Pančevo

Stadt in der Vojvodina, Serbien
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Pančevo (serbisch-kyrillisch Панчево, Aussprache: [ˈpâːntʃɛvɔ]; deutsch Pantschowa, ungarisch Pancsova) ist eine Stadt mit 90.776 Einwohnern in der Vojvodina, Serbien. Sie liegt an der Mündung der Temesch in die Donau und ist 14 km nordwestlich von Belgrad (Pančevo-Brücke) entfernt. Pančevo ist die Hauptstadt vom Okrug Južni Banat und von der Opština Pančevo.

Панчево
Pančevo
Pancsova
Panciova
Панчево
Панчево
Wappen von Pančevo
Pančevo (Serbien)
Pančevo (Serbien)
Basisdaten
Staat: Serbien Serbien
Provinz: Vojvodina
Okrug: Južni Banat
Koordinaten: 44° 52′ N, 20° 39′ OKoordinaten: 44° 52′ 26″ N, 20° 39′ 7″ O
Höhe: 77 m. i. J.
Fläche: 148,8 km²
Einwohner: 90.776 (2011)
Bevölkerungsdichte: 610 Einwohner je km²
Telefonvorwahl: (+381) 013
Postleitzahl: 26101
Kfz-Kennzeichen: PA
Struktur und Verwaltung (Stand: 2012)
Bürgermeister: Svetozar Gavrilović (SPS)
Webpräsenz:


Römisch-katholische Kirche St. Karl Borromäus

Geschichte

Es gibt in und um die Stadt Pančevo zahlreiche archäologische Ausgrabungsstätten, die darauf hinweisen, dass die Gegend bereits seit prähistorischen Zeiten durchgehend besiedelt war.

Der älteste bekannte Name der Stadt lautet Panuka und geht auf das 9. Jahrhundert zurück. Im Jahre 1153 wurde Pančevo von dem arabischen Geografen Abu Abdullah Muhammad al-Idrisi unter dem Namen Bansif als bedeutende Handelsmetropole erwähnt. Von 1522 bis 1716 war Pančevo als gleichnamiger Sandschak Teil des Eyalet von Temeschwar des Osmanischen Reiches. Nach Eroberung durch österreichische Truppen im Rahmen des Venezianisch-Österreichischen Türkenkriegs im Jahre 1716 kam Pančevo unter die Herrschaft der Habsburger. Mit dem Jahre 1918 wurde die Stadt ein Teil des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen.

Pančevo (1941–1945)

Am 6. April 1941 begann der Angriff auf Jugoslawien. Am 11. April 1941 marschierten Einheiten der Wehrmacht in Pančevo ein. Am 22. April 1941 wurden, nachdem 9 volksdeutsche Mitglieder der paramilitärischen Volksgruppenformation Deutsche Mannschaft und ein Mitglied der SS-Divison „Reich“ von Unbekannten ermordet worden waren, insgesamt 32 willkürlich verhaftete Menschen unschuldig ermordet. Im römisch-katholischen Friedhof der Stadt wurden 18 gehängt und 14 an der äußeren Friedhofsmauer von einem Sonderkommando der Division Großdeutschland erschossen.[1]Im Herbst 1941 wurde in der Seidenfabrik Svilara ein nationalsozialistisches Konzentrationslager mit donauschwäbischer Wachmannschaft eingerichtet.[2]

Folgen der NATO-Angriffe 1999

Im Kosovokrieg 1999 wurden mehrere Industrieanlagen in Pančevo durch NATO-Flugzeuge schwer bombardiert. Aus der Stadt und den umliegenden Orten musste ein großer Teil der Bevölkerung wegen der durch die Brände verursachten hohen toxischen Kontamination der Luft kurzfristig evakuiert werden. Allein in der NIS-Raffinerie verbrannten geschätzte 62.000 Tonnen Öl.

Nach Studien des amerikanischen Institute for Energy and Environmental Research (IEER) und des United Nations Environment Programme (UNEP) sickerten beispielsweise 2.100 Tonnen krebserregendes 1,2-Dichlorethan, 250 Tonnen flüssiges Ammoniak und 8 Tonnen Quecksilber in die Böden und das Grundwasser. Die im Grundwasser nachgewiesene Konzentration der giftigen Chemikalien betrug noch Jahre nach dem Bombardement mehr als das Zigtausendfache des zulässigen Grenzwertes. Die langfristige Folge ist eine nicht abschätzbare gesundheitsschädigende Belastung für Mensch und Umwelt.

Die Studie des IEER kommt zu dem Schluss, dass die Angriffe auf Pančevo möglicherweise einen Verstoß gegen internationales Recht, namentlich das Zusatzprotokoll I der Genfer Konventionen, darstellen könnten.[3]

Wirtschaft

 
Georg Weifert auf dem 1000-Dinar-Schein

Pančevo ist eine wichtige Industriestadt, das Zentrum der serbischen Petrochemie (HIP Petrohemija, NIS Raffinerie) und zahlreicher anderer Unternehmen (Flugzeugfabrik Utva, Tesla Glühbirnenfabrik u.v.a.).

Weifert-Brauerei

1722 wurde die Brauerei von Abraham Kepiš aus Bratislava gegründet und ist damit die älteste Brauerei im heutigen Serbien. 1840 übernahm Ignatius Weifert die Brauerei. Seinen Sohn Georg schickte er zur Ausbildung nach Weihenstephan. Dieser gründete nach seiner Rückkehr weitere Brauereien in Serbien, so dass die Weiferts den Biermarkt in Serbien praktisch beherrschten. Georg Weifert finanzierte 1922 den Bau der katholischen Kirche St. Anna in Pančevo (zum Gedenken an seine Mutter Anna). 1911 wurde die Brauerei mit neuer Technologie modernisiert. Die Braukapazität betrug 1929 insgesamt 100.000 Hektoliter Bier sowie 50 Waggons Malz jährlich. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Brauerei verstaatlicht und in Pančevačka pivara umbenannt. Im Jahre 2003 wurde die Brauerei privatisiert und vom türkischen Konzern Anadolu Efes aufgekauft. Anadolu Efes führte den traditionsreichen Markennamen Weifert wieder ein. Die Brauerei wurde 2008 geschlossen. Seit 2015 produziert die Firma Heineken Srbija ein Bier mit dem berühmten Markennamen Weifert in der Brauerei Zaječar..[4]

Kultur

Pančevac

Der Pančevac (Панчевац) ist die älteste serbischsprachige Zeitung im heutigen Serbien. Die erste Ausgabe erschien am 13. April 1869. Die Zeitung erreicht heute eine Auflage von 12500 Exemplaren.

Demographie

Amtliche Volkszählungsergebnisse

  • Volkszählung 1869: 16.888 Einwohner. Bei der ersten amtlichen Volkszählung wurden noch keine Daten über die Muttersprache ermittelt.[5]
  • Volkszählung 1910: 20.808 Einwohner, davon 8.714 Serben, 7.467 Deutsche, 769 Rumänen, 3.364 Ungarn, 244 Slowaken, 135 Kroaten und 115 Sonstige.[6]
  • Volkszählung 1948: 30.516 Einwohner, davon 18.519 Serben, 1.406 Deutsche, 266 Rumänen, 5.196 Ungarn, 1.797 Slowaken, 1.360 Kroaten, 185 Mazedonier und 1787 Sonstige.[7]
  • Volkszählung 2002: 77.087 Einwohner, davon 60.963 Serben, 172 Deutsche, 746 Rumänen, 3.279 Ungarn, 1.407 Slowaken, 712 Kroaten, 1196 Mazedonier und 8.612 Sonstige.[8]
  • Volkszählung 2011: 90.776 Einwohner, davon 73.706 Serben,706 Rumänen, 2880 Ungarn, 2359 Mazedonier, und u.a. 1227 Roma[9]


 
Bahnhof Pančevo-Vorstadt
 
Serbisch-orthodoxe Kirche Hl. Verklärung

Städtepartnerschaften

Persönlichkeiten

Ehrenbürger

Literatur

  • Luka Iliċ: Historische Skizze der kaiserlich königlichen Militär-Communität Pantschowa. Siebenhaar Verlag, Pantschowa 1855.
  • Felix Milleker: Geschichte der Stadt Pančevo. Wittigschlager Verlag, Pančevo 1925.
  • Otto Vogenberger: Pantschowa - Zentrum des Deutschtums im Banat. Pannonia Verlag, Freilassing 1961.

Einzelnachweise

  1. Walter Manoschek: Du - Strick! Du - Kugel! Pancevo, April 1941. In: Die Zeit, 8. Juli 1999.
  2. Arnold Suppan: Hitler - Beneš - Tito. Konflikt, Krieg und Völkermord in Ostmittel- und Südosteuropa. Teil 2. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2014, ISBN 978-3-7001-7309-0, Seite 1059.
  3. IEER: Two Case Studies of the Bombings of Industrial Facilities at Pancevo and Kragujevac. UNEP: Feasibility Study.
  4. Felix Milleker: Die Familie Weifert und das Brauhaus in Pančevo 17/22-1923: zur Erinnerung an die goldene Hochzeit Georg Weigerst mit Marie Gassen am 9. September 1923. Wittigschlager, Pančevo 1925. Vajfertova pivara Hürriyet, 21. September 2004 Efes Weifert Pivara a.d. Pančevac, 30. Juli 2010 Heineken predstavio Weifert pivo
  5. Az 1869. évi népszámlálás adatai. Seite 216
  6. Magyar Király Központi Statisztika Hivatal (Hrsg.): A magyar szent korona országainak 1910. évi népszámlálása. Budapest 1912. Seite 372 und Seite 373.
  7. Konačni rezultati popisa stanovništva od 15 marta 1948 godine.
  8. Republic of Serbia: 2002 Census of population, households and dwellings. Volume 1, Seiten 36 und 37.
  9. [1]
  10. Predrag Voštinic: Pančevo: Giangrandi cittadino onorario. 9. November 2010, abgerufen am 27. April 2012.
Commons: Pančevo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien