Brennerbasistunnel

Eisenbahntunnel unter dem Brennerpass (in Bau)
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Brennerbasistunnel
Streckenlänge:55 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Stromsystem:25 kV, 50 Hz[1] ~
Strecke
von Innsbruck Hbf
Abzweig nach rechts
Brennerbahn nach Brenner/Brennero
Nordportal
Abzweig nach rechts und geradeaus (Strecke außer Betrieb) (im Tunnel)
Verbindungstunnel zum Inntaltunnel
Blockstelle (Strecke außer Betrieb) (im Tunnel)
Nothaltestelle Innsbruck
Blockstelle (Strecke außer Betrieb) (im Tunnel)
Nothaltestelle St. Jodok
Grenze (Strecke außer Betrieb) (im Tunnel)
Staatsgrenze (Österreich / Italien)
Blockstelle (Strecke außer Betrieb) (im Tunnel)
Nothaltestelle Trens
Abzweig nach links (Strecke außer Betrieb) (im Tunnel)
zur Brennerbahn nach Brixen
Südportal
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
Franzensfeste/Fortezza
südliche Zulaufstrecke nach Verona

Als Brennerbasistunnel (BBT, eigentlich Brenner Basistunnel, manchmal auch Brenner-Basistunnel, italienisch Galleria di base del Brennero) wird ein österreichisch-italienisches Gemeinschaftsprojekt zum Bau eines Eisenbahntunnels für gemischten Personen- und Güterverkehr unter dem Brennerpass bezeichnet. Der BBT wird entlang der Achse MünchenVerona zwischen Innsbruck und Franzensfeste/Fortezza die Alpen unterqueren. Er ist als Teil der insgesamt 2200 km langen Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsachse Berlin–Palermo im TEN-Programm der EU eingereiht. Mit einer Länge von 55 km gilt der Durchstich als künftiger zweitlängster Tunnel der Welt nach dem Gotthard-Basistunnel.

Der Brennerbasistunnel soll nach derzeitigem Stand im Jahr 2025 fertiggestellt werden.

Funktion und Geschichte

Ausgangslage und Zielsetzung

Der Personen- und Güterverkehr über die Alpen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Im Güterbereich werden rund 40 % des Transitaufkommens des zentralen Alpenbogens über die Brennerachse abgewickelt, und zwar zu etwa drei Vierteln auf der Straße. Seit langem kämpfen Anrainer für eine Entlastung von den damit verbundenen starken Emissionen. Der Bau eines Basistunnels wird von dessen Verfechtern als wichtige Voraussetzung einer Verlagerung des Transitgüterverkehrs von der Straße auf die Schiene betrachtet.

Die Eisenbahnstrecke von Innsbruck nach Bozen wurde in den Jahren 1860–1867 erbaut. Enge Kurvenradien und Steigungen bis 25 Promille erschweren den Betrieb. Bis zu zwei Lokomotiven sind zum Ziehen der Güterzüge und bis zu drei Loks zum Bremsen notwendig. Zwischen Innsbruck und Steinach verkehrten 2010 im Schnitt 242 Züge am Tag. Dadurch wird die Kapazitätsgrenze nahezu erreicht. Auf italienischer Seite fand in den letzten Jahren eine Optimierung der Bestandsstrecke statt, welche Ende 2008 abgeschlossen wurde und womit die Strecke theoretisch 240 Züge pro Tag aufnehmen kann. Die Steigungen wurden dadurch aber nicht wesentlich entschärft.

Auf der neuen Brennerbahn ist eine maximale Steigung von 12 Promille und im Basistunnel von 4–6 Promille geplant. Dadurch kann eine Lokomotive mehr als die doppelte Masse ziehen. Dank der Neubaustrecke (Basistunnel sowie neue Südzufahrt WaidbruckFranzensfeste) soll sich die Reisezeit von Innsbruck nach Bozen von heute gut zwei Stunden auf weniger als die Hälfte reduzieren.[2]

Finanzierung und TEN-Rahmenplan

Die Kosten werden von Österreich und Italien jeweils zur Hälfte getragen und von der EU bezuschusst.

Zu Beginn der konkreten Bauplanungen Mitte 2006 lagen die geschätzten Kosten zwischen 4,5 und 12 Milliarden Euro. Davon sollte die EU höchstens 900 Millionen Euro übernehmen.[3] Die prognostizierten Gesamtkosten zum 1. Januar 2010 betragen 8,062 Mrd. Euro. Darin sind neben den Baukosten, der Bahntechnik, Studien, Planungen und Projektmanagement auch über eine Milliarde Euro für Risiken berücksichtigt. Bis 2011 hat die EU 50 % der Planungskosten und der Baukosten des Erkundungsstollens übernommen. Auf Österreich und Italien fielen somit je 25 % der Ausgaben. Für die Hauptbaumaßnahmen (Phase III) wird ein EU-Beitrag in Höhe von 27 % erwartet.

Der Interministerielle Ausschuss für Wirtschaftsplanung (CIPE) koordiniert die Finanzierung:

  • Österreich hat im Rahmenplan Infrastruktur 2011 5,2 Mrd. Euro für das Projekt Brennerbasistunnel vorgesehen. Das Land Tirol leistet einen Kostenbeitrag in Höhe von 190 Millionen Euro.
  • Italien hat laut CIPE-Beschluss 2010 4,6 Mrd. Euro genehmigt. Seit 1997 spart die italienische Brennerautobahn AG einen Teil ihrer Mauteinnahmen für den Basistunnel auf. Bis Mitte 2013 kamen so 338 Millionen Euro zusammen. Der italienische Finanzierungsbeitrag für das zweite Baulos beträgt 638 Millionen Euro.[4]

Seitens der Regierungen in Wien und Rom ist damit die Finanzierung gesichert.

Eingebunden ist der Bau in den Plan Transeuropäische Netze der EU.

  • Nordzulauf: Während in Österreich die Inntalachse – auch als Teil der Ost–West-Achse Wien–Salzburg–Innsbruck und über den Arlberg weiter nach Vorarlberg von nationaler Bedeutung – sukzessive im allgemeinen Bahnausbau erfasst ist, ist die weitere Führung nach Rosenheim (Großes Deutsches Eck) durch die anhaltend schlechte Wirtschaftslage Deutschlands noch im Entwurfsstadium: Hier wurden für den Anschluss des 2016 öffnenden Gotthard-Basistunnels 5,7 Milliarden Euro veranschlagt, die voraussichtlich aber noch über viele Jahre nach Eröffnung verbaut werden sollen.[5] Für den Brennertunnel werden auf bayerischer Seite 2,6 Milliarden Euro vermutet, mit der Inbetriebnahme wird nicht vor 2032 gerechnet.[6] Einzig die Umfahrung München wurde im Zuge der S-Bahn-Entflechtung vierspurig erstellt.
  • Südzulauf: Die italienische Regierung veranschlagt für die gesamte Südstrecke ca. 6 Mrd. Euro an Baukosten. Kritiker halten diese Schätzung für allzu optimistisch und befürchten, dass die Pläne an den zu hohen Baukosten scheitern werden.

Chronologie und Baufortschritt

 
Erkundungstunnel bei Aicha
 
BBT-Erkundungsstollen in der Innsbrucker Sillschlucht am 18. April 2011, dem Tag des Beginns der Hauptbauphase III

Erste Machbarkeitsstudien gehen auf das Jahr 1989 zurück.[2]

Am 10. April 1994 nahm der EU-Rat von Essen den Ausbau der Brennerachse in die Liste der prioritären TEN-Projekte auf.

1999 gründeten die Verkehrsminister Österreichs und Italiens die Europäische Wirtschaftliche Interessensvereinigung (EWIV) zur Projektierung des Brennerbasistunnels, womit die Planungsphase begann.

Am 30. April 2004 unterzeichneten die Verkehrsminister Österreichs und Italiens, Hubert Gorbach und Pietro Lunardi, in Wien einen Vertrag zum Bau des Tunnels.[2]

Am 16. Dezember 2004 wurde die Errichtergesellschaft Galleria di Base del Brennero – Brenner Basistunnel BBT SE gegründet.

Am 12. Juli 2005 beschloss die österreichische Bundesregierung, 12,5 Prozent der geplanten Kosten für den Pilotstollen von 430 Millionen Euro zu übernehmen. Die Tiroler Landesregierung sagte zu, sich mit 54 Millionen Euro daran zu beteiligen. Die Schächte und Erkundungsstollen mit einer Gesamtlänge von 52 km sollten bis 2010 fertiggestellt werden. Die Inbetriebnahme des Fahrtunnels war zu diesem Zeitpunkt noch für 2015 geplant.[7] Ein 5,73 km langer Erkundungsstollen führt vom Nordportal bis in den Bereich der Überleitstelle Ahrental, ein 12,82 km langer Stollen vom Überholbahnhof Steinach bis auf Höhe von Gries am Brenner. In Italien führt ein 23,75 km langer Stollen von Brennerbad zunächst entlang der Tunnelachse (bis km 51,5) und von dort weiter bis Aicha im Eisacktal an der Pustertalbahn. Die Stollen weisen einen Ausbruchsquerschnitt von 25 m² auf.[3]

Am 30. Juni 2006 erfolgte der symbolische Spatenstich und am 3. Dezember 2007 die erste Sprengung für einen Erkundungsstollen in Aicha in Südtirol.

Die Absicht zum Bau des Tunnels wurde mehrfach in zwischenstaatlichen Vereinbarungen zwischen Österreich und Italien bekräftigt, so am 15. Juli 2007 mit einem von den Infrastrukturministern Werner Faymann und Antonio Di Pietro in Wien unterzeichneten Memorandum.[8] Die schwierige Frage der Finanzierung blieb dabei noch offen. Parallel beteiligte sich Deutschland, das bisher außer „Ankündigungen der jeweiligen Wirtschafts- und Verkehrsminister, den Gleisausbau Richtung Brenner zügig voranzutreiben“, keinerlei Schritte zum Zulauf unternommen hatte, am Memorandum of Understanding.[5]

Am 18. Mai 2009 unterzeichneten die Verkehrsminister von Österreich, Italien und Deutschland schließlich in Rom eine Grundsatzvereinbarung zum Bau des Brennerbasistunnels.[8][5]

Der Interministerielle Ausschuss für Wirtschaftsplanung (CIPE) genehmigte die Finanzierung des BBT in Italien am 18. November 2010. Italien hat laut CIPE-Beschluss 4,6 Mrd. Euro genehmigt.

Österreich hat am 1  Februar 2011 den Rahmenplan Infrastruktur verabschiedet und dort 5,2 Mrd. Euro für das Projekt Brennerbasistunnel vorgesehen, davon rund 1,3 Milliarden Euro bis 2016. Während dieser Zeit sollen die ersten Kilometer des Tunnels gebohrt und parallel dazu Erkundungsstollen für den Haupttunnel in den Berg getrieben werden. Ab 2016 soll dann mit Tunnelbohrmaschinen am Hauptteil (AhrentalTrens) begonnen werden.[9]

Am 18. April 2011 fand in Innsbruck ein feierlicher Festakt zum Beginn der Hauptbauphase statt. Die Aktionäre der BBT SE erteilten an diesem Tag den Auftrag zum Beginn der Phase III.

Stand Mai 2014 sind die Zufahrtstunnel Ampass, Ahrental und Mauls ausgebrochen, während Wolf sich in Erstellung befindet. Mit dem Bau der Hauptröhren wurde von Mauls aus begonnen.[10]

August 2014 nahm die italienische Regierung den BBT aus der verkehrsplanerischen Prioritätenliste Sblocca Italia aus. BBT-Vorstand Martin Ausserdorfer erklärte, die schon fixierte Finanzierung ist außerhalb dieser Liste gesichert.[11]

Auf österreichischer Seite fand der offizielle Baubeginn der Hauptröhre am 19. März 2015 statt.[12]

Projekt

Haupttunnel

Der etwa 55 km lange, zweiröhrige Haupttunnel soll in Innsbruck-Wilten in einer Höhe von 606 m ü. A. in den Berg eindringen und bei einer Gebirgsüberlagerung von bis zu 1800 m die Alpen unterqueren, bis die Strecke bei Franzensfeste in Südtirol in 747 m ü. A. wieder ans Tageslicht tritt. Da die neue Planung von einem zweiröhrigen Basistunnel ausgeht, kann die beim Bau des Inntaltunnels bereits vorbereitete Abzweigung nicht verwendet werden; stattdessen wird eine aufwändige Abzweigung mit mehreren Ästen geplant. Die Ausbruchsmenge an Gestein beim Bau des Tunnels wird auf 11,1 Mio. m³ geschätzt, wovon etwa 6,8 Mio. m³ in Österreich anfallen werden, da rund 60 % des Tunnels in Österreich liegen. Von der gesamten Ausbruchsmenge sollen 6 Mio. m³ als Schüttmaterial verwendet werden, 2,35 Mio. m³ sollen als Betonzuschlagstoff dienen und 2,75 Mio. m³ werden für Aufschüttungen und Rekultivierungen gebraucht. Die Haupttunnelröhren weisen einen kreisrunden Querschnitt mit einem Durchmesser von 9,6 m auf.

Auf der gesamten Tunnellänge wird zur Erkundung der Geologie parallel zu den Hauptröhren ein Erkundungsstollen gebaut. Zur Verkürzung der Bauzeit werden die drei Zufahrtstunnel Ahrental, Wolf und Mauls errichtet. Zum Inntaltunnel wird der Zufahrtstunnel Ampass erbaut.

Nach derzeitiger Planung soll sich der Scheitelpunkt des Tunnels bei der Staatsgrenze auf einer Höhe von 794 m ü. M. befinden. Ein Scheitelpunkt weiter im Süden hätte tiefer gelegt werden können. Der Staatsvertrag zwischen Österreich und Italien verlangt den Scheitelpunkt aber an der Stelle der Staatsgrenze. Als Begründung für diese Wahl des Scheitelpunkts wird angeführt, dass österreichisches Wasser im Tunnel nach Österreich und italienisches Wasser nach Italien laufen müsse. Auf österreichischer Seite erhält der Tunnel damit 6,7 Promille, auf italienischer Seite 4,0 Promille Steigung. Es sollen drei Nothaltestellen mit Evakuierungsmöglichkeiten über die anschließenden Zugangsstollen gebaut werden.

Geologie

Seit dem Jahr 2000 werden vertiefte geologische und hydrogeologische Untersuchungen zur Erkundung des BBT durchgeführt. Das Projektgebiet wurde von den Universitäten Padua und Innsbruck gemeinsam mit der Geologischen Bundesanstalt geologisch und hydrogeologisch kartiert. Insgesamt wurden rund 150 geologische Erkundungsbohrungen durchgeführt; 25 Bohrungen mit mehr als 1.350 m Tiefe. Bisher wurden um die 30.000 lfm Gestein aus den Bohrungen gewonnen, viele Bohrkerne wurden im Versuchslabor untersucht. Zusätzliche Erkenntnisse zur Geologie und Hydrogeologie wird der Erkundungsstollen liefern, der seit Anfang 2008 vorgetrieben wird. Der parallele Verlauf zu den beiden Hauptröhren ermöglicht eine genaue Prognose für diese, vorhandene Unsicherheiten können so bereits vorab festgestellt und analysiert werden.

Hydrologie

Die Hydrogeologie stellt einen besonderen Schwerpunkt in der Planung und im Bau des Brennerbasistunnels dar. Die geplante Trasse des Tunnels durchquert die Einzugsgebiete zahlreicher Wasserquellen. Aufgrund des Vorprojekts von 2002 wurde befürchtet, dass durch die Bohrungen mehrere Quellen versiegen oder vermindert Wasser liefern könnten. In Österreich gehört zu den möglicherweise gefährdeten Quellen jene von Vals, welche rund 60 % der ansässigen Bevölkerung versorgt.

Um den Wasserhaushalt zu untersuchen, werden seit über sechs Jahren Quellen, Brunnen und Gewässer im gesamten Projektgebiet periodisch gemessen; derzeit sind 1350 Messorte vorhanden. Alle vier Wochen wird im Zuge der wasserwirtschaftlichen Beweissicherung die Wassermenge, die Wassertemperatur und die Leitfähigkeit des Wassers untersucht. Mit Hilfe der Bohrlöcher konnte die Wasserdurchlässigkeit der Gesteine auch auf Tunnelniveau ermittelt werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden als Hinweis gewertet, dass die geologischen Verhältnisse speziell in den schwierigen Zonen günstiger seien als im Vorprojekt angenommen. Das gesamte Monitoring Programm über den Wasserhaushalt soll über die gesamte Bauzeit weiter fortgeführt werden.

Zulaufstrecken

Brenner Corridor Platform

Im Rahmen der Brenner Corridor Platform (BCP) werden zwischen den Ländern Bayern, Tirol, Südtirol, Trentino und Verona, den drei Infrastrukturministerien in Berlin, Wien und Rom, den drei Betreibergesellschaften DB, ÖBB und RFI gemeinsam mit der BBT SE unter dem Vorsitz der Europäischen Union in neun Arbeitsgruppen Vorschläge zur Verbesserung der Verkehrssituation im Raum München–Verona erarbeitet. Im Juli 2008 wird in Brüssel vom ehemaligen TEN-Koordinator Karel van Miert ein entsprechender Aktionsplan vorgestellt. Berücksichtigt werden in den Arbeitsgruppen unter anderem die Optimierung der Bestandsstrecke, die Querfinanzierung Straße–Schiene, die Untersuchung des Verkehrsraumes, die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und die entsprechende Organisation von Verladeterminals.

Nördliche Zulaufstrecke

 
Bahnanlagen im Raum Innsbruck
 
Fertiger Rohbau einer Galerie der neuen Unterinntalbahn

Der BBT weist im Norden zwei Zulaufstrecken auf, die einige Kilometer vor dem Einmünden in den Haupttunnel bereits unterirdisch verlaufen und ebenfalls im Zuge des Brennerbasistunnelbaus errichtet werden müssen. Die eine Strecke führt ab dem Hauptbahnhof Innsbruck am Bergisel unterirdisch zum BBT, und die andere ist eine Umgehungsstrecke von Innsbruck. Diese ist mit acht Tunnelkilometern etwas länger als die Verbindungsstrecke vom Hauptbahnhof. Mit dieser eingerechnet wird der BBT mit 62,7 km der längste durchgehende Eisenbahntunnel der Welt sein. Werden jedoch auch beim Gotthard-Basistunnel die Zugangsstrecken in der Variante Berg lang und dem Axentunnel hinzugerechnet, wäre dieser mit insgesamt 75 km Länge wiederum der längste Tunnel der Welt – diese beiden Projekte sind derzeit allerdings sistiert und die Realisierung nicht gesichert.

Die Strecke im Inntal von Baumkirchen bis Radfeld (Verknüpfungsstelle Wörgl Radfeld) ist nunmehr viergleisig, der Abschnitt Wörgl Radfeld über Wörgl Kundl bis Wörgl Terminal Süd (vorerst) dreigleisig und der Abschnitt Wörgl Terminal Süd bis Wörgl Hauptbahnhof viergleisig ausgebaut. Auch zwischen Wörgl Kundl und Wörgl Hbf ist die Strecke bereits drei- bzw. viergleisig. In Wörgl Hbf zweigt die Strecke nach Salzburg bzw. Graz und Klagenfurt (Giselabahn als Teil der Österreichischen Westbahn) ab, weswegen die Strecke von Wörgl über Kufstein und Rosenheim nach München deutlich entlastet ist. Mit Inbetriebnahme des zweigleisigen Neubauabschnittes Radfeld–Verknüpfungsstelle Wörgl Schaftenau–Brannenburg (ca. 2016) bestehen im Raum Wörgl dann bis zu sechs parallele Gleise; Wörgl wird als größter Eisenbahnknotenpunkt mit Traktionsstandort und Werkstätten an der Neubaustrecke auf beiden Seiten angebunden.

Der Nordzulauf von München bis Innsbruck beträgt über die Route GrafingRosenheim–Kufstein 165 km. Ideen, den Fernverkehr zwischen München und Innsbruck auf eine direktere Route zu verlegen und beispielsweise über Garmisch-Partenkirchen, Mittenwald und Seefeld zu führen, wurden nicht weiterverfolgt, obwohl die Strecke München–Innsbruck dadurch auf 129 km verkürzt werden könnte.

Ebenfalls viergleisig ausgebaut wurde auf deutscher Seite der Abschnitt zwischen München und Grafing, wodurch die Züge der Münchener S-Bahn vom Fernverkehr getrennt werden konnten. Letzterer verfügt damit über eine Kapazität von 275 Zügen pro Tag. Für den bayerischen Teil der Inntaltrasse gibt es noch keine Ausbauplanungen.

Südliche Zulaufstrecke

Südzulauf
von Innsbruck Hbf
Brennerbahn von Brenner/Brennero
Brennerbasistunnel Südportal
Franzensfeste/Fortezza
Brennerbahn nach Brixen
Eisackbrücke
Brennerbahn
Ausfahrt nach Waidbruck/Ponte Gardena
Verbindung zum Kardauntunnel
Brennerbahn von Bozen/Bolzano
Brennerbahn nach Verona PN

Die südliche Zulaufstrecke des BBT soll 189 km lang werden und vom Südportal des Tunnels in Franzensfeste bis Verona reichen. Für einzelne Streckenabschnitte liegen erste Planungsunterlagen vor, so etwa für die Teilstrecke Franzensfeste–Waidbruck oder die Umfahrung Bozen.

Chronologie zu den Zulaufstrecken

Als TEN-Projekt ist der Ausbau der Zuläufe 10. April 1994 beschlossen. Damit wurde auch eine Grundsatzerklärung von Deutschland, Österreich und Italien unterzeichnet, für Zulaufstrecken zu sorgen.[5]

In Österreich wurde zur Errichtung der notwendigen Infrastruktur bereits 1996 die Brenner Eisenbahn GmbH (BEG) gegründet, die die Bautätigkeiten im Raum Kundl durchgeführt hat.

Der seinerzeitige deutsche Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee sagte bei der Unterzeichnung der Grundsatzvereinbarung am 18. Mai 2009 lediglich vage zu, „gegebenenfalls“ für einen Ausbau der Inntalstrecke zu sorgen. Dieser würde davon abhängig gemacht, ob nach der Realisierung des BBT das Verkehrsaufkommen tatsächlich deutlich steige.[8]

Im Juni 2012 sagte der deutsche Verkehrsminister zu, die Strecke zwischen Grafing und Kiefersfelden viergleisig auszubauen. Die Kosten der Strecke werden auf über 2,6 Milliarden Euro geschätzt, die baldige Realisierung ist fraglich.[5]

In Österreich wurde am 26. November 2012 eine zweite Doppelspur der Unterinntalbahn zur Entlastung des Abschnittes KundlBaumkirchen eröffnet. Diese Neue Unterinntalbahn verläuft auf etwa 34 km unterirdisch.[13] Der 2. Abschnitt Brannenburg–Kundl ist in Planung. Insgesamt kostet dieses Projekt 2,4 Milliarden Euro.[14] Ob dieser Ausbau nur zusammen mit dem BBT seinen vollen Nutzen entfalten kann, oder ob er bereits durch die Überlagerung der bestehenden Brennerachse mit dem innerösterreichischen Ost-West-Schienenverkehr gerechtfertigt ist, bleibt umstritten.

2013 begannen im Raum Rosenheim die Bürgerbeteiligungen für den deutschen Zulauf, massive Widerstände gibt es insbesondere im Raum Kiefersfelden.[6]

Meinungen

Kritische Stimmen

Einige Bürgerinitiativen in Nord- und Südtirol sind gegenüber dem BBT kritisch eingestellt. Sie argumentieren, dass es keinerlei Garantien gäbe, dass der Schwerverkehr auch tatsächlich von der Straße auf die Schiene verlagert werde und der Tunnel nicht zur Geld verbrennenden Bauruine werde, und fordern als ersten und wichtigsten Schritt die Einführung von Beschränkungen für den Straßentransit, etwa im Rahmen einer Alpentransitbörse.

Das Institut für Transportwirtschaft und Logistik der Wirtschaftsuniversität Wien kommt in einer im Mai 2006 veröffentlichten Studie zum Schluss, dass das Projekt des Brennerbasistunnels auf falschen Verkehrsannahmen und Kostenschätzungen basiere und der Bau keinerlei Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene zur Folge habe.[15][16] Die zweifelhafte Wirtschaftlichkeit der Projekts schwäche die Position der Bahn gegenüber der Straße und entziehe nur sinnvolleren Infrastrukturprojekten Geld, so die von Prof. Sebastian Kummer, Philipp Nagl und Jan-Philipp Schlaak erstellte Studie.[15] Ähnliche Bedenken zur Wirtschaftlichkeit des Brennerbasistunnels äußerten Prof. Hermann Knoflacher von der Technischen Universität Wien[17] sowie – in einer Studie vom Juni 2006 – die Münchener Verkehrsberater Vieregg und Rössler. In einer Erklärung zu dieser Studie schloss sich die Deutsche Bahn den Kritikern des Vorhabens an.

Allerdings stößt die Leistungsfähigkeit der Strecke durch den geplanten Mischbetrieb von Personen- und Güterzügen an eine prinzipielle Grenze. Je größer der Geschwindigkeitsunterschied zwischen dem schnellsten und langsamsten Zug ist, umso weniger Züge können die Strecke je Stunde befahren. Ein wesentlicher Teil der Streckenkapazität geht somit von vornherein verloren. Neuere Analysen kommen zum Schluss, dass ein Wiederaufschwung des Schienengüterverkehrs (neben organisatorischen Maßnahmen) auch getrennte Infrastrukturen für Güter- und Personenverkehr entlang der wichtigsten Hauptachsen voraussetzen würde.[18]

Siehe auch

Literatur

  • Jutta Kußtatscher (Hrsg.): Tunnelblick. Der Brennerbasistunnel. Fakten – Argumente – Meinungen. Studien Verlag, Innsbruck 2007, ISBN 978-3-7065-4499-3.
  • Gerd Millmann: Das Milliardengrab am Brenner. In: Die Zeit Nr. 15 vom 3. Apr. 2008, S. 13
  • Konrad Bergmeister: Brenner Basistunnel – Lebensräume und Verkehrswege. Tappeiner, Innsbruck 2008, ISBN 978-88-7073-456-0.
  • Helmut Petrowitsch: Das Großprojekt Brenner-Basistunnel. Tunnel auf der Kippe. In: eisenbahn magazin. Nr. 10/2010. Alba Publikation, Oktober 2010, ISSN 0342-1902, S. 24–27.
  • Konrad Bergmeister: Brenner Basistunnel – Brenner Base Tunnel – Galleria di Base del Brennero. Tappeiner, Bozen / Innsbruck 2011, ISBN 978-88-7073-587-1.
Commons: Brenner Basistunnel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Brennerbasistunnel Eckdaten - BBT-SE. BBT-SE, abgerufen am 28. Mai 2014.
  2. a b c Meldung Brenner-Basistunnel. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 6/2004, ISSN 1421-2811, S. 270.
  3. a b Helmut Petrovitsch: Erkundungsstollen für den Brenner-Basistunnel. In: Eisenbahn-Revue International. Heft 8–9/2006, ISSN 1421-2811, S. 396.
  4. Finanzierung des Brenner-Basistunnels wackelt. In: Eisenbahn-Revue International. Nr. 7, Juli 2013, ISSN 1421-2811, S. 354.
  5. a b c d e Anschluss verpasst. Verkehrsminister Ramsauer verspricht einen Ausbau der Bahnstrecke zum Brenner-Tunnel. Conny Neumann in: Der Spiegel 29/2012, 16. April 2012.
  6. a b Rosenheim Bürgerbeteiligung für Anschluss an Brennerbasistunnel beginnt. dpa, 23. Januar 2013, in Abendzeitung München online, Freitag, 29. August 2014.
  7. Meldung Pilotstollen für Brenner-Basistunnel. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2005, S. 483.
  8. a b c Stefan Menzel, Peter Thelen; weitere Quellenangaben unbekannt.
  9. BBT wird Realität – Ministerrat gibt grünes Licht, tirol.orf.at, 11. April 2012.
  10. Tunnelsystem des Brenner Basistunnels, Infografik Baufortschritt, 04/2014, auf bbt-se.com, abgerufen Mai 2010.
  11. Rom erlässt Finanzsperre für Brennerbasistunnel (Kein Geld für-Bau des Brennerbasistunnels): Die Regierung in Rom fixiert eine Prioritätenliste für 14 Bahn- und Autobahnprojekte. Der Brennertunnel kommt nicht vor., Thesy Kness-Bastaroli, Luise Ungerboeck in der Standard, 6. August 2014.
    Kein Durchstich? Der Brennerbasistunnel steht nicht auf der Prioritätenliste der Infrastrukturprojekte der italienischen Regierung. Lässt Matteo Renzi das Projekt nun fallen? In: Neue Südtiroler Tageszeitung online, News, Südtirol, 6. August 2014.
    Diskussion der beiden Artikel nach (Der Standard) Italien streicht Brenner-Basistunnel von der Finanzierungs-Prioritätenliste, Thread in schienenweg.at, 6. August 2014.
  12. Kurier: Brennerbasistunnel: Baubeginn für Haupttunnel. Artikel vom 19. März 2015, abgerufen am 21. März 2015.
  13. Neue Unterinntalbahn: Highspeed und höchste Sicherheit. (PDF; 166 kB) ÖBB-Holding AG, 26. November 2012, abgerufen am 27. November 2012.
  14. Die letzte Schiene ist verlegt. Tiroler Tageszeitung, 16. Dezember 2011, abgerufen am 27. November 2012.
  15. a b Sebastian Kummer, Philipp Nagl, Jan-Philipp Schlaak: Die Effizienz von Schieneninfrastrukturbauvorhaben am Beispiel des Brennerbasistunnels. In: Zeitschrift für Verkehrswissenschaft 77/2 (2006).
  16. Sebastian Kummer, Philipp Nagl, Jan-Philipp Schlaak: Überlegungen zur Effizienz des Brennerbasistunnels. In: Zeitschrift für Verkehrswissenschaft 53/2 (2006), S. 6–21.
  17. Vortrag von Prof. Knoflacher zum Thema Brennerbasistunnel, Sterzing, 17. April 2007 (online auf ivv.tuwien.ac.at)
  18. vgl. Eufranet, NewOpera: TRKC, Website, Präsentation Castagnetti (2,5 MB)