Das alternative Splicing (Spleißen) stellt einen besonderen Vorgang im Rahmen der Transkription der Eiweißsynthese bei Eukaryonten dar. Auch Viren, die Eukaryonten befallen, nutzen diesen Mechanismus. Aus ein und derselben DNA-Sequenz und dementsprechend ein und derselben prä-mRNA können mehrere verschiedene reife mRNA-Moleküle und durch deren Translation auch mehrere unterscheidliche Polypeptide gebildet werden.
Beim alternativen Splicing entscheidet sich erst während des Spleißvorganges, welche DNA-Sequenzen Introns und welche Exons sind. Die Regulation erfolgt vermutlich über Pseudogene.
Das alternative Splicing stellt eine evolutiv besonders bedeutende Entwicklung bei den Eukaryonten dar:
- Die Informationsdichte der DNA wird durch Superposition erheblich erhöht.
- Die Entstehung neuer Proteine kann erheblich leichter erfolgen als bei Prokaryonten, nämlich durch eine veränderte Regulation des Splicings.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass ein durch alternatives Splicing neu entstandenes Protein funktionsfähig ist, ist höher als bei einem durch Mutation der codierenden DNA-Sequenz entstandenen neuen Protein. Jedes auf diese Weise im Rahmen der Evolution entstehende Protein enthält zumindest mehrere bereits in anderen Proteinen funktionierende Aminosäure-Sequenzen.
- Dadurch wird die Anpassung von Eukaryonten an veränderte Lebensbedingungen erleichtert und beschleunigt. Dies könnte ein entscheidender Schritt für die Evolution von mehrzelligen Lebewesen mit längerer Generationsdauer gewesen sein. Während bei Bakterien zwischen zwei Generationen oft weniger als eine Stunde vergeht, kann diese Zeit bei Eukaryonten (Beispiel Mensch) auf mehrere Jahrzehnte anwachsen. Ohne einen entsprechenden Mechanismus für effizientere Mutationen wären Eukaryonten kaum fähig gewesen, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen.
Auch für das Verständnis der Molekulargenetik insgesamt ist das alternative Splicing bedeutsam:
- Die Entdeckung des alternativen Splicings bedeutet, dass die ein-Gen-ein-Enzym-Hypothese für Eukaryonten nicht streng gilt. Eine DNA-Sequenz, also ein Gen, kann für mehrere unterschiedliche Proteine codieren.
- Vererbbare Veränderungen des Phänotyps müssen nicht auf einer Mutation des codierenden DNA-Strangs beruhen. Sie können auch durch veränderte Regulation des Splicings hervorgerufen werden.