König Ubu (frz. Titel: Ubu Roi) ist ein Theaterstück des französischen Schriftstellers Alfred Jarry (1873-1907). Die Figur des König Ubu erfand Jarry im Alter von 15 Jahren am Gymnasium von Rennes nach einem von Schülern verfassten Theaterstück, in dem der Physiklehrer Hébert parodiert wurde.

Das 1896 uraufgeführte Drama Ubu Roi wurde von Surrealisten und Dadaisten gefeiert und in zahlreiche Sprachen übersetzt. Später identifizierte sich Jarry immer mehr mit seiner Figur; gegen Ende seines kurzen Lebens signierte er sogar mit "Ubu".
Die US-amerikanische New Wave-Band Pere Ubu benannte sich nach der Hauptfigur des Stücks.
Das Theaterstück
Die Hauptfigur François Ubu (auch Père Ubu, später Ubu Roi) ist Offizier des Königs Venceslas, dekoriert mit dem Orden des Roten Drachens von Polen, ehemals König von Aragon, Graf von Sandomir; später König von Polen, Doktor der Pataphysik.
Der launische, primitive, fluchende und machtbesessene Ubu wird von seiner Frau, Mère Ubu, angestiftet, durch einen Königsmord den polnischen Thron zu usurpieren. Der tödliche Staatsstreich gegen König Venceslas gelingt und Ubu wird ein populärer Herrscher, bis er beginnt, aus Habgier sämtliche Adeligen und Staatsbeamten hinrichten (d.h. "enthirnen") zu lassen und die Bevölkerung zu terrorisieren. Bordure, ein abtrünniger Untergebener Ubus, animiert den russischen Zaren, gegen den entfesselt mordenden König Ubu zu intervenieren. Während Ubu gegen das russische Heer zu Felde zieht, wird Mère Ubu von dem rechtmäßigen Thronerben Bougrelas gestürzt. Ubu wird von Russland vernichtend geschlagen, kann sich jedoch durch Feigheit und Tücke mit seiner Frau nach Frankreich flüchten, wo er sich zum "maître des phynances" ausrufen lassen will.
Das Stück zieht die Machtgier und Tyrannei seiner Figuren ins Lächerliche und Groteske. Sie können auch als Travestien von Shakespeare-Figuren gesehen werden: Ubu als Parodie des König Lear, Mutter Ubu als Lady Macbeth. Die vulgäre und groteske Sprache des Stücks hat ihr Vorbild in den Romanen von Rabelais. Eine zentrale Stellung im Stück nehmen die Begriffe "Schoiße" (bzw. Schreiße), "Physik" und "Phynanz" ein. Sie sind die Repräsentanten der hervorstechendsten Charaktereigenschaften bzw. Fähigkeiten Ubus. So steht die "Schoiße" für die entfesselte und enthemmte Leiblichkeite Ubus, die stark primitive und vulgäre Züge trägt. Seine z.T. vollkommen verquere Weltsicht spiegelt sich in der "Physik" wieder. Dass es sich hierbei nicht um die klassische oder "reale" Physik handelt, zeigt sich in den abstrusen Vorhaben Ubus (z.B. der Konstruktion eines überdimensionalen Windwagens). Vielmehr sind dies Hinweise auf die Pataphysik, die in späteren Werken Jarrys noch weiter thematisiert wird. Unter dem Begriff "Phynanz" vereinigt Ubu sämmtliche Schritte und Aktivitäten die dazu dienen, seine Untertanen auszubeuten mit dem ultimativen Ziel, sich selbst möglichst rasch und intensiv zu bereichern. Die Perversion, die sich in diesen drei Repräsentationen des Charakters Ubus wiederspiegelt, wird durch die vokabulare Verfälschung der Worte (Schoiße statt Scheiße, Phynanzen statt Finazen) noch unterstrichen.
Premiere hatte das Stück am 10. Dezember 1896 im Theatre de L'uvre, Paris, mit dem Erfolg, einen Skandal entfacht zu haben. Nach Ubus initialem Ausruf "Merdre!" (in der deutschen Übersetzung "Schoiße!" oder "Schreiße!")musste die Vorführung aufgrund von Tumulten für mehrere Minuten unterbrochen werden. Ubus Kraftausdrücke und alberne Eskapaden sorgten für Aufruhr, aber auch Begeisterung unter den Zuschauern.
Ein zweites Mal wurde das Stück am Theatre de Pantins aufgeführt, diesmal aber mit Marionetten. In der Zeit vollendete Jarry den zweiten Teil seiner Ubu-Trilogie, Ubu sur la butte. Nach der ersten Aufführung hatte Jarry wegen der negativen Rezeption keinen Verleger gefunden. Ubu enchaîné wurde 1899 fertiggestellt. Die Inszenierung der beiden Fortsetzungen von König Ubu erlebte der Autor jedoch nicht mehr.
König Ubu in Werken von Alfred Jarry
- Ubu Roi, deutsch: König Ubu, übers. v. M. und P. Pörtner, Zürich 1959
- Ubu Cocu
- Ubu Enchaîné
- Ubu sur la Butte
- Les Almanachs du Père Ubu
- Ubu Intime
König Ubu in Werken anderer Autoren
- Ambroise Vollard: La politique coloniale du Père Ubu : Croquis par Georges Rouault. Paris : Crès 1919.
- Ambroise Vollard: Le Père Ubu à la guerre. Paris : Vollard 1923
- Robert Florkin: Ubu pape : pièce en cinq actes. D'après une idée d'Alfred Jarry. Verviers : Éd. Temps Meles 1989
- Patrick Rambaud: Ubu président : ou L'imposteur; farce justicière..Paris: Bourin 1990
Weitere Künstler, die König Ubu in ihrem Werk darstellten
Literatur
- Cooper, Judith: Ubu roi: An analytical study. New Orleans 1974
- Krumm, Elke: Die Gestalt des Ubu im Werk Alfred Jarrys. Köln 1976
Weblinks
- Wikisource: fr:Ubu Roi – Quellen und Volltexte
- http://www.biblioweb.org/Ubu-Roi.html (französisch)
Siehe auch: Collège de 'Pataphysique