Aggregat 4

erste ballistische Boden-Boden-Rakete
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Das A4 (Aggregat 4), bekannter als die "V2" (Vergeltungswaffe 2), war die erste Rakete, die in großer Zahl von deutscher Seite im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurde.

V2 (Smithsonian)
Datei:V-2-launch.jpg
Schwarzweißbild eines Test-Abschusses der V2

Entwicklung

Entwickelt wurde die V2 durch ein Team von Wissenschaftlern und Ingenieuren um Wernher von Braun, dem Leiter der Raketenabteilung im Peenemünde. Ihre Vorgängermodelle waren nur teilweise erfolgreich: A2 (1935 2 Expl.), und A3 (viele Fehlstarts 1937/38), erst als A5 1939 erfolgreich. Die V2 (A4) wurde erstmals im März 1942 getestet. Aber erst am 3. Oktober gelang ein erfolgreicher Start. Ebenfalls im Oktober erreichte sie bei einem Testflug bei Mach 5 eine Höhe von 90 km - und damit erstmals den Weltraum.

Aufbau

Sie war 14 m hoch, wog 13.5 Tonnen und wurde mit Alkohol/Sauerstoff betrieben. Ein Stahlruder und ein Kreisel in der Raketenmitte sorgten für die Stabilisierung des Flugs. Die Rakete erreichte Geschwindigkeiten bis 5.000 km/h (etwa Mach 4) und mit einer Nutzlast von 1.000 kg eine Reichweite von 250 - 300 km. Die Nutzlast wurde dabei in der Raketenspitze untergebracht.

Fertigung

Gefertigt wurde die Raketenwaffe in einem unterirdischen Industriekomplex im Dora-Mittelbau. Hier wurden während des Zweiten Weltkrieges 5.975 Raketen [1] von den Häftlingen gebaut. Neben den unmenschlichen Bedingungen für die Häftlinge, der schlechten Bekleidung für die kalten Stollensysteme und der miserablen Verpflegung wurden bei Sabotage aber auch bei jedem Blindgänger unter den Raketen die Insassen schwer bestraft.

Einsatz

Mit Sprengköpfen bestückt, bombardierte sie ab 6. September 1944 englische und belgische Städte, vor allem London und Antwerpen von Bunker des Westwalles oder von mobilen Startrampen aus. Zwar war die Treffergenauigkeit gering, aber die plötzlichen Einschläge der "Wunderwaffe" ohne Vorwarnung hatten vor allem psychologische Wirkung auf die Zivilbevölkerung. Insgesamt kamen etwa 3.200 Raketen zum Einsatz.


Die letzte Rakete wurde am 27. März 1945 von den Deutschen gestartet. Insgesamt starben mehr als 8.000 Menschen bei V2-Angriffen.

Weiterentwicklung

Wernher von Brauns Zielrichtung war eher zivil, wie aus den weltraumtauglichen Entwürfen A9-A12 mit ihren Astronautenkapseln hervorgeht. Nach dem V2-Angriff auf London am 8. November 1944 soll er gesagt haben: Das hätte nie geschehen sollen... Wir haben diese Rakete gebaut, um das Tor zu anderen Welten zu öffnen - nicht um Verwüstungen auf dieser Erde anzurichten. Soll das die Frucht unserer Arbeit gewesen sein?

Am 24. Januar 1945 wird in Peenemünde eine geflügelte Version der A4-Rakete, die A4b, erstmals erfolgreich gestartet. Sie soll die doppelte Reichweite der A4 erreichen, stürzt allerdings wegen eines Flügelbruchs vorzeitig ab. Es kommt zu keinem weiteren Start dieses Flugkörpers mehr.

Nach dem Krieg

 
Start einer V2 am 24. Juli 1950

Am 2. Mai 1945 stellte sich von Braun der US-Army und wurde zusammen mit anderen Wissenschaftlern aus seinem Team in die USA geschickt.

Die Briten ließen im Oktober 1945 die V2 in der Nähe von Cuxhaven starten, um Vertretern der alliierten Besatzungsmächte die "Wunderwaffe" V2 beim Start zu demonstrieren (Operation "Backfire").

Etwa 100 Beuteexemplare der V2 wurden in die USA verfrachtet. Sie bildeten die Basis der Raumfahrtentwicklungen in den USA. In Huntsvill Alabama wurde ein neues Raketenzentrum gegründet und zusammen mit den Deutschen Wissenschaftlern wurden hier auf dem Testgelände insgesamt 67 V2 Raketen abgefeuert. Sie bildeten den Grundstock für die späteren Mondraketen.

Ebenso wurde von der UdSSR eine große Anzahl von deutschen Wissenschaftlern und die Reste der Raketentechnik in die Sowjetunion gebracht, um dort ebenfalls den Grundstock für spätere Entwicklungen zu bilden.


Siehe auch: Waffe, Geschichte der Raumfahrt