark geschädigt werden. Besonders Fichten-Monokulturen sind davon stark betroffen, so dass man z.B. am Westhang des Lusen im Nationalpark Bayerischer Wald dazu übergegangen ist, bestehende Monokulturen behutsam in Richtung Bergmischwald zu erneuern.
Zu jenen Zeiten, in denen die Schädlinge vor allem witterungsbedingt dezimiert werden, kann sich der sich der Wald wieder erholen. So sind z.B. für den Borkenkäfer strenge, kalte Winter der größte Feind. Leider begünstigt die Witterung der letzten Jahre auch Gradationen in Gebieten, wo Waldschädlinge bisher unbekannt waren. Die heutige potentiell natürliche Vegetation entfernt sich auch in den wenigen noch vorhandenen, nicht direkt vom Menschen beeinflussten Gebieten zunehmend von dem bisher gewohnten Baumbestand.
Auffallend ist, dass Bundesländer mit durchweg jüngerem Baumbestand (wie z.B. Niedersachsen) durch die Trockenheit 2003 deutlich weniger gelitten haben als solche mit älterem Baumbestand (z.B. Bayern oder Baden-Württemberg). Leider teilt der Waldzustandsbericht nur sehr grob in zwei Altersklassen ein: bis 60 Jahre und über 60 Jahre.
Beim sog. Holzvorrat, also der Menge an 'erntereifem' oder sogar 'überreifem' Holz, steht Deutschland in Europa deutlich an der Spitze; und der Holzvorrat steigt beständig an. Unsere Wälder werden im Schnitt also immer älter, dadurch immer anfälliger und folglich tendenziell immer kränker. Gut zu beobachten ist der Einfluss dieses Alterungseffektes, wenn man den zeitlichen Verlauf der Schäden junger Bestände mit dem Verlauf aller Bestände vergleicht: Obwohl die jüngeren Bestände (je nach Baumart) innerhalb der letzten 10–15 Jahre durchschnittlich gesünder geworden sind, folgen die Gesamtschäden diesem positiven Trend nicht und nehmen sogar eher zu.
Weitere Effekte können indirekt mit der Überalterung zusammenwirken: So hat beispielsweise die Forstwirtschaft lange Zeit auf profitable, schnellwachsende Hölzer gesetzt. Ob der Standort für die jeweilige Baumart auch langfristig immer optimal gewählt war, darf bezweifelt werden – es spielte ja auch keine Rolle, da die Bäume meist jung und (noch) gesund eingeschlagen wurden. Jetzt, mit alternden Beständen könnten sich solche Standortnachteile verstärkt bemerkbar machen.
Nicht zuletzt steigt in einer überalterten Baumgemeinschaft auch für die jüngeren und gesünderen Bäume das Risiko von Infektion oder Schädlingsbefall. Möglicherweise hätte eine rechtzeitige Verjüngung des Waldes zu einer deutlich geringeren Schadenshäufigkeit – auch unter den jüngeren Bäumen – beitragen können.
„Waldsterben“ – nur ein Medienklischee?
Es wird verschiedentlich die Vermutung geäußert, es handele sich beim „Waldsterben“ um ein typisch deutsches Phänomen. Ausländische Medien haben den Begriff immer für übertrieben gehalten. Wenn die Franzosen von „le waldsterben“ sprechen, spielen sie damit auf die nationalistisch gefärbte, romantische Waldverliebtheit der Deutschen und ihre Neigung zu dramatischen Übertreibungen an. Der Begriff „Waldsterben“ entstammt der Sprache der Forstwirtschaft, in der ausnahmslos jede Art von Baumkrankheit als „Sterben“ bezeichnet wird.
Tatsache ist, dass die beschriebenen Schäden vermehrt in solchen Gegenden zu beobachten sind, in denen die Schadstoffbelastung, z.B. durch überhohe Schwefeldioxid-Immissionen, extrem hoch ist, so dass die Blätter und Nadeln der Bäume direkt geschädigt werden. Solche Belastungen, schon vor der Industrialisierung als Rauchschäden bekannt, sind aber selten, wie auch die Fernsehbilder stark zerstörter Waldgebiete der 80er Jahre ausnahmslos von einigen wenigen Flecken im Harz oder Erzgebirge stammten.
Verwunderlich ist hingegen, dass es in Frankreich sowie in Großbritannien kein Waldsterben zu geben scheint – nicht einmal beim Baumbestand des Central Park von New York, der jahrelang in stärkster Weise den Abgasen aus Fahrzeugen, Kraftwerken und Industrieanlagen ausgesetzt war. Hingegen traten die in Deutschland beobachteten Schäden vielfach in sog. Reinluftgebieten auf, die überhaupt nicht umweltbelastet waren.
Zu bedenken ist auch, dass es offenbar schon lange vor der Industrialisierung und dem damit verbundenen vermehrten Schadstoffausstoß vergleichbare Waldschäden gegeben hat; diese waren allerdings lokal begrenzt und eindeutig einem Verursacher zuzuordnen. Ihnen wurde in späteren Jahrhunderten durch die Entwicklung hoher Schornsteine begegnet. Dies wird etwa durch einen Blick auf gemalte Landschaftsbilder aus früheren Jahrhunderten deutlich, auf denen dieselben Schäden an Baumwipfeln zu sehen sind, für die man heute den sauren Regen, das Ozon oder Schwermetalle verantwortlich macht. Nur teilweise lässt sich dafür die bereits im Mittelalter begonnene Verhüttung sulfidreicher Erze verantwortlich machen.
Für viele Fälle des Waldsterbens wurden im Nachhinein einfache Ursachen gefunden. Der harte Winter 1978/79, bei dem die Temperaturen in Teilen des Landes in kurzer Zeit um 30 Grad absackten, sorgte für große Frostschäden und gilt inzwischen als Auslöser der medialen Begleitung des Waldsterbens. Auch nach dem trockenen Sommer 2003 weist der Schadensbericht wieder Spitzenwerte aus: in der Stufe „deutliche Schäden“ stieg der Anteil von 23 % 2003 auf 31 % 2004. In den Jahren nach 1978/79 erholte sich der Wald deutlich und dies wird auch für die Folgen der Trockenheit 2003 erwartet.
Interessant ist auch, dass die Belastung mit Schwefeldioxid, ursächlich für den Sauren Regen, bereits im Jahr 1973 ihren Höhepunkt erreicht hatte und dank konsequenter Umweltpolitik in Folge der Stockholmer UN-Umweltkonferenz 1972 besonders seit 1979 drastisch abnahm. Zur Vorstellung des ersten Waldschadensberichts 1984 hatte der deutsche Wald den Sauren Regen also bereits zum größten Teil hinter sich.
Viele andere Schädigungen erwiesen sich bei genauerer Untersuchung als altbekannt, selbst simpelste Diagnosen wie massenhafte Vermehrung von Borkenkäfern (wiederum witterungsbedingt) oder Magnesiummangel schleichen sich in den Waldschadensbericht und damit als Waldsterben ein.
Harsche Kritik wurde in einem Artikel laut, der im November 1988 in der renommierten Zeitschrift „Nature“ erschien: Demnach heile der Großteil der im Waldzustandsbericht als geschädigt gewerteten Bäume von selbst, der Bericht sei deshalb irreführend und es gäbe keinen Grund von einem „Waldsterben“ zu sprechen. Diese Beobachtung machten mittlerweile auch die deutschen Wissenschaftler, die anfangs den Begriff Waldsterben maßgebend mitprägten.
Nicht nur der Journalist Rudi Holzberger kommt daher in seiner Dissertation Das sogenannte Waldsterben (Konstanz, 1995) zu dem Schluss, dass es sich bei dem Phänomen im Wesentlichen um ein Medien-Klischee handele, das stereotyp verbreitet würde und ein Walduntergangsszenario heraufbeschwöre. Die Kritik entzündet sich hierbei vor allem am Erhebungsverfahren des Waldzustandsberichtes, dem eine quantitative Erfassung von Laub- und Nadelverlust zugrund liegt. Dieses ursprünglich nur als Provisorium eingeführte Verfahren war von Anfang an umstritten, da es vielen Wissenschaftlern als zu oberflächlich erschien und somit keinerlei Rückschlüsse zuließ auf eigentliche Ursachen (wie z.B. Saurer Regen, Borkenkäfer oder Frostschaden). Spätere Versuche, das Verfahren zu ersetzen, scheiterten jedoch an Einsprüchen der Umweltschutzverbände, die befürchteten, das Waldsterben solle „gesundgelogen“ oder per Dekret „verboten“ werden.
Positive Wirkungen von „Schadstoffen“ auf Bäume
Im Gegensatz zum Klischee haben gründlichere und sorgfältigere wissenschaftliche Untersuchungen in jüngerer Zeit gezeigt, dass unter bestimmten Bedingungen für die angeblich nur schädigenden Luftinhaltsstoffe durchaus auch Nutzwirkungen erkennbar sind: Dies gilt insbesondere für die mineralischen Kohlenaschen und deren chemische Bestandteile. Ob Schwefel- oder Stickstoffverbindungen schaden oder nutzen, hängt also von den jeweiligen Umständen ab. Ob Nähr- und Spurenelemente (wie Calcium, Magnesium, Selen, Molybdän, Zink, Fluor oder Iod) im Überschuss und reichlich vorhanden sind oder fehlen, ist ganz entscheidend dafür, ob ein Wald gedeiht oder nicht.
Trockenheit als Hauptursache für Baumsterben
Wasser bedeutet Leben. Die wichtigste Grundbedingung für ein Gedeihen des Ökosystems Wald ist daher eine ausreichende Feuchtigkeit, zumal mit dem Wasser auch Nährstoffe transportiert werden. Der Wasserhaushalt eines Waldes ist dabei von mehreren Faktoren abhängig: Neben dem Klima und der aktuellen Wetterlage spielen Regendurchlass, Verdunstung, Durchwurzelung und vor allem die Speicherfähigkeit des Bodens eine wichtige Rolle. Die Versorgung eines Waldes mit Wasser kann dadurch erheblich schwanken. Die Jahresringe der geschlagenen Bäume geben Auskunft über zurückliegende Feuchtigkeits- oder Trockenheitsphasen. Lang anhaltende Trockenheit erhöht nicht zuletzt auch die Gefahr von Waldbränden, die eine völlige Vernichtung des Baumbestandes zur Folge haben können.
Der Rekordsommer 2003 (heißester Sommer seit 600 Jahren) hat erneut sehr starke Schäden am europäischen Waldbestand hervorgerufen. Auch die Forstwirtschaft vermeldete erhebliche Ernteeinbußen. Die öffentliche Diskussion über die Ursachen des Waldsterbens wurde dadurch in eine neue Richtung gelenkt. Renate Künast, die damalige Bundeslandwirtschaftsministerin, hatte zuvor das Waldsterben für beendet erklärt. Nicht zuletzt hat man sich vom ehemaligen Horrorszenario auch in der Schweiz, Frankreich und fast allen europäischen Nachbarstaaten verabschiedet. Gegen Ende des Jahres 2003 wurden allerdings neue Zahlen vorgestellt: Der deutsche Wald sei in „alarmierenden Zustand“ hieß es nun aus dem gleichen Ministerium. Die lang anhaltende Dürreperiode des Sommers 2003 hatte offenbar dazu geführt, daß nunmehr drei Viertel aller Bäume Schäden aufwiesen. Die Trockenheit hatte sich dabei als Hauptursache herausgestellt. So liegt die Vermutung nahe, dass bereits die viel debattierten Waldschäden der achtziger Jahre offenbar mehr durch zeitweiligen Trockenheitsstress als durch Schadstoffbelastung hervorgerufen worden waren – zumal der deutsche Wald insgesamt eher an ein regnerisches Klima angepasst ist und daher auf trockene Sommer sensibler reagiert als die Wälder europäischer Nachbarländer, in denen kein nennenswertes Waldsterben festgestellt wurde. In der extrem langen Trockenperiode des Sommers 2003 hätte durch einen früher einsetzenden Regen ein großer Teil der verdörrten Pflanzen überleben können. Selbst ein „saurer Regen“ (inkl. sämtlicher der als Schadstoffe verdächtigten Substanzen) hätten der vertrocknenden Flora in jenen Tagen der Dürre wohl mehr genützt als geschadet. D.h. aber nicht, daß die Belastung von Böden durch permanente Schadstoffimmission verharmlost werden dürfte.
Interpretationen von großflächigem Baumsterben in Nationalparks
In Nationalparks mit viel Wald oder vergleichbar großen Schutzgebieten mit hohem Fichtenanteil kommt es oft zu einem großflächigen Absterben von Baumbestand. Beispiel dafür ist der Quitschenberg im Nationalpark Harz. Als Ursache hierfür wird die Schwächung der Vitalität der Bäume durch die bekannten Faktoren des Waldsterbens gesehen (s.o.). Diese Schwäche eines Baumbestandes hat regelmäßig eine massenhafte Vermehrung von sog. phytophagen Insekten (also Pflanzen fressenden Insekten) zur Folge, die aus forstlicher Sicht verständlicherweise oft wertend als „Schadinsekten“ bezeichnet werden; dazu zählt namentlich auch der berühmt-berüchtigte Borkenkäfer. Derartige Pflanzenfresser können dann einen lokalen Wald tatsächlich sehr grundsätzlich bedrohen und vernichten. Das dann entstehende (Wald-)Bild mit seinen kahlen, toten „Baumleichen“ weckt bei jedem normalen Betrachter verständlicherweise erst einmal negative Assoziationen. Die Interpretation dieses Erscheinungsbildes kann aber je nach Kenntnis der biologischen Zusammenhänge – aber auch evtl. nach der Interessenlage eines Betrachters – sehr unterschiedlich sein.
Auch der natürliche Vorgang des Baumsterbens wird vielfach negativ bewertet, da ein ganzer lokaler Bestand „ausfällt“ und somit ein bestimmtes Wald-Ökosystem faktisch nicht mehr existiert. Insbesondere können Konflikte mit den Waldbesitzern der benachbarten Forste entstehen, die ein Übergreifen der Borkenkäferpopulationen auf ihre eigenen Bestände in den Jahren der Gradation befürchten müssen. Daraus entsteht die Forderung, die Borkenkäfergradation zu kontrollieren und entstandene Schäden am Waldbestand durch Aufforstung zu kompensieren.
Von Seiten der Nationalparks und deren Unterstützer, wie z.B. Natur- und Umweltschutzverbänden, wird ein lokales Baum- oder auch Waldsterben durchaus anders gesehen als in der Forstwirtschaft. Es wird in diesem speziellen Fall als natürlicher Vorgang beurteilt, insbesondere weil der ausgefallene Bestand oft aus der Zeit vor Gründung des Nationalparks stammt – er ist als hinsichtlich Artenzusammensetzung, Altersstruktur usw. weit davon entfernt, daß man ihn als natürliche und widerstandsfähige Vegetation bezeichnen könnte. Da in Nationalparks der Prozessschutz ein Leitmotiv ist, wird ein Eingreifen nicht erwogen; vielmehr wird darin die Chance gesehen, in der nächsten Waldgeneration, welche sich durch Naturverjüngung selbst generiert, einen natürlichen und besser angepassten Bestand zu erhalten, wie immer er dann aussehen mag.
Neben der naturwissenschaftlichen und wirtschaftlichen Interpretation und Prognose ist in diesem Zusammenhang auch die psychologische Komponente interessant: Denn bei dieser Form des Waldsterbens geht es um einen vom Menschen weitestgehend und absichtlich nicht kontrollierten Prozess, um ein „geschehen lassen“; dies aber bedeutet ein Akzeptierenmüssen von sichtbarem Sterben und Tod. Mit dem bewußten Zulassen bzw. dem absichtlichen Herbeiführen einer „Wildnis“ ergibt sich folglich für die Öffentlichkeitsarbeit der Nationalparks eine Herausforderung, denn der überwiegend ja fachfremde Besucher geht derartige biologische Vorgänge zum großen Teil auf emotionalem Wege an.
Literatur
- Bauer, Franz (Hg.): Die Sache mit dem Wald, 378 S. BLV, München/Wien/Zürich 1985. ISSN 0002-5860
- Holzberger, Rudi: Das sogenannte Waldsterben. Zur Karriere eines Klischees. Das Thema Wald im journalistischen Diskurs, Bergatreute 1995.
- Kunze, Stefan: Praxis Waldschutz. Strategien gegen das Waldsterben. Hannover 1995.
- Stern, Horst (Hg.): Rettet den Wald, 317 S. Kindler, München 1989 ( 2. Auflage). ISBN 3-463-40107-X
- Kurz, Claudia: Kausalanalyse und Bioindikation der neuartigen Waldschäden anhand des Polyamin- sowie Phenolstatus am Beispiel von Picea abies (Fichte), Abies alba (Weißtanne) und Quercus Petraea (Eiche): okulare Bonitur versus Bioindikation? Diss. Mainz 1999.
- Lichtenthaler, Hartmut K.: Das Waldsterben aus botanischer Sicht. Karlsruhe 1984.
- Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.): Abschlußdokumentation zum Forschungsschwerpunkt „Luftverunreinigungen und Waldschäden“ des Landes Nordrhein-Westfalen. Ziele, Ergebnisse, Schlußfolgerungen [eine Bilanz neunjähriger Waldschadensforschung im Land Nordrhein-Westfalen]. Düsseldorf 1993.
- Nießlein, Erwin (Hg.): Was wir über das Waldsterben wissen. Köln 1985.
- Nöthig, Zeno: Das Waldsterben. Literaturauswertung zum Stand der Kenntnisse und zu den Erklärungshypothesen. Aachen 1986.
- Schütt, Peter: So stirbt der Wald. Schadbilder und Krankheitsverlauf. 5., durchges. Aufl. München 1986.
- Wentzel, Karl F.: Was bleibt vom Waldsterben? Bilanz und Denkanstöße zur Neubewertung der derzeitigen Reaktion der Wälder auf Luftschadstoffe. Hamburg 2001.
- Schulze, Ernst Detlef/Lange, Otto Ludwig: Die Wirkungen von Luftverunreinigungen auf Waldökosysteme. Chemie in unserer Zeit 24(3), S. 117–130 (1990). ISSN 009-2851
Siehe auch
Waldzustandsbericht, Umweltkatastrophe, Umweltschutz, Umweltschutzorganisation, Baum des Jahres, Pufferbereich (Bodenkunde), Riesengebirge
Weblinks
Organisationen & Behörden
- Stiftung Wald in Not;
- Schutzgemeinschaft Deutscher Wald;
- Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Waldzustandsbericht); vgl. Wikipedia-intern: Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz;
- Bayerischer Waldzustandsbericht;