Pappochelys

fossile Schildkrötengattung
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Pappochelys ist ein ursprünglicher Verwandter der Schildkröten. Diese Gattung stammt aus dem Unteren Keuper von Vellberg (Baden-Württemberg) und hat ein geologisches Alter von ungefähr 240 Mio. Jahren (Ladinium, Mitteltrias). Pappochelys wurde 2015 von Rainer Schoch und Hans-Dieter Sues beschrieben [1]. Kennzeichnend sind der diapside Schädel (zwei Schläfenfenster) und der in Entstehung begriffene Bauchpanzer (verschmolzene Gastralia). Der Rückenpanzer ist wie bei der nächst jüngeren Stamm-Schildkröte Odontochelys [2]. noch unfertig und besteht lediglich aus verbreiterten Rippen. Die Schultergürtelknochen waren noch nicht mit dem Bauchpanzer verbunden, während das schlanke Schulterblatt bereits sehr an Schildkröten erinnert. Pappochelys war viel kleiner als die meisten mesozoischen Schildkrötenverwandten; erwachsene Tiere erreichten nur 20–30 cm Länge.

Pappochelys
Zeitliches Auftreten
Ladinium (Mitteltrias)
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Fundorte
  • Baden-Württemberg (Vellberg, Kupferzell)
Systematik
Landwirbeltiere (Tetrapoda)
Sauropsida
Diapsida
Pan-Testudines
Pappochelys
Wissenschaftlicher Name
Pappochelys
Schoch & Sues, 2015
Arten
  • Pappochelys rosinae

Namensgebung

Der Gattungsname Pappochelys kombiniert die beiden altgriechischen Wörter pappos (Großvater) und chelys (Schildkröte). Der Artname rosinae würdigt Isabell Rosin, Präparatorin am Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart, die zahlreiche Funde präparierte und die dafür notwendigen Verfahren entwickelte.

Bedeutung

Neben ihrem hohen geologischen Alter ist Pappochelys auch von allgemeiner Bedeutung für die Herkunft der Schildkröten und die Systematik aller Reptilien. So zeigt sie einen vollkommen diapsiden Schädelbau (oberes und unteres Schläfenfenster, unterteilt durch spangenartige Postorbitale und Squamosum). Bis zur Entdeckung von Pappochelys war die Frage, ob Schildkröten ursprünglich einen geschlossenen (anapsiden) oder durchbrochenen (diapsiden) Schädel hatten, offen. Weiterhin belegt Pappochelys, dass der Schildkrötenpanzer weitgehend aus bereits vorher existierenden Skelettelementen entstanden ist: Der Rückenpanzer aus verbreiterten Rippen, der Bauchpanzer aus verschmolzenen Gastralia („Bauchrippen“).

Die Anatomie von Pappochelys erinnert an frühe diapside Reptilien des Perm, die einen kleinen Kopf, einen verbreiterten Rumpf und einen langen Ruderschwanz hatten. Zugleich besitzt Pappochelys zahlreiche diagnostische Merkmale der Schildkröten und ist in fast allen Merkmalen ursprünglicher als Odontochelys: Der Schädel ist noch graziler und diapsid, die Vorderbeine sind kürzer als die Hinterbeine, der Schwanz ist viel länger, es fehlten die Neuralplatten auf den Wirbeln, und die Gastralia waren noch nicht flächig verwachsen.

Lebensweise

Pappochelys findet sich in tonigen Ablagerungen kleinerer Süßwasserseen (Vellberg, Kupferzell). Die meisten Skelette wurden als Speiballen abgelagert. Bei Vellberg fanden sich Skelettreste verschiedener Größe, die darauf hindeuten, dass sowohl Jungtiere als auch Ausgewachsene Tiere im See oder an dessen Ufer lebten. Die verdickten Gastralia und verbreiterten Rippen könnten die Urschildkröte schwerer gemacht haben (knöcherner Ballast), was eine Anpassung an das Tauchen gedeutet werden könnte.

Pappochelys und die Herkunft der Schildkröten

Der diapside Schädel von Pappochelys hat gezeigt, dass eine Herleitung der Schildkröten von den Parareptilien (Procolophonier, Pareisaurier) oder anderen frühen Reptilien (Captorhinomorphen) nicht mehr wahrscheinlich ist. Schildkröten haben einen diapsiden Ursprung. Indessen bleibt die genaue Verwandtschaft der Schildkröten innerhalb der Diapsiden zunächst ungeklärt. Pappochelys hat zwar Gemeinsamkeiten mit Brückenechsen und basalen Lepidosauriern (Schläfenregion), doch diese könnten ursprüngliche Merkmale aller Diapsiden sein. Andere Merkmale (Becken, Hinterextremität) erinnern an Archosauromorphe, was mit den molekularen Untersuchungen besser vereinbar wäre. Denkbar ist auch, dass Schildkröten noch vor der Trennung von Lepidosauriern und Archosauriern abgezweigt sind.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Schoch, R.R. & Sues, H.D. 2015. A Middle Triassic stem-turtle and the evolution of the turtle body plan. Nature. doi:10.1038/nature14472
  2. Li, C.,Wu, X.-C.,Rieppel, O.,Wang,L.-T.& Zhao,L.-J. 2008. An ancestral turtle from the LateTriassic of southwestern China. Nature 456, 497–501